Netzpolitischer Wochenrückblick KW31: Wenn nicht nur das Breitband, sondern auch dein Computer vermessen wird

Wir waren bei der Eröffnung des Überwachungspilotprojekts am Südkreuz. Facebook verändert seine Strategie gegen „Fake News“. Und die neue Breitbandmessung der Bundesnetzagentur könnte zu mehr Überwachung führen. Ein bekannter Netzaktivist ist in Syrien im Gefängnis getötet worden. Die Themen der Woche im Überblick.

Bassel Khartabil CC-BY 2.0 Joi Ito via flickr

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Die jährliche Breitbandmessung der Bundesnetzagentur (BNetzA) war bisher ein interessantes und hilfreiches Ereignis im netzpolitischen Kalender. Die BNetzA entwickelt eine neue Software. Wie wir aufgedeckt haben, soll diese eine Menge Nutzerdaten sammeln und sie in einer zentralen Datenbank abspeichern. Auch die Netzbetreiber wollen auf die Datenbank zugreifen können. Die Breitbandmessung könnte so zu einer Überwachungsmaßnahme werden.

Dieses und weitere Themen werden auf unserer „Das ist Netzpolitik“ Konferenz am 1. September auch adressiert. Das Programm wird laufend erweitert. Es gibt auch schon Tickets. Abends feiern wir unseren 13. Geburtstag mit der Tanztrojaner-Party.

Und weiter geht der Ausbau der Überwachung

Eine Reihe von Anfragen an das Bundesinnenministerium haben ergeben, dass verschiedene Behörden Smartphone-Besitzer weiterhin mit invasiven Techniken überwachen. Wir haben die Anfragen analysiert und dazu übersichtliche Grafiken bereitgestellt.

Wie viele Nutzerdaten Behörden zudem über Anfragen bei Unternehmen einfach so und ohne großen Aufwand bekommen, liegt im Dunkeln. Der Marktplatz Bitcoin.de steht aber seit dieser Woche auf der Seite von Unternehmen, die ihre Möglichkeit nicht wahrnehmen, nach einem Richterbeschluss zu verlangen, bevor sie Nutzerdaten an Strafverfolger herausgeben. Die britische Innenministerin hat sich zudem ominös (oder kryptisch) über den Einsatz von Kryptographie geäußert, indem sie sagte, dass „echte Leute“ doch gar keine Verschlüsselung wollten. Da stellt sich die Frage, ob sie als Innenministerin ihre Kommunikation nicht verschlüsselt?

Wir haben eine übersichtliche Europakarte für die weiter voranschreitende Registrierungspflicht beim Kauf von SIM-Karten erstellt und freuen wir uns, wenn ihr dort mitmacht!

Automatische Gesichtserkennung am Südkreuz

Der Testlauf für die anlasslose, automatische Gesichtserkennung am Berliner Bahnhof Südkreuz hat am Dienstag begonnen. Wir waren vor Ort und haben dem Pressesprecher der Bundespolizei einige Fragen gestellt. Der Hamburger Beauftragte für Datenschutz hat uns gegenüber zudem gesagt, dass der Pilotbetrieb mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht vereinbar sei. Im Zusammenhang der Videoüberwachung gab es diese Woche aber auch eine gute Nachricht: Bei einer offenen Kartierung von Überwachungskameras weltweit sind nun ein Jahr nach Start des Projekts schon 50.000 Kameras eingetragen – und jeder kann während eines Spaziergangs weitere eintragen.

Fake News, Urheberrecht und Zensur im Internet

Facebook hat die Strategie zur Bekämpfung von Falschmeldung (aka „Fake News“) geändert. Die Markierung von Beiträgen als „fake“ würde einen gegenteiligen Effekt haben. Jetzt gibt es einen neuen Plan. Der scheidende Bundestagspräsident Norbert Lammert hat zudem eine Verschärfung des Strafrechts für Hasskommentare gefordert.

In der laufenden Diskussion um die Rolle von öffentlich-rechtlichen Sendern im digitalen Zeitalter gibt es nun eine Gesprächsreihe zwischen zwei in den jeweiligen Räten beteiligten Experten. Sie erklären, welche grundlegenden Positionen, Probleme und Abläufe es in diesem Feld gibt. Einige Abgeordnete im Europaparlament können sich nicht entscheiden, was sie von Upload-Filtern halten. In Bezug auf Urheberrecht widersprechen sie offensichtlich sich selbst und haben dort für die Einführung von Filtern gestimmt, die sie zuvor als Maßnahme gegen Terrorismus abgelehnt hatten. Apple hat in China auf Druck vonseiten der Regierung hin VPN-Apps aus dem App Store genommen, die helfen, die Internetzensur zu umgehen.

Trauer in der Open-Source-Community

In Deutschland gibt es derzeit Förderungen für Open-Source-Projekte mit dem Schwerpunkt Diversität im Rahmen des Prototype-Funds. Mozilla hat einen Dienst zur Versendung von großen Dateien gestartet und bietet damit eine Alternative zu kommerziellen Projekten wie WeTransfer.

Diese Woche wurde bekannt, dass der syrische Aktivist und Open-Source-Software-Entwickler Bassel Khartabil vom syrischen Regime im Gefängnis ermordet wurde. Er setzte sich bis zu seiner Verhaftung in Syrien für Creative Commons, Wikipedia und Open-Source-Software ein und betrieb in Damaskus einen Hackerspace. 2012 wurde er während einer Demonstration festgenommen.

Wir denken an ihn und wünschen euch ein erholsames Wochenende.

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