Obwohl der Europäische Gerichtshof (EuGH) wiederholt Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung (VDS) als EU-rechtswidrig gekippt hat, versuchen Regierungen von EU-Mitgliedstaaten und EU-Gremien Wege zu finden, sie dennoch zu implementieren. Eine unterschieds- und anlasslose Speicherung ist nach den EuGH-Urteilen ausgeschlossen und würde schnell wieder einkassiert, daher berät der Rat der EU seit fast einem Jahr darüber, welche Einschränkungen notwendig wären, um die Gerichtsvorgaben zu erfüllen.
Die deutsche Regierung ist an den Überlegungen beteiligt und prüft Vorschläge von Europol und dem EU-Antiterrorismuskoordinator Gilles de Kerchove, die Vorratsdatenspeicherung „auf bestimmte Datenkategorien“ zu beschränken. Das geht aus einer Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Christian Lange auf eine schriftliche Frage des linken Bundestagsabgeordneten Alexander Ulrich hervor.
Zukunft der deutschen Vorratsdatenspeicherung
Der EuGH hatte Ende 2016 die nationalen Vorratsdatenspeicherungsgesetze von Großbritannien und Schweden für EU-rechtswidrig erklärt. Das Gericht hat dabei deutlich gemacht, dass die Nutzung von Verkehrsdaten nur zur Bekämpfung schwerer Straftaten zulässig sei, da die Information darüber, wer wann mit wem kommuniziert einen tiefen Einblick in die Privatsphäre ermöglicht. Die Einschränkung war in den beiden Ländern nicht gegeben – genau wie in Deutschland.
So zweifeln diverse Stellen, darunter die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages und die Bundesdatenschutzbeauftragte, an der Rechtmäßigkeit der hießigen VDS. Dennoch zog sich die Bundesregierung beständig darauf zurück, sie prüfe die Schlussfolgerungen aus dem Urteil noch. Dementsprechend schwiegen sich CDU und SPD auch in ihrem Wahlkampf dazu aus, wie sie mit der VDS in Deutschland weiterverfahren wollen.
Restriktive versus gezielte Speicherung
Eine restriktive Speicherung, die sich auf bestimmte Datenkategorien beschränkt, ist keine neue Idee. Genaugenommen ist sie im aktuellen deutschen Gesetz bereits umgesetzt, da E-Mail-Verkehrsdaten nicht gespeichert werden müssen. Das dient als Argument, nicht alles zu speichern und erfüllt immer noch nicht die Bedingung des EuGH, dass die Daten nur zur Bekämpfung schwerer Straftaten genutzt werden dürfen.
Diese Voraussetzung ließe sich nur mit einer gezielten Datenspeicherung erfüllen, beispielweise einem sogenannten Quick-Freeze-Verfahren. In diesem Verfahren können Ermittler die Provider anlassbezogen auffordern, Daten „einzufrieren“ und nicht zu löschen. Ein Gericht muss dann entscheiden, ob sie diese Daten auch nutzen dürfen – weil beispielsweise naheliegt, dass sie Erkenntnisse zur Aufklärung einer konkreten, schweren Straftat bieten können.
Quick Freeze ist der Ansatz, den die FDP in ihrem Wahlprogramm nannte. Die Grünen lehnten eine massenhafte Verkehrsdatenspeicherung ab, die CSU hingegen sprach sich für eine Ausweitung der VDS auf E-Mail und soziale Medien sowie eine längere Speicherdauer aus. Wie eine Einigung bei diesen auseinanderklaffenden Auffassungen aussehen kann, müssen die weiteren Sondierungen zeigen. Im aktuellen Sondierungspapier zur Inneren Sicherheit steht das Thema noch auf der Liste offener Fragen.
„Das dient als Argument, nicht alles zu speichern und erfüllt immer noch nicht die Bedingung des EuGH, dass die Daten nur zur Bekämpfung schwerer Straftaten genutzt werden dürfen.“
Die aktive Nutzung der freien Meinungsäußerung ist doch ein schwerer Straftatbestand, jede nicht zensierte Meinungsäußerung kann eine starke Verunsicherung der planwirtschaftlich geregelten öffentlichen Meinungsbildung hervorrufen!
Solch eine Gefährdung der öffentlichen Meinung sollte mit aller Härte geahndet werden!
Der EuGH kritisiert in seinem Urteil nicht nur zu laxe Zugriffsregeln auf die Daten, sondern vor allem auch die Anlasslosigkeit (keine Beschränkung in Bezug auf Zeit, Ort und Verdächtige) – und damit das Konzept der VDS an sich.