Netzpolitischer Wochenrückblick KW 23: Einladung zu unserer Geburtstagsfeier, Zeugin Alexa und Facebook-Tracking

Wir legen unsere Finanzen für April im Transparenzbericht offen. Daten von „Smart-Home“-Geräte sollen für Ermittlungen zugänglich gemacht werden. Facebook sammelt personenbezogene Daten auf fast allen deutschen Zeitungsseiten. Außerdem: „Hessen-Data“, #StopSpyingOnUs und die gute alte Vorratsdatenspeicherung.

Zuhören wie ein Fennek, das können Alexa & Co. ganz gut. Aber erzählen sie dann auch der Polizei alles weiter? CC-BY-NC-ND 2.0 Cloudtail the Snow Leopard

Unser Wochenrückblick wird auch als wöchentlicher Newsletter verschickt. Hier könnt Ihr Euch anmelden.

netzpolitik.org feiert seinen fünfzehnten Geburtstag am 13. September 2019 mit der inzwischen sechsten „Das ist Netzpolitik!“-Konferenz in der Berliner Volksbühne. Dafür suchen wir noch Ideen zu Vorträgen und Programmpunkten und DJs für die anschließende Party. Tickets gibt es auch schon, und zwar reguläre Tickets für 20 Euro, ermäßigte Tickets kosten zehn Euro. Solange der Vorrat reicht.

Es geht weiter in eigener Sache mit dem neuesten Transparenzbericht: Wir haben im April 2019 rund 38.000 Euro Spenden bekommen. Auf der anderen Seite hatten wir alleine 44.000 Euro Personalkosten.

Insgesamt haben wir im April ein Minus von rund 15.000 Euro gemacht. Trotzdem sind wir dank Eurer Unterstützung auf einem guten Weg zum Spendenziel für das Gesamtjahr.

Die Lage der Vorratsdatenspeicherung: Der Zombie lebt in der EU

Trotz eines klaren Urteils des Europäischen Gerichtshofs ist die Vorratsdatenspeicherung in vielen EU-Staaten noch immer Realität. Nur Österreich, die Niederlande und Slowenien haben (momentan) keine, in Deutschland ist sie zur Zeit ausgesetzt. Auf Basis eines EU-Ratspapiers verschaffen wir einen Überblick, wo was wie gespeichert wird. Und wie die Regierungen die anlasslose Speicherung unserer Kommunikationsdaten wieder legalisieren wollen.

Zeugin Alexa und Online-Beweise

Daten, die von „Smart-Home“-Geräten gesammelt werden, sollen bei der Aufklärung von Kapitalverbrechen und bei Terrorismusgefahr für Ermittler zugänglich gemacht werden. Das werden sich die versammelten Innenminister auf ihrer Konferenz in Kiel nächste Woche wünschen. In den USA ist die Praxis bereits legal.

Sowohl in den USA als auch in der EU können Ermittlungsbehörden bereits direkt auf Beweismittel zugreifen, die von Plattformen und Betreibern gespeichert sind. Nun haben Gespräche über die wechselseitige Anforderung solcher Daten über den Atlantik begonnen. Das würde Kontrollen aufweichen und in die Hände von Unternehmen verlagern, warnt Alexander Fanta.

Keine Überraschung, trotzdem blöd: Facebook sammelt bei fast allen deutschen Zeitungen Daten

Inzwischen hat wohl jede Zeitungsleserin Deutschlands mitbekommen, dass Facebook Daten sammelt, und zwar über alle – und dass das vielleicht keine so gute Sache ist. Den Zeitungsverlagen aber scheint die Privatsphäre ihrer Leserinnen egal zu sein.

Auf 83 Prozent der von ihm ausgewerteten Zeitungsseiten fand Matthias Eberl Tracking-Cookies von Facebook, mit 80 Prozent sieht es bei großen Portalen wie eltern.de nicht viel besser aus. Besonders kritisch ist die personalisierte Auswertung, mit der Facebook auch das Aufrufen von Artikeln zu sensiblen Themen wie zum Beispiel Samenqualität personengebunden speichert.

Gegen das Ökosystem an personalisierter Werbung, dass mit diesen Daten gefüttert wird, protestiert die neue Kampagne #StopSpyingOnUs. Koordiniert von der Civil Liberties Union for Europe haben nun NGOs in neun EU-Ländern Beschwerde bei ihren Datenschutzbehörden eingereicht. Dabei rufen sie auch Bürgerinnen und Bürger auf, sie durch Beschwerden zu unterstützen: Hier geht‘s zum Formular.

„Hessen-Data“ bleibt problematisch

Auch in Hessen hat die Polizei währenddessen keine Datenschutzbedenken gegen das massive Verknüpfen ihrer Datenbestände durch eine Software der US-Firma Palantir. Zunächst gegen islamistischen Terrorismus, bald auch gegen schwere und organisierte Kriminalität werden Fahndungsergebnisse, Überwachungsprotokolle und Social-Media-Daten durch „Hessen-Data“ miteinander verbunden.

Das verstößt gegen den Grundsatz, dass Informationen nur für die Ermittlungen verwendet werden sollten, für die sie auch gesammelt wurden, schreibt der Kriminologe Tobias Singelnstein in einem Gastbeitrag. Außerdem wird so der Weg für immer mehr präventive Polizeiarbeit bereitet, und diese reproduziert immer notwendigerweise die Vorurteile, die in den Daten eingeschrieben sind.

Etwas positivere Nachrichten zu Datenschutz auf EU-Ebene hat Marit Hansen, die Datenschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein. Mit ihr redete Katharina Nocun über die gute alte DSGVO; Datenpannen, Falschmeldungen zu Klingelschildern und ihre Folgen und einen Bußgeldrahmen, der 66,7 Mal so hoch ist wie vorher.

30 Jahre Tiananmen-Massaker: Twitter sperrt chinesische Accounts

Am 4. Juni jährte sich das Massaker auf dem Tiananmen-Platz in Peking zum dreißigsten Mal, und pünktlich zum Termin wurden einige hundert chinesischsprachige Accounts auf Twitter gesperrt. Nur vom Algorithmus, sagt Twitter, während staatliche Medien ungehindert ihre Propaganda verbreiten konnten.

Eigentlich eine nette Sache: BMW will Daten aus seiner Fahrzeugflotte „jedermann“ kostenlos zur Verfügung stellen. Das Problem: Die geplante Lizenz ermöglicht nur den nichtkommerziellen Gebrauch, was Journalistinnen und Start-Ups ausschließen würde. Zur Nutzung solcher großer anonymisierter Datenmengen sind momentan verschiedene Regelungsentwürfe in der Debatte.

Und zum Abschluß gibt es noch ein bisschen Bingewatching-Material von der re:publica 2019: Wir haben einige netzpolitisch-relevante Vorträge als Weiterbildungsprogramm in einer Playlist zusammengefasst.

Wir wünschen ein schönes Wochenende!

0 Ergänzungen

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.