Grosse Koalition: Neues Urheberrecht auf Linie der Rechteinhaber?

Was macht eigentlich die SPD im Netzpolitik-Bereich in der grossen Koalition ausser dem bisschen Schaukampf um die Online-Durchsuchung? Viel sehe ich da nicht. Auch beim zwieten Korb der Urheberrechtsdebatte (Da war ja noch was) hat sich mal wieder die Union weitgehend durchgesetzt. Die vom Justizministerium ursprünglich vorgestellte Bagatellklausel ist mittlerweile auf Druck der Union komplett rausgefallen. Für Verbraucherrechte gibts in der grossen Koalition anscheinend keine Lobby. Eine durchsetzungsfähige Privatkopie war leider eh nie nahe einer Realisierung. Da hat die SPD schon zu Rot-Grün Zeiten geblockt.

Heise berichtet nun über die weiteren Fortschritte in der Debatte: Urheberrecht: DRM soll digitale Privatkopie weiter ausstechen.

Die große Koalition hat sich prinzipiell auf Änderungen am heftig umstrittenen Regierungsentwurf für die zweite Stufe der Urheberrechtsnovelle verständigt. Die vom Bundesjustizministerium geplante, vom Bundeskabinett aber abgelehnte „P2P-Bagatellklausel“ für das straffreie Naschen an Tauschbörsen wird demnach nicht wieder in den so genannten 2. Korb der Reform eingeführt. Auch die insbesondere von Verbraucherschutzpolitikern und Nutzervertretern erhobene Forderung, die prinzipiell eingeräumte Möglichkeit zum privaten Kopieren gegen Systeme zum digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM) jenseits der momentan verbliebenen rechtlichen Grauzone durchzusetzen, soll nicht aufgegriffen werden. Gestrichen werden sollen dagegen entscheidende Kriterien des Regierungspapiers zur Neuregelung der Gerätepauschale fürs eingeschränkte private Kopieren.

Unverständlich ist für mich, warum im Bereich Open Access die Linie des Bundesrates abglehnt wurde. Auch hier hat sich anscheinend wieder auf ganzer Linie die Verleger-Lobby durchgesetzt. Und nicht die Rechte der Urheber, wie der Name des Gesetzes implizieren könnte:

Nicht folgen will die Koalition dagegen einer anderen Anregung der Länder, bei der Ausgestaltung des Urheberrechts „den Besonderheiten von ‚Open Access‘- und ‚Open Source‘-Verwertungsmodellen Rechnung“ zu tragen. Autoren sollten daher nach dem Ansinnen des Bundesrates etwa das Recht erhalten, den Inhalt eines Fachwerks im nicht-kommerziellen Umfeld und in einer gesonderten Formatierung nach Ablauf einer Mindestfrist von sechs Monaten seit Erstveröffentlichung „anderweitig öffentlich zugänglich zu machen“. Fachinformationsanbieter wie subito sollen ferner auch gemäß Schwarz-Rot nur dann Zeitschriftenartikel und kleine Teile aus Büchern an Interessenten in Form einer grafischen Datei senden dürfen, wenn die Verlage selbst kein eigenes Angebot machen.

Können wir uns mal eine andere Regierung wünschen, die Verbraucherrechte respektiert und stärkt? Eine, die mal vernünftige und zukunftsfähige gesetzliche Rahmenbedingungen für eine digitale Gesellschaft schafft? Am Besten mal ohne SPD und Union? Wobei die FDP in dieser Debatte fast noch schlimmer ist…

Anfang Juli sollen die Änderungsanträge in den Ausschüssen schon verabschiedet werden und dann soll in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause alles schnell gehen.

Wir verfolgen die komplette Debatte rund um den zweiten Korb ja schon länger und ausführlich. Daher sei hier nochmal auf einige ausgewählte Beiträge verwiesen, die weitere Details und Positionen zeigen:

3. Oktober 2006: Digital Rights Management
31. August 2006: Kopierschutz entmündigt!
13. Juli 2006: Massive Kritik an Urheberrechtspolitik von den Verbraucherzentralen (Mit Video-Interviews)
22. März 2006: Reaktionen zum 2. Korb Kabinettsbeschluss.
26. Januar 2006: Live-Stream von Urheberrechtsanhörung.
12. Januar 2005: Keine Veränderung beim Urheberrecht

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