45. Transparenzbericht - September 2020Unsere Einnahmen und Ausgaben und eine stürmische See

„Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer“, heißt es so schön. Eine Änderung auf netzpolitik.org läutet aber anscheinend den Untergang der netzpolitischen Berichterstattung ein. Im September haben wir Neues gewagt. Mit zwei interessanten Erkenntnissen.

Fishing Boats with Hucksters Bargaining for Fish
Hohe Wellen, große Schiffe, kleine Schiffe und alle wollen dasselbe. – CC0 The Art Institute of Chicago

123 Kommentare unter einem Artikel – das passiert nicht so häufig. Aber wir wissen genau, wann so etwas passiert.

123 Kommentare erscheinen nicht unter Artikeln über die Personenkennziffer, Gesichtserkennung oder Microsoft in deutschen Behörden. So viele Kommentare tauchen auf, wenn netzpolitik.org irgendetwas am Erscheinungsbild ändert. Ähnliche Gefühle löste in unser Geschichte bisher nur der Relaunch der Website sowie das neue Logo 2018 aus. Größte Enttäuschung, passiv-aggressiver Nihilismus, aber auch Verständnis und Lob erreichten uns an diesem kalten Novembertag vor zwei Jahren.

„Es wäre nicht mehr „meine“ Netzzeitung, wenn Sie das Logo ändern.“

„Macht doch was ihr wollt.“

„Logo ist schick! Das alte Logo ist in die Jahre gekommen und wirkt etwas altbacken! Kein Wunder das man als Netzpolitischer Blog an Stellschrauben drehen und den Look ins neue Zeitalter katapultieren möchte. Herr Meyer kann beruhigt sein ein Logo schreibt NOCH keine Artikel!“

Standleitung mit unserem Grafiker Ole – alles fühlte sich krisenstabmäßig an, obwohl doch die inneren Werte geblieben sind! Auf der anderen Seite ist es auch sehr schön, zu erleben, wie sehr unsere Leser:innen an netzpolitik.org Anteil nehmen. Es könnte auch allen egal sein – das wäre schlimm. Kritik gehört eben dazu und es ist einfacher ein Logo zu kritisieren als Wörter, Texte und Artikel.

Hätten wir in den letzten siebzehn Jahren jede Veränderung verweigert, sähe netzpolitik.org noch so aus und wäre logolos. Vintage funktioniert bei Webseiten irgendwie nicht so richtig.

So sah netzpolitik.org im Jahr 2005 aus.
So sah netzpolitik.org noch 2005 aus.

Auf zu neuen Ufern

Auch innerhalb des Teams sind die Maßnahmen für die Weiterentwicklung und Spendengewinnung stets ein heißes Eisen. Kein Hufeisen zum Glück. Am Ende einigen wir uns meistens auf einen Versuch.

Und so geschah es auch, als wir im September 2020 einen Vorschaltbanner ausprobierten. Wir hören immer wieder, dass vielen Menschen nicht bewusst ist, dass sich netzpolitik.org fast ausschließlich durch Spenden finanziert. Ein Vorschaltbanner sollte darauf hinweisen. Der überwiegende Anteil unserer Leser:innen liest unsere Artikel, ohne zu spenden. Das ist auch völlig in Ordnung, aber wir müssen natürlich schauen, wie wir netzpolitik.org auch in Zukunft noch betreiben können. Die Anforderungen steigen – mehr Themen, mehr Gesetze, schwierigere Gesetzestexte, komplett neue Politikfelder. Irgendwer muss sich in all das einarbeiten, beobachten, beschreiben und vermitteln. Heute über Netzpolitik zu schreiben ist anders als vor zehn oder fünfzehn Jahren. Damals gab es das Ressort in keinem Medium, heute in jedem.

Unser Team
Unser Team - CC-BY-NC-SA 4.0

Wir haben große Konkurrenz bekommen und müssen uns weiterentwickeln, um in der netzpolitischen Berichterstattung vorne mit dabei zu bleiben. Große Medienhäuser haben Millionenbudgets – das haben wir nicht. Hier schreiben elf Personen über so viel es eben geht und es reicht trotzdem noch nicht, um allen wichtigen netzpolitischen Themen gerecht zu werden. Aber wir sind eben die einzigen, die darüber schreiben ohne den Druck von Affiliate-Marketing-Agenturen, Zielkonflikten mit Werbetreibenden oder den Unmut unserer Leser:innen: Weil wir euch nicht tracken oder mit unpassenden Werbeanzeigen zum Klicken auf Online-Shops verführen müssen, statt unsere Artikel zu lesen, in denen das Geschäftsgebaren ebenjener kritisiert wird.

Überall große Boote neben uns

In diesem Markt dennoch zu bestehen, bedarf großer Kraft und großer Unterstützung. Und – das ist das Schöne – wir haben eure Unterstützung! Die Kraft reicht momentan noch aus, aber Themenvielfalt und -tiefe werden immer anspruchsvoller. Darauf müssen wir uns vorbereiten. Ein Artikel ist lange nicht mehr einfach runtergeschrieben. Und wenn das bedeutet, dass wir mit Vorschaltbannern experimentieren, dann mag das einigen nicht gefallen, aber wir müssen Dinge ausprobieren. Nichtsdestotrotz soll netzpolitik.org auch weiterhin zu den unaufdringlichsten Webseiten in diesem Internet gehören: ohne Cookies, ohne lange Einverständniserklärungen, ohne Werbepixel.

Uns erreichte natürlich auch viel konstruktives Feedback und wir nickten beim Lesen oft mit dem Kopf. Beim ersten Mal klappt wenig ohne Fehler. Man denke nur an den ersten Pfannkuchen/Eierkuchen/Palatschinken, der sogar bei JEDEM ersten Mal misslingt. Für alle euer Verbesserungsvorschläge danken wir euch sehr!

Die harten Zahlen

Was ist nun die Erkenntnis? Der September war der beste September in der Geschichte von netzpolitik.org und die Einzelspenden sind deutlich gestiegen. Das ist noch keine messerscharfe Kausalität, aber in dem Monat, in dem der Banner geschaltet wurde, wurden über 60.000 Euro gespendet. Das ist eine Steigerung von 76 Prozent im Vergleich zum Vorjahresseptember, obwohl wir in diesem Jahr unseren fünfzehnten Geburtstag feierten. Das ist heftig im besten Wortsinne. Damit sind im neunten Monat des Jahres zwei Drittel des Spendenziels erreicht. Und manchmal muss man einfach auf die Effekte und harten Zahlen warten, statt sich von Kommentaren verunsichern zu lassen – bei jeder berechtigten Kritik.

Da unsere Ausgaben immer sehr konstant sind, fällt den geübten Augen natürlich sofort eine Änderung auf. Im September begann unser neuer Mietvertrag. Die Miete ist höher. Wir zahlen für unser Berliner Büro nun 4336 Euro inkl. Reinigung der Büroräume und anderer Nebenkosten. Wir sind damit sehr glücklich, auch wenn wir noch nicht alle Vorzüge genießen können. Neben der halbjährlichen Gebühr für unseren Zahlungsdienstleister in Höhe von 1293 Euro gibt es ansonsten nicht viel Aufregendes auf der Ausgabenseite. Auch das war 2018 eine Änderung, die wir nie bereut haben. Das Spenden einfacher zu gestalten, hat die Spenden signifikant gesteigert und die Gebühren zahlen wir natürlich gern, denn die Betreuung durch Twingle ist wie beim Späti nebenan – immer erreichbar, Bedürfnisse werden schnell befriedigt, ein netter Plausch zwischen Tür und Angel und dazwischen geht jeder seiner Wege.

Unsere Einnahmen und Ausgaben im September
Unsere Einnahmen und Ausgaben im September - CC-BY-NC-SA 4.0

Alles in allem gingen wir mit einer kleinen Differenz von -2.538 Euro aus dem September. Wer noch einmal grob nachlesen möchte, wie unsere Finanzierung und Jahresplanung funktioniert, kann das hier nachholen.

Darüber hinaus bleibt uns nur zu sagen: Danke, danke, danke! Für jeden Cent, für jedes Lesen unserer Artikel, für jede Kritik, jeden Retweet, für alles einfach.

Die Spenden im Laufe der Zeit
Die Spenden im Laufe der Zeit - CC-BY-NC-SA 4.0

Danke für Eure Unterstützung!

Wenn ihr uns unterstützen wollt, findet ihr hier alle Möglichkeiten. Am besten ist ein Dauerauftrag. Er ermöglicht uns, langfristig zu planen:

Inhaber: netzpolitik.org e. V.
IBAN: DE62430609671149278400
BIC: GENODEM1GLS
Zweck: Spende netzpolitik.org

Wir freuen uns auch über Spenden via Bitcoin oder Paypal.

Wir sind glücklich, die besten Unterstützerinnen und Unterstützer zu haben.

Unseren Transparenzbericht aus dem August findet ihr hier.

 

 

 

 

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

5 Ergänzungen

  1. Wer ist denn die große Konkurrenz?
    Also ich meine heise und co Bspw. dümpeln ja seit jeher an der nur teil- oder gar uninformierten Oberfläche netzpolitischer Themenfelder imho.

  2. Hallo Stefanie, kann es sein, dass Du die Einnahmen und Ausgaben zwar beschrieben, aber (anders als sonst) gar nicht genannt hast? Da kann man noch so geübte Augen haben – eine Änderung z.B. der Miete wird nicht auffallen können, wenn der Betrag da halt nicht steht. :-)

    1. Hallo Mirko,

      das stimmt! War aber eher eine Überlegung in Bezug auf die Lesbarkeit, da die Zahlen ja auch noch mal in der Grafik stehen. Und ich dachte die Erwähnung, dass die Miete höher ist, reicht dann und Interessierte schauen in die Grafik Aber ich werde das mal nachtragen. Dann muss man auch nicht zwischen Text und Grafik hin-und herlesen.

      Deine Augen sind auf jeden Fall sehr geübt und das freut mich! :)

      Viele Grüße
      Stefanie

  3. Hallo,

    ich verfolge Euch und die Inhalte der Seite erst seit kurzem fest. Vorher eher lose. Ihr macht eine super Arbeit! Das möchte ich einfach mal gesagt haben.

    Lieben Gruß aus Niedersachsen

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.