Das französische oberste Verwaltungsgericht hat der Polizei in Paris die Überwachung von Demonstrationen mithilfe von Quadrokoptern verboten. Der Polizeipräfekt Didier Lallement soll die Praxis unverzüglich einstellen, ordnete der Staatsrat in Paris in seiner schriftlichen Urteilsbegründung gestern an. Geklagt hatte die überwachungskritische Organisation La Quadrature du Net. Die RichterInnen hatten bereits im Mai ein Verbot für die unbemannte Überwachung von Corona-Auflagen verhängt. Dieses Urteil wurde nun erweitert.
Die französische Regierung hat polizeiliche Drohnenflüge im Artikel 22 des jüngst in erster Lesung verabschiedeten „Umfassenden Sicherheitsgesetz“ geregelt. Es erweitert die Möglichkeiten von Strafverfolgungsbehörden, im öffentlichen Raum gefilmte Aufnahmen zu verwenden. Neben Drohnen betrifft dies auch Hubschrauber, die Videos in polizeiliche Lagezentren übermitteln.
Kehrt sich das Kräfteverhältnis um?
Das Gericht bemängelt, dass im Gesetz keine Bedingungen für den Einsatz der Drohnen festlegt werden. Die Maßnahme wird aber auch in ihrem Kern kritisiert, schreibt La Quadrature du Net. Demnach hat der Innenminister Gérald Darmanin nicht belegen können, dass es zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit bei Menschenansammlungen Drohnen benötigt. Hinsichtlich der Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten sei dies jedoch notwendig.
Die Polizeipräfektur versuchte zuvor, das Verbot vom Mai mithilfe eines Unschärfefilters zu umgehen. Auch dies hat der Staatsrat gestern zurückgewiesen. Die Webseite Mediapart hatte zuvor öffentlich gemacht, dass mit dem Filter verwischte Gesichter wiederhergestellt werden können.
Hunderttausende haben in den vergangenen Wochen gegen Polizeigewalt und das „umfassende Sicherheitsgesetz“ demonstriert. Besonders umstritten ist das Verbot in Artikel 24 des Gesetzes, Gesichter von PolizeibeamtInnen im Einsatz aufzunehmen und zu verbreiten. Nachdem auch der Europarat und die Vereinten Nationen vor einem Verstoß gegen die Pressefreiheit warnten, soll der Artikel überarbeitet werden. Bisher ist das aber nicht geschehen. „Das Kräfteverhältnis könnte sich endlich umzukehren beginnen“, kommentiert deshalb La Quadrature du Net das Urteil zum Artikel 22.
Einsätze in Deutschland zur Tatortsicherung und bei Verkehrsunfällen
Auch in Deutschland nutzen immer mehr Polizeibehörden Quadrokopter, hauptsächlich zur Tatortsicherung bei Gewaltverbrechen oder nach Verkehrsunfällen. Die Überwachung von Versammlungen kommt vor, diese Einsätze sind aber immer noch selten. Zuerst hatte Sachsen vor über zehn Jahren kleine Drohnen beschafft und bei Fußballspielen und Demonstrationen geflogen. In Niedersachsen wurde ein Quadrokopter einmal bei einem Atommülltransport gesichtet. In Freiburg brachte ein Spezialeinsatzkommando Quadrokopter zu Häuserräumungen mit.
Weitere Einsätze erfolgten in diesem Jahr während des ersten Lockdowns im Frühjahr. Die Polizei in Hessen und Bayern startete Quadrokopter zur Überwachung von Corona-Auflagen in Parks, auch auf Rügen wurden sie eingesetzt. Ob dabei Aufnahmen gespeichert wurden, ist aber nicht bekannt. In Nordrhein-Westfalen flogen Drohnen mit Lautsprechern zur Belehrung der Bevölkerung über Grünanlagen.
Erstes Drohnengroßprojekt in Nordrhein-Westfalen
Zukünftig dürften Einsätze mit Polizeidrohnen aber deutlich zunehmen. Vorreiterin ist die Polizei in Nordrhein-Westfalen, die ab 2021 insgesamt 106 Quadrokopter erhält. Weiterhin stehen die Beweissicherung oder die Aufnahme von Verkehrsunfällen im Vordergrund, viele Luftfahrzeuge werden deshalb an die Kriminaltechnischen Untersuchungsstellen und die Tatortvermessungsgruppe des Landeskriminalamtes ausgeliefert. Ein Imagevideo nennt außerdem die Verkehrsbeobachtung oder Einsätze für die Wasserschutzpolizei als Verwendungszweck.
Auch die Bereitschaftspolizei soll schließlich 76 Drohnen erhalten. Laut Innenminister Herbert Reul (CDU) könnten diese zur „Verfolgung von Tätern“ in die Luft steigen.
Geflogen werden Drohnen des chinesischen Herstellers DJI. Sie erhalten das sogenannte „BOS-Software-Update“ (die Abkürzung steht für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben), mit dem etwa Datenströme verschlüsselt werden können. Diese Konfiguration für die „polizeispezifische Nutzung“ verteuert eine Drohne vom Typ „Matrice 210 V 2 Enterprise“ auf 16.944 Euro. Die Gesamtkosten für das Projekt gibt das Bundesland für 2019 und 2020 mit 607.900 Euro an. 276 PolizistInnen werden als „Fernpiloten“ in der Steuerung der Luftfahrzeuge ausgebildet.
0 Ergänzungen
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.