Liebe Leser:innen,

Stasi 2.0 ist zurück. Wer hätte das gedacht. Aber der Reihe nach.

Zu Wochenbeginn wurde bekannt, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser ihren Kabinettskolleg:innen einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, der es in sich hat. Er sieht unter anderem vor, dass Polizeibehörden Bilder von Verdächtigen mit dem Internet abgleichen dürfen. Und dass das BKA heimlich in Wohnungen eindringen darf, um Staatstrojaner zu installieren.

Wer sich selbst ein Bild von Faesers Plänen machen möchte, kann das jetzt endlich tun: Mein Kollege Andre Meister hat den Gesetzentwurf in voller Länge veröffentlicht. Und er hat aufgelistet, wie viele Versprechen aus ihrem Koalitionsvertrag die Ampel damit brechen würde.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat inzwischen deutlich gemacht, dass er die Pläne seiner Kabinettskollegin als Tabubruch wertet. „Es wird keine Befugnisse zum heimlichen Schnüffeln in Wohnungen geben“, so der Minister.

Und FDP-Innenexperte Manuel Höferlin wurde gegenüber netzpolitik.org noch deutlicher: „Die Freien Demokraten stehen nicht für eine Stasi 2.0.“

Zum Ende dieser ereignisreichen Woche reiht sich Nancy Faeser damit endgültig in die Reihe der großen Innenminister:innen dieses Landes ein. Jetzt fehlt nur noch eine Schablone.

Habt eine erhellende Lektüre!

Daniel


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TechCrunch
Der US-Bundesstaat Kalifornien arbeitet an einem KI-Gesetz. Es soll Betreiber von KI-Systemen zur Rechenschaft ziehen, wenn diese etwa teure IT-Sicherheits-Vorfälle auslösen oder gar zu Todesfällen führen. TechCrunch berichtet, wie Unternehmen das Gesetz verwässern.
US-Repräsentantenhaus
Fälle von regelwidrigen Anzeigen auf Online-Plattformen gibt es immer wieder. Nach einem jüngeren Fall von Facebook- und Instagram-Werbung unter anderem für MDMA und Kokain wollen US-Abgeordnete nun mit einem Brief Druck aufbauen.
heise online
Eine Studie zur Zukunftsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunk empfiehlt: Inhalte sollten unbegrenzt lange online bleiben dürfen, Spartenkanäle sollten gestrichen werden und im Bereich Sportrechte sei Sparsamkeit angesagt.
Bundeskartellamt
Auf Druck des Kartellamts hin stellt die Deutsche Bahn künftig Mobilitätsplattformen Daten zu Verspätungen, Zugausfällen oder Großstörungsereignissen zur Verfügung. Die Plattformen bündeln solche Informationen für verschiedene Verkehrsmittel.
Surveillance Watch
Welche Firmen Überwachungstechnologie in welche Staaten exportieren – und wer diese Firmen finanziert – wird auf einer neuen interaktiven Weltkarte veranschaulicht.
BfDI
Messengerdienste kommen in unterschiedlichsten Varianten daher. Um einen einheitlichen Standard bei der Prüfung dieser Dienste anzulegen, hat der BfDI die Entwicklung eines Prüfkatalogs angestoßen und bittet nun um Kommentare und Anmerkungen.
Ludwigshafen
Die Stadt Ludwigshafen will per Video Orte überwachen, an denen Menschen unerlaubt Müll entsorgen. Dafür soll für zunächst sechs Monate ein Überwachungsfahrzeug durch die Stadt ziehen, abgestimmt mit der zuständigen Datenschutzbehörde.
tagesschau.de
Der Unternehmer Kim Dotcom soll aus Neuseeland an die USA ausgeliefert werden, wo er sich vor Gericht verantworten soll. Es geht um die ehemalige Seite Megaupload, die der Urheber-Industrie lange ein Dorn im Auge war.
The Guardian
Der Guardian hat interne Dokumente von Meta ausgewertet, die Probleme bei der Moderation von Inhalten rund um den Israel-Gaza-Krieg zeigen sollen. Demnach sei die Moderation für Inhalte auf Hebräisch weniger ausgefeilt als für Inhalte auf Arabisch.
Euronews
Dänemark will Gesichtserkennungstechnologie gegen Gewaltverbrechen einsetzen und auf verschlüsselte Nachrichten zugreifen. Als Grund nennt die dänische Polizei Banden aus dem Nachbarland Schweden.
The Guardian
Mark Zuckerberg sucht den Vergleich mit römischen Kaisern. Statuen der eigenen Ehefrau seien eine "römische Tradition", schreibt der Meta-Chef und präsentiert eine mehr als zwei Meter hohe Statue seiner Frau Priscilla Chan.
Google
IT-Sicherheitsfachleute von Google und auch Microsoft haben Berichte über iranische Hacking-Gruppen vorgelegt, die unter anderem die US-Wahlkampagnen von Donald Trump und Kamala Harris im Visier haben sollen.
Capital
Shein, der umstrittene Anbieter von in China hergestellter Ultra-Fast-Fashion, hat einen neuen Berater: Ex-EU-Kommissar Günther Oettinger von der CDU.
LTO
Die vorläufige Aussetzung des Compact-Verbots durch das Bundesverwaltungsgericht ist richtig, kommentiert Markus Sehl für LTO. Verbote von Medien seien demokratierelevant; statt Totalverboten müssten zunächst Einzelmaßnahmen erwogen werden.

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