Liebe Leser*innen,

gut ein Dutzend Mal hat meine Kollegin Anna seit Beginn der Ampel-Regierung beim Innenministerium nachgefragt, wie es um die Überwachungsgesamtrechnung steht. Jetzt liegt sie endlich vor. Das Ergebnis ist, kurz gesagt: Es gibt recht viel Überwachung in Deutschland. Und ziemlich uneinheitliche Kontrolle darüber.

Anna hat mit dem Projektleiter über die Rechnung gesprochen. Am interessantesten fand ich die Aussage, dass die ganze Heimlichtuerei eigentlich total kontraproduktiv ist. Umso schräger, dass die neue Bundesregierung künftig nicht mehr zusammenfassen will, wie umfassend die Überwachung eigentlich ist. Stattdessen ist eine Sicherheitsgesamtrechnung im Gespräch. Die Fragestellung wäre dann diametral zum eigentlichen Projekt: Gibt es genug Überwachung in Deutschland? Die Auswirkungen auf die Grundrechte wären nachrangig. Dabei gibt es nichts Wichtigeres als die Grundrechte. Deshalb heißen sie ja auch so.

Grundrechte zuerst!

Martin

Uns fehlen dieses Jahr noch 303.582 Euro.

Unsere Artikel des Tages

Überwachungsgesamtrechnung„Mehr Transparenz wäre auch im Sinne der Behörden selbst“

Die Überwachungsgesamtrechnung ist ein Mammutprojekt mit vielen Hürden: Misstrauische Polizeibehörden, mangelhafte Zahlen zu Überwachungsmaßnahmen und skeptische Innenminister:innen. Im Interview erklärt Projektleiter Ralf Poscher, warum mehr Transparenz bei Sicherheitsgesetzen auch Behörden nützt.

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Tickermeldungen

Lesenswert, wichtig und spannend – hier fasst die Redaktion netzpolitische Meldungen von anderswo als Linktipps zusammen.

TechCrunch
2023 waren die persönlichen Informationen von fast 7 Millionen Kund:innen des Gentest-Unternehmens 23andMe nach einem Hackerangriff öffentlich geworden. Jetzt hat das Unternehmen Insolvenz angemeldet und informiert Kund:innen, dass sie zu Schadensersatz berechtigt sind.
Ars Technica
Seit dem Vorjahr erhalten US-Schulkinder Unterstützung bei ihrer WLAN-Versorgung. Darauf haben es die Republikaner abgesehen, die das FCC-Programm im Senat abgewürgt haben – angeblich, um Kinder zu schützen.
BBC
Heute schon jemanden abgezogen? BBC berichtet über TikTok-Influencer aus Nigeria, die ihr Geld mit der Erpressung von Jugendlichen verdienen und Anleitungen dazu auf Social Media posten.
heise online
Ein Projekt von Harvard-Studierenden, die Metas Smart Glasses mit einer Gesichtserkennungssoftware verknüpften, sorgte für Kritik von Datenschützer*innen. Dennoch will Meta nun Brillen ausliefern, auf denen eine solche KI voreingestellt ist.
piratenpartei.ch
In der Schweiz gibt es am 28. September ein Referendum gegen das E-ID-Gesetz. Initiiert hatte es die Piratenpartei Schweiz. Sie kritisiert das Gesetz wegen unzureichendem Datenschutz, fehlender Sicherheit und möglicher Zwangsnutzung.
The New York Times
„Bei Facebook geht es um echte Verbindungen zu echten Freunden“, sagte Meta-Chef Mark Zuckerberg 2006. Dieser PR-Spruch könnte ihm im laufenden US-Kartellrechtsverfahren zum Verhängnis werden, berichtet die NYT aus dem Verhandlungssaal.
AlgorithmWatch
Wohnung abgelehnt, Kredit nicht bekommen oder als mutmaßlich kriminell markiert worden? AlgorithmWatch sammelt jetzt Fälle solcher algorithmischen Diskriminierungen, wo Software auf Basis angenommener Regelhaftigkeit zum Nachteil von Menschen entscheidet.
TechCrunch
Android wird bunter. Die Designsprache Material You orientiert sich an den Farben der Wallpapers, die von den Nutzer*innen gewählt wurden.
heise online
Google zahlt knapp 1,4 Milliarden US-Dollar an den US-Bundesstaat Texas, weil es unerlaubt Standort- und biometrische Daten gespeichert hat. Der Rechtsstreit wird damit ohne endgültiges Urteil beigelegt. Der Konzern muss seine Geschäftsbedingungen anpassen.
SCMP
Was will deine Katze dir mitteilen? Baidu hat jetzt einen Patentantrag für ein KI-System eingereicht, das die Äußerungen von Tieren übersetzt. Beachtet wird dabei neben der Stimme auch die Körpersprache.
Handelsblatt
Die Bundesdatenschutzbeauftragte prüft das Opt-out-Verfahren der Barmer zur elektronischen Patientenakte. Ein Whistleblower hat mit einer gefälschten Unterschrift die Löschung einer Akte erreicht. Die Behörde vermutet einen Fall von Urkundenfälschung und einen Datenschutzverstoß.
CBS
Donald Trump hat am Wochenende die Leiterin des US-Urheberrechtsregisters gefeuert. Ihre Abteilung hatte zuvor Zweifel angemeldet, ob das Training von KI-Modellen mit urheberrechtlich geschütztem Material zulässig sei – und durchkreuzte damit Pläne von Trump-Buddy Elon Musk.
Zeit Online
Erst teilte Donald Trump ein KI-generiertes Bild von sich als Papst. Inzwischen hat der Papst sozusagen geantwortet: Künstliche Intelligenz sei eine Herausforderung "für den Schutz der Menschenwürde, der Gerechtigkeit und der Arbeit".
Noch 303.582 Euro für digitale Freiheitsrechte.

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1 Ergänzungen

  1. „bitte haben Sie Verständnis, dass aktuell eine Übermittlung des 3. Bandes der Überwachungsgesamtrechnung aufgrund interner IT-technischer Hintergründe im Excel-Format leider nicht möglich ist.
    Ich muss Sie daher einstweilen weiterhin auf die veröffentlichte pdf-Fassung verweisen. Wir prüfen jedoch aktuell gemeinsam mit dem Bundesministerium des Innern, ob nicht der 3. Band der Überwachungsgesamtrechnung der Öffentlichkeit zeitnah auch in einem anderen Dateiformat zu Verfügung gestellt werden kann.“
    21.05.2025, Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

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