Bundesregierung arbeitet an „Verbesserung der klassischen Telekommunikationsüberwachung für Telefonie, Mobilfunk und E-Mail“

In der Cloud zwischengespeicherte Dokumente dürfen nach Ansicht des Innenministers abgehört werden.
In der Cloud zwischengespeicherte Dokumente dürfen nach Ansicht des Innenministers abgehört werden.

Seit zwei Jahren schreiben wir hier über die mickrigen Infos zum „Strategie- und Forschungszentrum Telekommunikation“ (SFZ TK), in dem das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei und das Bundesamt für Verfassungsschutz in einer „Kooperationsplattform“ organisiert sind. Das Zentrum befindet sich im „Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum” in Berlin-Treptow und gehört zum Bundesinnenministerium. Zu manchen Treffen werden auch „Behörden- und Industrievertreter“ eingeladen. Genaueres wird nicht mitgeteilt.

Bekannt ist aber, dass die dort zusammengeschlossenen Behörden mit der Entwicklung neuer Technologien zur Analyse Sozialer Netzwerke befasst sind. Eines der Projekte arbeitet zu Möglichkeiten des Abhörens von Cloud-Computing. Dabei wird untersucht, inwiefern Internetdienstleister gezwungen werden können, Polizeien und Geheimdiensten das Abhören technisch und rechtlich zu ermöglichen (die Bundesregierung spricht von einer Kooperation auf „technisch-strategischen Ebene“). Zu den Aufgaben des SFZ TK gehört die Weiterentwicklung entsprechender Verfahren. Hierzu werden Markt- und Techniktrendbeobachtungen vorgenommen, Forschungen begonnen oder Studien erstellt. Sofern einzelne Behörden die neuen Überwachungsanätze einführen wollen, leistet das SFZ TK Unterstützungsarbeit.

Wenn sich Abgeordnete nach den weiteren Projekten des SFZ TK erkundigen, drückt sich das Bundesinnenministerium gewöhnlich um Auskünfte herum. Heute rückt die Bundesregierung immerhin mit wenigen Details heraus. Demnach sei das Ziel des Zentrums, „die Telekommunikationsüberwachung angesichts der sich ständig verändernden Kommunikationsformen sicherzustellen“. In mehreren Themenbereichen werden „Einzelprojekte“ durchgeführt:

1. Verbesserung der klassischen Telekommunikationsüberwachung für Telefonie, Mobilfunk und E-Mail,
2. Datenaufbereitung, insbesondere in Anbetracht des erheblichen Anstiegs der Datenmengen,
3. Anpassung der Telekommunikationsüberwachung an aktuelle Kommunikationsformen und -protokolle,
4. Anforderungen an die Telekommunikationsüberwachungsanlagen der nächsten Generation.

Kurzum: Es geht um die Entwicklung von Trojanern, das Knacken verschlüsselter Übertragungen, computergestützte Auswertung von Massendaten, Big Data bei Polizei und Geheimdiensten, Beobachtung und Analyse von Inhalten Sozialer Netzwerke und Schnittstellen zur Ausleitung privater Kommunikation bei Cloud-Diensten. Erst kürzlich hatte der Bundesinnenminister erklärt, dass in der Cloud gespeicherte Dokumente als Kommunikationsdaten anzusehen sind, mithin abgeschnorchelt werden dürfen.

Alle Projektergebnisse des SFZ TK bleiben geheim. Fraglich ist, inwiefern andere Behörden, auch der Bundesländer, Zugang hierzu erhalten. Eine formale Beteiligung der Länder sei bisher nicht erfolgt, steht in der Antwort. Das wäre aber auch so zu interpretieren, dass Polizeien und Geheimdienste auf Länderebene informell einbezogen sind oder Berichte bekommen. Bekanntlich arbeiten Bundes- und Landesbehörden zu neuen Abhörmaßnahmen in einer „Kommission Grundlagen der Überwachungstechnik“ (KomGÜT) zusammen, die notwendige „Anpassungsprozesse“ möglichst früh erkennen und bei der Umsetzung helfen soll.

Interessant wäre auch zu wissen, über welche Zusammenarbeitsform sich der Bundesnachrichtendienst Zugang zu den Arbeiten des SFZ TK verschaffen kann, zumal der Auslandsgeheimdienst in seiner „Strategischen Initiative Technik (SIT)“ ebenfalls an neuen Abhörmöglichkeiten bastelt.

10 Ergänzungen

  1. Und wann gedenken wir, diese Kriminellen zu stoppen, die sich in den Mantel einer in einer Demokratie geführten Polizei hüllen? Dürfen wir uns morgen auch auf anlasslose Hausdurchsuchungen freuen, so wie es in der Nazizeit üblich war? Oder auf Folter und Erzwingungshaft auf unbestimmte Zeit zur Herausgabe von Passwörtern? Dient ja alles unserem Schutz und nur der Aufdeckung von Straftaten. Dabei ist das primär gar nicht deren Job, sondern die haben zu ermitteln, wenn eine Straftat tatsächlich geschehen ist – und nicht präventiv vorab irgendwas herumzumauscheln und oftmals böswillig zu unterstellen. Richtervorbehalte sind auch ein schlechter Witz und Staatsanwaltschaften sowie Amts- und Landgerichte sind immer weniger zu etwas Nütze. Eigentlich könnte man der Polizei gleich die Allmacht geben, Verurteilungen vorzunehmen, das kommt schon fast aufs Gleiche raus.
    Bei polizeilichen Maßnahmen entscheiden die doch ohnehin schon selbst und haften niemals für ihr permanentes Fehlverhalten.
    Wie kann eine Demokratie so etwas aushalten?
    So eine Polizei können wir weder brauchen, noch wollen!

    Kurzum:
    Ich habe mein Handy exakt aus diesem Grund abgeschafft, ich nutze keine Cloud oder ähnliche Onlinespeicher. Künftig wird man wohl auch dazu übergehen müssen, einen PC für Onlineleben, und einen weiteren, idealerweise ein älteres Modell, für das Offlineleben zu benutzen, der dann entsprechend stark vollverschlüsselt wird und niemals Online- oder Netzwerkzugriff haben wird, weil man permanent damit rechnen muss, dass irgendein faschistoider Staat seine Terroristen losschickt, sich in private und firmeneigene Systeme einzuhacken, um dort Daten quasi willkürlich zu duplizieren und diese nach Lust und Laune gegen diese Person zu verwenden.

    Wobei das auch nicht sooo viel nützt, aber einen gewissen Grundschutz bietet. Andererseits, wenn sie dann den PC beschlagnahmen, sind die Daten vielleicht sicher… aber wohl duerhaft weg. Denn beschlagnahmtes Eigentum geben die ja nur sehr ungerne wieder heraus, eigentlich ist auch das bereits eine schwere Straftat, aber es ist ja der Staat, und der darf das…

    Man muss sich heute nicht einmal mehr etwas zu Schulden kommen lassen, in den Kontakten einer verdächtigen Person zu stehen, reicht heute vollkommen aus, dass die Staatsanwaltschaft ihre Hunde loslässt.

    Liebe Regierung:
    Dieses Land ist nicht mehr lebenswert und IHR seid dran schuld!
    Packt Euch doch alle zusammen, nehmt Eure Polizei und Geheimdienste mit und zieht auf eine Insel. Da könnt ihr Euch gegenseitig überwachen, foltern und erschießen. Ach ne, ich vergaß… IHR seid ja davon weitestgehend ausgenommen. Ein Schelm, der dabei…

    1. Der digitale Rückzug reicht nicht aus, früher oder später wird man halt eben gerade dadurch „verdächtig“. Und es ist auch nicht (nur) die Regierung an der Misere Schuld: wir sollten nicht vergessen, wer diese Damen und Herren ins Amt gewählt bzw. durch seine Wahlverweigerung die Verteilung der freien Sitze auf die dominierenden Parteien passiv unterstützt hat.

      Um etwas an der Lage zu ändern, gibt es wohl nur eine wirkliche Strategie:
      1. Wählen gehen und seine Stimme anderen Parteien geben. NIcht aus Protest wählen, sondern sich intensiv mit dem Programm der Parteien beschäftigen und dann eine auswählen, bei der man die größtmögliche Schnittmenge sieht und von der man noch nicht belogen wurde.
      2. Selbst aktiv werden, existierende Bewegungen unterstützen oder eine ins Leben rufen. Auf die Strasse gehen und demonstrieren.
      3. Sich politisch einbringen, selbst kandidieren und für seine Ziele kämpfen.
      4. Gespräche mit anderen Leuten führen und versuchen, sie zu überzeugen. Durchhalten, egal wie dick die Bretter vor den Köpfen sind, immer weiter bohren!

      Es ist wie mit dem Klimawandel – wenn wir den Schaden begrenzen wollen müssen wir selbst jetzt dringenst anfangen zu handeln, denn das wird ein sehr langwieriger Umstellungsprozess.

  2. Wenn die Daten sooooooo niedrig eingestuft sind – darf da Jederann dran .

    Umkehrschluss ….

    Speichert der Bund also Daten – ….im Netz – lässt er die Daten auf der Strasse liegen..und JEDERMANN darf diese „finden“. Sind ja nur Verkehrsdaten – und da darf man sich ja die Strasse auch anschauen….von der Autobahnbrücke `runtergucken….

  3. Hallo Leute,

    natürlich werden wir immer mehr zum Polizeistaat. Wenn eine Behörde etwas böses gegen einen Bürger gemacht hat, ermittelt keine unabhängige Behörde, sondern sie ermittelt gegen sich selbst.
    Dies ist ja schon lächerlich.
    Dieses Jahr feiern wir 25 Jahre Wiedervereinigung. Was meint ihr wo die ganzen Ex-Stasi und Volkspolizei Mitarbeiter untergekommen sind. Das Potenzial wurde integriert und die Jungs stehen voll im Saft und haben auch sicher Karriere gemacht und stehen an den Stellschrauben der Demokratie. Und Mutti hat auch ihre Erfahrungen, warum diese nicht nutzen. Der deutsche Michel hält doch eh still. In Frankreich rollen gleich die Traktoren und legen mal eben Paris lahm. Wenn bei uns einmal die Zugführer streiken, wird im deutschen Staatsfernsehen nur von Personen berichtet, die das zum Kotzen finden. Andere Stimmen, die für einen Streik Verständnis haben werden unterdrückt.

    (Ich bin Bahnfahrer und habe Verständnis!! Muss dies auch jeden Tag haben, wenn diese oft unpünktlich fährt. Nur dafür habe ich eigentlich kein Verständnis mehr.)

    Und schon sieht sich die Politik im Recht und will das Streikrecht beschneiden. Geht klasse mit einer großen Koalition.
    Nicht jammern, handeln. Warum gibt es keine Petition zu den einzelnen Themen hier.
    Wenn alle abgelehnt werden, wisst ihr wo ihr dran seit.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Petition

  4. Lösung ganz einfach:

    Medium nicht mehr benutzen oder sagen wir mal minimalistisch benutzen. Keine Daten keine Schnüffeleien durch Regierungen und Konzerne. Ist natürlich nur eine Option für Menschen, die kein Bock auf Massenüberwachung haben. Der Rest hat Pech.

    Ach und all die Helden, die ständig an WhatsApp hängen, telefoniert mal wieder oder schreibt ne Karte. Ist persönlicher und deutlich nerviger bei Auswertungen als direkter Textinput mit Geolocation. Das netzpolitik diese ganzen unserösen Dienste selbst vermarktet macht die Situation im Netz nicht besser und wirkt zudem hochgradig unglaubwürdig, zumindest die verbreite andauernde zelebrierte Aufregung hier über Spionage und Co.

    Twitter, Google, Facebook, Youtube usw. sind keine Datensammelbuden für die Dienste, was? Ihr seid genauso gefangen wie der Rest des Mainsstreams und die gucken Euch ganz genau auf die Finger. Wer Privatleben will, Router ausmachen, Smartphone ausmachen und mal wieder nen Tag in der Realität verbingen. Schadet einigen sicher nicht.

    1. [quote]
      Twitter, Google, Facebook, Youtube usw. sind keine Datensammelbuden für die Dienste, was? Ihr seid genauso gefangen wie der Rest des Mainsstreams und die gucken Euch ganz genau auf die Finger. Wer Privatleben will, Router ausmachen, Smartphone ausmachen und mal wieder nen Tag in der Realität verbingen. Schadet einigen sicher nicht.
      [/quote]

      Ich weis ja nicht wie Du Deine Tage in der Realität verbringst, aber bei mir sieht dies so aus: Von meiner Haustür bis zu meinem Arbeitsplatz habe ich die Wahl, mich entweder durch ca. 70 (!) öffentliche Überwachungskameras beobachten zu lassen oder gegen das Vermummungsverbot zu verstoßen. Mein Arbeitgeber stellt mir zwar kein Smartphone, aber ein Diensthandy, über das meine Bewegungen zeitlich und räumlich über den gesamten Arbeitstag getrackt werden können. Dienstliche Emails muss ich auch immer wieder schreiben. Ich kriege auch noch ganz normale Telefonanrufe über das Festnetz – nur dass dieses vom Provider auf VOIP umgestellt wurde und datenmässig genauso abgefasst wird. Meine Strom- und Wasseranbieter (wollen) meine Verbrauchsdaten zu Hause genauso minutiös erfassen können wie der Einkaufsmarkt meinen Warenkorb mit den ganzen schicken RFID-Tags – dummerweise muss ich Abends noch was einkaufen, weil sonst irgendwann der Kühlschrank leer ist. Und wenn ich nicht genug Bargeld dabei habe, dann fällt bei der Nutzung der EC-Karte noch mehr Datengold an – auch ganz ohne Kreditkarte und PayBack-Punkte. Abends liegt vielleicht noch ein Brief im Kasten – wusstest Du übrigens, dass die heute automatisiert geöffnet, gescant und wieder verschlossen werden können?

      Ergo: Wenn Du nicht gerade den Luxus geniesst, in einer abgeschotteten Schrebergartenkolonie ganz ohne Telefon, Strom, Wasser, Gas und Licht als Selbstversorger zu hausen, wirst vermutlich auch Du – wie der Rest des Mainstreams – Dein Privatleben mit ziemlich vielen Unternehmen teilen. Ob die nun Google und Microsoft heissen oder den Namen eines örtlichen Geschäfts tragen ist da wurscht, da wie dort bedienen sich auch die staatlichen Stellen. Alle diese Daten kommen heute schon fast automatisch in die „Cloud“, wo sie den Folgerungen der Sicherheitsminister (Link sh. Artikel) ungeniert „geklaut“ werden dürfen.

      Ein Entkommen gibt es somit nur für Selbstversorger, die wie ein Waldschrat mitten in unzugänglichen Waldgebieten leben. Da Du Deinen Beitrag – dem Timestamp zu folgen – vermutlich nicht in einem InternetCafe geschrieben hast, gehe ich davon aus dass auch Du Dich nicht in die ewige Abgeschiedenheit zurückgezogen hast.

      Ich fürchte also dass ich Dir diesen Zahn ziehen muss: Das reine „Ausloggen“ bietet Dir in keinster Weise irgendwelche Vorteile. Im Gegenteil, Du machst Dich damit sogar erst so richtig schön verdächtig:
      https://netzpolitik.org/2012/wer-kein-facebook-profil-hat-ist-psychisch-krank-und-kriegt-keinen-job/

      1. Das Vermummungsverbot gilt ihmo nur bei Versammlungen, wobei manche Länder auch ein Verbot von Ganzkörperschleiern umgesetzt haben. Darunter dürfte dann eine Skimaske allerdings nicht fallen.

    2. Bitte bleibt doch sachlich: Ein Verzicht auf Soziale Netzwerke und schnelle Kommunikationsmittel wie Twitter, Facebook & Co hat gravierende Folgen für viele Demokratiebewegungen weltweit. Ich kann nur aus eigener Anschauung sagen: Die 43-Bewegung derzeit in Mexiko wäre ohne diese Dienste nicht möglich, da nahezu alle Massenmedien in direkter oder indirekter Kontrolle der Regierungsparteien liegen. Dort bekommt das „Volk“ geschönte Nachrichten und Telebnovelas zu sehen, während Menschen zu tausenden entführt und sprichwörtlich geschlachtet werden.

      td;lr: Der Verzicht auf moderne, mobile Kommunikation wäre ein Schaden für die Demokratie – es geht vielmehr darum, solche Netzwerke weltweit verfügbar und anonym anzubieten.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.