EU-Innenkommissarin Malmström: Dieses Jahr keine überarbeite Vorratsdatenspeicherungs-Richtlinie mehr (Update)

Die EU-Kommissarin für Innenpolitik Cecilia Malmström hat der F.A.Z. ein Interview zur Vorratsdatenspeicherung gegeben. Der wichtigste Satz dürfte wohl dieser sein:

Kommt der Vorschlag denn noch in diesem Jahr?

Nein. Da wir ihn zusammen mit der Überarbeitung der E-Privacy-Richtlinie vorlegen wollen, dauert das bis zum nächsten Jahr.

Dazu gibt es einen Ausblick, was geändert werden soll:

Das größte Problem ist, dass die Mitgliedstaaten die Vorratsdatenspeicherung heute nicht nur zur Bekämpfung von Terrorismus und schwerer Kriminalität benutzen. Nach der sogenannten E-Privacy-Richtlinie können solche Daten auch für andere Zwecke verwendet werden, etwa zur Verbrechensvorbeugung oder zur Gewährleistung der öffentlichen Ordnung, was ein sehr vager Begriff ist. Deshalb müssen wir diese beiden Richtlinien zusammen überarbeiten. Für E-Privacy ist meine Kollegin Neelie Kroes zuständig. Wir werden das zusammen machen. Die Anwendung muss strikt auf Terrorismus und schwere Kriminalität beschränkt werden. Außerdem brauchen wir einen besseren Schutz, damit Hacker nicht an die Daten kommen, die ja bei den Telekommunikationsfirmen gespeichert werden, nicht beim Staat.

Und noch zur Speicherfrist:

Wir werden uns die Speicherdauer ansehen.

Soll sie eher kürzer oder länger werden?

Natürlich kürzer. Aber wir haben noch keinen Gesetzesvorschlag ausgearbeitet.

Update: Ralf Bendrath hat eine Einschätzung gebloggt:

The liberal Malmström does not know how to get out of this data retention mess in one piece, with activists and „the internet“ (c.f. ACTA) on one side, and home affairs ministers in Council on the other side. So she is now siding with Kroes in a hope to get anything agreed under the stewartship of an experienced telco regulator. They will try to ease industry opposition and in return get an okay for a limited version of data retention.

17 Ergänzungen

  1. „Das größte Problem ist, dass die Mitgliedstaaten die Vorratsdatenspeicherung heute nicht nur zur Bekämpfung von Terrorismus und schwerer Kriminalität benutzen.“

    und Waffen werden nicht nur zur Selbstverteidigung benutzt…..wer hätte das gedacht.

    „Nach der sogenannten E-Privacy-Richtlinie können solche Daten auch für andere Zwecke verwendet werden, etwa zur Verbrechensvorbeugung oder zur Gewährleistung der öffentlichen Ordnung“

    Pre-Crime…. DDR 2.0, wir kommen.

    „Die Anwendung muss strikt auf Terrorismus und schwere Kriminalität beschränkt werden.“

    hätte man das nicht bei der Vorratsdatenspeicherung schon so reinschreiben bzw. formulieren können?
    „Niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen“ sag ich da nur…

  2. „Die Idee der Vorratsdatenspeicherung ist, dass wir Zugriff auf historische Daten haben, um Verbrecher zu finden. Das Bundesinnenministerium hat uns berichtet, dass es unmöglich war, bei den jüngsten Ermittlungen gegen den NSU Verbindungsdaten aus der Vergangenheit zu nutzen, weil es in Deutschland keine Vorratsdatenspeicherung gibt. Wir haben der Bundesregierung klar gesagt, dass Quick Freece die Anforderungen der Richtlinie nicht erfüllt.“

    Ich finde, das spricht für sich.

    1. nein, das ist lediglich der aufhänger. genauso wie der killerspiele aufhänger wenn mal wieder ein spinner amok läuft. es generiert aber keinen legitimen generalverdacht. und dieser blödsinn mit der nsu… pfah. am ende gibts die organisation gar nicht.

      1. Das ist generell Blödsinn. Schließlich hatten wir von 2007-2010 Vorratsdatenspeicherung und die Behörden haben es trotzdem nicht geschafft, die NSU zu fangen.
        Wer z.B. einen Anschlag plant und auch nur für zwei Pfennig Grips hat, wird die Vorratsdatenspeicherung umgehen, indem er Internetcafés, bereits aktivierte Prepaid-Karten vom Türken um die Ecke und andere Tricks nutzt. Und vielleicht noch ein paar falsche Spuren legen, die die Ermittler ablenken und auf die falsche Fährte lenken.

    2. Bei den NSU-Ermittlungen ist so viel schief gelaufen, da hätte dann wohl auch eine VDS nichts mehr gebracht.

      1. Natürlich nicht. Aber an solchen Begründungen merkt man, dass die Leute alles mögliche bemühen, um die #VDS zu legitimieren. Wer kann denn gegen schon was gegen die Jagd auf Nazis haben. (Oder Kipos. Oder Drogen. Oder Mobbing.) Selbst wenn die VDS ganz offensichtlich vollkommen nutzlos dagegen ist. Wenn also solche Argumente bemüht werden folgt daraus, dass es keine vernünftigen Argumente für die VDS gibt. Also muss es wohl andere Gründe für die VDS geben.

  3. @Stefan: Also für mich hört sich das eher so an, als ob MOMENTAN quasi pre-crime (Minority Report, anyone?) betrieben wird bzw. werden könnte, und das eben nicht mehr der Fall sein soll. Vgl:

    „Nach der sogenannten E-Privacy-Richtlinie können solche Daten auch für andere Zwecke verwendet werden, etwa zur Verbrechensvorbeugung oder zur Gewährleistung der öffentlichen Ordnung, was ein sehr vager Begriff ist. […] Wir werden das zusammen machen. Die Anwendung muss strikt auf Terrorismus und schwere Kriminalität beschränkt werden.“

    Wär ja nicht unbedingt eine schlechte Sache, wobei „gar keine Datensammlung“ definitiv immernoch die bessere Lösung wäre. Etappensieg?

    1. Wohl eher die notwendige Augenwischerei, damit nicht bei jedem Interview eine Emailflut der Entrüstung über sie herein bricht. Aber auch ich habe mir einen Funken Hoffnung erlaubt, als ich die Zitate gelesen habe.

    2. @Michael

      CDU/SPD/FDP/GRÜNE sollen halt gleich in ihre kommenden Wahlprogramme eine eigenständige Behörde verlangen die diese Vorratsdaten auswertet + zu Strafbehörden weiterleitet…

      …und der passende name für diese Behörde wäre auch schon vorhanden…….. Pre-Crime ^^

  4. das Problem ist doch, dass die Daten letztendlich vom Staat abgerufen werden OHNE Einzelfalllegitimation. Der Missbrauch des Bundestrojaners steht hier ganz klar im Raum und zeigt, wozu die Behörden Willens sind.

    PreCrime hin oder her, es kann einafch nicht sein, dass man Angst haben muss, wenn man das Wort BOMBE schreibt, ab sofort nur noch überwacht zu werden (ich darf das, ich habe das Wort schon in der Vergangenheit benutzt :) )

  5. Aja. Unsere Richtlinie ist Muell, aber da wir noch eit brauchen, sie zu aendern und Deutschland sich weigert, sie umzusetzen, verklagen wir Deutschland erst einmal.

  6. Naja, ich sach mal: „Sollen die doch Labern!“

    Glaubhafter wird es nicht.
    Egal ob es aus Berlin, Bonn oder aus Brüssel, auf drängen von Berlin kommt.
    Wenn man die jüngsten Vorfälle bzgl. der NSU sieht:
    -Bürokratensumpf
    -stumpfsinniges abarbeiten von Richtlinien
    -Unfähigkeit mitzudenken
    -über alle Fehler erhaben sein wollen
    -evtl. Vertuschungsversuche
    -Schlamperei und Weigerung in der Zusammenarbeit

    Dann aber behaupten das man das nur mit der VDS hätte aufklären können?
    Ich krieg das Kotzen.
    Von anderen „Geistesblitzen“ unserer Politiker will ich gar nicht erst anfangen.

    Was viele dabei nicht beachten, und sich darüber einen runterh**** wie toll das ist und das man „NICHT“ blinden Aktionismus betreibt und man was für die Sicherheit der Bürger macht, das ist alles Technologieabhängig.
    Benutze ich die Technologie nicht falle ist aus dem Raster.
    besitze z.B. kein Handy.
    Und die bösen Buben lassen ihr Telefon einfach zu Hause und schreiben sich Briefe oder geben alles nur noch mündlich weiter, wenn man ihnen zu dicht auf die Pelle rückt.

    Wettrüsten ist so eine Sache, es gibt immer Gegenmaßnahmen.
    Aber wie schon gesagt.
    Lasst die mal labern.
    Das Kind muss sowiso erstmal in den Brunnen gefallen sein bevor was geschieht, und dann ist das Geschrei groß.

  7. So jetzt ein wenig Altersrassismus:

    Es gibt unter Politikern eine Vielzahl älterer Mitbürger, die glauben, dass Internet wäre ein rechtsfreier Raum. Das Glaubensbekenntnis dazu hören wir häufig am rechten Rand: CDU, CSU, NSU.
    Diese älteren Menschen glauben, dass man dort alles machen dürfe, was technisch möglich ist, weil man da ja nichts sehen kann. Und so haben sie die illustresten VVorschläge, warum man die Bürger vollständig online überwachen soll:

    – Die damalige Familienministerin zog in die Altersheime im Wahlkampf (siegreich) mit Kinderpornografie auf den Lippen und mit BKA-Chef Ziercke im Gepäck, mit dem sie Kinderpornovorführungen für Journalisten durchführte, wobei Ziercke die Ermittlungen gegen Massenmörder einfach schliefen ließ (er selbst nennt sein Fokusverschiebeung „Versagen“). Totalüberwachung unverdächtiger Bürger im Internet war Ziercke wichtiger als rassistischen Massenmörder zu fangen.

    – Innenminister Friedrichs möchte die Gesamtüberwachung der Gesamtbevölkerung nicht nur für schwerste Straftaten sondenr auch wegen Beleidigungen wie möglicherweise bei Özi. Das ist das Demokratieverständnis eines Burschenschaftlers mit Pflichtkneipe und ohne Frauen in der Verbindung. Es gibt allerdings keine empirischen Untersuchungen darüber, wie stark übermäßiger Alkoholkonsum von Burschenschaftlern die Zurechnungsfähigkeit einschränken.

    – Die Verwerterindustrie hat in Hinterzimmern ACTA hinterfotzig vorangetrieben und wundert sich, dass das das in einer Demokratie nicht durchgeht und der Bürger penetrant mitreden will

    – die Drucker von der Presse wundern sich, dass sie von der FDP verhöhnepipelt werden: man verspricht in der Koalitionsvereinbarung ein Leistungsschutzrecht. Der Entwurf ist dann so esoterisch, dass wieder die Bürger maulen und das Thema von der Kabinettssitzung heute abgesetzt wurde. SLS ist glücklich: Mission accomplished. Leider demokratisch nicht durchsetzbar.

    – mit dem Bundestrojaner glaubte man, enthemmt den PC des Bürgers ausschnüffeln zu dürfen, tausende von rechtswidrigen Screenshots zu machen, beliebige Software nachladen zu dürfen. Stuxnet zeigte dann, dass die militärische Aggression im Internet wie sonst auch die physische von der NATO ausgeht und Verteidigung nur geheuchelt wird. Gedeckt wird das miese Schnüffelspiel ausgerechnet auch noch von grünen Fundies in Kiel und Berlin, die als „Datenschützer“ die Aufklärung der Bundestrojaner-Entartungen für geheim erklären und diese damit schützen, aber zur Volksbelustigung wöchentlich wegen Facebook ins Fernsehen gehen und mit diesem Ablenkungsmanöver auch noch ganze Sommerakademien widmen.

    – Die Kultusministerkonferenz meint, man müsse zur Traditionspflege das Andenken von Gestapo und Stasi hochhalten udn es mit einem Schulbuchtrojaner aufrechterhalten. Erschüttert stellt man dann fest, dass sich bei der Bevölkerung nach 1945 bzw. 1990 andere Werte als die Aufrechterhaltung des enthemmten, diktatorischen Schnüffelstaates als wichtig herausgebildet haben.

    Und so scheitern diese älteren Menschen immer häufiger mit ihren brutalen, entarteten Art von gestern, den Bürger wie Sch* zu behandeln, wie sie es in ihrer Kindheit in der Schule eingebimst bekommen haben. Auch wenn sioe jetzt noch versuchen, den arabischen Frühling so zu bekämpfen wie sei es vom 17.6.1953 in (Ost-)Berlin gewöhnt sind (Panzer nach Saudiarabien schicken, damit in Bahrein „Aufständische“ zerfetzt werden wie weiland durch die Russen oder die Chinesen auf dem Platz des himmlischen Friedens), werden sie ihr antidemokratisches Spielchen verlieren. Die Völker wollen diese bürgerverachtenden Politik nicht mehr, dass ein ganzes Volk totalüberwacht werden soll, weil ein einzelner Fussballer miese beleidigt wird.

    Vorratsdatenspeicherung; ACTA, Schulbuchtrojaner, Bundestrojaner, Leistungsschutzrecht werden nicht kommen, solange nicht in Deutschland die Demokratie auch mit Panzern bekämpft wird (Bundeswehr im Innen, Zivilflugzeuge vorsorglich abschießen und was der rechte Rand alles plant(e)).

    Steinmeier von der SPD brachte es auf dem „Netzkongress“ den Punkt: es sind die Kämpfe um das Alleinvertretungsrecht von Politikern (und Journalisten). Und ich setze noch hinzu: und es ist ein Kulturschock für diese vielen älteren Menschen, dass in einer Demokratie der Bürger mitredet und sich schlechte Politikversuche als Souverän zu recht nicht gefallen lässt. Das hatten sie früher nicht gelernt. Trotz humanistischer Ausbildung, die an Rom und Athen anknüpfte. Sie lernen dann Demokratie eben jetzt.

  8. SPON mit tendenziösem Tiltel:
    „EU-Kommissarin will Zugriff auf Vorratsdaten einschränken“

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.