KW 44Die Woche, in der wir angespannt auf die US-Wahl schauen

Die 44. Kalenderwoche geht zu Ende. Wir haben 13 neue Texte mit insgesamt 86.667 Zeichen veröffentlicht. Willkommen zum netzpolitischen Wochenrückblick.

Fraktal, generiert mit MandelBrowser von Tomasz Śmigielski

Liebe Leser:innen,

ich merke, wie bei mir die Anspannung steigt. In wenigen Tagen entscheidet sich, wer nächste:r US-Präsident:in wird. Es wird wohl ein überaus knappes Rennen. Und was danach passiert, ist auch mehr als ungewiss.

Donald Trump zeigt sich schon mal betont zuversichtlich, die Wahl zu gewinnen. So kann er leichter einen Wahlbetrug herbeireden, wenn er verliert. Und an seiner Seite hat er dann Elon Musk, der über rund 200 Millionen Follower auf dem eigenen Netzwerk „X“ verfügt.

Der Multi-Milliardär setzt derzeit alles auf eine Karte: Er spendet gewaltige Summen an die Republikaner, verlost Millionenbeträge unter registrierten Wähler:innen und hilft dabei, eine Melange aus Fake News, Verschwörungsmythen und Deepfakes zu verbreiten.

Musk ist nicht der einzige Tech-Unternehmer, der das Trump-Lager offen unterstützt, wie mein Kollege Ingo Dachwitz kürzlich schrieb. Peter Thiel, Marc Andreessen, Ben Horowitz und etliche andere spenden ebenfalls eifrig. Und Jeff Bezos verhindert derweil, dass die „Washington Post“, die ihm seit gut zehn Jahren gehört, eine Wahlempfehlung ausspricht. Ausgerechnet die renommierte Post, ausgerechnet bei dieser Wahl.

KI-generierter Schmodder

Bei aller Ungewissheit ist das für mich die erste Lehre aus diesem WahlKulturkampf: Die mächtigen Tech-Milliardäre sind selbst zu Aktivisten geworden. Weil sie an Trump glauben. Weil sie Geschäfte mit der US-Regierung machen und ihre Pfründe sichern wollen. Weil die Regierung ihr Treiben verstärkt unter die Lupe nimmt. Oder gleich alles zusammen.

Die zweite Lehre betrifft Desinformation. Im Vorfeld dieser Wahl war die Sorge groß, dass neue Anwendungen mit sogenannter Künstlicher Intelligenz zu einer Flut an Deepfakes führen. Ganz im Sinne von Trumps einstigem Chefstrategen Steve Bannon: „Flood the zone with shit“, bis niemand mehr weiß, was überhaupt noch real ist. Die vergangenen Monate haben mir aber gezeigt, dass wir darüber schon hinaus sind.

Denn im „‚Scheiß drauf‘-Zeitalter des KI-generierten Schmodder“ versuchen Trump, Musk und Co. nicht einmal mehr, künstlich erzeugte Bilder als real darzustellen. Stattdessen dienen die Bilder als emotionalisierendes Vehikel, um Hass- und Hetzbotschaften noch schneller und weiter zu verbreiten. Selbst die Hurrikans Milton und Helene mit ihren katastrophalen Folgen mussten dafür herhalten.

„Dieses Bild hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt. Mein Herz leidet 💔😭“, schrieb die Republikanerin Amy Kremer unter ein offenkundig KI-generiertes Bild, das ein kleines Mädchen mit einem Hundewelpen zeigt, die auf einem Boot vor Hurrikan Helene fliehen. Es sei ihr egal, wo das Bild herstamme, ergänzte Kremer trotzig in einem inzwischen gelöschten Tweet. „Ich lasse es stehen, weil es sinnbildlich für das Trauma und den Schmerz ist, den die Menschen gerade durchleben.“

Es geht also längst nicht mehr um richtige und falsche Informationen, um wahr oder unwahr. Sondern um das Schüren von Emotionen, die verhindern sollen, Gewissheiten kritisch zu hinterfragen oder überhaupt noch miteinander zu reden. Was soll Fact checking hier eigentlich noch ausrichten? Erst recht, wenn mächtige Tech-Unternehmer das alles auch noch befeuern?

Diese Fragen werden uns weiter umtreiben. Zuvor aber muss noch eine Wahlschlacht entschieden werden. Am Mittwoch Morgen wissen wir hoffentlich mehr.

Kommt gut durch die nächste Woche!

Daniel


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