Polizei sucht Freiwillige: Den Meistüberwachten winken Einkaufsgutscheine

Wer sich am häufigsten von intelligenter Videoüberwachung filmen lässt, dem winken Prämien – was klingt wie ein schlechter Scherz, wird am Berliner Bahnhof Südkreuz wahr. Bundespolizei, BKA und Deutsche Bahn gleichen Testpersonen mit Datenbanken ab, identifizieren sie und wollen auffälliges Verhalten erkennen.

Mit intelligenter Überwachung gegen Terror – und Graffiti (Symbolbild) CC-BY-NC 2.0 urbanartcore.eu

Ab August soll im Berliner Bahnhof Südkreuz ein Pilotprojekt zu intelligenter Videoüberwachung beginnen. Dafür wirbt die Bundespolizei ab heute Versuchspersonen, die den Bahnhof häufig durchqueren. 275 Testpersonen sollen es werden, doch warum sollten Menschen daran interessiert sein, sich freiwillig umfassend überwachen zu lassen? Dafür hat sich die Bundespolizei etwas ausgedacht.

Wer am häufigsten durch die markierten Kamerabereiche läuft, hat die Chance, neben einem Einkaufsgutschein im Wert von 25 Euro einen von drei attraktiven Hauptpreisen zu gewinnen.

Die Hauptpreise, das verraten die FAQ der Bundespolizei, bestehen aus einer Apple Watch Series 2, einem Fitbit Surge und einer GoPro Hero Session.

Gesichtsabgleich und Verhaltenserkennung

Wen das motiviert, der solle sich am besten täglich in markierten Bereichen aufhalten, in denen die Bundespolizei unter anderem Gesichtserkennung ausprobiert. Zusätzlich gehört zum „Projekt Sicherheitsbahnhof“ von Innenministerium, BKA, Bundespolizei und Deutscher Bahn, auffälliges Verhalten zu erkennen, beispielsweise wenn ein unbegleitetes Gepäckstück herumsteht oder ein Bahnhofsnutzer herumlungert oder Graffitis sprüht.

Graffitis sind zwar aus Sicht der Deutschen Bahn nicht wünschenswert, sie gefährden jedoch nicht Leib und Leben anderer Passagiere. Das zeigt, dass Technik, die Bahnhöfe sicherer machen soll, schnell auf andere Delikte ausgeweitet wird. Delikte, die einen derartigen Eingriff in die Privatsphäre der Passanten nicht rechtfertigen können.

Datenschützer, darunter auch die Berliner Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk, kritisieren das Projekt. Sie wies bereits im Februar darauf hin, dass es nach der EU-Datenschutzgrundverordnung verboten ist, Menschen mittels biometrischer Daten zu identifizieren. Die Verordnung, die ab 2018 für alle Mitgliedstaaten gelten wird, erlaubt Ausnahmen nur, wenn die Identifikation „aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses erforderlich ist.“

Rechtsgrundlage Freiwilligkeit

Diejenigen, die an dem Test teilnehmen, bekommen von der Bundespolizei einen Transponder. Darüber soll ausgewertet werden, wie häufig das System sie richtig identifiziert oder übersieht. Damit das System eine Chance hat, werden von den Beteiligten Testbilder angefertigt, die in einer Testdatenbank abgelegt und für ein Jahr gespeichert werden. Vorher erfolgt durch die Bundespolizei eine „fahndungsmäßige Überprüfung der potenziellen Testpersonen“.

Die Rechtsgrundlage für den Versuch sieht die Bundespolizei darin, dass die Personen sich freiwillig beteiligten und der Verwendung ihrer persönlichen Daten im Testzeitraum zustimmten. Auf welcher Rechtsgrundlage ein möglicherweise folgender Realbetrieb fußen wird, den Passagiere nicht mehr umgehen können, verrät die Bundespolizei noch nicht. Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags bezweifeln, ob die bisherigen Rechtsgrundlagen zur Videoüberwachung das überhaupt zulassen würden.

Viele zweifeln an, ob mehr oder eine „intelligente Videoüberwachung“ Bahnhöfe sicherer machen kann. So prangerte die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bezüglich des Videoüberwachungsverbesserungsgesetzes an, das würde keinen Terroristen abhalten – „Terroristen suchen vielmehr die Aufmerksamkeit, um ihre Botschaften möglichst weit zu verbreiten.“ Ein anderer Weg, für mehr Sicherheit in Bahnhöfen zu sorgen, ist schlichtweg mehr Personal. Dieses könnte direkt reagieren, nicht erst vom Kamerabildschirm aus.

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22 Ergänzungen

  1. Klasse, bin dabei wenn es in S-H aktuell wird. Wer nix zu verbergen hat, kann ruhig Mitmachen!

    1. Du hast nichts zu verbergen? Dann poste doch mal die Zugangsdaten aller deiner Mailkonten. Wir prüfen das dann.

    2. Lupine ist schon Hirntod.
      „Wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten, verdächtig macht sich schon wer diesem Wahnsinn flieht, doch Rechtschaffenheit liegt im Ermessen der Betrachter, die man nicht sieht.“ – Aus Überwachte Welt von Dota –

  2. Es steht zu befürchten, dass nur ein geringer Teil der Bevölkerung diese Idee, das Projekt und die späteren Folgen für die Gesellschaft heute entrüstet ablehnt.
    Immerhin sind die „Anreize“ so abstossend wie das Projekt selbst: kein Bargeld, sondern ein gut verfolgbarer Amazon-Gutschein sowie persönliche Überwachungsgadgets für den gedankenlosen Konsumenten.
    Wir bekommen, was wir verdienen. Denn solange „Sicherheits“-Politiker, die bei jeder noch so kleinen Gelegenheit nach ständig mehr Überwachung schreien, an der Wahlurne nicht systematisch abgestraft, sondern im Gegenteil belohnt werden, gehen wir weiter schnurstracks in den Polizei- und Überwachungsstaat. 90% der Leute sind zu dumm, es zu bemerken, bevor es zu spät ist.

  3. @Tristan H.
    Man hätte auch einen Einkaufsgutschein von real oder der Post verlosen können und damit der Prämiensammler nicht Entzugserscheinungen bekommt,läuft da auch die allseits bekannte Videoüberwachung und Scannen der Gesichter für angebliche Werbezwecke,wenn da nicht anheimelndes Deja Vu Feeling aufkommt..
    Frei nach Lenin nennt man diese Art von Menschen auch „Nützliche Idioten“ ,die sogar den Strick verkaufen,den man Ihnen nachher um den Hals legt.

  4. Also ich dachte als ich die Überschrift las: ENDLICH wieder ein Knaller von www dot der-postillon dot com

    Dermaßen absurde Realsatire, das geht auf keine Kuhhaut. Ich weiß sonst nicht was ich schreiben soll, bin echt baff O-o

  5. „Für Reisende, welche den markierten Erfassungsbereich nicht betreten möchten, bieten sich Ausweichmöglichkeiten.“

    Ich frage mich, wie das gehen soll.

    Entweder schneiden die Zonen einen Eingang ab. Dann gäbe es keinen Weg, ihnen zu entweichen und die „Freiwilligkeit“ wäre da, wo die Urheber dieser Sauerei sie haben wollen: im Arsch. Nein, da hilft es nicht, zu versprechen, die Daten von Nicht-Testpersonen „nicht auszuwerten“. Technisch gesehen lautet der Fachbegriff für so etwas „Augenauswischerei“: wenn alle erfasst werden, ist die Privatsphäre aller verletzt. So einfach ist das.

    Oder die Zonen schneiden keinen Eingang ab. Dann müssen sich die 275 hirnamputierten Trottel einmal pro Tag in so etwas wie eine Raucherecke stellen und in der Hoffnung auf einen billigen Sachpreis (durchschnittlicher Wert pro Teilnehmer ca. 5€?) in die gottverdammten Dinger stieren. Das wird bestimmt ein voller Erfolg.

    So oder so: wenn die „Ausweichmöglichkeiten“ mit dem kleinsten Umweg verbunden sind – was wahrscheinlich ist – wird man selbstverständlich jede Menge Beifang billigend in Kauf nehmen. Den man selbstverständlich ebenfalls auf Vorrat speichert, aber auf den nach außen gezeigten Beispielen vielleicht nicht labelt (wohl wissend, dass eine Passfoto-Datenbank auch später damit verknüpft werden kann).

    Gleiches gilt für jede dauerhaft betriebene Videoaufzeichnungsanlage. Es handelt sich nach meinem Dafürhalten um eine der übelsten Formen der Erfassung, weil Bilder so verdammt verräterisch sind. Der Informationsgehalt niedrigauflösender Kamerabilder ist immer noch so hoch, dass hundert Pixel für eine rudimentäre Gesichtserkennung reichen. Nachträgliche Mimik- und Gesprächsanalyse mitsamt Emotionsunterstellung ist möglich und es arbeiten genug Vollpfosten daran, solche Systeme zu perfektionieren und zu verticken.

    Damit kann man die Etablierung von Kameras im öffentlichen Raum als einen forschen Schritt in Richtung Gedankenpolizei bezeichnen, ohne der Technik damit grob Unrecht zu tun.

    Aufgrund ihres äußerst heiklen Charakters sollte man sich überlegen, ob systematische Videoaufzeichnung durch ein noch so hehres Ziel gerechtfertigt werden kann oder nicht doch eher grundsätzlich verboten gehört, bis gewisse Grundregeln zum Schutz der Menschenwürde ins allgemeine Bewusstsein Einzug halten.

    Vermummungsverbote bekommen schleichend einen ganz anderen Charakter und sind IMO anders zu bewerten als früher, als es diese Technik noch nicht in diesem Umfang gab. Zum Glück gibt es kreative Arten, sich zu tarnen.

    Der Strauß and Gemeinheiten wird immer bunter, ohne dass noch nennenswert irgendwelche Dämme halten würden: heute ist es „selbstverständlich“, beim Einkaufen gefilmt zu werden, komplett mit Blickanalyse und selbstverständlich ohne Einvernehmen. Als Nächstes werden Mikrofone für unsere „eigene Sicherheit“ unerlässlich werden. Kein Gerät mehr ohne Funkchip, keine Wohnung mehr ohne diverse verwanzte Melder und Zähler. Die DNA-Datenbank kommt ohnehin; eine „Debatte um die Handypflicht“ und eine Registrierung aller (nicht ohnehin schon elektronischen) Kugelschreiber erwarte ich bei dem Tempo spätestens im kommenden Jahr: es könnten ja Drohbriefe damit verfasst werden!

  6. Das Modell hat in den USA doch auch super funktioniert. Wer sich oft genug auffällig verhält, kann da eine All-inclusive-Reise nach Kuba gewinnen. Find ich gut, dass wir das hier jetzt auch endlich einführen. Die Preise sind auch super. Wer sich überwachen lässt, bekommt ne Apple Smartwatch und kann fortan auch zu Hause überwacht werden. Fantastisch!

  7. Die Ausdünstungen des seduktiven Kapitalismus durchdringen nun auch die Polizei.

    Der Gedanke der sich aufdrängt: Dümmer als die Polizei erlaubt…
    … sind immer jene, die sich auch noch ohne Not an die Polizei wenden und dort ihre Daten abliefern.

    Der positive Aspekt an der Sache ist, dass auch digitaler Sozial-Darwinismus stets die Allerdümmsten hinwegrafft.

    Doch denkt man weiter, so könnte man auch Experiment wagen, potentiellen Delinquenten ein aktuelles elektronisches Gadget zu schenken, um ihnen damit ihre kriminelle Neigung abzukaufen. In der Gruppe der Armutsbedrohten und -befallenen könnten Effekte generiert werden.

  8. Einige Gedanken:
    Als Ermächtigungsgrundlage für den Einsatz sog. intelligenter Videosysteme wird § 27 BPolG diskutiert. Ob § 27 BPolG dazu ermächtigt, intelligente Videosysteme einsetzen zu dürfen, ist hoch umstritten (siehe Ausarbeitung des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages).
    Eine Lösungsmöglichkeit hätte nun darin bestanden, dass der Gesetzgeber (Legislative) in das BPolG ausdrücklich eine Ermächtigung zum Einsatz von intelligenten Videosystemen einfügt – dann hätte es einerseits eine öffentlich geführte (politische) Auseinandersetzung über das Thema gegeben, andererseits hätte es womöglich ein Verfahren vor dem BVerfG gegeben (insb. abstrakte Normenkontrolle).

    Die Exekutive geht lieber den Weg der „normativen Kraft des Faktischen“. Fraglich bleibt dann aber weiterhin, auf welcher rechtlichen Grundlage sie eigentlich handelt. Dabei ist wohl zwischen zweierlei rechtlichen Problemkreise zu unterscheiden:
    1. der „Erprobung“ von intelligenten Videosystemen
    2. dem Aufruf in Verbindung mit der Veranstaltung eines „Gewinnspiels“.

    1. Problemkreis:
    1.1.
    § 27 S. 1 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 4 Var. 2 BPolG erlaubt es der Bundespolizei – und nicht etwa der Deutschen Bahn AG oder dem Bundeskriminalamt – „selbsttätige Bildaufnahme- und Bildaufzeichnungsgeräte ein[zu]setzen, um Gefahren für […eine Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes] oder für dort befindliche Personen oder Sachen zu erkennen. Damit ist eine wesentliche Voraussetzung des BPolG eine „Gefahr“ (Gefahrenabwehrrecht).
    Vorliegend soll das intelligente Videosystem aber – ausdrücklich – nicht der Gefahrenabwehr, sondern der „Erprobung“ dienen. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, inwieweit die Bundespolizei das Produkt eines Unternehmen „erproben“ darf; es stellt sich u.a. die Frage, ob hierdurch nicht ein Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Unternehmen geschaffen wird, deren intelligente Videosysteme nicht durch die Bundespolizei „erprobt“ werden.

    1.2.
    Nach § 27 S. 3 BPolG sind die hierdurch entstandenen Aufzeichnungen spätestens nach 30 Tagen zu vernichten, soweit sie nicht zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr oder zur Verfolgung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit benötigt werden.
    Vorliegend sollen die „Daten“ (= auch Bildaufnahmen?) aber ein Jahr lang gespeichert werden.
    Dementsprechend bedürfte es einer anderen Ermächtigungsgrundlage für 1.1. den Einsatz des intelligenten Videosystems und 1.2. der Speicherung der hierdurch entstandenen Aufzeichnungen. Schließlich werden aller Wahrscheinlichkeit nach nicht nur die „Freiwilligen“, sondern auch unbeteiligte Dritte von dem intelligenten Videosystem erfasst und ggf. für mehr als 30 Tage gespeichert, obwohl dieses Videosystem nicht der Gefahrenabwehr dienen soll, sondern nur zum Zwecke der „Erprobung“ eingesetzt wird.

    2. Problemkreis:
    Im Zusammenhang mit dem Aufruf in Verbindung mit der Veranstaltung eines „Gewinnspiels“ ergeben sich eine Vielzahl von Fragen:
    2.1. Darf eine Behörde ein „Gewinnspiel“ auf einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (letztlich: öffentlich zugänglicher Raum) veranstalten?
    2.2. Kann in dem Zurverfügungstellen der Daten der Freiwilligen nicht ein „Entgeltcharakter“ gesehen werden? Immerhin müssten die Unternehmen für die „Erprobung“ ihrer intelligenten Videosysteme wahrscheinlich viel Geld (insb. für das „Datenmaterial“) ausgeben.
    2.3. Wie wurden die „Gewinne“ ausgewählt? Wie wurde das rechtliche Verhältnis zwischen der Behörde und den Unternehmen, die mit den „Gewinnen“ in Verbindung gebracht werden (bspw. Amazon.com Inc.), begründet und ausgestaltet?

  9. Nachdem im Dobrindt-Ministerium mit dem hier: [http://www.spiegel.de/auto/aktuell/autonomes-fahren-ethik-kommission-warnt-vor-total-ueberwachung-a-1153022.html] echt mal Fortschrittsarbeit abläuft, muss das in ähnlicher Form jetzt endlich auch an allen anderen präkeren Stellen erfolgen!

    Machen wir uns nichts vor: Kameraüberwachung wird vermutlich nicht mehr wegzudiskutieren sein. Dass eine grundlegende Prinzipienfrage zur Kameraüberwachung diese verbietet ist illusorisch.

    Durch „Smarte Kameras“ mit klar definierter Funktion (im globalen gesetzlichen Rahmen) lässt sich aber durchaus arbeiten. „Smarte Kameras“ bedeutet hierbei, dass diese durchaus nicht die Fähigkeit haben können, Video-Streams oder personalisierte Daten über Personenerkennung zu versenden. Smarte Kameras könnten aber auf Basis ihrer Eigenintelligenz (und nicht von zentralisierten Systemen) Gefahrensituationen erkennen und nur diese Erkenntnis versenden, um zum Beispiel menschliches Einsatzpersonal vor Ort zu holen. Das wäre ein guter Kompromiss, da eine weitere Verwendung des Videomaterials ausgeschlossen würde. Einfach deshalb, weil kein Videomaterial aufgezeichnet wird, sondern nur noch die potenzielle Gefährdung als Event übertragen und gespeichert wird.

    Beispiel U- und S-Bahn: Smarte Kameras erfassen den Bahnsteigbereich. Potenzielle Gefährdungsursachen führen zu einem Event, dass die Kamera absendet (nicht den Video-Stream). Daraufhin wird die Zugeinfahrt auf nahezu Schrittgeschwindigkeit heruntergesetzt.

    Beispiel Veranstaltungsüberwachung: Smarte Kameras überwachen Personenbewegung und Verkehrsströme der Umgebung. Es werden keine Videos zur Archivierung und Auswertung versendet. Unregelmäßigkeiten werden von den Kameras detektiert und ausschließlich die Art der Unregelmäßigkeit mit Geo-Lokalisierungsinformationen zu den Einsatzkräften gemeldet.

    Entscheidend ist meiner Meinung nach, dass in der digitalen, automatischen Überwachung keine Personenerkennung stattfindet, sondern nur das Gefährdungspotenzial analysiert wird, dass zum gezielten Einsatz von menschlichen Einsatzkräften und Entscheidern führt.

    Personenidentifizierung ist praktisch nur Beweismittel. Hat also mit Gefahrenabwehr nichts zu tun. Beweismittel sind nur wichtig, wenn eine Tat begangen wurde. Da sie verhindert werden soll und damit sowieso die gesamte Bevölkerung unter Generalverdacht steht, inkl. der tatsächlichen Gefährder, die bisher zwar immer bekannt waren, aber trotzdem nicht von der Straftat abgehalten wurden, ist eine Identifizierung nicht notwendig. Und in dem Sinne, dass dabei unbescholtene Bürger haarklein herausfiltriert werden müssen, auch zusätzlich und unnütz teuer.

    1. Was du vorschlägst, ist theoretisch vielleicht etwas besser als die gängige Praxis, aber trotzdem kein brauchbarer Kompromiss.

      a) man kann gar nicht erkennen, ob eine Kamera Daten überträgt oder speichert. Warum soll man das Wort von Überwachern akzeptieren? Solange Datenschutz- und Persönlichkeitsrechtsverletzungen als Kavaliersdelikte gelten, wird das Laissez-Faire weitergehen. Von Vesprechungen, man würde die Daten ja nicht speichern oder zuordnen, ist wenig zu halten.

      b) Bewertung des menschlichen Verhaltens in informellen Situationen durch Maschinen ist grundsätzlich abzulehnen, es ist eine technokratische Anmaßung. Genauer:

      * Gefährdungspotential automatisch analysieren zu wollen, unterstellt den Kameras echte Intelligenz. Das ist wahrscheinlich noch für viele Jahrhunderte eine maßlose Überschätzung des Standes von Forschung und Programmierkunst und wenn es gelingen sollte (z.B. durch Einbau eines echten Gehirns), dann bewegen wir uns auf Frankenstein-Niveau

      * Wenn die definierten Events auch Verhaltensweisen umfassen, die nicht wirklich gefährlich, sondern nur unerwünscht sind (Beschädigung von Konsumpropaganda, bei freier Straße über eine rote Ampel gehen, Müll liegenlassen), dann wird’s offensichtlich zu einer Bedrohung. Weitere Instrumente zur Mikrogängelung und -regelung des Alltags brauchen wir wirklich nicht.

      Unüberwachtes Leben muss das Ziel sein. Ohne die Obhut von Big Brother. Auf eigene Verantwortung, wenn man es so wünscht.

  10. Ich fühle mich in meiner Freiheit eingeschränkt.
    Aber auf das Grundgesetz darf ich mich nicht berufen, das findet kein Gehör. Merkwürdiges Land, in dem ich lebe.
    Letztens hätte ich aus Arbeitsgründen am Südkreuz umsteigen müssen, musste aber einen erheblichen Umweg in Kauf nehmen, da ich diesen Bahnhof aufgrund der Überwachungsscheisse nicht betreten möchte.
    Künftig wird es wohl dann überhaupt nicht mehr möglich sein, den ÖPNV zu benutzen. Mein Mobiltelefon habe ich bereits abgeschafft und ich überlege schon, Telefon und Internetzugang zu kündigen aufgrund der in Kürze beginnenden Vorratsdatenspeicherung.

    In Deutschland kann man nicht mehr würdevoll leben, da man auf Schritt und Tritt überwacht wird. Das ist kein freies Leben mehr, das ist Gefangenschaft im offenen Strafvollzug.

    1. Im ÖPNV findet schon länger eine Vorratsdatenspeicherung Deiner Mimik, Gestik, Kontakte, Lesegewohnheiten, Passworteingaben, Lippenbewegungen, Fahrten statt. „Nur“ für wenige Tage, aber es ging erstmal darum, Video-VDS prinzipiell zu etablieren. Im zweiten Schritt ist es zu spät. Die Schweine gehen an den Trog, der „eh schon da ist“.

      Wer den Anfängen nicht wehrt und das Datensammeln hinnimmt, hat bereits verloren. Die ersten Kameras hätten zerstört werden müssen und das Versprechen der „Totalen Innere Sicherheit“ hätte schallend weggelacht werden müssen. Das Totschlagargument „Sicherheit“ ist nämlich wohlfeil und dumm,

      a) weil „Sicherheits“-Politik rein esoterische Symptombehandlung ist und
      b) weil 100% „Sicherheit“ eine Fata Morgana ist und der Versuch, sie zu erreichen, irreparable Kollateralschäden – Verlust der Demokratie inbegriffen – mit sich zieht.

      Vor 20 Jahren hätte man denen was gehustet. Leute an Kassen und in Verkehrsmitteln filmen und deren Gesichter auswerten? Wie krank ist das denn? Meuterei! Eine Funkwanze in der Tasche und dazu noch einen Vertrag auf den eigenen Namen und tausend spionierende Apps? Nein danke.

      Jetzt wird stattdessen Mielkes feuchter Traum reibungslos realisiert, der automatische Polizeistaat installiert und keinen juckt’s, weil die Massenpsychose zuweit fortgeschritten ist.

      Willkommen in der falschen Zukunft.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.