Europäischer GerichtshofEU-Parlament will mehr Transparenz beim EuGH

Der Weg, um an Dokumente aus Verfahren des Europäischen Gerichtshof zu gelangen, ist mühsam. Das EU-Parlament möchte das nun ändern und plädiert für mehr Transparenz der wichtigen Institution.

Lupe über Tastatur
Grundrechte mit der Lupe suchen. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Agence Olloweb

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) soll transparenter werden. Das zumindest fordert der Rechtsausschuss des EU-Parlaments in einer gestern einstimmig beschlossenen Position zur Satzungsreform des EuGH. Der Gerichtshof müsste der Öffentlichkeit dann Zugang zu Dokumenten, Standpunkten und Argumenten geben, die in Gerichtsverfahren ausgetauscht werden.

„Die fraktionsübergreifende Zustimmung zeigt, wie groß das Bedürfnis nach einer transparenteren Justiz ist“, konstatiert der Piraten-Abgeordnete Patrick Breyer in einer Pressemitteilung. Er hatte die Transparenzinitiative gemeinsam mit dem sozialdemokratischen Abgeordneten René Repasi gestartet.

„Vor Grundsatzurteilen mit weitreichenden Folgen sollte die Öffentlichkeit ein Recht darauf haben, die Forderungen unserer Regierungen und Institutionen zu kennen und zu diskutieren“, so Breyer weiter. Nach aktuellem Stand sei es nach Breyer nur indirekt möglich, einen Einblick in Dokumente des EuGH zu erlangen. Über die EU-Kommission könnten Interessent:innen nach Schriftsatz-Kopien fragen. Jedoch würde die Kommission dies nur beschränkt genehmigen.

Keine Belastung für den EuGH

Der Europäische Gerichtshof ist für das Recht in der Europäischen Union von herausragender Bedeutung. In seinen Urteilen trifft er Grundsatzentscheidungen zur Auslegung von EU-Recht. Nationale Gerichte können dem EuGH zu diesem Zweck Auslegungsfragen vorlegen, etwa zur Interpretation der Datenschutzgrundverordnung oder anderer EU-Verordnungen.

Dies geschieht laut Legal Tribune Online immer häufiger. Die Zahl der sogenannten Vorabentscheidungsverfahren stieg demzufolge von 210 im Jahr 2003 auf 567 Verfahren im Jahr 2021. Dementsprechend sei auch die Bearbeitungszeit gestiegen. „Dauerte ein Vorabentscheidungsverfahren am EuGH 2016 noch 15 Monate, waren es 2021 schon 16,7 Monate, eine Steigerung um elf Prozent in fünf Jahren.“

Mit der Satzungsreform sollen die Prozesse am EuGH nun verschlankt und einige Aufgaben an das Europäische Gericht übertragen werden. Breyer betont, dass ein Recht auf Informationszugang zu Entscheidungen keine weitere Belastung für den EuGH darstelle, sondern ergänzend wirke.

Entscheidung fällt im Trilog

Auf Zustimmung treffen die Transparenzpläne des Parlaments in der Zivilgesellschaft. Es sei sinnvoll, wenn Dokumente aus Gerichtsverfahren herausgegeben werden müssen, sagt auf Anfrage Arne Semsrott von FragDenStaat. „Nicht nur die Exekutive, auch die Justiz muss transparenter werden und öffentlich kontrolliert werden.“ Es sei nun wichtig, die Ausnahmen von der Transparenz so eng wie möglich zu gestalten.

Die Satzungsreform muss nun im Trilog zwischen dem Parlament, der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten abgestimmt werden. Es sei zu befürchten, so Semsrott, „dass Kommission und Rat die Regelung noch verwässern wollen.“

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