Die Rechtslage ist derzeit eindeutig, und das BGH-Urteil im Falle der Klage von Holger Voss gegen T-Online hat das im November nochmal bestätigt: Dynamisch vergebene IP-Adressen dürften bei einer Internet-Flatrate nicht gespeichert werden. Viele Provider haben aber weiterhin die Daten bis zu 90 Tage gespeichert und das nur individuell auf Nachfrage der einzelnen Kunden geändert. Nun bewegt sich offenbar etwas:
Stillschweigend ändern die großen deutschen Internet-Provider ihren Umgang mit den Verbindungsdaten ihrer Kunden. Offenbar werden vor allem die dynamisch vergebenen IP-Adressen für DSL-Kunden neuerdings schon nach wenigen Tagen wieder gelöscht. Wie heise online erfuhr, laufen Anfragen von Strafverfolgern im Falle von Telekom und Arcor bereits ins Leere, wenn Daten verlangt werden, die älter als sieben Tage alt sind.
Diese sieben Tage sind eigentlich auch noch illegal, weil die IP-Nummern weder für die Rechnungslegung noch für die Erfüllung des Vertrages gebraucht werden, aber hier ist der Bundesdatenschutzbeauftragte als Aufsichtsbehörde blöderweise mal eingeknickt. Im Vergleich zu den 90 Tagen sind 7 Tage aber ein großer Fortschritt.
Was die Firmen wohl zu diesem Gesinnungswandel gebracht hat? War es die Aktion von Telepolis, die das mal recherchiert und veröffentlicht hatten? Waren es die zunehmenden Einzelanfragen von Kunden, die wir im AK Vorratsdatenspeicherung zum Teil auch mitbekommen? Oder war es einfach die nervige Musikindustrie, die ihnen ständig Arbeit machte mit Anfragen nach IP-Nummern, wie der Osnabrücker Staatsanwalt und Sonderdezernent für Internet-Kriminalität Jürgen Lewandrowski gegenüber heise spekuliert?
„Ich vermute, dass der Provider wegen Anfragen zu Urheberrechtsverletzungen überschwemmt wurde und jetzt die Notbremse zieht.“
Das wäre dann ein schönes Beispiel dafür, dass es sich für Firmen auch wirtschaftlich lohnt, Datenminimierung zu betreiben: Was nicht vorhanden ist, kann keine Arbeit machen. Die Polizei jammert natürlich jetzt noch lauter, dass sie die Vorratsdatenspeicherung dringend braucht. Aber die jammert ja auch, dass sie die Online-Durchsuchung dringend braucht und sonst das Land in Kriminalität versinkt, obwohl die erst einmal wirklich zum Einsatz kam.
Hm, das ist einerseits natürlich zu begrüßen vor den Hintergründen, die hier schon lang und breit diskutiert wurden. Andererseits fand ich es persönlich schon sehr hilfreich, dass die Telekom die IP-Adresse gespeichert hatte: Nämlich in dem Fall, wo ich in einem anonymen Forum mit vollem Namen beschimpft und übelst beleidigt wurde, so dass ich wirklich sehr aufgebracht war und wissen wollte, wer im Schutze der Anonymität meint mich verunglimpfen zu müssen. Da ich mich gerade in einer Bewerbungsphase befand, habe ich den Forumsbetreiber gebeten meine Namen unkenntlich zu machen und Anzeige gegen unbekannt gestellt. Wenige Tage später hatte die Staatsanwaltschaft den Namen zu der IP ermittelt und ich konnte mich persönlich mit den Schreibling auseinandersetzen. In diesem Fall fand ich die Speicherung hilfreich, trotzdem bin ich kein Fan davon – finde das Thema aber sehr ambivalent, da es auch gute Gründe dafür gibt, wie z.B. den Persönlichkeitsschutz in meinem Fall. Das Internet darf meiner Meinung nicht zu einem rechtsfreien Raum werden sowohl für die eine Seite als auch für die andere Seite nicht.
https://netzpolitik.org/2014/bundesgerichtshof-provider-duerfen-ip-adressen-sieben-tage-vorratsdatenspeichern-aber-nur-fuer-netzbetrieb/