„Ich komme in die Infrastruktur meines alten Lebens zurück und nichts ist mehr wie vorher. Die Räume sind die gleichen, aber die Welt ist eine andere“, sagte Ingo bei seinem ersten Büroaufenthalt, seitdem wir im Home Office sind. Seit wir im März wegen der Corona-Pandemie beschlossen haben, nicht mehr alle gemeinsam im Büro zu arbeiten, hat sich vieles geändert. Eine Konstante aber ist uns geblieben.
Pandemie, Home-Office, Entscheidungen und Planungen
Das ist eure Unterstützung. Wir waren natürlich besorgt, wie sich die Spenden entwickeln werden. Uns war relativ schnell klar: Es wird jetzt für viele Menschen schwer, schwerer als vorher und das erste, was man dann aufgibt, ist womöglich die monatliche Spende, die an uns oder an andere geht. Wir planen üblicherweise schon verhältnismäßig konservativ, aber mit einer Pandemie haben wir ehrlicherweise nicht unbedingt gerechnet. Die Entscheidungen müssen dennoch getroffen werden: Gehalt, Entfristung, neue Stelle, Erhöhung der Stundenzahl.
Wir konnten nicht alles zurücknehmen, was wir am Anfang des Jahres beschlossen hatten. Daher sind wir unfassbar froh, dass eure Unterstützung stabil ist. Die finanzielle Unterstützung ist dabei nur ein Ausschnitt, der uns umtreibt. Es geht auch darum, wie ein Team funktionieren kann, wenn man den spontanen, menschlichen Austausch nicht mehr hat.
Der eine Blick, das eine Wort oder das Augenzwinkern, das dir mehr sagt als eine Textnachricht – trotz Emojis. Auch das muss irgendwie kompensiert werden. Wie geht es dem Teil der Redaktion, der Kinder betreut, Homeschooling organisiert? Wie geht es denen, die in einem Ein-Personen-Haushalt seit Wochen mehr oder weniger allein sind?
Trotz allem sind wir auch in einer sehr privilegierten Situation. Uns können keine Werbepartner abspringen, weil wir nie welche hatten. Wir brauchen für viele Aspekte unserer Arbeit „nur“ entsprechend Bandbreite und ein digitales Endgerät. Wir sind nicht von Ladenöffnungszeiten abhängig oder von Abstandsregeln. Auch wenn der persönliche Kontakt nicht nur inner-redaktionell fehlt und E-Mails oder Telefonate nicht jedes persönliche Treffen mit Gesprächspartnerinnen ersetzen können.
Und so ging es im März darum, das Drumherum zu organisieren, wenn das Zuhause zum Büro wird. Auch deswegen kommt dieser Transparenzbericht etwas später als ursprünglich geplant.
Drei Fragezeichen
Die erste Sache, die wir im März beschlossen: Niemand muss mehr ins Büro kommen. Nichts ist so wichtig wie die Gesundheit. In Zeiten einer Pandemie kommt natürlich noch die Verantwortung für die Gesamtsituation hinzu. Mag sie in unserem Fall mit 15 bis 16 Personen auch nur klein sein – aber sie ist da. Und was wir dazu beitragen können, machen wir natürlich.
Die zweite Frage, die wir uns stellen mussten: Was machen wir mit Praktikant:innen, die ab April zu uns kommen? Wir wagten das Experiment und haben seit April die erste „digitale Praktikantin“, die in erster Linie natürlich ein toller Mensch ist, aber sie war noch nie hier im Büro und niemand von uns hat sie leibhaftig schon mal gesehen. Die gesamte IT-Infrastruktur, die wir üblicherweise gemeinsam mit unseren Praktikant:innen am ersten Tag einrichten, hat Julia komplett allein eingerichtet. Sie hat keine Berührungsängste, obwohl sie uns nur von den Videokonferenzen kennt, schreibt Artikel, als hätte sie nie etwas anderes getan und erweckt den Eindruck, dass sie Spaß daran hat. Wir freuen uns auf jeden Fall, dass Julia unsere erste digitale Praktikantin geworden ist! Aus ihren Erfahrungen berichtet sie auch in unserem letzten Off-the-Record-Podcast.
Die dritte Frage – und ihr könnt euch vorstellen, dass das die kontroverseste Diskussion war – ist die IT. Welche Dienste für Videokonferenz, Datenaustausch und Co. wollen wir jetzt nutzen?
Nach diesen drei Entscheidungen hatten wir erst einmal wieder ein bisschen Luft. Der April hielt neue, andere Entscheidungen für uns bereit, über die wir euch im nächsten Transparenzbericht informieren.
Die Zahlen
Jetzt aber nun endlich zu den Zahlen. Wie ihr aus den Transparenzberichten der letzten Jahre wisst, schwankt das Spendenaufkommen immer ein bisschen und in einigen Monaten auch sehr stark. Im März gingen etwa 2.000 Euro weniger Spenden bei uns ein als im Februar, aber deutlich mehr als im Vorjahresmärz, wenn die einmalige Großspende aus dem März 2019 nicht berücksichtigt wird. Insgesamt erreichten uns 42.982 Euro. Dieser konstante Anstieg freut uns sehr – wir geben uns große Mühe, die Themenvielfalt zu erhöhen und auch für Menschen relevante Inhalte bereitzustellen, die vor einigen Jahren noch kein netzpolitisches Interesse hatten oder es zumindest nicht als solches identifizierten. Wenn diese Mühe mit einem Anstieg der Spenden einhergeht, ist das optimal.
Unser Ziel für 2020/2021 war Anfang des Jahres, die Spenden kontinuierlich auf 55.000–60.000 Euro pro Monat zu steigern, auch wenn sich die Umstände in den letzen drei Monaten verändert haben. Wir beobachten die Zahlen sehr genau und wissen, dass wir flexibel bleiben müssen.
Ein Teil der Welt dreht sich natülich ganz normal weiter und so mussten wir eine lange geplante Abwesenheit zweier Kollegen im März verschmerzen. Zwei Autoren haben sich Zeit für ein Forschungsprojekt genommen, denn auch der Wissenstransfer zwischen Journalismus und Forschung ist notwendiger denn je – daraus resultierten im März niedrigere Aufwendungen für das Personal, die bei 39.364 Euro lagen. Hinzu kamen die Mieten für die Büroräume in Berlin und Brüssel mit 4.303 Euro sowie etwas unerfreuliche, aber nicht überraschende Rechtskosten in Höhe von 1.667 Euro für die Auseinandersetzung mit einem Unternehmen, das gegen unsere kritische Berichterstattung vorgegangen ist. Die Fremdleistungen waren mit 2.111 Euro etwas höher als sonst, da mal wieder eine Steuererklärung erstellt werden musste.
Am Ende standen sich Einnahmen in Höhe von 43.500 Euro Ausgaben in Höhe von 49.813 Euro gegenüber. Damit haben wir 22 Prozent des Jahresspendenziels von 750.000 Euro Ende März erreicht. Da wir üblicherweise im Dezember die meisten Spenden bekommen, geht es am Anfang des Jahres darum, diesen Überschuss so zu kalkulieren, dass trotz der Verluste, die im Rest des Jahres entstehen, solide Rücklagen aufgebaut werden und dennoch in die Weiterentwicklung von netzpolitik.org investiert wird. Das ist nicht immer ein einfacher Spagat, der in den vergangenen Jahren aber gut geglückt ist.
Das, was wir dazu beitragen können, ist eine gute netzpolitische Berichterstattung, Recherchen, die Themen auf die Tagesordnung bringen, die sonst kein Gehör finden, sowie die Einordnung netzpolitischer Entwicklungen aus einer transparenten Perspektive. Wenn ihr das honoriert – sei es durch das Lesen, Weiterverbreiten oder durch finanzielle Unterstützung – sind wir sehr glücklich.
Ansonsten: Kommt gut durch diese Zeit!
Danke für Eure Unterstützung!
Wenn Ihr uns unterstützen wollt, findet Ihr hier alle Möglichkeiten. Am besten ist ein Dauerauftrag. Er ermöglicht uns, langfristig zu planen:
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Wir sind glücklich, die besten Unterstützerinnen und Unterstützer zu haben. Das motiviert ungemein.
Unser Transparenzbericht von Februar findet sich hier.
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