Nach bislang geltendem EU-Recht haften Plattformbetreiber wie YouTube nicht unmittelbar, wenn Nutzer urheberrechtlich geschützte Werke hochladen. Zu diesem Ergebnis kommt der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), Henrik Saugmandsgaard Øe, in seinen rechtlich nicht bindenden Schlussanträgen zu zwei Fällen, die der deutsche Bundesgerichtshof dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt hatte.
Die Primärhaftung, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts, betreffe laut Saugmandsgaard Øe in der Regel allein die Nutzer. Plattformbetreiber würden die Inhalte in der Regel nicht selbst auswählen. Das ändere sich auch nicht, wenn die Plattformen eine automatisierte Vorkontrolle beim Upload durchführen, „solange sie sich auf die Aufdeckung rechtswidriger Inhalte beschränke und nicht den Willen des Betreibers widerspiegele, bestimmte Inhalte öffentlich wiederzugeben (und andere nicht)“.
Wenn den Plattformbetreibern eine Rechtsverletzung bekannt wird, müssen sie die Informationen sofort entfernen oder unzugänglich machen. Dieses Haftungsprinzip ist als „Notice and Takedown“ seit zwei Jahrzehnten in der e-Commerce-Richtlinie der EU verankert.
Rechteinhaber sollten aber auch unabhängig von der Haftungsfrage gerichtliche Anordnungen erwirken können, die Plattformbetreiber zur Handlung verpflichten, wenn „Dritte über den Dienst des Plattformbetreibers ihre Rechte verletzten“, betont der EU-Generalanwalt.
Schlussanträge der Generalanwälte sind für das abschließende Urteil des EuGH nicht bindend. Oft orientieren sich die späteren Entscheidungen jedoch an deren Einschätzung. Das Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt fallen.
Verfahren gegen YouTube und Uploaded
Anlass für die Beschäftigung mit der Thematik sind zwei Verfahren aus Deutschland. In einem der beiden Fälle ging ein Musikproduzent gegen das Hochladen von Werken der Künstlerin Sarah Brightman im Jahr 2008 vor. Das Oberlandesgericht Hamburg entschied, YouTube müsse nicht aktiv verfolgen, was Nutzer hochladen und hafte erst, wenn es von der Urheberrechtsverletzung Kenntnis hatte.
Der andere Fall betraf Werke, an denen die Verlagsgruppe Elsevier Rechte hält. 2013 stellte ein Nutzer Biologiebücher beim Sharehoster Uploaded zur Verfügung. Elsevier verklagte daraufhin die Uploaded-Betreiberin Cyando. Das Oberlandesgericht München entschied 2017, Cyando sei im vorliegenden Fall nur zur Unterlassung verpflichtet.
Beide Fälle landeten beim Bundesgerichtshof (BGH). Der BGH rief daraufhin den EuGH um eine Vorabentscheidung zu Grundsatzfragen an – etwa ob ein Sharehoster für Urheberrechtsverletzungen haftet, wenn er mit dem Dienst Einnahmen erzielt.
Die Einschätzungen Øes orientieren sich an bisherigen Urheberrechtsrichtlinien der EU. Diese wurden im letzten Jahr durch die umstrittene EU-Urheberrechtsreform überholt. Sie müssen bis nächstes Jahr in nationale Gesetze überführt werden. In einem ersten Aufschlag des Justizministeriums zur deutschen Umsetzung heißt es, der Entwurf stelle klar, „dass Upload-Plattformen künftig für alle Inhalte, die sie zugänglich machen, urheberrechtlich verantwortlich sind und somit für unrechtmäßige Uploads auf Unterlassung und Schadensersatz haften.“ Dann könnte die Rechtslage für zukünftige Fälle anders aussehen, wenn Uploads im Vorhinein auf mögliche Rechteverletzungen überprüft werden müssen.
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