Überwachungsskandal: Sammlung der Berichte und Analysen

LEGAL_RESEARCHNicht nur Zeitschriften und Online-Redaktionen haben sich in den letzten Monaten die Finger blutig getippt, um mit den Enthüllungen aus Snowdens scheinbar unerschöpflichen Fundus Schritt zu halten. Im Europäischen Parlament tagte der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) mittlerweile Zehnmal, um verschiedenste Experten und Journalisten zum Überwachungsskandal zu befragen. Im Laufe der Zeit haben sich aber auch Stiftungen und Universitäten der Thematik angenommen. An dieser Stelle soll ein Überblick gegeben werden.

In ihrer Analyse der Geheimdienstgesetze und der verschiedenen Programme kommen Heumann und Scott zum Ergebnis, dass es kaum einen Unterschied bezüglich Auftrag, Möglichkeiten und Vorgehen zwischen den Geheimdiensten der USA, Großbritannien und Deutschland gibt. Hier haben wir den Artikel ausführlich besprochen und eine deutsche Übersetzung findet sich in unserem Buch.

Caspar Bowden hatte schon recht früh für den LIBE Ausschuss des Europäischen Parlaments einen Überblick über die Tätigkeiten der NSA gegeben. Sein Bericht schließt mit einigen essenziellen Empfehlungen an das EP ab. So sollte die Entwicklung einer Europäischen Cloud forciert werden, um nicht mehr von US amerikanischen Unternehmen abhängig zu sein. Außerdem sollte der “Artikel 42″ der neuen EU Datenschutz-Regulierung wieder aufgenommen werden, der es Nicht-EU Ländern verbietet, ohne vorherige Erlaubnis, auf persönliche Daten von EU Bürgern zuzugreifen. Weiterhin sollten Whistleblower besser durch das Gesetz geschützt werden. Und eine zentrale EU-Datenschutzbehörde, die sich um Missbrauch durch Nicht-EU Länder kümmert.

Levinson-Waldman des Brennan Center for Justice der New York University School of Law hat analysiert, durch welche Programme, auf Grundlage welcher Gesetze und Erlasse und in welchen Behörden und deren Datenzentren Informationen über US-Bürger abgespeichert werden. Das Ergebnis ist ebenso schockierend, wie erkenntnisreich. Außerdem wird sehr gut verdeutlicht, dass die staatliche Sammelwut nicht plötzlich entstand, sondern eine lange Historie hat. Letztlich ist Levinson-Waldmans Arbeit sehr hilfreich, da sie viele der Bruchstücke und Informationshappen aufarbeitet und in einen Kontext bringt. Den Report haben wir hier detaillierter besprochen.

Eine weitere Studie, auch für den LIBE Ausschuss, untersuchte die Überwachungsmaßnahmen verschiedener europäischer Länder: Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Schweden und Niederlande. Die Studie kommt zum Ergebnis, dass – abgesehen von den Niederlanden – alle untersuchten europäischen Staaten weitreichende Programme zur Überwachung unterhalten. Großbritannien ist jedoch unangefochten an der Spitze. Außerdem weisen die Forscher auf die unzähligen Verflechtungen und Abkommen zwischen den einzelnen nationalen Geheimdiensten hin – was eine Aufsicht udn Kontrolle zusätzlich erschwert. Auch diese Studie schließt mit eindringlichen Empfehlungen an das Europäische Parlament ab, die teils deckungsgleich zu denen von Caspar Bowden sind. Hier gibt es eine ausführlichere Besprechung des Berichts.

Der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Peter Schaar, hat für die Sondersitzung des Deutschen Bundestages am 18.11. einen Bericht erstellt, in dem er auf die Arbeit der deutschen Geheimdienste fokussiert. In dem Bericht gibt es einen Überblick über die Gesetze und Befugnisse der deutschen Geheimdienste und – soweit möglich – ihre Tätigkeiten. Hier haben wir die Kernforderungen zusammengefasst.

Mascolo des Wilson Centers und Scott des Open Technology Institutes geben hier – wie der Titel vermuten lässt – einen Überblick über das Geschehene. Dabei fokussieren sie weniger auf einzelne Enthüllungen, als vielmehr auf die größeren, trans-nationalen Wechselwirkungen. So endet der Bericht auch mit fünf wichtigen Empfehlungen: (1) Länder müssen in einer öffentlichen Debatte über das Ausmaß staatlicher Überwachung entscheiden. (2) Internationale Digitale Menschenrechte. (3) Europa muss bei der internationalen Debatte den ersten Schritt machen. (4) Europa muss sich bezüglich Datenschutz einig sein, wenn Verhandlungen mit den USA Früchte tragen sollen. (5) Neue Regulierungen sollten aus den alten Fehlern lernen und auf starke Kontrolle und Aufsicht setzen.

Newell, der University of Washington (Seattle), geht in seinem Paper der Frage nach, inwieweit die grenzenlose Überwachung die Freiheiten der Bürger beeinträchtigt und gefährdet. Hierfür theorisiert er zunächst verschiedene Auffassungen von ‚Freiheit‘ – gerade in Bezug auf bürgerliche Freiheiten, die eine Regierung schützen sollte.

Wir werden versuchen diese Sammlung im Laufe der zeit zu erweitern. Sinn und Zweck ist es dabei auch neben all den neuen, meist ernüchternden, Enthüllungen aufzuzeigen, dass sich an den verschiedensten Stellen „etwas tut“.  Wer läuft schon gerne einen Marathon alleine? Da ist es gut zu wissen, dass noch viele andere mitlaufen.

In diesem Sinne: Wer über weitere Berichte, Studien oder Fachartikel (Paper) stolpert, die lesenswert sind… Teilen macht glücklich!

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