Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) will die Abmahnindustrie in die Schranken weisen.
Seit 2008 erlaubt das Urheberrechtsgesetz eine Deckelung von Abmahn-Kosten auf 100 Euro. Nett gemeint, aber oft wirkungslos, weil die Begriffe „in einfach gelagerten Fällen“ und „außerhalb des geschäftlichen Verkehrs“ von Gerichten oft zum Nachteil der Verbraucher ausgelegt werden.
Oft reicht es schon, einen Film oder ein Musikalbum in eine Tauschbörse einzustellen, ohne dass damit eine Gewinnabsicht verbunden ist. Die Kosten einer Abmahnung betragen dann schnell mehrere hundert Euro. Der vzbv fordert eine gesetzliche Klarstellung: Abmahnungen dürfen maximal 100 Euro kosten, wenn Verbraucher unerlaubt urheberrechtlich geschützte Inhalte privat nutzen.
Bereits im November kündigte Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger einen Gesetzentwurf an, in dem sie die „Abmahn-Abzocke“ bekämpfen will:
Denn „anwaltliche Geschäftsmodelle, die allein auf die massenhafte Abmahnung von Internetnutzern ausgerichtet sind“, würden den eigentlichen Abmahnzweck immer weiter in den Hintergrund drängen: „nämlich berechtigte Interessen unbürokratisch außerhalb von Gerichtsverfahren einfordern zu können“.
Die Verbraucherzentralen sprechen sich außerdem gegen die als 2-Strikes bekannten Warnmodelle aus:
Das von Seiten der Rechteinhaber favorisierte so genannte Warnhinweismodell lehnt der vzbv aus datenschutzrechtlichen Gründen ab. Dabei müssten die Internetprovider das Nutzerverhalten protokollieren, speichern und bei Urheberrechtsverstößen Warnmeldungen an die Kunden verschicken. „Dienstleister dürfen keine Hilfssheriffs sein, die ihre Kunden ausspähen“, kritisiert Tausch. Wenn Rechteinhaber Verbraucher bei einfachen Verstößen warnen wollen, so könnten sie ihnen schon heute per Post einen Brief schicken.
Die Probleme damit hat der Digitale Gesellschaft e.V. bereits deutlich gemacht.
„Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) will die Abmahnindustrie in die Schranken weisen.“
nett formuliert. ich höre die abmahndindustrie wiehern vor lachen.
„Abmahnungen dürfen maximal 100 Euro kosten, wenn Verbraucher unerlaubt urheberrechtlich geschützte Inhalte privat nutzen“
Genau das hilft eben nicht. Geschäftliches Handeln wird seitens der Gerichte nicht für die Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte unterstellt, sondern dafür, dass die Inhalte für die ganze Welt für die Vervielfältigung vorrätig gehalten werden.
Interessant finde ich die Frage, ob das seitens des Gesetzgebers auch so gemeint war. Die Auslegung des § 97a UrhG durch die Gerichte unterstellt das freilich, denn entgegen der weit verbreiteten Ansicht werden Gesetze nicht nur „nach Wortlaut“ (also grammatisch) ausgelegt, sondern unter anderem auch nach Interntion des Gesetzgebers (teleologisch).
Im Übrigen will ich noch dazu sagen, dass ich den grundsätzlichen Tenor begrüße. Die Verbraucherzentralen sollten jetzt nur noch losgehen und auch was machen und nicht nur reden. Die Abmahnindustrie selbst wird es nicht interessieren, was die Verbraucherzentralen von ihr halten. Die Art und Weise, mit der da vorgegangen wird, kann man auch — Illegalität der Urheberrechtsverletzungen hin oder her — beim bestem Willen nicht in die Kategorie „Recht und Ordnung“ einsortieren. Es kann nicht im Interesse der Gesellschaft stehen, dass auf dem Zugpferd Urheberrecht ein Geschäftsmodell entsteht, dass Geld durch Drohungen und überhöhten Forderungen entsteht, und das mit Hilfe der Justiz. Das Urheberrecht wurde geschaffen, um die Kreativen zu enlohnen, DAMIT ein Wert für die Gesellschaft entsteht. Nicht den Verlagen ein Geschäftsmodell zu sichern und ihnen einen Apparat an die Hand zu geben, gegen die Gesellschaft vorzugehen.
Bereits im Juli 2011 hat die LINKE im Bundestag einen Gesetzentwurf gegen Abmahnwahn eingebracht. Siehe zum Beispiel hier: http://blog.die-linke.de/digitalelinke/vzbv-abmahnwahn-stoppen/
Die Abmahngebuehren sind vollkommen in Ordnung. Niemand wird gezwungen sich Musik oder Filme herunter zu laden. Wer das trotzdem moechte soll sich an freien Werken bedienen oder zahlen. auch wenn man am PC sitzt sollte man Respekt vor den Rechten anderer haben.
Es ist lediglich sicher zu stellen das keine Unschuldigen abgemahnt werden und das Urheberrecht nicht dazu missbraucht wird die Kunst- und Meinungsfreiheit oder kritische Berichterstattung zu unterdruecken.
Hierbei versagen die Gerichte und indirekt der Gesetzgeber leider immer wieder.
die Streitwerte (bzw. die vermeintlichen Schäden, die durch Filesharer verursacht werden) sind unrealistisch oder besser irrwitzig hoch angesetzt, es werden Hinz und Kunz gewerbliche Ausmaße im Filesharing (für nachgewiesene Sekunden-Zeiträume des Verteilens) unterstellt, was einfach Schwachsinn (aber monetär natürlich von Vorteil) ist, die Abmahngebühren führen u.U. schnell in den finanziellen Ruin, wenn man nicht aufpasst. Nicht ohne Grund spricht Bundesjustizministerin Leutheusser Schnarrenberger von missbräuchlichen und überteuerten Abmahnungen, wogegen sie vorgehen will.
Das stimmt so nicht: Ich bin „Anschlußinhaber“ des Internetanschlusses einer Wohngemeinschaft und habe nun vorgestern festgestellt, dass man mir nach deutscher Rechtsprechung auch Abmahnungen über 800 Euro zuschicken kann, ohne dass ich zum beanstandeten Tag mit meinem Laptop überhaupt in der Wohnung gewesen wäre. Das Stichwort ist „Störerhaftung“: Da interessiert es überhaupt nicht, ob ich „schuld“ bin, oder wer aus meiner WG es denn überhaupt war (ganz abgesehen davon, dass es schwer für mich sein dürfte irgendeinem meiner Mitbewohner irgendetwas „gerichtsfest“ und legal nachzuweisen).
Wenn ich nicht völlig schief liege, gilt die Deckelung auch nur für die Anwaltskosten, nicht jedoch für die Schadensersatzforderung.
Wir haben DDR Verhältnisse , na also , bald wird es DemonstrationsVerbote geben, Überwachung wird verschärft. Wenn dann das Volk auf die Strasse gehen wird , dann wird es nicht so glimpflich ablaufen wie 1989.
DDR-Verhaeltnisse? Als ich das letzte mal ausgereist bin hat aber niemand nach mir geschossen, und dabei hatte ich mir nicht einmal vorher eine Ausreisegenehmigung geholt.
Man, was manche Leute hier fuer einen Kaese verzapfen…
Nein, das läuft heute alles etwas subtiler, außerdem, wo sollte man auch heutzutage auch noch hin flüchten?
Das stimmt nicht ganz, denn die damaligen Stasi Methoden sind mittlerweile um ein vielfaches verbessert worden.
Es wird Zeit … es ist ja nicht nur das Internet, welches in Frage gestellt wird, sondern auch – als Kollateralschaden – ein ganzes Lebensmodell:
Ich bin “Anschlußinhaber” des Internetanschlusses einer Wohngemeinschaft. (Grundsätzlich gilt das, was ich hier beschreibe aber auch für Familien, Lebenspartnerschaften, Untermietverhältnisse auf Zeit, etc.): Vorgestern habe ich festgestellt, dass man mir nach deutscher Rechtsprechung Abmahnungen über 800 Euro zuschicken kann, ohne mir nachweisen zu müssen, dass ich die Rechtsverletzung überhaupt begangen hätte (z.B. weiß ich, dass ich am beanstandeten Tag mit meinem Laptop überhaupt nicht in der Wohnung war – ist aber wohl egal).
Das Stichwort ist “Störerhaftung”: Da interessiert es nicht, ob ich “schuld” bin, oder wer aus meiner WG es denn überhaupt war: Ich bekomme erst mal die Abmahnung. Das Konzept der „Störerhaftung“ beschäftigt sich dabei nicht mit der Frage, ob es für mich als Anschlußinhaber technisch oder rechtlich möglich ist (oder auch nur wünschenswert) den Internetverkehr meiner Mitbewohner „gerichtsfest“ zu überwachen oder zu begrenzen.
Wer soll unter diesen Bedingungen noch bereit sein, das Risiko eines gemeinsamen Internetanschlusses zu tragen? Ich bin ratlos.