US-Senat soll Netzneutralität wieder kippen

Als sich die FCC im Dezember letzten Jahres anschickte, Netzneutralität vorzuschreiben, war die Aufregung groß.

Im August war dem schon der Vorstoß von Google und Verizon vorangegangen, mit dem die beiden Unternehmen sich bemühten, Netzneutralität so zu formulieren, dass sie für ihr Kerninteressse, den mobilen Markt nicht gelte.
Dafür hatten sie einerseits ein Argument – limitierte Bandbreiten durch Interferenzen – andererseits zeigt sich gerade an diesem Beispiel, dass fehlende Netzneutralität vor allem eine Diskriminierung der Nutzer unteinander darstellt, und nicht, wie es in unzutreffenden Beispielen oft nahegelgt wird, den Nutzern die Möglichkeit gäbe, ihre persönliche Bandbreite nach ihren Vorstellungen zu verteilen.

Als „Markt der Zukunft“ ist der mobile Markt bei weitem nicht von so viel Konkurrenz geprägt, dass die Annahme, Netzneutralität würde sich durch Konkurrenz automatisch ergeben, zu stützen – eine Behauptung, die auch hierzulande gerne von Vertretern der CDU und FDP verteidigt wird, auch wenn bereits die Debatte um den Erhalt der Netzneutralität zeigt, dass dies nicht der Fall ist: Zahlreiche Verstöße seitens der Provider sind überhaupt erst der Grund dafür, dass dieses Thema nach Jahrzehnten des neutralen Internets nun plötzlich diskutiert werden muss.

Da eine Selbstregulation der Märkte im Bereich der Netzneutralität offensichtlich fehlschlug, entschied sich die FCC zum regulatorischen Eingriff. Was nach großer Ankündigung dann als Ergebnis präsentiert wurde, war ein zahnloser Papiertiger mit Ausnahmereglungen und schwammigen Formulierungen – der einen Verstoß gegen die Netzneutralität – salopp gesagt – nur dann verbot, wenn man keinen Grund dafür hatte.

Ein Sieg für die Provider, die ihre Geschäftsmodelle weitgehend ungehindert weiterverfolgen, und sich auf bestehende Regulierung berufen konnten? Das sollte man meinen.

Einigen Firmen und Senatoren der USA war aber wohl selbst das zuviel – und wer beschäftigt schon Lobbyisten, die aufgeben? Die US-Senatorin Kay Bailey Hutchison ließ verlauten, das Internet sei nicht kaputt, deshalb müsse es auch nicht repariert werden (ein Satz, den man auch in Deutschland in diesem Zusammenhang hört, und der ein interessantes Konzept von Schadensabwehr im politischem Handeln offenbart) und setzte sich mit ein paar Kollegen zusammen, um einen Gesetzesvorschlag in den US-Senat zu bringen, der die Aufhebung der FCC-Regelung haben soll:

That Congress disapproves the rule submitted by the Federal Communications Commission relating to the matter of preserving the open Internet and broadband industry practices (Report and Order FCC 10–201, adopted by the Commission on December 21, 2010), and such rule shall have no force or effect.

Bereits in dieser Woche, Hoffen Hutchison und ihre Mitstreiter, soll darüber entschieden werden. Einen ähnlichen Versuch gab es bereits vom Repräsentantenhaus – Obama hatte damals sein Veto angedroht.

Update 11.11.11: 46 Senatoren stimmten für die Resolution, 52 dagegen, somit bleibt die FCC-Regelung und kann am 20. November in Kraft treten.

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