Heute im Bundestag: Bunter netzpolitischer Blumenstrauß auf der Tagesordnung

Der Bundestag bespricht heute viele netzpolitische Themen: Die Modernisierung von digitaler Verwaltung, offene Daten beim Deutschen Wetterdienst, Fluggastdaten, ein Transparenzregister zur Geldwäschebekämpfung und die Arbeitswelt von morgen sind mit dabei.

Heute im Bundestag: Netzpolitische Themen von Digitaler Verwaltung bis hin zu offenen Wetterdaten. CC-BY-NC 2.0 Doris Göbel

Die Diskussion um das geplante BKA-Gesetz im Bundestag wird heute nicht stattfinden, sie wurde vertagt. Aber trotzdem gibt es allerlei netzpolitisch Relevantes im heutigen Plenum. Hier ein kurzer Überblick:

Arbeit 4.0 – Arbeitswelt von morgen

Die Grünenfraktion im Bundestag hat einen Antrag zur Digitalisierung in der Arbeitswelt gestellt. Hier geht es nicht um einen bereits bestehenden Gesetzentwurf, sondern darum, die Bundesregierung dazu aufzufordern, „die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Chancen der digitalisierten Arbeitswelt allen Menschen zugutekommen“.

Die Grünen fordern, bei Arbeitszeiten stärker auf die Bedürfnisse der Beschäftigten einzugehen und gesundheitlichen Gefahren der digitalisierten Arbeitswelt zu begegnen. Damit meinen sie beispielsweise Belastung durch ständige Erreichbarkeit. Zudem sollen der Beschäftigtendatenschutz gestärkt, Weiterbildungsmaßnahmen gefördert und Selbstständige vor Lohndumping geschützt werden.

Transparenzregister zur Geldwäschebekämpfung

In erster Beratung soll ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur „Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen“ diskutiert werden. Der Entwurf sieht unter anderem die Schaffung eines zentralen Online-Registers vor, in das die wirtschaftlichen Eigentümer von Unternehmen und Stiftungen eingetragen werden sollen. Was gut klingt – vor allem um gegen Briefkastenfirmen vorzugehen – hat einen Haken. Der Zugang zu den Daten soll erst nach vorheriger Registrierung möglich sein und kann von der „registerführenden Stelle“ mit Gebühren versehen werden.

Das widerspricht den Plänen, steuerfinanzierte Daten offen zur Verfügung zu stellen, wie Arne Semsrott bei uns im Blog kritisiert hat. Infolgedessen besteht eine Hürde für Privatpersonen, Unternehmen oder auch Journalisten, sich mit den Unternehmen auseinanderzusetzen und so auch potenzielle Geldwäsche- und Steuerhinterziehungsfirmen aufzudecken.

Speicherung von Fluggastdaten

Um eine EU-Richtlinie zur Speicherung von Fluggastdaten (PNR) umzusetzen, hat die Bundesregierung im Februar einen Gesetzentwurf vorgelegt, der heute im Plenum besprochen wird. Zu den gespeicherten und ausgewerteten Daten gehören unter anderem etwaige Kreditkartennummern der Flugreisenden, Mitreisende, Wohnort und die E-Mailadresse.

Der deutsche Entwurf geht über die Vorgaben der EU hinaus, die gespeicherten Daten sollen nicht nur zur Terrorismusbekämpfung, sondern auch zur Ermittlung gegen „schwere Kriminalität“ genutzt werden. Zusätzlich sollen auch Flugdaten von Flügen innerhalb der EU gesammelt werden – die EU-Richtlinie setzt das nicht zwingend voraus. Zur Ermittlung von auffälligen Reisenden soll eine Mustererkennung stattfinden, die ungewöhnliche Reisemuster erkennt. So können auch Unschuldige in ein Raster fallen, falls sie zufällig ein ähnliches Reiseverhalten haben wie Drogenkuriere. Die Verfassungsmäßigkeit der EU-Richtlinie ist unklar, ein Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof schätzte ein ähnliches Abkommen zwischen der EU und Kanada als verfassungswidrig ein.

Der Deutsche Wetterdienst und offene Daten

Im Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über den Deutschen Wetterdienst geht es um eine bessere „Informationsversorgung der Allgemeinheit“ mit Informationen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) durch eine kostenfreie Bereitstellung von Daten.

So richtig neu ist das nicht, schon heute stellt der DWD eine Vielzahl von Wetterdaten via FTP zur Verfügung. Der Entwurf geht heute in die erste Beratung.

Digitale Verwaltung

Ein Antrag von SPD und CDU, eine Beschlussempfehlung aus dem Innenausschuss und ein Antrag der Grünen beziehen sich auf die digitale Verwaltung. Der Antrag der Grünen wurde im Innenausschuss abgelehnt, die Ablehnung des Antrags im Plenum wird mit Stimmen der Großen Koalition vorgeschlagen. Zwar wollen alle die digitale Verwaltung ausbauen, doch die Prioritäten unterscheiden sich.

Die Diskussion dreht sich auch um den Datenschutz. Die Linke kritisiert beispielsweise fehlende Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und das „Desaster“ beim Projekt De-Mail in den Entwürfen. Die Grünen weisen auf fehlende Open-Data-Perspektiven, und der SPD geht es nicht schnell genug. Eine Beschleunigung sei „trotz vorhandener Sicherheitsrisiken im IT-Bereich“ dringend nötig.

Strafrechtsverschärfung bei Angriffen gegen Vollstreckungsbeamte und Rettungskräfte

Nicht direkt im netzpolitischen Bereich, wohl aber grundrechtsrelevant sind die Vorschläge zur Strafverschärfung bei Angriffen auf Polizisten. Die werden heute in erster Beratung behandelt. Wir haben über die Pläne berichtet und ein Interview mit dem Kriminologen und Strafrechtler Tobias Singelnstein geführt, der die Vorschläge als unnötig und unverhältnismäßg kritisiert.

Er sieht auch die Gefahr, dass die Anzeige von Polizeigewalt noch schwieriger wird, indem sie mit einer Anzeige wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte gekontert wird.

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