Die Bürgerrechtsorganisation Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) will zusammen mit dem Klimabündnis Fridays for Future erreichen, dass Camps bei Versammlungen als geschützte Protestform anerkannt werden. Immer wieder kommt es vor, dass Versammlungsbehörden der Infrastruktur solcher Camps den Schutz der Versammlungsfreiheit entziehen und damit mehrtägigen Protest behindern.
Durch zwei laufende Gerichtsverfahren in Dresden und Nordrhein-Westfalen will die GFF höchstrichterlich klären lassen, dass Klimacamps unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehen, so die GFF in einer Pressemitteilung. Um Rechtssicherheit für Klima- und Protestcamps zu schaffen und die Versammlungsfreiheit zu stärken, bietet die GFF der Klimabewegung dabei Unterstützung beim gerichtlichen Vorgehen gegen Räumungen und Verbote an. „Der Staat muss Aktivist:innen die Freiheit lassen, über Ort, Zeit und Form ihres Protests zu entscheiden“, sagt Vivian Kube von der GFF.
Laut der GFF setzen Klimacamps als „Protest auf Dauer“ eine minimale Infrastruktur wie Zelte und Toiletten voraus. Diese Elemente müssten unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehen, da ohne sie kein Camp stattfinden kann.
Bereits im November schrieben Jurist:innen im Verfassungsblog:
Restriktive Verwaltungspraxis und drohende Strafverfolgung haben für die Klimacamps ein prekäres Umfeld geschaffen. Die Versammlungsbehörden untersagen häufig selbst einfachste Infrastruktur für die Sicherheit und für elementare Bedürfnisse (wie Sanitäranlagen, einfache Sitzgelegenheiten). Nur noch die „Hartgesottenen“ haben die Ausdauer, Protest unter diesen Bedingungen längerfristig aufrecht zu erhalten.
Eine solche Praxis ist nur schwer mit der Bedeutung der Versammlungsfreiheit für eine demokratische Gesellschaft in Einklang zu bringen. Für die Camps ist der Schutz von Art. 8 Abs. 1 GG essentiell: Nur wenn ein Protestcamp insgesamt unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit steht, kann es ohne zusätzliche Anzeigen oder Genehmigungen im öffentlichen Raum durchgeführt werden. Straßen-, Wege- oder Grünflächenrecht lassen sonst eine dauerhafte Belegung von Plätzen, Straßen oder Parks oft nicht zu.
Im konkreten Fall, gegen den sich GFF und Fridays for Future nun wehren, hatte das Ordnungsamt Dresden im August 2020 den Antrag auf benötigte Funktionszelte eines Klimacamps zurückgewiesen. Das örtliche Verwaltungsgericht erkannte diese Infrastruktur nicht erforderlich für den Protest an, es argumentierte, die Teilnehmenden könnten zu Hause oder in Hotels übernachten. Luca Salis von Fridays for Future sagt: „Anstatt endlich wirksame Klimapolitik umzusetzen, versucht man Klimacamps mit absurden Auflagen loszuwerden.“
Um nun höchstrichterliche Entscheidungen zugunsten eines starken Selbstbestimmungsrechts der Aktivist:innen zu erreichen, klagen GFF und Fridays for Future gegen das Verbot des Klimacamps in Dresden vor dem lokalen Verwaltungsgericht. Außerdem beteiligt sich die GFF an einem Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen das Land Nordrhein-Westfalen. In diesem Verfahren geht es um ein Klimacamp im Rheinland, das die Klägerin 2017 als Protest gegen den fortschreitenden Braunkohleabbau in NRW angemeldet hatte.
Auseinandersetzungen um Protestcamps begleiten die Geschichte sozialer Bewegungen in Deutschland schon länger. Beinahe legendär ist die Auseinandersetzung um ein Protestcamp beim G20-Gipfel in Hamburg, bei der die Polizei das Camp stürmte und den Aufbau von „Schlafzelten“ unterbinden wollte. Auch hier gab es nach dem Ereignis gerichtliches Nachspiel, die Gerichte stuften jedoch das Handeln der Behörden als rechtmäßig ein.
Jaja, ich weiß die Frage ist nicht sehr beliebt: Wo ist der netzpolitische Aspekt hier?
Ich habe ja schon auf diese Frage von Dir gewartet :)
Wir covern auf netzpolitik.org ja ab und an auch Themen, die Grund- und Freiheitsrechte ohne direkten Digitalbezug betreffen. Zu diesen Themen gehört neben Polizeigesetzen und dem Thema Polizei auch regelmäßig das Versammlungsrecht.
Dann schreibt das doch mal in https://netzpolitik.org/ueber-uns/ hinein.
Konsistenz, so wichtig.
Warum aber sollten wir Ausnahmen oder eher randständige Bereiche unserer Berichterstattung dort aufnehmen anstatt in aller gebotenen Kürze zu beschreiben, was wir grundsätzlich machen?
Ich weiß, man kann es nicht vergleichen. In Deutschland kommt man nicht in ein Straflager. Aber auch in unserer schönen „Demokratie“ läuft viel falsch. FFF streikt seit J a h r e n (!) die Politik tut einiges, so wie man es kennt, die Protestlerinnen und Protestler zu zermürben und zieht alles auf die lange Bank.
Ich will dazu auch betonen, das die durch die Länder- und Kommunalpolitik leider ebenfalls viel Potenzial verloren geht, denn vor allem auch klimafreundliche Länder- und Kommunalpolitik macht untern Strich so viel aus. Bürgermeisterinnen und Bürgermeister die in den Städten wichtige Entscheidungen zur Stadtentwicklung und Stadtplanung treffen brauchen nicht glauben, das die bei dem Thema vergessen werden! Allerdings kriegen die aktuell noch zu wenig ab