Neues aus dem Fernsehrat (13): Rundfunkrat trifft Fernsehrat

Zwischen Mitgliedern verschiedener Rundfunkräte der ARD sowie des ZDF-Fernsehrats gibt es trotz ähnlicher Aufgaben und Probleme kaum Austausch. Die Gesprächsreihe „Rundfunkrat trifft Fernsehrat“ war der Versuch, das zumindest ein wenig zu ändern.

Links der WDR-Rundfunkrat Christoph Bieber, rechts der ZDF-Fernsehrat Leonhard Dobusch

Seit Juli 2016 darf ich den Bereich „Internet“ im ZDF-Fernsehrat vertreten. Was liegt da näher, als im Internet mehr oder weniger regelmäßig über Neues aus dem Fernsehrat zu berichten? Eine Serie.

Wie bereits in meinem re:publica-Vortrag angekündigt, habe ich mich mehrmals virtuell mit Christoph Bieber getroffen, um mit ihm über öffentlich-rechtlichen Rundfunk im digitalen Zeitalter zu sprechen. Bieber ist Inhaber der Welker-Stiftungsprofessur für „Ethik in Politikmanagement und Gesellschaft“ an der NRW School of Governance der Universität Duisburg-Essen und seit 2013 Mitglied des WDR-Rundfunkrats. Dorthin wurde er von der Piratenpartei entsandt, die den Platz öffentlich ausgeschrieben hatte. Über seine Tätigkeit als Rundfunkrat berichtet Bieber auch auf seinem Blog „Internet und Politik“, zuletzt ausführlich zum Thema „Auftrag & Strukturreform“.

In leicht gekürzter Form sind unsere Gespräche als dreiteilige Reihe bei Übermedien erschienen. Hier ein kurzer Überblick samt Links zu allen Folgen:

Folge 1: Die grundlegenden (Spiel-)Regeln im WDR-Rundfunk- und im ZDF-Fernsehrat

Neben den offiziellen gibt es in Rundfunkräten genauso wie im Fernsehrat informelle Fraktionen, genannt „Freundeskreise“. Während es im Fernsehrat nur zwei, einen roten und einen schwarzen Freundeskreis gibt, kommt in den Rundfunkräten in der Regel ein dritter, „grauer“ Freundeskreis dazu. Christoph Bieber beschreibt unter anderem, wie ihm jedoch die Mitgliedschaft in diesem verwehrt wurde und er deshalb quasi „freundeskreislos“ blieb:

Ich habe schon versucht, in den grauen Freundeskreis aufgenommen zu werden. Die Piraten sind eher zufällig eine Partei geworden, und sie wollten sich ja gerade nicht in einem ideologischen Spektrum verorten, sondern als Stimme der normalen Leute im Parlament. So sollte der Vertreter in dieser Logik eher grau und weder rot noch schwarz sein. Ich bin auch kein Mitglied der Piratenpartei. Trotzdem hat es im grauen Freundeskreis Diskussionen gegeben, die am Ende dazu geführt haben, man könne mich nicht in diesen Freundeskreis aufnehmen, obwohl ich als Person dafür geeignet wäre. Aber man wollte keinen Präzedenzfall schaffen.

Folge 2: Neue Herausforderungen für Aufsicht von öffentlich-rechtlichen Angeboten im Internet

Die Rundfunkaufsicht ist stark auf die einzelnen Sender bezogen, wie das von ARD und ZDF gemeinsam verantwortete Jugendangebot funk und auch die Konsultation zum Telemedienauftrag der Öffentlich-Rechtlichen zeigen, ist das „Sendungsprinzip“ auf dem Rückzug. Hinzu kommt, dass Rundfunkaufsicht stark defizit-orientiert ist, es dominiert das Instrument der „Programmbeschwerde“:

Eine Neuordnung und Stärkung von Aufsicht, bei der Aufsicht eben nicht nur als Aufsicht verstanden wird, sondern auch in Rundfunkdemokratisierung eingebunden wird, wäre da eine ganz neue Legitimationsgrundlage für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im digitalen Zeitalter.

Folge 3: Neue und alte Ideen für öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Netz

Im dritten und letzten Teil unserer Gesprächsreihe versuchten wir, uns allgemeiner dem Thema öffentlich-rechtlicher Rundfunk im Internet zu nähern. Einige der diskutierten Vorschläge war, Open Data, die Nutzung offener Lizenzen oder Teile des Rundfunkbeitrags für Internetangebote auszuschreiben – Christoph Bieber dazu:

Diesen Ansatz haben wir mit „politik-digital“ immer mal wieder versucht zu diskutieren, unter dem Schlagwort „öffentlich-rechtliches Internet“. Es bräuchte dann in Deutschland eine Art Jury oder Kuratorium, das darüber entscheidet, wofür die Mittel bereitgestellt werden. Man könnte sich vielleicht die Bundeszentrale für politische Bildung als einen Akteur vorstellen oder die Kulturstiftung der Länder, die dort ihre Expertise einbringen. Das wurde damals auch mit Vehemenz abgeblockt, weil es sofort als ein Eingriff in die Rundfunkfreiheit verstanden wurde.

Ausblick

Der WDR-Rundfunkrat verfügt nicht nur wie das ZDF über sechzig Mitglieder, sondern sogar noch über ebensoviele Ersatzmitglieder. Über alle Anstalten hinweg gibt es eine fast schon unüberschaubar große Zahl an Rundfunk- und Fernsehräten, die sich jedoch trotz ähnlicher Strukturen und Problemstellungen kaum „ratsübergreifend“ austauschen, geschweige denn zusammenarbeiten. Das war bisher schon nicht besonders hilfreich, je mehr sich öffentlich-rechtlicher Rundfunk aber im Internet vom Senderprinzip verabschiedet, desto drängender wird auch eine Neuordnung der Rundfunkaufsicht.

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