Digital Services ActDeutsche Umsetzung kommt nicht vom Fleck

Während der Digital Services Act der EU schrittweise in Kraft tritt, hinkt die Bundesregierung hinterher. Eigentlich muss die Ampel bis Mitte Februar liefern, doch wichtige Fragen sind ungeklärt. Damit droht ein Herzstück der Plattformregulierung auf der Strecke zu bleiben: Die effektive Aufsicht.

Autobahnminister Volker Wissing (FDP) kommt beim Gesetz über digitale Dienste kaum voran. (Archivbild) – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Political-Moments

Die Bundesregierung läuft Gefahr, den Digital Services Act (DSA) nicht rechtzeitig umzusetzen. Bis heute liegt nur ein Referentenentwurf aus dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) vor.

Offenbar gibt es weiterhin keinen Termin, wann ein mit anderen Ressorts abgestimmter Entwurf ins Bundeskabinett kommt. Das berichtet ein Teilnehmer der gestrigen, nicht-öffentlichen Sitzung des Digitalausschusses im Bundestag. Dort hatte die Bundesregierung die Abgeordneten über den aktuellen Zwischenstand des geplanten Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) informiert, mit dem die EU-Vorgaben in Deutschland umgesetzt werden sollen.

Die EU hat den Digital Services Act 2022 verabschiedet. Die EU-Verordnung tritt derzeit schrittweise in Kraft, vollständig greifen soll sie ab Mitte Februar 2024. Sie harmonisiert die Regeln für Online-Dienste, nimmt die Anbieter dabei stärker in die Pflicht und soll zugleich die Rechte von Nutzer:innen im Netz sichern.

Entscheidung über Aufsicht steht aus

Einige Details müssen die EU-Länder aber selbst klären, unter anderem die wichtige Frage der Aufsicht. Eine seit Monaten andauernde Hängepartie konnte die Regierung bislang nicht beenden: Immer noch ist unklar, welche Behörden in welcher Form die Bundesnetzagentur (BNetzA) bei der Durchsetzung der Regeln unterstützen sollen. Offenbar sind das Bundesamt für Justiz (BfJ) und die Landesmedienanstalten weiterhin im Rennen. „Es scheint seit Wochen keinen Fortschritt in der Debatte gegeben zu haben“, so der Teilnehmer der Ausschusssitzung, der namentlich nicht genannt werden möchte.

Wie derzeit im Referentenentwurf des BMDV vorgesehen, sollen neben einer neuen Abteilung in der Netzagentur zumindest die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz sowie der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit eingebunden sein. Allerdings verweist der Entwurf ausdrücklich darauf, noch „ggf. [die] Zuständigkeit weiterer Behörden“ klären zu müssen.

Vollständig freie Hand hat die Bundesregierung hierbei nicht, der DSA setzt den Mitgliedstaaten gewisse Grenzen. So muss die sogenannte Koordinierungsstelle unter anderem „völlig unabhängig“ und weisungsfrei arbeiten. Dies wäre etwa beim BfJ in der derzeitigen Form nicht gegeben, da es dem Justizministerium unterstellt ist. Zudem könnte eine „überschießende Komplexität bei den Zuständigkeiten“ die Aufsicht verwässern, warnten viele Nichtregierungsorganisationen und Verbände in Stellungnahmen zu dem Entwurf.

Vakuum bei sehr großen Anbietern

Etwas Bewegung scheint es indes beim Beirat gegeben zu haben. Insgesamt sechzehn Vertreter:innen aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Wirtschaft sollen die Koordinierungsstelle beraten. Anders als im Referentenentwurf angelegt, sollen dessen Mitglieder jedoch künftig vom Bundestag und nicht mehr vom BMDV berufen werden, berichtet die Quelle aus dem Digitalausschuss.

In der Schwebe hängt unterdessen die Zuständigkeit für sehr große Online-Dienste, sogenannte VLOPs (Very Large Online Platforms) wie YouTube, Instagram, TikTok oder Twitter (nun X). Grundsätzlich beaufsichtigt die EU-Kommission die größten Anbieter, gegen Elon Musks Online-Dienst hat sie kürzlich sogar ein Verfahren wegen schlampiger Moderation eingeleitet.

Allerdings haben die meisten EU-Länder eben noch keine Koordinierungsstellen eingerichtet, die auch als nationale Anlaufstellen für Beschwerden von EU-Nutzer:innen dienen sollen. Dieses Vakuum werde derzeit „formal nicht ganz sauber“ so gefüllt, dass die BNetzA dennoch Beschwerden annehme und sie an die EU-Kommission weiterleite. Immerhin soll die Brüsseler Behörde, die mit potenziell säumigen EU-Ländern zunehmend ungeduldig wird, das Personal für die Durchsetzung des DSA inzwischen erheblich aufgestockt haben, sagte ein BMDV-Vertreter den Abgeordneten.

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