BundesratWirtschaftsausschuss lehnt Staatstrojaner für Geheimdienste ab

Im Bundesrat gehen die Meinungen über den Staatstrojaner für Geheimdienste auseinander. Zwei Ausschüsse befürworten das Gesetz der Bundesregierung, der Wirtschaftsausschuss stimmt dagegen. Jetzt kommt der Entwurf in den Bundestag, wo er diskutiert und verabschiedet wird.

Blick in den Plenarsaal während der Sitzung
Stimmt für und gegen Staatstrojaner: Bundesrat. (Archivbild) – Alle Rechte vorbehalten Sascha Radke, Bundesrat

Vor knapp einem Monat hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem alle 19 Geheimdienste in Deutschland Staatstrojaner bekommen. Laut Gesetzgebungsverfahren geht der Entwurf zunächst an den Bundesrat. Der Wirtschaftsausschuss der Länderkammer hat jetzt empfohlen, den Gesetzentwurf abzulehnen:

Eine Ausweitung der Instrumente der Online-Durchsuchung und der Quellen-Telekommunikationsüberwachung auf das BfV und andere Nachrichtendienste ist mit dem Grundrecht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme nicht vereinbar. Eine solche Ausweitung verstößt zudem gegen das nachrichtendienstliche Trennungsgebot und ist angesichts der Erfahrungen des BKA auch nicht erforderlich. Das mit einer Ausweitung der Instrumente der Online-Durchsuchung und der Quellen-Telekommunikationsüberwachung auf das BfV verbundene technische Risiko für die IT-Sicherheit steht in keinem angemessenen Verhältnis zum Nutzen für die Innere Sicherheit. Die Anwendung dieser Mittel auf Journalisten gefährdet zudem die Pressefreiheit.

Bevor neue Überwachungsmaßnahmen eingeführt werden, müssen die bestehenden Maßnahmen in einer Überwachungsgesamtschau bewertet werden. Eine solche Gesamtschau zeigt Lücken bei den Befugnissen der Sicherheitsbehörden auf, stellt aber auch sicher, dass die Überwachung der Bürgerinnen und Bürger das erträgliche Maß nicht übersteigt.

Das ist eine schöne Zusammenfassung der offensichtlichen Kritikpunkte. In der Liste fehlt die Pflicht für Telekommunikations-Anbieter, bei der Installation der Schadsoftware helfen zu müssen. Internet-Unternehmen kritisieren diese Regelung vehement, auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten.

Neben Wirtschaftsauschuss haben sich auch die Ausschüsse für Innen und Recht mit dem Gesetzentwurf befasst, beide haben keine Einwendungen. Jetzt geht das Gesetz zurück an die Bundesregierung, die sich zur Position des Bundesrats äußert und den Entwurf an den Bundestag weiterleitet, wo das Hauptverfahren stattfindet.

Im Bundestag ist kein nennenswerter Widerstand zu erwarten. Die demokratische Opposition ist zwar dagegen, aber wie immer in der Großen Koalition kommt es auf die SPD an. Nachdem schon die Vorsitzende Netzpolitikerin Saskia Esken umgekippt ist, wird die SPD-Fraktion wohl zustimmen.

1 Ergänzungen

  1. Die Wirtschaft hat wohl verstanden, dass die „Beihilfe“ zur Trojaner-Installation nicht nur den Ruf schädigt, sondern am Ende auch sehr teuer werden kann, wenn man „Kunden-Support“ für die Polizei spielen darf und dazu mehrere Mitarbeiter abstellen kann. Man muss ja davon ausgehen, dass die Trojaner dann auch bald so freigiebig installiert werden sollen wie man es mit den Funkzellenabfragen, der Verkehrsdatenerhebungen, etc. handhabt: je mehr desto besser, ausgewertet wird das ganze vielleicht hinterher irgendwann mal, wenn man noch Zeit hat. Aber erstmal wird abgehört und abgegriffen was geht.

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