Heise berichtet: Union will den „Schäuble-Katalog“ in allen Punkten durchsetzen.
Die Unions-Wunschliste im Sicherheitsbereich ist lang: Der Ausbau des Bundeskriminalamtes (BKA) zur präventiven Anti-Terrorpolizei mit der Lizenz zu Rasterfahndungen und Online-Durchsuchungen privater Festplatten und virtueller Speicherplattformen ist darauf genauso verzeichnet wie die polizeiliche Nutzung der Mautdaten und der automatisierte Online-Zugriff auf Passfotos und Fingerabdrücke der ganzen Bevölkerung. Auch der große Lauschangriff soll mit Hilfe eines permanent mitlaufenden „Richterbandes“ wieder polizeifreundlich geregelt werden. Dies alles ist laut Bosbach erforderlich, „um die Rechtslage an die Bedrohungslage anzupassen“.
Was mir gestern wieder bewusst wurde, als ich die Tagesthemen schaute: Die Wunschliste ist ja nicht neu, bis auf wenige Punkte wie die Online-Durchsuchung. Der rest wurde fast alles schon von der Union in Oppositionszeiten gefordert, als Schily noch an der Macht war. Jetzt ziehen die halt ihre Punkte durch. Und alle sind verwundert, wo die Forderungen herkommen. In den Medien wurde auch verkündet, dass die SPD bei vielen Punkten kontra geben würde. Wenn ich mir den Dieter Wiefelspütz, innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, anschaue, wundert mich diese Einschätzung. Die Fronten in der SPD sind nicht so klar. Es gibt zwar Stimmen wie von Jörg Tauss, die sich gegen eine Online-Durchsuchung wenden. Wenn Wiefelpütz aber öffentlich erklärt, die Online-Durchsuchung komme auf jeden Fall, so sollte man auch damit rechnen und sich nicht von Hinternbänkler-Meinungen ablenken lassen.
„Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben.“, W. Ulbricht
„Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“, W. Ulbricht
Wo wir schon mal dabei sind Vorschläge für den Umbau des BKA zu sammeln:
Warum bennenen wir es dann nicht gleich um? Zum Beispiel in „Geheime Staatspolizei“ oder „Bundesamt für Staatssicherheit“?
—–Ironie off—–
… und an Herrn Bosbach:
Sollten wir nicht lieber versuchen die Bedrohungslage an die Rechtslage anzupassen? Warum müssen wir durch provokative Gesten wie die Entsendung von Tornados nach Afghanistan überhaupt die Bedrohungslage unnötig erhöhen?
Und… ist die reale Bedrohungslage wirklich so hoch oder ist es nur das subjektive Bedrohungsgefühl der Herren Schäuble, Bosbach und wie sie alle heißen?
Ich war ja auch etwas unglücklich über die Verwendung des Begriffs „Stasi 2.0“. So gut, wie er auch funktioniert. Die Idee mit der Umbenennung des BKA in die vorgeschlagenen Bezeichnungen finde ich nicht gut. Es gibt masisve Unterschiede zwischen den Rechtssystemen. Und der Bedarf beim BKA ist ja aus deren Sicht auch da. Was fehlt ist das Bekenntnis zu Grenzen, die das Grundgesetz auslegt. Nicht alles, wo ein Bedarf da ist, sollte auch genutzt werden, da Freiheit damit abgebaut wird. Das ist der Punkt. Und die Stasi war aus heutiger Sicht ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das BKA ist das nicht. Und über Gestapo-Vergleiche brauchen wir gar nicht diskutieren, auch nicht mit „Ironie“. Da diese Vergleiche überhaupt nicht funktionieren und schon gar nicht lustig sind.
Also auf die SPD würde ich auch nicht zuviel Hoffnung setzen, dann prinzipiell sehen die in der Staatsmacht einen besonderen Vorteil.
Leider (aber nur in diesem Fall) sind die Freidemokraten zu schwach und auch die Grünen werden nichts stoppen können.
Aber seien wir doch mal ehrlich, bis zur franz. Revolution hatte die meisten Menschen auch keine Rechte und jetzt fallen wir eben evolutionstheoretisch gesehen, ein ganz klein wenig zurück, wäre denn das soooooooooooo schlimm
@Markus: Ich gebe zu, weder die Gestapo, noch die Stasi sind mit dem BKA (und dem BND) wie wir sie heute kennen vergleichbar. Aber mit jeder Änderung des Polizeigesetzes wie sie z. B. jetzt zur Gefahrenprävention vorgeschlagen werden, nähern sie sich diesen Organisationen. Auch diese habe damit angefangen alles für die Sicherheit des Staates zu tun und sind dann von den jeweiligen machthabern instrumentalisiert und mißbraucht worden.
Das Problematische mit den von Dir vorgeschlagenen Grenzen ist doch, das auch diese irgendwann wegfallen. Wie ist es denn jetzt bei den Maut-Daten. Es ist von der befürwortenden Politik ausdrücklich betont worden, dass diese Daten Ausschließlich zur Maut-Abrechnung verwendet werden dürfen. Gerade ist man dabei diese klare Grenze aufzuheben.
Klar sind die oben genannten Begriffe problematisch. Aber genau deshalb müssen wir aufpassen, dass wir da nicht schon wieder hinkommen.
Thomas, ich verstehe Dich ja. Und ich teile auch die langfristigen Entwicklungsperspektiven in eher pessimistischen Momenten. Allerdings werden wir so genau in dem Moment Probleme haben, wo diese Grenzen zwischen Rechtstaatlichkeit / Freiheit und einer anderen Staatsform erreichen. Weil jetzt jetzt diese krassen Vergleiche gezogen werden, die wir in der Zukunft evtl. noch brauchen. Abgesehen von allen Relativierungen… Aber ansonsten: Wehret den Anfängen. Wir sollten nur andere Bezeichnungen finden, die jetzt angemessen sind.
Leute, was habt ihr gewählt?!
Deutschland, Deutschland, armes Deutschland… Vielleicht ist das BKA heute und vielleicht auch nach der Reform noch keien StaSi, keine GeStaPo – aber sie wird es. In ein, zwei, zehn Jahren – sie wird es. Und wir können es nicht stoppen, weil alle weiter wie Lemminge dem großen Einheitsbrei der Volksparteien hinterher rennen, einem giftigen Brei. Ein Brei, der unsere Freiheit erstickt und unsere Sicherheit stärker gefährdet als alle Islamisten dieser Welt! Denn Al Qaida kann hundert töten und kann tausend töten und kann zehntausend töten – und wir sind immer noch Millionen. Aber Herr Schäuble – Herr Schäuble kann unser aller Freiheit töten. Jetzt.
Ich bin nicht davon überzeugt, dass BKA in „ein, zwei, zehn Jahren“ sowas wie die Stasi oder Gestapo wird. Wenn man sich mal anschaut, was in der deutschen Geschichte im letzten Jahrhundert gelaufen ist, dann ist das was ganz anderes. Sorry, wenn ich das so deutlich sagen muss: Ich kann da nur empfehlen, sich mal mit Geschichte auseinander zu setzen.
Um mal eben historisch klugzuscheißen: Gestapo und Stasi haben keineswegs als harmlose Institutionen angefangen und sind auch nie ‚mißbraucht‘ worden. Beide Organisationen haben die jeweiligen Diktaturen mit voller Absicht der Unterdrückung eingerichtet. Die Gestapo war eine Gründung der Nazis als politische Polizei, die Stasi zählte zu ihrem Aufgabenbereich auch so genannte politischen Straftaten (guckst du Wikipedia und entsprechende historische Literatur).
Der Vergleich mit dem BKA hinkt deshalb gewaltig und ist insofern etwas fehl am Platz. Dass ich von dieser Institution Schlimmes befürchte, wenn Schäuble seine Pläne durchsetzt, bleibt davon unbenommen. Und die Motivation, den politischen Gegner, dem man nicht traut, zu beschimpfen, verstehe ich auch. Über die Art und Weise kann man schon trefflich streiten.
Warum heißt es nicht gleich „Ministerium für Liebe“ ?
Wer soll dann die anderen Verbrechen betreuen
oder sind alle jetzt Terroristen ?
Ich denke langsam sollte die Bevölkerung auf wachen ;(
Es gibt noch einen Unterschied: trotz der üblen Stoßrichtung von Schäuble versucht er politisch, Stimmen auf sich zu ziehen, und sei es durch populistische (und in diesem Fall schwache) Argumente:
Ich glaube, die CDU hat zu lange auf ihre Wählermarktdiagramme gestarrt und die Achsenbezeichnungen durcheinander gewürfelt. Ich kenne niemanden unter all den sozial überaus konservativen CDU Mitgliedern in meinem erweiterten Bekanntenkreis, die die CDU mit einem solchen Programm wählen würden. Punkt. „Differenzierungsmaßnahmen“ an der falschen Stelle – das geht noch böse nach hinten los, wahltechnisch.
Der vergleich zur Stasi und Gestapo ist nicht so weit hergeholt wie manche Kommentare vermuten lassen. Klar das BKA kann man weder mit dem einen noch dem anderen vergleichen. Aber geht es darum? Warum sollen diese maßnahmen denn eingeführt werden? Dazu mehere Thesen:
1) „Die Bürger sollen vor gefahren geschützt werden!“ Frage: wieviele Menschen kommen in Deutschland jährlich im Straßenverkehr zu Tode und wieviele durch den Terrorismus? Also wo müßte zuerst angesetzt werden? Übrigens Straßenverkehr ließe sich durch viele ander Themen ersetzen, ohne daß der Vergleich anders aussieht (z. B. Tabakgenuß, Alkoholmißbrauch usw.). Und bei diesen Themen müßten die Grundrechte NICHT eingeschränkt werden. Zudem ist der Terrorismus angeblich „allgegenwärtig“. Ich und alle Menschen die ich kenne sind ihm aber bislang nie begegnet, so „allgegenwärtig“ kann er gar nicht sein.
2) „Schäuble leidet noch an seiner Traumatisierung durch den Anschlag auf ihn und hat daher kein klares Urteilsvermögen!“ Wieso erhält er dann die massive Unterstützung seiner Vassalen, allen voran Bosbach aber auch von Wiefelpütz?
3) „Es geht den Herren Schäuble & Co. nur um die Macht!“ Um die Macht über jeden Menschen in diesem Land. Wer genug weiß kann jederzeit diese Macht ausüben. Auch denen die Gestapo und Stasi installieret haben ging es nur um die MACHT. Da man dies nicht klar ausdrücken kann, ohne sofort aus dem Amt entfernt zu werden geht man eben den Umweg über die „Bedrohungslage“. Dies hatte bereits ein führender Kopf der Nazos erkannt: Joseph Goebbels.
Das Leben der anderen
Ich fand die Idee der taz interessant mal einen Bürgerrechtler aus der ehemaligen DDR zu dem Thema zu interviewen. Noch interessanter fand ich allerdings, dass der Überwachung heute teilweise sogar gut findet. Naja, zumindest fordert Herr Neubert eine starke Institutuion, die den Umgang mit unseren Daten kontrolliert. Und eine Bürgerbewegung. Obwohl ich den Glauben fast aufgegeben habe, dass es die noch einmal geben wird.
„Mehr Kontrollrechte für die Bürger“
Der Staat will Computer überwachen und in die Privatsphäre Einblick nehmen. Das kann nötig sein – doch um den Staat zu kontrollieren, reichen Datenschutzbeauftragte nicht mehr aus, so der frühere DDR-Bürgerrechtler Erhard Neubert
INTERVIEW: DANIEL SCHULZ
http://www.taz.de/dx/2007/05/12/a0227.1/text.ges,1