10-Punkte-PlanHardliner Habeck im Law-and-Order-Strudel

Demokratische Parteien befeuern mit ihrem Überbietungswettbewerb bei Migration und Sicherheit die rechte Diskurshegemonie. Auch die Grünen machen mit. Doch die Brandmauer verläuft nicht nur zwischen AfD und den anderen, sondern zwischen einer Politik der Menschenrechte und einer der Entrechtung. Ein Kommentar.

Mann an einem Rednerpult
Robert Habeck macht den Hardliner. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Chris Emil Janßen

Es gab einmal eine Zeit, da waren die Grünen bekannt dafür, dass sie die kruden Law-and-Order-Fantasien der anderen Parteien kritisch hinterfragten. Es gab einmal eine Zeit, in der die Grünen eine einwanderungsfreundliche und weltoffene Partei waren. Es gab eine Zeit, da die Grünen einmal evidenzbasierte Sicherheitspolitik forderten. Es gab eine Zeit, in der die Grünen Bürgerrechtspartei genannt wurden.

Das ist vorbei.

Heute machen die Habeck-Grünen auf Law-and-Order. Im Überbietungswettbewerb um die härteste Migrations- und Sicherheitspolitik mischen die Grünen mit ihrem 10-Punkte-Plan kräftig mit und biedern sich so der SPD und Union an, spielen aber letztlich vor allem der AfD in die Hände.

Sie fordern nun Big-Data-Analyse à la Palantir und biometrische Gesichtserkennung im Netz und verweisen auf das bereits geschnürte Sicherheitspaket. Sie wollen mehr Abschieben, mehr Polizei und mehr Befugnisse für diese, engmaschige Überwachung sogenannter „Top-Gefährder“, mehr Kooperation von Polizeien und Geheimdiensten und so weiter.

Jetzt ohne Bauchschmerzen

Und das tun sie nicht mehr mit den bekannten grünen Bauchschmerzen oder vermeintlich gefangen in den Zwängen einer Koalition, wo man zur Rechtfertigung darauf hinweist, man habe ja etwas Kontrolle und Mäßigung in Gesetze hineinverhandelt. Sie tun es aus freien Stücken. Das ist eine neue Qualität. Horst Seehofer dürfte mit den Ohren schlackern, wie die Grünen ihn da rechts überholen.

Die Grünen sind in diesem Prozess getrieben vom – vollkommen ungerechten und haltlosen – Narrativ, dass sie an aller Misere in diesem Land Schuld seien. Das sind sie nicht. Doch ihre Antwort auf die Anschuldigungen ist keine Sicherheits- und Migrationspolitik der grünen Werte oder eine Politik der sozialen Sicherheit und des gesellschaftlichen Friedens, sondern ein Einstimmen in den Chor: Wir schieben mehr ab, wir sind härter, wir machen mehr, wir haben die strengeren Gesetze, wir sind die härtesten Hunde. Sie tappen in die von rechts gestellte Falle und werden nicht aus ihr herauskommen.

Die grundrechtliche Brandmauer verläuft nicht nur zur AfD

Es ist traurig, was aus der Bürgerrechtspartei geworden ist. Die grundrechtliche Brandmauer verläuft nicht nur in Abgrenzung zur AfD, sondern auch in Abgrenzung zu einer grundrechtsfeindlichen Politik. Denn was nützt eigentlich die Brandmauer, wenn die Parteien hinter dieser quasi die Forderungen der AfD von vor drei Jahren umsetzen?

Eines ist vollkommen klar und wissenschaftlich bewiesen – und das zeigen in der Praxis Italien, Frankreich, England und alle anderen Länder, in denen am Ende die Rechtsradikalen stark geworden sind: Demokratische Parteien können im Wettbewerb, wer der rechteste und härteste Hund ist, nur verlieren.

Bei der Diskursverschiebung durch diesen Wettbewerb gewinnen immer die Rechtsradikalen, weil die Leute das Original wählen. In diesem Wettbewerb verlieren aber immer: Demokratie und Grundrechte.

Pflock einschlagen, aber anders

Wir brauchen in Zeiten rechter Diskurshegemonie Parteien, die einen Pflock einschlagen, die sich endlich trauen mutig zu sagen: Wir brauchen Migration, wenn wir nicht wegen Überalterung Probleme bekommen wollen und dieses Land nicht de-industrialisieren wollen.

Wir brauchen Parteien, die den Mut haben zu sagen: Migration ist gut und eine riesige Erfolgsgeschichte in diesem Land. Wir brauchen Parteien, die selbstverständlich und klar sind: Migration gehört dazu und wir müssen schauen, wie wir die Neuankömmlinge besser und menschlicher in unsere Gesellschaft aufnehmen. Und wir brauchen Parteien, die bewusst den Tunnelblick auf diese unselige Migrationsdebatte ablegen – und andere Themen nach vorne bringen.

Ähnliches gilt für die Diskussion um Sicherheit: Hier braucht es Parteien, die dieses Thema erstens von Migration trennen und zweitens auf den Weg des Grundgesetzes zurückkehren. Parteien, die nicht immer an das Maximum gehen, das in Karlsruhe irgendwie noch gerade so durchgeht. Vor allem braucht es aber Parteien, die eine evidenzbasierte Sicherheitspolitik machen und keine schnellen, schillernden Scheinlösungen und Aktionismus verkaufen.

Faschismus lebt von Angst und Lügen

Wir leben in einer der sichersten Gesellschaften der Welt, das muss endlich betont werden. Fast nirgendwo auf der Welt ist die Chance geringer, Opfer von Gewaltverbrechen zu werden. Wer etwas anderes erzählt, ist ein Lügner. Sicherheit entsteht nicht nur durch Gesetze und Polizei, sondern durch soziale Sicherheit, durch Bildung, Aufstiegschancen, gute Lebensumstände und eine Aussicht auf eine gute Zukunft.

Wer die ganze Zeit aber Angst und Unsicherheit schürt, der leitet Wasser auf die Mühlen der Rechtsradikalen. Denn die haben doch nichts in der Hand als die Lüge eines nicht-funktionierenden Staates, in dem wir alle permanent in Gefahr vor angeblich bösartigen Minderheiten leben. Faschismus lebt von Angst, Verschwörungsideologien und Lügen. Faschismus bekommt man klein, in dem man gerechte und soziale Politik für alle Menschen macht, indem man Ängste und Zukunftssorgen nimmt, statt sie zu dauernd erneut zu bedienen.

38 Ergänzungen

  1. > Sie fordern nun Big-Data-Analyse à la Palantir und biometrische Gesichtserkennung im Netz

    Bitte zitierfähige Quellenangabe und nicht selbstgeschriebene Artikel!

      1. Allerdings hat mir das Team von Tobias Bacherle mal auf eine Frage zum Sicherheitspaket geantwortet:
        „Im Ergebnis haben wir schärfere Sicherungsmechanismen und zielgerichtetere Bedingungen durchgesetzt, sowie den Einsatz der neuen Werkzeuge deutlich fokussiert und mit robusten Monitoringmechanismen versehen:

        – So muss die Bundesregierung in einer Rechtsverordnung darlegen, wie der Einsatz europarechts- und verfassungskonform ausgestaltet wird. An dieser Rechtsverordnung ist die Bundesdatenschutzbeauftragte zwingend zu beteiligen. Vor Erlass dieser Rechtsverordnung wäre der Einsatz der Werkzeuge unzulässig.
        – Die neue Befugnis ist auf schwerste Straftaten (§ 100b StPO) wie Mord oder Bildung einer terroristischen Vereinigung begrenzt.
        – Im Gesetz ist eine Evaluation der Befugnisse durch ein unabhängiges Gremium verankert.
        – Wir konnten zudem erreichen, dass der Bundestag in einem Entschließungsantrag nochmals in sehr deutlichen Worten auf verfassungs- und europarechtlichen Leitplanken hinweist, die bei der Umsetzung der neuen Technologien zwingend zu beachten sind.
        – Durch den Entschließungsantrag wird zudem sichergestellt, dass bei der Umsetzung der Tools nicht mit nicht vertrauenswürdigen Anbietern wie Palantir oder der NSO Group zusammengearbeitet werden darf.“

        Ob sich Robert Habeck nun noch daran halten wird, kann ich nicht beurteilen, aber für einige, die am 23. Februar nicht „außerparlamentarische Opposition“ werden möchten im Angesicht der alles Gute gefährdenden AfD – aber in den Grundrechten die Lehre aus unserer gruseligen Geschichte sehen, ist es vielleicht ein Trost ?

    1. Und biometrische Überwachung ist im selben Absatz drin, gleiche Quellenangabe:
      „biometrische Gesichtserkennung im Internet für Bundespolizei und Bundeskriminalamt“

      1. Wichtig wäre die Frage, ob diese 10 Punkte eigentlich mit dem Wahlprogramm vereinbar sind.

        Die 10 Punkte wurden vom Bundesvorstand nicht bindend zusammengeschrieben.

        Das Wahlprogramm wurde von den Delegierten verbindlich beschlossen und ist das Ergebnis der Arbeit einer großen Zahl Grüner, die Änderungsanträge gestellt und durchgebracht haben.

  2. Bedauerlich, dass der politische Markt von keiner im Bundestag vertretenen Partei bzw. Partei mit Aussicht auf Einzug in den Bundestag vollständig bedient wird.

    Wen soll ich wählen, wenn mein zentrales Anliegen ist: Schutz und Ausbau von Bürgerrechten (also Abwehrrechten gegen den Staat)? Wenn ich mein „Sicherheitsgefühl“ für völlig ausreichend halte und es gar nicht einsehe, dass Behörden mehr Befugnisse bekommen sollten, obwohl die bestehenden Gesetze vollkommen ausgereicht hätten, um die Anschläge des letzten Jahres zu verhindern?

    Sie alle wollen mehr Staat, mehr Schnüffelei, weniger Datenschutz – zwar in unterschiedlichen Maß, aber dennoch zu Lasten der Bürgerrechte. Übrigens ist das nicht mal für die Piratenpartei ein nennenswertes Thema. Auf deren Website finden sich vor allem Beiträge zu Gesundheitsthemen, die aber im Vergleich zu dem Großangriff auf unsere Bürgerrechte, der aktuell läuft, wirklich nebensächlich sind, und auch keine politische Mobilisierung versprechen. Für die FDP sind Bürgerrechte Verhandlungsmasse. Sie würde in einer Koalition mit der Union das Innenministerium immer der CSU überlassen, damit sie ihr Lieblingsthema Wirtschaft bearbeiten kann. Der Linken traue ich hingegen nicht, denn sie dürfte Bürgerrechte und Datenschutz mit Füßen treten, sobald es um Personen geht, die aus welchen Gründen auch immer als politischer Gegner markiert wurden.

    1. Nunja, wenn das Hauptkriterium keine Entscheidung ermöglicht, dann werden die Nebenkriterien relevant.

      Nur soviel ist sicher: bei der Wahl werden Macht und Möglichkeiten verteilt, und das kleinere Übel wählen ist besser als das grosse Übel kampflos geschehen zu lassen.

    2. > Wen soll ich wählen, wenn mein zentrales Anliegen ist: Schutz und Ausbau von Bürgerrechten (also Abwehrrechten gegen den Staat)?

      Was verstehen Sie unter Bürgerrechten, und warum der Abwehr-Reflex gegen den Staat?
      Sind das Parolen von Libertären die den Staat abschaffen wollen?

        1. Zum Verständnis des Begriffs Bürgerrecht doch mal richtig bei Wikipedia anfangen:
          https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCrgerrecht

          Dort kann man lesen:
          „Häufig wird der Begriff Bürgerrechte aber nicht näher definiert und von sogenannten Bürgerrechtsbewegungen als Abwehrrechte der Bürger gegen den Staat verwendet. Dabei sind meistens aber die Grundrechte oder Menschenrechte gemeint, sodass die Verwendung des Begriffes Bürgerrechte umstritten ist.“

          Staatliche Überwachung beispielsweise, die oft mit Berufung auf „Bürgerrechte“ eingedämmt werden soll, betrifft alle Menschen, nicht nur die Bürger. Das wäre schon mal der erste Grund, den Begriff „Bürgerrechte“ in Frage zu stellen. Es geht aber nicht nur um die Rechte von Nicht-Bürgern. Es geht um die sprachlich korrekte Definition, damit wir nicht irgendwann dastehen und weniger Rechte haben als vorher. Wie könnte das passieren? Es könnte passieren, indem Grund- und Menschenrechte durch „Bürgerrechte“ ersetzt werden, die uns weniger Rechte zusichern als Grund- und Menschenrechte es tun.

          https://web.archive.org/web/20120621015632/http://www.musikdieb.de/?p=833

  3. Guter Kommentar. Folgende Stelle würde ich aber in Zweifel ziehen:

    „Die Grünen sind in diesem Prozess getrieben vom – vollkommen ungerechten und haltlosen – Narrativ, dass sie an aller Misere in diesem Land Schuld seien. […] Sie tappen in die von rechts gestellte Falle und werden nicht aus ihr herauskommen.“

    Das klingt nämlich ein wenig nach einem Opfermythos, der historisch zu widerlegen ist. Natürlich sind die Grünen nicht die einzigen und auch nicht die größten Akteure, die den Rechtsruck und den autoritären Wandel in Deutschland befeuern. Aber tappen sie wirklich in eine Falle oder handeln sie ganz bewusst aus von politischem Opportunismus und Machttrieb geleiteter Überzeugung, nicht nur in der Annahme, Wählerstimmen abzugreifen sondern auch bald mit Merz, CSU und CDU koalieren zu dürfen, und opfern dafür willentlich vermeintlich alte Überzeugungen?

    Dass die Grünen jedenfalls nicht nur unklug agierende Opfer sondern kalkulierende und (mit)inittierende Täter des Rechtsrucks und der Grundrechtebekämpfung sind und schon öfter keine Probleme hatten, einstige Prinzipien sehr schnell über Bord zu werfen sobald sie einmal Macht witterten oder erhalten haben, das haben sie doch schon längst auf Länderebene bewiesen (BaWü, Palantir-Hessen, NRW) und auch schon vor Jahrzehnten in ihrer ersten Regierungsverantwortung in den 90’ern und 00’ern unter Beweis gestellt.

    1. Die Gruenen muessen sich zwischen Macht und Reinheit entscheiden.

      Mit Macht kann man gestalten. Mit Reinheit kann man gut schlafen, jedenfalls wenn man privilegiert genug ist.

      Habeck moechte gestalten, der nimmt das mit dem Kanzlerkandidaten ernst.

      1. Das halte ich für eine sehr eingeschränkte Weltsicht. Habeck und die Grünen entscheiden sich in der Tat zu gestalten, allerdings wollen sie das nach fast exakt dem selben Muster, wie es CDU/CSU, SPD und die anderen auch tun.

        Das ist jedoch nicht die einzige Möglichkeit und Weise, wie man gestalten könnte, auch wenn dies Phrasen von „Alternativlosigkeit“ einreden mögen. Und dabei geht es nicht um Reinheit, denn die ist gar nicht erforderlich, wenn man z.B. keine rassistische Asylpolitik, keine Massenüberwachung, keine Grundrechtszerstörungen und keinen grüngewaschenen Digitalkapitalismus will.

        Habeck ist kein origineller, mutiger oder kluger Gestalter sondern einfach noch einer mehr von vielen Merzen, Scholzen, Lindnern und vermeintlichen Alternativen, die im Kern das selbe Programm fahren, nur manchmal anders verpackt und skaliert.

          1. Ich glaube nicht, dass eine „demokratische Legitimierung“ es in irgendeiner Weise zur alternativlosen Bedingung macht, rassistische Asylpolitik, biometrische Massenüberwachung und Digitalkapitalismus durchzusetzen. Dafür entscheiden sich die Grünen schon ganz freiwillig und das ist eben auch das Problem mit diesen Opfernarrativen (die in der Grünen Anhänger*innenschaft wohl besonders ausgeprägt ist, a la: „Der Robert, der meint es nur gut mit uns, aber manchmal muss er halt … obwohl er ja auch nicht will … hach, unser armer Robert!“)

        1. Sie muessen ihn ja nicht waehlen, es gibt genug Alternativen. Nur haben die alle keinerlei Machtoptionen und mit schwachen Gruenen werden Sie noch mehr CDU-Politik bekommen.

          Das ist es wieder, das Problem der „linken“ mit der, zugegeben gerade sehr unbequemen, Realitaet.

          1. Das „witzige“ ist ja, dass man so oder so CDU-Politik bekommt, auch wenn man „Die Grünen“ wählt und diese die meisten Stimmen bekämen.

            Da ist es wieder, das Problem der Autoritarismus-Apologet*innen, mit der zugegeben gerade sehr unangenehmen aber nicht alternativlosen Realität.

          2. > das Problem … mit der, zugegeben gerade sehr unbequemen, Realitaet.

            Wen kümmert es, dass in diesem Januar der höchste Durchschnittstemperatur gemessen wurde?
            Dass die Nord- und Ostsee immer wärmer wird?
            Dass die nächste Flutkatastrophe so sicher kommt, wie das Amen in der Kirche?
            Dass deutsche Generäle den NATO-Verteidigungsfall schon 2029 für möglich halten?
            Dass wir Arbeitskräfte aus dem „Globalen Süden“ anheuern müssen, damit die Wohlhabenden sich weiterhin wohl fühlen können?
            Wen kümmert es, wenn der Gerichtsvollzieher den Nachbarn aus seiner Wohnung wirft? (Toll, endlich iss ser weg!)
            Wen kümmert es, wenn Alexander Dobrindt über „Konservative Revolution“ und „Klima-RAF“ schwadroniert?
            Wen kümmert es, wenn das Recht zum Recht des Stärkeren wird?

        2. > allerdings wollen sie das nach fast exakt dem selben Muster

          Sie erkennen Muster? Und nicht nur ähnliche, sondern „exakt“ dieselben? Wow, wie haben Sie das geschafft, welche Methode verwenden Sie? Wie befähigt ist diese Methode, falls vorhanden, zu unterscheiden? Und worin bestünde der Unterschied zwischen gleichen Mustern und „dem selben Muster“?

          Wenn es sich nur um ein einziges Muster handelt, was ein Wahrnehmungsbias nahelegt, warum verzichten Sie darauf, dieses exakt zu beschreiben?

          1. Genau lesen hilft. Da steht nicht „exakt“ sondern „fast exakt“. Ein kleiner, aber feiner Unterschied. Ansonsten sind diese Muster in meinen Kommentaren und in diesem Artikel beschrieben und lassen sich grob unter dem Stichwort „autoritäre Politik“ zusammenfassen. Um das wahrzunehmen braucht man gar keinen ausgeprägten bias, sondern es reicht, so denke ich, ein halbwegs aufmerksames Beobachten und Erfahren der politischen und gegenwärtigen Zustände. Je nach Privilegiertheit und einer geistigen Normalisierung der Zustände, die nicht normal sein sollten, fällt das sicher dem einen oder anderen nicht gleich auf, zugegeben, aber es ist nicht unmöglich.

            Gutes Gelingen dir (sorry, ich versuche im Netz nicht zu siezen und würde es bevorzugen selbst nicht gesiezt zu werden, da ich das als ausgesprochen unhöflich empfinde).

          2. „Fast exakt“ ist halt wie „fast schwanger“: sinnfrei.

            Ansonsten wird es keine Mehrheit ohne CDU oder AfD geben, und damit keine Mehrheit mit Der Linken. Und wenn es für Schwarz-Grün nicht reicht, sind die Grünen ziemlich machtlos.

            Das Ziel der SPD ist eine starke AfD und schwache Grüne, denn dann wird die SPD als Mehrheitsbeschafferin gebraucht.

          3. @Anonymous sagte am 8. Februar 2025 um 10:18 Uhr
            „Das Ziel der SPD ist eine starke AfD und schwache Grüne, denn dann wird die SPD als Mehrheitsbeschafferin gebraucht.“

            Welche Querdenker haben Ihnen das vorgekaut? Das ist Schwachsinn. Diese Denke ist auf Ihrem Mist gebaut, und kein Ziel der SPD.

          4. Dass etwas „fast exakt“ ist, also nur ein bisschen von einer Übereinstimmung entfernt ist, ist möglich, während „fast schwanger“ nicht möglich wäre. Also nee, die Deutschstunde überzeugt leider nicht. Auch nicht fast.

            Und wie gesagt, es gibt so oder so eine Politik im CDU-Stil, ob nun das Unions-Original oder die Grünen oder die SPD die meisten Stimmen holen würden, denn das nimmt sich alles nicht viel. Leute die das alles als Alternativlosigkeit simplifizieren oder die sich mit dem kleineren Übel zufrieden geben, mögen sich freuen, dass es immerhin nicht die AfD wird (oder doch, je nach Merz?), alle anderen, denen Grund- und Menschenrechte etwas bedeuten, haben trotzdem verloren mit einem Habeck, Scholz und Konsorten.

  4. Wer seine Machtoption an freie Migration hängt, hat zZt keine. Wer es dennoch konsequent tut, will keine.

    Spoiler: kann sich angesichts der Klimakrise nur leisten, wer sehr reich oder hinreichend alt, aber jedenfalls sehr egoistisch ist. Man muss Habeck nicht mögen, aber er duckt sich nicht aus der Verantwortung obwohl er’s viel bequemer haben könnte.

    1. Ja, so wie Die Linke und die Grüne Jugend: in der peer group angesehene Forderungen stellen und bestenfalls ein Mandat ohne Macht und Verantwortung, und ohne interne Anfeindungen, ergattern.

      Könnte er sich einfach machen.

  5. Die Politik der Grünen unter Habaeck zielt auf Regierungsteilhabe in einer Schwarz-Grünen Koalition – nicht mehr, nicht minder.

    Dahinter steht ein grundlegender Wandel: In den vergangenen beiden Jahrzehnten haben sich die Grünen zu einer bürgerlich-liberalen Partei gewandelt und fast vollständig von den Grundwerten ihrer Entstehungszeit getrennt. Womit sie keine Aussicht auf eine „gerechte und soziale Politik für alle Menschen“ … die … „Ängste und Zukunftssorgen“ mehr bieten, sondern bei vielen Menschen für das Gegenteil. Die Habecks, Baerbocks und Özdemirs sind für die Grünen das, was Schröder, Steinmeier und Grabriel für die SPD Anfang der 2000er waren.

    Dies ist sicher auch der Entwicklung der (vor allem städtischen) Milieus zu verdanken, in denen sie veankert sind und aus denen ihre Mitglieder kommen: diese gehören inzwischen zu den Besserverdienenden und sind massiv gealtert.

    Eine der Folgen: die Grünen haben ihre Attraktivität als Partei der „Veränderung für die Zukunft“ oder gar der „Revolte“ für die junge Generation verloren, die dies nun bei anderen politischen Strömungen sucht (was sicher auch das Eindringen neu-rechter Strömungen dort erleichert hat).

    1. „Die Politik der Grünen unter Habaeck zielt auf Regierungsteilhabe in einer Schwarz-Grünen Koalition – nicht mehr, nicht minder.“

      Da das zZt die einzige Machtoption ist und wir uns an einem kritischen Zeitpunkt gesellschaftlicher Entwicklung befinden: ja, was auch sonst. Kotzt mich ja auch an, hilft aber nicht.

      „In den vergangenen beiden Jahrzehnten haben sich die Grünen zu einer bürgerlich-liberalen Partei gewandelt“

      Das ist ein linker Mythos: Teile der Grünen waren schon immer bürgerlich-liberal, mit unterschiedlicher lokaler Verteilung. Allerdings sind die linken durch ihren sprichwörtlichen Hang zu Kompromisslosigkeit und Fragmentierung weniger geworden (SPALTER!).

    2. > Die Habecks, Baerbocks und Özdemirs sind für die Grünen das, was Schröder, Steinmeier und Grabriel für die SPD Anfang der 2000er waren.

      Sehr witzig! Die Wirkmächstigsten jedoch waren die Spaltkeile Oskar Lafontaine, Gauland und die Lafontain’sche Wiedergängerin Wagenknecht.

    3. Die Grünen kommen aus der Umwelt–Bewegung, da waren schon immer auch viele bürgerliche Akademiker rein auf Grund der Problemerkenntnis und sonst nirgends zu findenden entsprechenden Handlungsbereitschaft drin.

      Diese Handlungsbereitschaft zum Umweltschutz war (und ist) inkompatibel zu den klassischen konservativen Parteien. Und diese Leute waren dann idR auch anderen Dingen gegenüber aufgeschlossen, die ebenso inkompatibel waren. Aber deswegen waren die nicht unbedingt „links“ im Sinne der „Linken“.

      Das dürfte übrigens ein Grund sein, warum die Grünen im Gegensatz zu rein „linken“ Neugründungen wirklich was auf die Reihe bekommen haben.

  6. Die Grünen hatten sich 2021 entschieden, statt eines mehrheitsfähigen Kanzlerkandidaten eine kernwählerfähige Außenministerkandidatin ins Rennen zu schicken. Baerbock war diesbezüglich erfolgreich, auch in der Ampelbilanz. Die Möglichkeiten grüner Klimapolitik waren allerdings sehr begrenzt.

    Die Grünen haben sich 2025 entschlossen, einen Kanzlerkandidaten ins Rennen zu schicken, mit dem Ziel effektiver Klimapolitik, daher müssen sie auch mehrheitsfähig sein wollen.

    Leider sind moderne „Progressive“ strukturell mehrheitsunfähig und daher auf Strukturen angewiesen, die sie selber weder etablieren noch erhalten können. Also sind auch andere Wählergruppen wichtig.

    Problematisch wird, dass vielen grünen Kernwählern die Klimapolitik und Zukunft des Planeten anscheinend gar nicht so wichtig ist, wie sie gerne behaupten.

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