Resolution gegen „gewaltsamen Extremismus“: UN-Sicherheitsrat fordert Vorratsdatenspeicherung von Fluggastdaten

Fluggesellschaften sollen Fluggastinformationen vor Reiseantritt an nationale Behörden übermitteln. Das fordert der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in einer Resolution gegen „gewaltsamen Extremismus“. Eine solche Vorratsdatenspeicherung von Fluggastdaten existiert bereits mit drei Staaten, auch auf EU-Ebene soll ein solches System eingeführt werden.

Obama leitete die Sitzung des Sicherheitsrats am 24. September.

Vor zwei Wochen hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Resolution 2178 gegen „gewaltsamen Extremismus“ beschlossen. Darin findet sich unter anderem eine Aufforderung, eine Vorratsdatenspeicherung von Passenger Name Records (PNR) vorzuschreiben:

[Der Sicherheitsrat] fordert die Mitgliedstaaten auf, von den in ihrem Hoheitsgebiet tätigen Fluggesellschaften zu verlangen, den zuständigen nationalen Behörden vorab Fluggastinformationen zu übermitteln, um festzustellen, ob Personen, die vom [Al-Qaida Sanktionsausschuss] benannt worden sind, an Bord von zivilen Luftfahrzeugen aus ihrem Hoheitsgebiet ausreisen oder versuchen, in oder durch ihr Hoheitsgebiet zu reisen […].

Pro Flugbuchung werden bis zu 60 Einzeldaten von Fluggesellschaften gespeichert, darunter Informationen über den gesundheitlichen Zustand des Reisenden und besondere Essenswünsche. Die EU hat Abkommen mit den USA, Kanada und Australien, diese Daten bei Flügen in oder von diesen Ländern zu übermitteln. Die Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten hatten vor wenigen Wochen beschlossen, eine EU-weite Vorratsdatenspeicherung von Fluggastdaten einführen zu wollen.

In der aktuellen weltpolitischen Lage ist „Terrorismus“ wieder ein Totschlagargument. Dabei darf jedoch nicht untergehen, dass Geheimdienste keinesfalls zu wenig Daten haben, wie sich auch bei 9-11 und dem Boston-Marathon zeigte. Schon jetzt existieren die No Fly List mit zehntausenden und die Terrorist Watch List mit einer Millionen Einträgen, regelmäßig werden Unschuldige am Reisen gehindert. Spätestens nach dem EuGH-Urteil zur Vorratsdatenspeicherung gehören alle anlasslosen Datensammlungen kompletter Bevölkerungen auf den Prüfstand.

Alexander Sander, Gründer der Initiative NoPNR!, Geschäftsführer beim Verein Digitale Gesellschaft und Mitblogger bei netzpolitik.org, kommentiert:

Die Übermittlung von Fluggastdaten ist ein schwerer und unverhältnismäßiger Eingriff in die Privatsphäre der Reisenden. Diese Resolution fordert die Total-Überwachung des Reiseverkehrs! Statt derartige Resolutionen zu verabschieden, müssen bestehende Vorratsdatenspeicherungen, wie die Übermittlung Europäischer Reisedaten an die USA, sofort gestoppt werden. Ebenso muss von den Plänen zum Aufbau einer Europäischen Vorratsdatenspeicherung von Reisedaten Abstand genommen werden.

Dem Terrorismus mit immer weiteren Datensammlungen und Vorrastdatenspeicherungen zu begegnen, die sämtliche Menschen zu Verdächtigen erklären, kann und darf nicht die Lösung sein. Gleichzeitig fehlen Gelder für Ausstiegsprogramme.

Dietmar Hipp führte für Spiegel Online ein Interview mit dem Jurist und Straf- und Völkerrechtslehrer Claus Kreß: „Das ist Gesetzgebung im Hinterzimmer“

Kreß: Die Resolution verpflichtet die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, also auch Deutschland, auf ein ganzes Maßnahmenpaket gegen Terror-Tourismus: Da geht es um Grenzkontrollen, das Passwesen, den Datenaustausch etwa von Fluggesellschaften, Rechtshilfe und auch umfassende Strafvorschriften, die vor allem Reisen in terroristischer Absicht unter Strafe stellen sollen.

SPIEGEL ONLINE: Ist es nicht ohnehin ungewöhnlich, dass der Sicherheitsrat rechtliche Vorgaben macht?

Kreß: Absolut. Der Sicherheitsrat, in dem 15 Staaten sitzen, schwingt sich hier zum Weltgesetzgeber auf – eine Rolle, die ihm im System der Uno so eigentlich nicht zukommt. Selbst die Generalversammlung, in der alle Mitgliedstaaten vertreten sind, kann im Normalfall nur Empfehlungen aussprechen. Der Sicherheitsrat hat nach der Uno-Charta die Rolle der Weltpolizei, er soll situativ konkrete Maßnahmen beschließen, aber nicht weltweit die innerstaatlichen Rechtsordnungen prägen.

6 Ergänzungen

  1. und wie soll man anders die islamistischen Extremisten an Einreise/Ausreise hindern ? Gerade durch den IS hat da die Gefahr eine ganz andere Größenordnung erreicht. Bedankt euch also für die zunehmende Überwachung lieber mal bei den streng Gläubigen Religioten vom IS die diesen ganzen shit überhaupt erst notwendig machen.

    1. Sorry, aber Sie haben weder verstanden, warum Menschen zu Terroristen werden, noch begreifen Sie, wem der halluzinierte oder real existierende Terrorismus nützlich ist.

      Zwei kleine Denkanstöße für Sie – unbezahlbar und weil Sie es mir wert sind:

      1) Was würden Sie tun, wenn Flugroboter Ihre unschuldige Frau, Ihre Kinder, Ihre Großeltern, Ihre Geschwister und Ihre gesamte unschuldige Nachbarschaft töten und Ihr Lebensglück für immer auslöschen würden? Würden Sie die Angreifer lieben?

      2) Wie schaffen Sie sich eine ewige Gewinn- und Geldquelle? Erst Waffen verkaufen, dann Überwachung verkaufen. Pflegen Sie Ihr Nutzvieh und Ihre Marionetten, damit Ihr Profit nie versiegt. It’s so easy bro!

      Rüstung -> Auschwung -> Profit -> Krieg -> Zerstörung -> Wiederaufbau -> Aufschwung -> Profit

  2. gewaltsamen Extremismus? Wie sollen denn Fluggastdaten gegen rechte Terroristen wie die der NSU helfen? Und warum soll man Werte aufgeben um diese zu verteidigen? Rätsel über Rätsel…

  3. Übersetzt: Die UNO-Heinis wollen alles über jeden Menschen wissen, der jemals in Europa ein Lufttransportmittel benutzt, nur damit sie wissen ob einer ihrer Freunde zum Spielen dabei ist.

    Beachte: „alles über jeden“ „ob“. Das muss doch auch mit weniger Grundrechtsverletzung gehen?!

    1. Man sollte wirklich meinen, dass sich eine solche Überprüfung recht „grundrechtsschonend“ durchführen lässt. Zumal diese Liste ja — zu meinem Erstaunen — sogar öffentlich einsehbar ist [1]. Ein einfacher Abgleich von Name und Geburtsdatum sollte doch in erster Instanz völlig ausreichend sein.

      Es bleibt nur zu befürchten, dass die USA ihr Vetorecht im Sicherheitsrat nutzen werden um ähnlich perverse Zustände zu schaffen, wie es schon bei Einreisen in die USA der Fall ist. Einen Vorgeschmack dazu hat erst gestern ein Artikel auf ZEIT ONLINE [2] geliefert — es kann einem nur himmelangst werden, dass ähnliche Zustände bald auch innerhalb der EU herrschen könnten.

      [1] http://www.un.org/sc/committees/1267/pdf/AQList.pdf
      [2] http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2014-10/fluggast-daten-usa

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