Umfrage zur ePrivacy-Reform: So eindeutig ist der Wunsch der Europäer nach besserem Datenschutz

Eine europaweite Umfrage der EU-Kommission zeigt, wie stark das Bedürfnis der Menschen in Europa nach einem besseren Schutz ihrer Privatsphäre in der digitalen Welt ist. Unter anderem fordern 90 Prozent der 27 000 Befragten das Recht auf Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ihrer Kommunikation.

Die Zivilgesellschaft ist für einen besseren Schutz der Privatsphäre. Die Industrie will, dass alles bleibt, wie es ist.
Die Zivilgesellschaft ist für einen besseren Schutz der Privatsphäre. Die Industrie will, dass alles bleibt, wie es ist. – CC0 via pixabay/Unsplash

Die Reform der ePrivacy-Richtlinie zählt im nächsten Jahr zu den wichtigsten netzpolitischen Themen auf europäischer Ebene. Am 11. Januar will die Europäische Kommission ihren Entwurf dafür vorlegen. Einen ersten geleakten Entwurf von Ende November haben wir bei netzpolitik.org bereits analysiert. Das Dokument enthielt bereits die Ergebnisse einer großen EU-weiten Umfrage zu den Themen Datenschutz und Vertraulichkeit elektronischer Kommunikation, die die Kommission nun auch offiziell veröffentlicht hat.

Für das „Eurobarometer“ wurden im Juli 2016 telefonische Befragungen durchgeführt. Insgesamt haben rund 27.000 Menschen aus der Europäischen Union (EU) teilgenommen. Pro Land wurde laut der Kommission eine geographisch repräsentative Anzahl an Bürgern befragt – in Deutschland waren es beispielsweise 1 000.

Große Zustimmung für Schutz der Privatsphäre

Mit den abstrakten Begriffen „Datenschutz“ oder „Vertraulichkeit der Kommunikation“ können vermutlich die wenigsten Menschen etwas anfangen. Das Eurobarometer hat deshalb nach konkreten Bereichen gefragt, die die EU-Kommission bei der ePrivacy-Reform für wichtig hält. Und die Ergebnisse sprechen eine eindeutige Sprache: Die EU-Bürger befürworten einen größeren Schutz ihrer Privatsphäre und wollen einfachere Möglichkeiten, diesen selbstbestimmt durchzusetzen:

  • 89 Prozent der Befragten sind dafür, dass einfach Standardeinstellungen in ihrem Browser ausreichen sollten, um sie vor Tracking zu schützen,
  • 90 Prozent finden, sie sollten die Möglichkeit haben, ihre Kommunikation Ende-zu-Ende zu verschlüsseln,
  • Fast zwei Drittel der Befragten (64 Prozent) finden es nicht akzeptabel, dass sie nur uneingeschränkten Zugriff auf eine Website erhalten, wenn Sie der Überwachung ihrer Online-Aktivitäten zustimmen (also sog. „Walled-Gardens“, bei denen Inhalte hinter Tracking-Cookie-Mauern versteckt sind),
  • Vier von zehn Befragten meiden sogar bestimmte Seiten, weil sie Bedenken gegenüber der Überwachung haben,
  • 71 Prozent finden es nicht akzeptabel, wenn Unternehmen ihre Informationen ohne ihre Zustimmung weiter verbreiten, auch wenn es den Firmen dabei helfen soll, ihnen neue Dienstleistungen anzubieten, die sie mögen könnten,
  • Knapp drei Viertel (72 Prozent) empfinden es als sehr wichtig, dass die Vertraulichkeit ihrer E-Mails und Messenger-Nachrichten gewährleistet ist,
  • 78 Prozent der Befragten finden es sehr wichtig, dass auf persönliche Informationen auf ihren Computern, Smartphones und Tablets nur mit ihrer Erlaubnis zugegriffen werden darf,
  • 61 Prozent gaben an, dass sie zu viele ungebetene Werbeanrufe erhalten,
  • Fast die gleiche Anzahl (59 Prozent) sprach sich dafür aus, dass Werbeanrufe eine spezielle Vorwahl haben sollten, damit man sie direkt erkennt.

Industrie sieht keine Notwendigkeit für besseren Datenschutz

Ebenfalls veröffentlicht wurden die endgültigen Ergebnisse einer offiziellen Konsultation der Kommission zur ePrivacy-Reform. Gegenüber den vorläufigen Ergebnissen, über die wir schon im August unter dem Titel „Die nächste Lobbyschlacht um unsere Privatsphäre“ berichtet haben, hat sich keine gravierende Änderung mehr ergeben. Die Ergebnisse zeigen deutlich, wie sehr die Interessen der Industrie denen von Bürgern und Zivilgesellschaft gegenüberstehen.

Etwas mehr als drei Viertel der Letztgenannten denken, dass die ePrivacy-Richtlinie bisher ineffektiv war, um das Ziel eines Schutzes der Privatsphäre und Vertraulichkeit von Kommunikation in der EU umzusetzen. 57 Prozent der Industrievertreter denken hingegen, dass die Richtlinie ausreichend wirksam war. Auch zur Notwendigkeit einer zukünftigen Regulierung für den elektronischen Kommunikationssektor gehen die Meinungen auseinander: Eine große Mehrheit von 83 Prozent der Bürger und zivilgesellschaftlichen Organisationen finden diese relevant. 63 Prozent der industriellen Vertreter sehen darin keinerlei Mehrwert.

Die Konsultation fand zwischen dem 12. April und dem 5. Juli statt. 421 Akteure, davon 186 industrielle Vertreter, 162 EU-Bürger, 40 Vertreter von öffentlichen Stellen und 33 Organisationen aus der Zivilgesellschaft nahmen daran teil. Ein Viertel der Teilnehmer kam aus Deutschland.

Von Sven Braun und Ingo Dachwitz.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

4 Ergänzungen

  1. Die Umfrage zeigt wieder einmal, dass man mit geeigneten Fragestellungen jedes gewünschte Ergebnis erreichen kann, solche Umfragen sind mehr oder weniger Bullshit und sind nicht objektiv.

    89% der Internetnutzer wollen einen Browser, der gegen Tracking schützt – sehr toll. Aber sind diese 89% auch bereit, die daraus folgenden Konsequenzen zu tragen?

    Ohne intensives Tracking mit dem Ziel, bestmögliche Werbung zu platzieren, würde das Internet in der jetzigen Form nicht existieren und auch Smartphones als allgegenwärtiges Livestyle Gadget würde es so nicht geben. Könnten diese 89% es sich vorstellen, das sie für die vielen kostenfreien Dienste wie Google, Facebook, Twitter o.ä. irgebdwie anders bezahlen müssten statt mit Daten.

    Konzerne wie Google machen 40 Mia. Dollar Umsatz mit Werbung. Allein in Deutschland geben Industrie und Handelkette pro Jahr 1,4 Mia, Euro für (personenbezoegenen) Werbung im Internet aus. Diese Ausgaben lohnen sich nur, weil die Internetnutzer gezielter angesprochen werden können als mit anderen Werbeformen. Wenn dieser Vorteil wegfallen würde, dann würden Industrie und Handelskette ihren Werbeetat wahrscheinlich anders verteilen und damit wäre die Finanzierung für vieles, was uns heute ganz selbstverständlich kostenfrei die zur Verfügung steht, in Frage gestellt sein. (Mit „kostefrei“ meine ich „monetär umsonst“, die gesamtgesellschaftlichen „Kosten“ sind schwer abschätzbar.)

    Wollen die 89% auch die Konsequenz akzeptieren? Nein.

    1. 89% der Deutschen lesen Bild
      natürlich ist dass nicht die richtige Zahl,
      aber wundert es dich wirklich dass die Masse mal wieder etwas will was schlecht für sie ist ?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.