Die Bundesregierung will noch in diesem Jahr die angekündigte Stiftung Datenschutz gründen. Morgen wird das Thema im Deutschen Bundestag debattiert. Im Antrag stehen aber die Interessen der Wirtschaft vor denen der Gesellschaft.
Im Koalitionsvertrag der Regierung hieß es auf Seite 98:
Darüber hinaus werden wir eine Stiftung Datenschutz errichten, die den Auftrag hat, Produkte und Dienstleistungen auf Datenschutzfreundlichkeit zu prüfen, Bildung im Bereich des Datenschutzes zu stärken, den Selbstdatenschutz durch Aufklärung zu verbessern und ein Datenschutzaudit zu entwickeln.
Nach drei Jahren gibt es jetzt einen Antrag von CDU/CSU und FDP, der in der morgigen Plenarsitzung beraten werden soll. Mit Tagesordnungspunkt 14 wird das sicherlich erst am Abend.
Die Formulierung des Antrages zeigt schon, wo die Regierung die Prioritäten einer solchen Stiftung sieht: Die Wirtschaft taucht neun mal auf, die Gesellschaft zwei mal und die Zivilgesellschaft nur einmal.
Neudeutsch ist die Rede von „Synergien von privater und hoheitlicher Betätigung für den Datenschutz“. In erster Linie soll der „Selbstdatenschutz“ durch Aufklärung und Bildung gestärkt werden. Das „Datenschutzgütesiegel“ ist zwar immer noch geplant, jedoch in Abwägung von Verbraucherschutz und Marktwirtschaft. Der ursprüngliche Datenschutz-Audit ist gestrichen worden.
Die Wirtschaft soll dabei sogar direkt am Tisch sitzen. Der Beirat will „unterschiedlichen Akteure“ umfassend in die Arbeit einbinden, um „im Sinne von Unternehmen und Verbrauchern“ zu handeln. Die Regierung freut sich über die „aktive Mitwirkung der Wirtschaft“ an der Stiftung sowie „ihr Engagement, die Stiftung mit Zustiftungen und Spenden zu unterstützen“.
In dieser Form kann man die Stiftung Datenschutz getrost als gescheitert ansehen.
Inhaltlich ist von den eigentlichen Aufgaben nicht mehr viel übrig geblieben. Statt effektivem Verbraucherschutz sollen die Interessen der Wirtschaft im Vordergrund stehen. Die Unabhängigkeit ist durch die Angliederung im Innen-Ressort und die Einbindung der Wirtschaft nicht gewährleistet.
Zudem hat die Stiftung kaum nennenswerte Ressourcen. Zwar will das Innenministerium den Aufbau mit 10 Millionen Euro fördern. Diese werden jedoch angelegt und effektiv arbeiten kann die Stiftung nur mit den Zinsen. Neben der Büro-Miete wird das nur für wenige Stellen reichen. Bereits letztes Jahr haben die Justizministerin und der Bundesdatenschutzbeauftragte die Summe als nicht ausreichend kritisiert.
Die Regierung gründet jedoch nicht nur einen zahnlosen Tiger, der die selbst gesteckten Ziele nicht erreicht. Der grüne Abgeordnete Konstantin von Notz sieht sogar mehr Schaden als Nutzen:
Die Bundesregierung hat ihr einst als datenschutzrechtliches Leuchtturmprojekt gefeiertes Vorhaben längst begraben und keine der Forderungen aufgenommen. Das ist mehr als bedauerlich: Facebook, Google und die Schufa – aktuellen Anlass zum Handeln gäbe es genug. Diese Bundesregierung aber hat in drei Jahren nichts für mehr Datenschutz und Datensicherheit getan. Jetzt kommt sie mit einer Stiftung um die Ecke, deren Konzept den Bürgerinnen und Bürgern keinerlei Mehrwert bringt. Eine Außenstelle des Bundesinnenministeriums, dessen bisherige Politik nur als datenschutzfeindlich bezeichnet werden kann, braucht niemand. Es fehlt zudem an der notwendigen Unabhängigkeit der Stiftung, um das Vertrauen und die Akzeptanz der Verbraucher zu verdienen.
Ausgesprochen bedauerlich ist auch, dass ausgerechnet die stets als Kernaufgabe der Stiftung diskutierte Aufgabe der Gütesiegelvergabe nicht kommen wird. Die mit spärlichsten Mitteln ausgestattete Stiftung birgt zu allem Ärger auch das Potential eines Spaltpiltzes im gegenwärtigen Aufsichtssystem, sollte es zu einer Instrumentalisierung der Stiftung gegen die unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden kommen.
Wie wird eigentlich das Geld der Stiftung angelegt? Was bringt am meisten Gewinn? Landminen? US-Gefängnisse? Facebook?
Oder sind es deutsche Staatsanleihen mit zZt. 0 % Rendite?
Toll, dafür die Rechtsform einer Stiftung zu wählen, ausgerechnet DIE Rechtsform, bei der man am wenigsten auskunftspflichtig ist. Da kann man als Stiftung schon mal mit 90% seines Budgets für Meinungsmache für eine Idee/Ideologie/Gesetzentwurf ausgeben und für die rechtlichen 10% macht man Werbung für sich selbst. So ist der gute Ruf und das Ansehen als „Unabhängiger“ garantiert und niemand kriegt heraus, wer hier Propaganda betreibt. Niemand kontrolliert, wofür Stiftungen Geld ausgeben. Oftmals sind es vorgeblich gemeinnützige Zwecke, aber in Wirklichkeit stehen ganz andere, eigennützige Interessen dahinter.
…aber hört sich gut an, oder?
Da fällt es dann sicherlich auch nicht so schnell auf, wenn die Stiftung – ich sach ma Bertelsmann – der anderen was zusteckt.
“ihr Engagement, die Stiftung mit Zustiftungen und Spenden zu unterstützen”.
Das sagt alles.