Während die SPD noch nachdenkt, wie man Datenschutz ins Grundgesetz verankern könnte, haben die Grünen nun einen konkreten Änderungsvorschlag vorgelegt. Das Taz-Blog CTRL hat den Gesetzentwurf der Grünen veröffentlicht (PDF):
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 2a, 5a, 13a, 19)
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen; Artikel 79 Abs. 2 des Grundgesetzes ist eingehalten:
Artikel 1
Änderung des GrundgesetzesDas Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der Im Bundesgesetzblatt III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 28. August 2006 (BGbl.I S. 2034) wird wie folgt geändert:
1. Nach Artikel 2 wird folgender Artikel 2a eingefügt:
„Artikel 2a
Das Recht, über persönliche Daten selbst zu bestimmen, wird gewährleistet. Beschränkungen dieses Rechtes bedürfen einer gesetzlichen Grundlage.“
2. Nach Artikel 5 wird folgender Artikel 5a eingefügt:
„Artikel 5a
Jeder hat das Recht auf Zugang zu Daten öffentlicher Stellen. Beschränkungen dieses Rechts dürfen nur auf gesetzlicher Grundlage und nur dann erfolgen, wenn öffentliche Interessen die Vertraulichkeit zwingend gebieten oder ein überwiegendes Interesse Dritter an der Vertraulichkeit besteht.“
3. Nach Artikel 13 wird folgender Artikel 13a eingefügt:
„Artikel 13a
Jedem wird das Recht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme gewährleistet.“
4. Artikel 19 wird wie folgt geändert:
a) Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 3 eingefügt:
„(3) Der Kernbereich privater Lebensgestaltung ist unantastbar.“
b) Die bisherigen Absätze 3 und 4 werden zu den Absätzen 4 und 5.
Naja, dieser Artikel 13 ist doch etwas realitätsfern. Bei Datenpannen und übernommenen Webseiten, Spam, etcpp. wird dann also gegen den Verursacher kein Strafverfahren mehr angestrebt, sondern eine Verfassungsklage? Blümchenwiese 2.0 hatten wir doch schon, dachte ich …
IANAL, aber AFAIK gibt’s Verfassungsbeschwerden nur gegen den Staat. Erst überlegen, dann posten.
Art. 13a sagt aber schon etwas anderes aus, als im BVerfG-Urteil stand.
Nach BVerfG gibt es ein Recht auf Gewährleistung von Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme. D.h. die Bürger haben einen Anspruch gegenüber dem Staat, dass Vertraulichkeit und Integrität gewährleistet werden.
Nach der hier vorgeschlagenen Formulierung soll hingegen der Staat gewährleisten, dass es ein Recht auf Vertraulichkeit und Integrität von IT-Systemen gibt.
Im ersten Fall steht der Staat in einer Aktiv-Pflicht, zu Vertraulichkeit und Integrität beizutragen (sonst kann er sie nicht gewährleisten), im zweiten Fall soll er sie lediglich respektieren.
Das ist m.E. deutlich schwächer als die Vorgabe des Gerichts.
Artikel 5a ist spannend! Das würde zum Beispiel bedeuten, das man ATKIS Daten in Openstreetmap aufnehmen könnte und vieles mehr.
Schade, dass sowas sinnvolles wie dieser Vorschlag im Gegensatz zum 500 „Anti-Terror-Paket“ natürlich keine Mehrheit im Bundestag finden wird.
Sven
Die „konkreten“ Vorschläge der grünen Fraktion bezeugen, dass eine Auseinandersetzung mit dem Thema nicht stattgefunden hat. Der Inhalt des Art. 2a ist bereits seit 1983 verfassungsrechtlich verankert, namentlich im Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Eine abstrakte Normierung dieses Rechts, würde den zu regelnden Einzelfällen weitaus schlechter gerecht werden, wie eine Auseinandersetzung mit dem Thema im Wege richterlicher Rechtsfortbildung.
Weiterhin ist die Normierung des „neuen“ Grundrechts auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme nach Art. 13 GG schlichtweg verfehlt. Art. 13 GG schützt lediglich den sendetechnischen Bereich. Das BVerfGE hat in seinem Urteil zur online Durchsuchung ganz klar herausgestellt, dass das neue Grundrecht nicht Ausfluss von Art 13 GG ist, sondern den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung erweitert. Richtigerweise müsste das neue Grundrecht, wenn man es nun verfassungsrechtlich normieren möchte, nach dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung stehen, etwa in Art.2b.
Abschließend ist zu sagen, dass eine Verfassungsänderung die rein deklaratorischer natur ist, weitaus mehr Fragen aufwerfen würde, wie sie Lösungen bieten würde.