Nach Kritik: Verschärfung des Polizeigesetzes in Bremen auf Eis gelegt

Derzeit werden in vielen deutschen Bundesländern die Polizeigesetze überarbeitet. In Bremen haben die Grünen die Ausweitung der polizeilichen Befugnisse zur präventiven Überwachung nun auf Eis gelegt. Amnesty International spricht von einem Erfolg des zivilgesellschaftlichen Widerstands.

Auf Eis gelegt: Das neue Bremer Polizeigesetz – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Gian-Reto Tarnutzer

Das Gesetzgebungsverfahren für eine Novellierung des Polizeigesetzes in Bremen ist durch Widerstand der Grünen vorerst nicht zustande gekommen. Das berichtet der Bremer Weser Kurier.

Die Grünen regieren in der Hansestadt gemeinsam mit der SPD. Der Parteivorstand und die Bürgerschaftsfraktion verkündeten am Dienstag, dass sie auf der Grundlage des Gesetzentwurfes aus dem SPD-geführten Innenressort nicht bereit sind, in ein Gesetzgebungsverfahren zu treten. Streitpunkte zwischen den Koalitionären sind beispielsweise die Überwachung der Kommunikation mittels Staatstrojaner und der Ausbau der Videoüberwachung im öffentlichen Raum.

In der Pressemitteilung der Grünen heißt es:

„Insbesondere die Quellen-Telekommunikationsüberwachung, die Verhältnismäßigkeit von Fußfesseln bei Menschen, die bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sind, und auch die Videoüberwachung, die über anlassbezogene und zeitlich befristete Maßnahmen hinausgeht, werden sehr kritisch gesehen. (…) Im Ergebnis kommen wir dazu, dass wir derzeit nicht bereit sind, in ein Gesetzgebungsverfahren einzutreten.“

„Erhebliche rechtsstaatliche Bedenken“

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International begrüßt die Entscheidung: „Bremen ist nunmehr das erste Bundesland, in dem nach zivilgesellschaftlichem Widerstand das Gesetzesvorhaben vorerst gestoppt wurde.“ Unter anderem das Bündnis Brementrojaner hatte sich gegen die geplante Ausweitung der polizeilichen Befugnisse eingesetzt. Zu der Initiative gehören unter anderem die Bremer Ableger des Chaos Computer Clubs, der Humanistischen Union, des Vereins Digitalcourage, der Gewerkschaft ver.di, der Grünen Jugend und der Linksjugend. Kritik an der Entscheidung der Grünen gab es vom Koalitionspartner SPD und der Bremer CDU.

Die Novellierung des Polizeigesetzes in dem Stadtstaat hat eine lange Geschichte. Bereits der erste Referentenentwurf war heftig debattiert worden. In ihrer Stellungnahme vom November 2017 schrieb die Landesdatenschutzbeauftragte, Dr. Imke Sommer, dass der Gesetzentwurf „erhebliche rechtsstaatliche und datenschutzrechtliche Bedenken“ aufwirft. Eine zweite Deputation wurde damals anberaumt, jedoch später abgesagt und auf April verschoben.

Wie lange die Novellierung des Polizeigesetzes nun in Bremen aufgeschoben ist, ist unklar. Der Pressesprecher der Grünen in der Bremer Bürgerschaft sagte dazu gegenüber netzpolitik.org: „Wann und ob es dazu kommt, ist zum derzeitigen Zeitpunkt völlig offen.“

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

6 Ergänzungen

  1. ..na endlich mal ’n hoffnungsschimmer.
    Aber nicht, daß…() auf eis gelegt heißen könnte: Warten auf ruhigere zeiten zu fussballweltmeisterschaften oder so.

  2. Das soll dann wohl aber auch heißen, würden die SozialDemokraten alleine die Regierung stellen, wäre die Brühe, also zum Beispiel die „Anlasslose Bewegungsüberwachung Potentieller ‚Gefährder‘ (in dieser doppelten Optionierung)“, inklusive der Erweiterung auf alles und jeden der nervt, so durchgelaufen?

    1. Ich habe unendliches Vertrauen in den Verfassungsschutz,sie sind der Garant der Untertanen für Sicherheit und Ordnung.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.