Dem BND kommen nicht nur Wasserhähne abhanden: Leaks interner Dokumente nehmen 2015 zu

Auch mit neuen Wasserhähnen tropft es beim BND gewaltig (Chad Cooper via flickr, CC BY 2.0).

Für das laufende Jahr meldet das Bundeskanzleramt 32 Verstöße gegen den Geheimschutz mit BND-Bezug, davon seien 29 Fälle auf Medienveröffentlichungen zurückzuführen. Der Tagesspiegel hatte vor dem Bundesverwaltungsgericht die Herausgabe der Zahlen erstritten.

Damit nimmt die Zahl der geleakten BND-Dokumente stetig zu: 2013 waren es noch zwölf, 2014 lag der Whistleblowing-Zähler schon bei 24. In diesem Jahr wurden bisher 16 als „geheim“ eingestufte Verschlusssachen weitergegeben. Drei Dokumente mit dem Stempel „streng geheim“ gingen nach draußen, eines davon war sogar zusätzlich mit einem „Schutzwort“ versehen. Das ist eine Art „safe word“ unter Geheimdienstlern. Die restlichen 13 Dokumente waren niedriger eingestuft, als „vertraulich“ bzw. „nur für den Dienstgebrauch“.

Unklarheit über die undichten Stellen

Nachdem beim BND im Frühjahr aus dem kostenintensiven Neubau schon Wasserhähne gestohlen wurden, tropft es also munter weiter. Unklar ist, wer jeweils für die Weitergabe verantwortlich ist. Nicht notwendigerweise müssen die Leaks aus dem BND selbst kommen, auch Personen aus dem Bundeskanzleramt oder aus den mit dem BND betrauten parlamentarischen Gremien kämen in Frage. Dies sind neben dem Geheimdienst-Untersuchungsausschuss (NSAUA) die G10-Kommission, das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) sowie das Vertrauensgremium des Haushaltsausschusses.

Womöglich sind es aber auch Beamte aus dem BND selbst, die mit einem Leak auf Verstöße des Dienstes hinweisen oder auf ihre Weise aktiv Politik machen möchten, statt auf die Fach- und Dienstaufsicht des Bundeskanzleramtes zu hoffen. Auf eigene Faust hatte der Auslandsgeheimdienst in der vergangenen Woche schon eine interne Analyse zur Rolle Saudi-Arabiens als Hintergrundmaterial für ausgewählte Journalist*innen veröffentlicht und damit die Bundesregierung düpiert.

Möglicherweise wieder Journalist*innen im Fokus

Unklar ist bei der nun bekanntgegebenen Zahl jedoch, welche eingestuften Dokumente und Medienberichte betroffen sind und gegen wen sich die internen Untersuchungen zu den Leaks richten. Neben entsprechenden Ermittlungen gegen die unbekannten Quellen schließt der Tagesspiegel nicht aus, dass erneut Journalist*innen im Fokus stehen – wie bei der Landesverrats-Affäre im Sommer, bei der immer noch nach den Quellen unserer Veröffentlichungen (hier und hier) gesucht wird. Allein das peinliche Verfahren gegen unsere Redaktionsmitglieder Markus und Andre wurde inzwischen eingestellt, ohne dass die Verantwortlichen dieses Angriffs auf die Pressefreiheit zur Rechenschaft gezogen wurden.

Zum Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) liegen keine Zahlen über Geheimschutzverstöße vor, auch wenn im Inlandsgeheimdienst gerne mal die Landesverratskeule geschwungen wird, wie bei den Anzeigen gegen uns sowie wegen eines Berichts zum BfV-V-Mann „Corelli“. Der BND und der Militärische Abschirmdienst (MAD) hatten keine vergleichbaren Anzeigen erstattet, erklärte MdB Christian Ströbele im Oktober.

Dem Bericht des Tagesspiegels geht ein Gerichtsverfahren voraus. Das Bundeskanzleramt hatte einem Redakteur der Zeitung die Auskunft über die Anzahl des Leaks verweigert, um nicht den Eindruck etwaiger „Schwachstellen in der Sicherheitsarchitektur des Bundesnachrichtendienstes“ zu erwecken. Das Gericht begründete das Urteil auf Herausgabe jedoch damit, dass Nachrichtendienste generell von Whistleblowing betroffen seien und dies allein nicht genüge, das „Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Bundesnachrichtendienstes in den Augen anderer Nachrichtendienste herabzusetzen“.

16 Ergänzungen

  1. Man kann aus dem Artikel eine gewisse Schadenfreude herauslesen.
    Es gehört aber auch zur professionellen Arbeit mit dazu, nicht immer alles zu veröffentlichen, besonders wenn man auf solche Leaks angewiesen ist. Man motiviert damit auch den Gegenseite die undichten Stellen zu finden. Ich finde es gut, wenn es Menschen noch mit Gewissen in diesen Organisationen gibt. Manchmal ist Zurückhaltung einfach mehr.

    1. man könnte auch ein Wistleblowergesetz erschaffen, dass sein Name zurecht trägt, so dass diese Verstöße keine rechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen…

    2. Vermutlich Randolph Hearst: „Journalismus heißt, etwas zu drucken, von dem jemand will, dass es nicht gedruckt wird. Alles andere ist Öffentlichkeitsarbeit.“
      Dem ist nichts hinzuzufügen,es wäre schön wenn es mehr Journalisten gäbe.

      1. Herr Beckedahl,die Maxime Ihres Handelns begrüße ich, trotz falscher Zuschreibung Ihres Leitmotivs an George Orwell,jedoch sollte man der Fairness halber , dem König geben, was des Königs ist.
        Das Zitat stammt eher vom Medientycoon Randolph Hearst,dessen Vita als Vorlage für Orson Welles „Citizen Kane“ diente.
        Mein Kompromissvorschlag: Damit wir beide unser Gesicht wahren können,schreiben Sie „George Hearst“ unter Ihre Maxime,dann haben Sie etwas Orwell drin.
        LOL

      2. „Freiheit ist die Freiheit der anders denkenden!“ … oder so ähnlich, isch glaub es war vons die Rosa Luxemburg ein Spruch!

        Zitat von Ezra Pound:“Regieren ist die Kunst, Probleme zu schaffen, mit deren Lösung man das Volk in Atem hält.“
        Quelle: http://natune.net/zitate/zitat/1020
        … wer kennt schon Ezra Pound?
        Passt aber schön zum „internationalem Terrorismus“ … hui, und wie man mit einem künstlichen Problem das Volk in Atem halten kann!
        … die Lösung? Mehr und einschneidende Gesetze zur Überwachung!
        … und was braucht „man“ (Dienste), um die Gesetze zur Überwachung auch in der Zukunft beibehalten zu dürfen, so sie z.B. zeitlich begrenzt würden?
        … genau … Anschläge des „internationalen Terrorismus“!
        „Ein Mops lief in die Küche …“ -> http://www.volkslieder-songarchiv.de/text_akkorde.php?lied=ein_mops_kam_in_die_kueche

  2. „Ene mene Sterbegeld, deutsche Waffen für die Welt!“
    Hmmm, wie kommt der IS zu deutschen Waffen?
    Ein Mysterium für unsere Volksvertreter!
    Nur nicht, wenn man die Warnungen aus dem geleakten BND Papier interpretiert!
    Wie jetzt? Auch deutsche Waffen brauchen Munition, woher bekommen sie die?
    Ja genau, bestimmt von den Peschmerga! Deswegen haben sie die Waffen ja auch schnellstmöglich bekommen, dann kann man immer behaupten, das Waffen und Munition erbeutet und nicht von den Saudis geliefert wurden!
    Naja, unsere Parlamentarier, die „dressierten Affen im Goldenen Käfig“ … hui!
    Egal, die Waffenlobbyisten freuen sich, je länger der Krieg dauert, desto mehr deutsche Waffen werden via Saudiarabien geliefert!
    Tja, die Saudis lassen weder die Studentenkrieger im Krieg gegen „den Russen“ (Afghanistan), noch die Freiheitskämpfer gegen Assad (IS) im Stich!
    Zum Glück gibt es noch Freiheitskämpfer in den Reihen der Exekutive!
    Naja, für die einen ein Freiheitskämpfer (Informationsfreiheit), für die anderen ein Terrorist!

  3. Die Story mit den Wasserhähnen ist lächerlich. Ein Schenkelklopfer. Eher ein Winken eines anderen Geheimdienstes,um klarzumachen, wir haben Euer nagelneues Gebäude bzgl. Informationsabgriff im Griff. Da ein feindlicher Geheimdiest dies kaum offenlegen würde kann man spekulieren, dass dieser Zaunpfahl von einen befreundenten GD geschwunken wurde. Vielleicht mit der Message, macht mal lieber nicht zu dicke Backen. Das ganze Gebäude müßte, wie damals in Moskau die US Botschaft. abgerissen und neu gebaut werden. Das wagt nach über 1,6 Mrd Baukosten aber noch nicht einmal die Opposition auszusprechen.

    1. @00-8 … eigentlich Genial!
      Die Wanzen mit Wasser unschädlich machen und die Schuld irgendeinem Terroristen in die Schuhe schieben!
      Welcher Dienst gibt gerne zu, das sein neues Gebäude schon im Rohbau verwanzt wurde?
      Je mehr ich darüber nachdenke, desto „Lustiger“ wird es!
      Die Debatten, wie man das Wanzennest „unaffällig“ wieder los wird!
      Herrlich … herrlich!

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