Die Vorratsdatenspeicherung ist nicht nur kontrovers, sondern auch recht komplex. Nicht nur Politik, Justiz und Telekommunikationsanbieter ringen noch immer mit Details, Definitionen und Deutungen, auch unter Aktivisten und Technikern herrschen noch viele Unklarheiten. In einer kleinen Serie möchte ich den Hintergrund, die Diskussion um technische Definitionen sowie den Stand der Umsetzung bei den Providern und die Kosten erläutern.
Ich beginne mit der Veröffentlichung einer Uni-Arbeit mit dem recht akademischen Titel „Vorratsdatenspeicherung und gesellschaftliche Kontroverse“ (PDF, 380 kB). Darin wird zunächst die politische Entstehungsgeschichte der EG-Richtlinie sowie des deutschen Umsetzungsgesetzes geschildert. Aus einer sozialwissenschaftlichen Perspektive lege ich meinen Fokus dann auf die Positionen und Argumente der Kritiker und untersuche die Standpunkte von Datenschutzbeauftragten, Bürgerrechtsorganisationen, Berufsverbänden, Telekommunikationsanbietern, Informatikern, dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung sowie politischen Parteien.
Allen Kritikern ist natürlich gemein, dass Sie die pauschale Speicherung jeglicher Telekommunikation auf Vorrat ohne Verdacht als schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis sehen. Darüber hinaus existiert eine Bandbreite an weiteren Problemen, ein Abriss:
Datenschutzbeauftragte sehen einen Paradigmenwechsel im Datenschutzrecht weg von gezielten Eingriffen hin zu einer Registrierung ohne Anlass. Durch die flächendeckende Speicherung fürchten sie um die für eine freiheitliche Gesellschaft notwendige Unbefangenheit der Nutzung von Kommunikationsmitteln. Datenschützer sehen in den Daten außerdem ein enormes Missbrauchspotential beispielsweise für Wirtschaftsspionage sowie eine bedrohliche Verlockung für Maßnahmen wie Data-Mining und Rasterfahndung. Verschiedene Berufsgruppen sehen ihre notwendigen Berufsgeheimnisse und Vertrauensverhältnisse unverhältnismäßig eingeschränkt und ihre Kommunikationsmöglichkeiten begrenzt. Telekommunikationsunternehmen beklagen enorme Kosten der Maßnahme, die von ihnen selbst zu erbringen sind, sich damit auf die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen auswirken und wohl an die Kunden weiter gegeben werden. Kleine und private Anbieter von Telekommunikationsdiensten fordern eine bisher nicht vorhandene Begrenzung der Speicherpflicht auf große und relevante Anbieter und Unternehmen. Informatiker und mit der technischen Umsetzung der Vorschrift Beauftragte beklagen einen Mangel an Spezifikationen sowie eine Unzahl an ungeklärten technischen Problemen. Technisch versierte Kritiker der Speicherpflicht verweisen auf einfache technische Wege zur Umgehung der Speicherung.
Alles in allem nicht unbedingt Neues, vielmehr eine Zusammenfassung der doch ziemlich breiten Debatte. Die Arbeit ist auf dem Stand von April 2008 und war in erster Linie für die Uni, deswegen die späte Veröffentlichung.
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