Heliumballon, Drohnen und VideoanhängerBayern rüstet Polizei bei der Luftüberwachung auf

Die bayerische Landesregierung forciert die polizeiliche Videoüberwachung. Neben der Beobachtung aus der Luft und mobilen Kamerawagen kündigt der Innenminister die Forschung zu Gesichts-, Verhaltens- und Mustererkennung an. Eine neue Koordinierungsstelle soll entsprechende Kapazitäten erforschen und bündeln.

Das Bild zeigt einen gelben Heliumballon mit der Aufschrift "Polizei" sowie einen Anhänger und ein Begleitfahrzeug.
Der „gefesselte Heliumballon mit Videotechnik“ kann bei Festivals oder politischen Versammlungen eingesetzt werden. – Alle Rechte vorbehalten Werbevideo

Als vermutlich erste deutsche Behörde mit Sicherheitsaufgaben schafft die bayerische Polizei einen Ballon zur Videoüberwachung an. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat das Gerät gestern auf einer Pressekonferenz gezeigt. Es wird von einem Hänger gestartet und ist an einer 300 Meter langen Leine befestigt. Bei der Polizei firmiert die Anlage als „gefesselter Heliumballon mit Videotechnik“.

Die Vorstellung erfolgte anlässlich der Einrichtung einer neuen „Koordinierungsstelle Video“ (KOST), die Herrmann ebenfalls gestern erstmals der Öffentlichkeit präsentierte. Die KOST ist bei der Polizeiinspektion Flughafen München angesiedelt und soll die „bayernweiten Kompetenzen in den Bereichen Einsatz, Recht und Technik“ bündeln und alle Polizeipräsidien entsprechend unterstützen. Damit leiste sie „einen maßgeblichen Beitrag dazu, dass Bayern das mit Abstand sicherste Bundesland ist“.

Sieben „vandalismusgeschützte“ Videoanhänger

Der Fesselballon hat einem Medienbericht zufolge einen Umfang von sechs Metern. Vor dem Start wird das Gerät von dem Hänger mit Helium befüllt. Einige Meter unterhalb des Ballons ist eine hochauflösende Kamera mit Wärmebildsensor montiert. Die Geräte sind mit einem sogenannten Gimbal verbaut, wie er auch an Helikoptern oder Drohnen genutzt wird. Ein Gimbal gleicht Erschütterungen und ungewollte Bewegungen aus und dient der Bildstabilisierung und -steuerung.

Der „gefesselte Heliumballon mit Videotechnik“ hat insgesamt 400.000 Euro gekostet. Einsätze sollen bei der Überwachung von Großereignissen erfolgen, darunter etwa Festivals oder politische Versammlungen. Außerdem soll das Gerät bei der Suche nach Vermissten helfen.

Bayern schafft außerdem zwei weitere „vandalismusgeschützte“ Videoanhänger mit ausfahrbaren Kameras an. Ihr Betrieb erfolgt über einen Generator, dessen Tank eine Laufzeit von mehreren Wochen ermöglichen soll. Die „teilstationären“ Geräte wiegen zweieinhalb Tonnen und werden von einem ebenfalls neu beschafften Amarok-Pickup gezogen. Insgesamt verfügt die bayerische Polizei nun über sieben solcher mobilen Überwachungsanlagen.

Kameras in Städten und allen Nahverkehrszügen

Die mobile Technik ergänzt die inzwischen 81 Kameras, die von der Polizei bei Bedarf an verschiedenen Orten montiert werden. Seit 2017 hat sich ihre Zahl fast verdreifacht. Mit 30 Kameras stehen die meisten in Nürnberg, während im dreimal größeren München lediglich elf aufgestellt sind. Laut einem Sprecher des Polizeipräsidiums Mittelfranken liege dies an den „baulichen Gegebenheiten“ der teilweise verwinkelten Stadt.

Bis 2023 sollen außerdem alle Züge des öffentlichen Personenverkehrs in Bayern komplett mit Videokameras ausgestattet sein. In den S-Bahnen in München und Nürnberg ist dies bereits umgesetzt. Für dieses „Mehr an Sicherheit“ hat die Staatsregierung bereits in den Haushaltsjahren 2017 bis 2019 2,4 Millionen Euro bewilligt. Der Ausbau der „temporären, mobilen und polizeilichen Videotechnik“ wurde damals mit Haushaltsmitteln in Höhe von zwei Millionen Euro veranschlagt.

Neben Nordrhein-Westfalen ist Bayern auch Vorreiter im Bereich der Überwachung mit Drohnen. Die Landesregierung hat dazu kürzlich eine neue „Kompetenzstelle Unbemannte Luftfahrtsysteme“ bei der Außenstelle der Polizeihubschrauberstaffel in Roth eingerichtet. Derzeit verfügen Polizeipräsidien, Grenzpolizei, Spezialeinheiten und das Landeskriminalamt über rund 30 Quadrokopter verschiedener Größen. Sie werden auch für Fahndungen und die Grenzüberwachung eingesetzt.

Keine Erlaubnis zur Gesichtserkennung

Die neue „Koordinierungsstelle Video“ soll auch technische Entwicklungen und Innovationen im Bereich der „intelligenten Videotechnik“ vorantreiben. Dazu gehören laut dem Innenministerium auch die „Gesichts-, Verhaltens- oder Mustererkennung“. Derzeit seien die Systeme aber laut dem Innenminister „für einen polizeilichen Nutzen noch nicht ausgereift genug“.

Die Möglichkeit zur Gesichtserkennung war im neuen Polizeiaufgabengesetz vorgesehen, nach heftigen Protesten aber von der CSU gestrichen worden. Sollte die bayerische Polizei zukünftig Verhaltenserkennung einsetzen, wäre dies ebenfalls der bundesweit erste Einsatz. Zusammen mit der Deutschen Bahn hatte die Bundespolizei ein solches System vor zwei Jahren am Bahnhof Südkreuz in Berlin getestet.

 

2 Ergänzungen

  1. In Bayern macht man gerne auf High-Tech, die Realität sieht anders aus. Eine total unterbesetzte Polizei, die oft nicht ein und aus weiß. Das ist die Wirklichkeit. Musterland Bayern? Von wegen.

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