Zum Snowden-Jubiläum: Strafanzeige wegen Geheimdienst-Überwachung erweitert

Der Chaos Computer Club und verbündete NGOs haben zu ihrer Strafanzeige von 57 Seiten aus dem Jahr 2014 und der Erweiterung der Vorwürfe heute ein drittes Mal nachgelegt und verlangen vom Generalbundesanwalt, endlich mit Ermittlungen gegen Geheimdienste und Bundesregierung zu beginnen. Es stehe weiterhin im Raum, dass die Bundesanwaltschaft wegen strafbarer geheimdienstlicher Agententätigkeit (nach § 99 Strafgesetzbuch) und Beihilfe dazu sowie wegen Strafvereitelung im Amt tätig werden müsse.

Die Anwälte Hans-Eberhard Schultz und Claus Förster haben daher im Namen der Aktivisten einen weiteren Schriftsatz an die Bundesanwaltschaft gerichtet:

„Wir fordern den Generalbundesanwalt auf, das Ermittlungsverfahren nun endlich einzuleiten, denn die Beweislage ist zumindest für den Verdacht auf strafbare Handlungen erdrückend.“

bnd-demo

Bild: campact. Lizenz: Creative Commons BY-NC 2.0

Generalbundesanwalt Harald Range hatte im Juni 2014 nur ein Ermittlungsverfahren wegen eines Anfangsverdachts in Sachen Abhören des Mobiltelefons von Kanzlerin Angela Merkel eingeleitet, wollte Zeugen vernehmen und Auskünfte anfordern:

„Es liegen greifbare Tatsachen vor, die den Verdacht der möglichen Ausspähung eines Mobiltelefons der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel durch unbekannte Mitarbeiter US-amerikanischer Nachrichtendienste begründen.“

Die „greifbaren Tatsachen“ mochte der Generalbundesanwalt allerdings nicht erkennen, wenn es um das Ausspionieren der anderen Menschen geht. Vielleicht werden in Karlsruhe ja mittlerweile Zeitungen ausgeliefert, so dass ihm langsam mal ein paar Anhaltspunkte für Straftaten aufgefallen sind.

Wem das alles zu viel Juristendeutsch ist, kann sich das übrigens auch von der heute-show erklären lassen.

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13 Ergänzungen

  1. Dieses Verhalten ist typisch, sobald sich konkrete Anhaltspunkte ergeben, werden entweder Akten vernichten oder die Sache wird bis zu Verjährung hinausgeschoben.

  2. Vielleicht sollte mal jemand den Herrn Generalbundesanwalt wegen Strafvereitelung im Amt anzeigen wenn er nicht aktiv wird…

  3. Kann man gegen den Generalbundesanwalt eig. Anzeige einreichen? Und wer ermittelt dann?

    1. Kannste, bringt aber nichts! Vergiß es! Die Anzeige geht schon auf dem Dienstweg „verloren“.

      Das ist ein strukturell verkommenes System in dem wir leben, viele haben das aber noch nicht kapiert, wie schlimm es ist. Die Typen sichern sich mit ihren Afterjuristen nach allen Seiten ab. Das sind reaktionär-faschistoide verschworene Seilschaften.

      Drei-Mal darfst Du raten, warum nach der NAZI-Herrschaft keinem einzigen Juristen des Hitlerregimes ein Haar gekrümmt wurde. Der ganze verrottete Juristen-Verwaltungs- und Justizapparat wurde wieder eingesetzt.

      Das schleppt sich ideologisch bis heute durch.

  4. Da der Generalbundesanwalt beim BGH in Karlsruhe angesiedelt ist, hätte ich jetzt die Zuständigkeit bei der Staatsanwaltschaft in Karlsruhe vermutet.

  5. Staatsanwaltschaften sind in Deutschland weisungsgebunden, da sie den Justizministerien unterstehen = einzig sinnvoller Weg = das System ändern (aber das werden sie zu verhindern wissen). Wäre dem nicht so, hätte der Generalbundesanwalt eigentlich schon mehrfach Grund dazu gehabt, ein Ermittlungsverfahren wegen Bildung einer Kriminellen Vereinigung, Strafvereitelung im Amt usw. gegen die Regierung einzuleiten.

  6. „Der Chaos Computer Club und verbündete NGOs haben zu ihrer Strafanzeige von 57 Seiten aus dem Jahr 2014 und der Erweiterung der Vorwürfe heute ein drittes Mal nachgelegt und verlangen vom Generalbundesanwalt, endlich mit Ermittlungen gegen Geheimdienste und Bundesregierung zu beginnen. Es stehe weiterhin im Raum, dass die Bundesanwaltschaft wegen strafbarer geheimdienstlicher Agententätigkeit (nach § 99 Strafgesetzbuch) und Beihilfe dazu sowie wegen Strafvereitelung im Amt tätig werden müsse.“

    Diese Bundesanwaltschaft ist ein Herrschaftsinstrument der Regierung und genau deshalb wird hier und in anderen Zusammenhängen organisierter Regierungskriminalität – Waffenhandel, Schutz von Bankenzockern etc., Vorbereitung von Angriffskriegen – nichts passieren. Das ist strukturelle & organisierte politische Kriminalität.

    Solange weite Teil der Bevölkerung politisch „ahnungslos“ sind und selbstverschuldet bleiben wollen, was die kriminelle Energie von Regierungen anbelangt, solange wird es immer weiter gehen.
    Ein wegrevolutionieren dieser Herrschaftskaste steht noch nicht auf der Agenda.

    Bis zu diesem Zeitpunkt kann sich der CCC die Einleitung von Strafverfahren gegen das Regime durch die weisungsabhängige Bundesanwaltschaft abschminken. Und die Täter sitzen „ganz oben“. Der Behörden-Fisch stinkt immer vom politischen Kopfe her.

    Es gibt unzählige Beispiele dafür, dass diese Regierung an organisierten kriminellen Handlungen beteiligt ist. Zu diesen Skandalen gesellt sich ein weiterer: die Strafvereitlung im Amt durch die Bundesanwaltschaft.

    Wenn es aber gegen „Anarchisten“, vermeintliche Linke etc. „Systemfeinde“ geht, dann werden die so aktiv, dass sie völlig überdrehen.

    Diese Staatskaste ist moralisch, ethisch und legitimatorisch am Ende der Fahnenstange angekommen.

  7. Der Generalbundesanwalt ist ein politischer Beamter, er soll die kriminal- und sicherheitspolitischen Ansichten und Ziele der jeweils amtierenden Bundesregierung teilen und kann jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Er gehört der Exekutive an und untersteht der Dienstaufsicht des Bundesministers der Justiz.

    Da Lästiges, und was übermäßige Arbeit erfordert, stets eingestellt wird, ist das einzig verbleibende Mittel hochgradiges öffentliches Interesse. Ausschlaggebend für eine erfolgreiche Einstellung des Verfahrens ist das Prüfen ob noch ein ausreichend hohes öffentliches Interesse vorliegt. Diese Prüfung erreicht man durch das Ruhenlassen der Akte. Das Verfahren ist einem Abklingbecken eines Reaktors ähnlich. Öffentliche Aufmerksamkeit hat bekanntlich eine kurze Halbwertszeit. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann praktisch unbemerkt jedes Verfahren eingestellt werden kann.
    Von einer Einstellung sind nur jene Fälle kaum bedroht, die sich als exemplarische Sanktionen zur Einschüchterung eignen.

  8. Ich spende mal eine Idee: Man könnte doch einfach mal in irgendeiner medial darstellbaren Form (Twittern oder so) das Szenario durchspielen, wenn Range tatsächlich Ermittlungen durchführen und seine Fortschritte der Öffentlichkeit kommunizieren würde. Genug öffentlich bekanntes Material gibt es dafür. Es bräuchte nur jemanden mit dem juristischen Kenntnissen über den Ablauf des Verfahrens.

    1. das halte ich für eine wunderbare, demokratische und erfolg versprechende idee.

      für erfolg würde ich halten, wenn eine wachsende gruppe von menschen aus allen möglichen bereichen unserer republik deutliche forderungen an die strafverfolgung stellten.

      so eine fiktion könnte wirklich einen guten beitrag leisten. vielen dank für ihre anregung!

      .~.

  9. Leute, gewöhnt euch an den Gedanken, dass der deutsche Sicherheitsapparat ein Gebilde mit Generalbundesanwalt ist. Diese Behörde inszeniert genau die Angstkulisse, vor deren Hintergrund die Überwachung perfektioniert wird. Genauso gut könnte man einen Brief an einen Mafiaboss schreiben, er soll endlich aufhören, nur hinter dem Geld her zu sein (…)

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.