Seit zwei Jahren findet hinter verschlossenen Türen im Wirtschaftsministerium der Wirtschaftsdialog statt, der Provider und Urheberrechtsindustrie-Lobby an einen Tisch bringen will. Ziel der Veranstaltung sind freiwillige Kooperationen zur Verfolgung von Urheberrechtsdelikten. Weit gekommen ist man dort bisher nicht, weil die Fronten verhärtet sind.
Wir haben ein Papier der Urheberrechtsindustrie-Lobby zugeschickt bekommen, wo diese für den Wirtschaftsdialog eine Grusel-Wunschliste mit vielen Vorschlägen zum Grundrechtsabbau formuliert hat. Das Papier ist eine aktuelle Zusammenfassung der Ideen, womit die Bundesregierung momentan in Vorbereitung des dritten Korbes der Urheberrechtsreform bearbeitet wird: „Vorschläge der Rechteinhaber im Rahmen des Wirtschaftsdialogs für mehr Kooperation bei der Bekämpfung der Internetpiraterie (Kurzfassung)“ (PDF). Dazu haben wir vom Verein Digitale Gesellschaft e.V. eine Pressemitteilung vorbereitet, wo wir dazu Stellung nehmen: Rechteverwerter treten Grund- und Freiheitsrechte mit Füßen.
„Das vorliegende Papier ist offenbar der Wunschzettel der Rechteverwertungswirtschaft: Nachdem sie jahrelang keine attraktiven Angebote im Internet zustande gebracht hat, will sie die Kriminalisierung von Nutzern und ignoriert, dass ihr verständlicher Wunsch Geld zu verdienen hinter anderen Grundrechten wie dem Informationsgeheimnis und dem Datenschutz zurücktreten muss. Sie fordert von den Providern, dass diese in den Datenverkehr hineinschauen und bei Urheberrechtsverletzungen den Datenverkehr drosseln oder angebliche Verletzungen ganz ausfiltern. Sie fordern ein an das französische Three-Strikes-Modell angelehntes „Warnhinweismodell“. Für uns ist klar: Provider sind neutrale Dienstleister – sie haben grundsätzlich nichts in Datenverkehr und Dateien ihrer Nutzer zu suchen. Auch die vorgeschlagene Vorratsdatenspeicherung für Urheberrechtsverletzungsverfolgung ist vollkommen indiskutabel.“
Dazu haben wir als Digitale Gesellschaft e.V. die Dokumentenbefreiungs-Initiative „We share for you“ gestartet.
Eine weitere News: Wir haben 9.500 Euro Förderung von der Stiftung-Bridge für eine Netzneutralitäts-Kampagne erhalten und planen diese für den Spätsommer / frühen Herbst.
Disclaimer: Ein paar Co-Autoren von netzpolitik.org haben vor drei Monaten gemeinsam mit anderen den Verein Digitale Gesellschaft e.V. gestartet.
Krass, oder? Nie konnte man deutlicher als am Beispiel Netzneutralität sehen, wie sich bedingungsloses Profitstreben und Grundrechte gegenseitig ausschließen.
Na, FDP? Willst du weiterhin Bürgerrechte heucheln, oder endlich deine liberale Maske ablegen und eingestehen, dass es dir allein um die rücksichtslose Gewinnmaximierung alter, träger, aber mächtiger Konzerne geht?
Ich denke manche in der FDP sind hin- und her gerissen zwischen einem als Wirtschaftsliberalismus getarnten Wirtschaftslobbyismus und einem echten Liberalismus, der den Namen noch verdient.
(Aber ich kann mich auch irren. Ich kann ja schließlich keine Gedanken lesen ;) )
Der Kapitalismus in seinem Lauf ist immer dazu gezwungen allgemeingut und frei zur Verfügung stehende Resourcen zu privatisieren und künstlich zu verknappen um sie danach gewinnbringend verkaufen zu können. Genauso ist dies auch mit dem „Geistigen Eigentum“, zu Goethes und Mozarts Zeiten gab es das Urheberrecht in keinster Weise. Geistige Schöpfungen waren allgemeingut das jeder frei verwenden konnte, trotzdem wurden zu dieser Zeit Meisterwerke geschaffen die selbst heute noch relevant sind.
Seit dem 20 jahrhundert jedoch schreitet auch hier die Privatisierung voran. Seitdem alles Gemeinland, Wasserquellen, Produktionsmittel etc pirvatisiert in den Händen des Kapitals liegen ist es nur konsequent das nun auch das Wissen, die Kultur und sämtliche Geistigen Schöpfungen die der Gedankenwelt entsrpingen privatisiert werden um auf diese Weise für Wirtschaftswachstum zu sorgen.
Oder warum glaubt ihr denn warum einige große Industrieverbände gegen OpenSource und freies Wissen Stimmung machen. Warum immer mehr Staaten SoftwarePatente einführen die letztlich die einzige Waffe sind mit denen sich freie Software besigen lässt ?
In US wirtschafts Kreisen wird das „Geistige Eigentum“ bereits als das ÖL des 21 Jahrhunderts gehandelt. Es geht nun darum die Quellen der Geistigen Schöpfung möglichst genauso weitgehend zu privatisieren wie dies die ÖL Quellen bereits sind. Nur in privatisierter Form kann man für eine Resource die ansonsten in großen Mengen frei zur Verfügung stehen würde Geld verlangen. Wasser lässt sich also erst teuer Verkaufen wenn die frei verfügbaren Quellen die wasser in Trinkqualität liefern versiegelt werden. Der Freie Zugriff darauf muss also unterbunden werden um so eine künstliche Verknappung zu erzeugen die etwas ansich frei verfügbares in ein teueres gut verwandelt.
Beim Urheberrecht ist das genauso, Urheberrechte sind an sich nur ein Künstliches Produkt das darin besteht die Freiheit der anderen künstlich einzuschränken
(Kopiererlaubnis entziehen) und dann Geld zu verlangen damit sich die Menschen diese Freiheit wieder zurückkaufen können (Lizenzen). Bei Patenten grundsätzlich das gleiche.
Solche virtuellen oder Künstlichen Produkte sind somit eine art „Anti Produkt“ da sie ersteinmal etwas wegnehmen (Die Freiheit) um danach das Weggenommene als eigentliches Produkt zu verkaufen.
Das Eigentum an einer geistigen Idee hat idealerweise niemand, genausowenig wie an anderen dingen die sich nicht monopolisieren und kapitalistisch vermarkten lassen wie z.B. Luft. Das sich Urheberrechte vermarkten lassen liegt nur daran das deren Verfügbarkeit juristisch durch Repression künstlich verknappt wird obwohl das Werk eigentlich unendlich oft ohne kosten als Kopie zur Verfügung steht.
Wenn mal jemand ein anderes Gut das unendlich oft zur Verfügung steht, z.B. Luft monopolisieren wollte dann wäre der Aufschrei mit sicherheit sehr groß.
Somit unterscheiden sich Urheberrechtlich geschützte Werke von anderen Produkten wie z.B. Autos, Goldbarren, Diamanten die nur Begrenzt verfügbar sind und deren Verteilung unter der Gesellschaft durch ein Verkaufsystem gegen Geld verkauft werden muss da ohnehin nicht genügend für alle da ist um einen grenzenlosen Bedarf zu decken.
Bei digitalen Daten ist es aber egal wie groß der Bedarf ist, durch die freie Kopierbarkeit stehen sie in unendlicher Menge jedem zur Verfügung. Eine massive juristische Repression gegen „Raubkopierer“ ist also nur der Konsequente Vorgang ein Produkt zu erschaffen das dem Kapitalistischen Gewinnmaximierungsprozeß dient ohne dabei jegliche rücksicht auf die Menschen zu nehmen.
Die Folge, die freie Verfügbarkeit von geistigen Inhalten wird durch Staatliche Repression immer weiter eingeschränkt. P2P Seiten werden geschlossen, deren Betreiber zu Haftsrafen verdonnert. Internetanschlüsse wegen einfachen urheberrechtsvergehen gekappt, webseiten gesperrt. Massenweise Abmahnungen verschickt. Zensur eingeführt und Privatpersonen total überwacht wie zu Stasis Zeiten (Die Vorratsdatenspeicherung war schon immer einer Forderung der Lobbyisten die die EU gerne umsetzt, weil ein überwachtes und kontrolliertes Volk auch den Politikern gefallen würde) .
Künstler die freie Musik/Filme produzieren werde systematisch ausgeschlossen indem sie nicht im Radio/Fernsehen/Kino gezeigt werden etc kein Geld von der Gema bekommen usw.
Der Kapitalismus tut alles um sicherzustellen das das was vor 150 Jahren noch allgemeingut war nur noch gegen Geld von den Bonzen bezogen werden kann. Das Volk wird somit seiner Kultur, seines Wissens, seiner Geistigen Errungenschaften enteignet und dieses danach in den händen weniger Zugangsanbieter (Musik, Filmindustrie) privatisiert.
Die Kapitalisten reden immer viel von Freiheit, dabei meinen sie stets nur ihre eigene Freiheit das Allgemeingut zu enteignen und sich somit auf Kosten der Allgemeinheit zu bereichern. Warum sollte das ausgerechnet beim Urheberrecht anders sein ?
Wann wird die Musikindustrie eigendlich endlich vom Verfassungsschutz wegen ihrer offensichtlichen Verfassungsfeindlichkeit beobachtet ?
Oder noch besser als Verfassungsfeindliche Organisation verboten ? Linksradikale RAF Symphatieorganisationen, Naziclubs oder islamistische Religionsgemeinschaften wurden schließlich auch schon wegen Verfassungsfindlichkeit verboten.
Die Musikindustrie, Gema usw mit ihrer mächtigen Lobby und erzwungener Einflussnahme über die EU (Vorratsdatenspeicherung) ist doch nun wirklich eine größere Gefahr für unsere Verfassung und Freiheit als die oben genannten Extremisten Gruppen.
Die Gesetzgebung im Sinne der Urheberrechtslobby ist nichts anderes als Korruption. Mit dem Unterschied, dass die Politiker so dumm sind und sich ihre Gefallen nicht einmal bezahlen lassen…..
Wie sicher bist du dir, dass Gefälligkeiten nicht vergolten werden? Man kennt sich, und ein Aufsichtsratspöstchen ist nie verkehrt. Der Enkel benötigt einen exzellenten Start in die Karriere (mit viel Anschub). Urlaub in einer luxuriösen Villa auf Mallorca – warum nicht? Baust du mir Grundrechte ab, plädiere ich für Steuererleichterungen für deine Branche.
Man muss einem MdB nicht zwingend vor aller Augen einen Sack Geld auf die Füße stellen, damit er im richtigen Moment die Hand hebt.
Genau deshalb brauchen wir Basisdemokratie und Volksabstimmungen. EIn ganzes Volk kann man nicht so leicht bestechen wie die par Abgeordneten.
Ich zitiere da mal den Prozessbevollmächtigten der Bundesregierung:
(via Fefe)
Ich glaube kaum, dass denen der Fehler unterläuft, echte Demokratie zuzulassen.
BILD, befiehl, wir Volk folgen dir.
Nein, so einfach ist das nicht.
Wie kommen die auf die Schadenssummer von 1,2 Milliarden Euro? Kann man sich die TERA-Studie von 2010 irgendwo komplett anschauen? Würde mich mal interessieren.
Die scheinen ja davon auszugehen, dass jeder, der sich etwas illegales aus dem Netz zieht auch gekauft hätte. Das wäre aber totaler Blödsinn.
Die spannende Frage wäre auch: Wie viele Songs werden heute schon in Deutschland über Lizenzen wie CC genutzt. Tauchen die überhaupt irgendwo in einer Statistik auf?
@zeri das habe ich auch gefragt und kurz gegoogelt:
http://piracy.ssrc.org/wp-content/uploads/2010/12/Piracy-and-Jobs-in-Europe-a-note-on-the-BASCAP-TERA-study.pdf
Die dort beschriebene Methodologie der TERA Studie deckt sich mit der in der Originalquelle (ab Seite 18):
http://www.teraconsultants.fr/assets/publications/PDF/2010-Mars-Etude_Piratage_TERA_full_report-En.pdf
und die Rechnung geht wie folgt: The
TERA approach is relatively simple: it calculates industry losses based on the total number of ‘infringements’ reported by industry groups (taking into account substitution rates drawn from other studies and retail prices); it then divides that loss number by the average salaries in the creative sector to obtain direct job losses; it then doubles that number to account for ‘indirect’ job losses in the various support industries.
Die Rechnung kann also nur sehr vage sein, da prinzipbedingt nicht gesichert sein kann (Liste ist sicher nicht vollständig!):
1.Wie hoch die Anzahl der Verletzungen tatsächlich ist.
2.Welche Substitutionsrate anzulegen ist, also wie viele Leute die Werke tatsächlich kaufen würden, wenn sie nicht kopieren könnten (davon abgesehen dass viele ja trotzdem kaufen)
3. Ob der „Verlust“ durch Kopien tatsächlich direkt in Jobs umzusetzen ist:
„In this context, we calculate that the music industry employs one person for every €70 000 in sales and the film/TV industry employs one person for every €85 000 in sales“
Fazit: Das ist einfach schön gerechnet um irgendein Argument zu haben. Wie valide diese Rechnung bei so viel Schwankung sein kann, weiß ich nicht, ich bin kein Statistiker. Aber es riecht. Amüsant fand ich auch die Stelle im Dialogpapier:
„Wenn die genannten Dienste ihr Geschäftsmodell darauf begründen, dass urheberrechtlich geschützte Inhalte illegal verbreitet werden, muss den Rechteinhabern auch die Möglichkeit gegeben werden, durch Schadensersatzansprüche die Gewinne heraus zu verlangen, die ein vermeintlich technischer Dienst durch die rechtswidrige Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte erzielt.“
Das heißt: Wir sind unfähig eigene Portale auf die Beine zu stellen sondern holen uns das Geld von denen, die dazu fähig sind. Weil sie die Rechte verletzen, die wir selbst zu verwerten nicht in der Lage sind.
lol!
och leute. ein paar schmissige überschriften in der adligen-aus-bayern-supporter-presse und alles schreit „her damit, ich habe nichts zu verbergen“
„Dokumentenbefreiungsinitiative“ auf Deutsch: Wenig Aufwand, viel Aufmerksamkeit. Denn darum geht es der Digiges: viel Aufmerksamkeit für ihre Köpfe.
Dumm nur, wenn der angebliche Leak seit langem auf der Webseite der Gema liegt. Peinliches Theater.
Genausowenig, wie es „die“ Netzgemeinde gibt (wurde ja hier bereits ausgiebig diskutiert), gibt es „die“ Musik-, Film- oder Kulturindustrie. Da sind manche Kleinlabels oder Produzenten und Künstler vom Treiben der Majors und Musikfabriken auch schon reichlich vergrätzt, und haben im Gegensatz zu diesen auch neue innovative Formen gefunden, mit dem Netz umzugehen. Also – lasst uns die Musikindustrie spalten, indem wir uns mit den Kleinen organisieren, und die großen GEMA-Abgreifer blosstellen: So nützlich wie ein Kropf, so aktuell wie die Kutschen- und Kerzenindustrie.
(Apropos spalten: Glückwunsch zur Netzneutralitäts-Spende, aber die Messe ist doch jetzt eigentlich schon gelesen, oder? Ansonsten: gute Arbeit!)
@feingeist: Die Netzneutralitäts-Debatte hat in Deutschland noch gar nicht richtig angefangen und die Diskussion wird das nächste Jahrzehnt mindestens andauern.
Vielleicht stecke ich ja nicht tief genug in der Materie, aber ich dachte, die Netzneutralität wird schon demnächst zur TKG-Tagespolitik, und ihre Abschaffung dann beschlussreif? Weil ja „der Markt es schon richten wird“, wie auch die EU meint? Na, hoffen kann man ja trotzdem noch. Wenn das aber erst mal da ist, kriegt man es wohl nicht mehr so leicht weg.
@feingeist: Im Moment ist die Argumentation irgendwie diffus „Wir wollen alle Netzneutralität, aber der Markt wird das erstmal richten und wenn nicht, dann schauen wir weiter“. Das bedeutet für uns, weiter Druck aufzubauen und immer wieder darauf hinzuweisen, dass der Markt es offensichtlich nicht bringt. Quasi der Bundesregierung an die eigene Nase fassen.