Ein Foto bei Instagram hochladen, eine Playlist bei YouTube starten, nach einem Hautausschlag googeln, eine Spiele-App herunterladen oder einen Porno schauen – für Abermillionen Menschen sind solche Dinge Alltag. Niemand muss währenddessen beweisen, dass er oder sie auch wirklich schon erwachsen ist. Doch dieses Internet, wie wir es kennen, das verändert sich gerade.
In mehreren Staaten arbeiten Regierungen an Gesetzen, die vorschreiben: Alle Menschen sollen erst einmal ihren Ausweis zücken, bevor sie bekannte Dienste im Internet nutzen. Wer seinen Ausweis nicht zeigen will oder kann, der soll eben alternativ sein Gesicht vor der Webcam präsentieren, um das eigene Alter per „Künstlicher Intelligenz“ einschätzen lassen.
Zahlreiche Regelungen sollen solche Kontrollen auf möglichst vielen Ebenen verankern. Die Hersteller von Alterskontroll-Systemen lobbyieren, um den Einsatz ihrer Produkte als alternativlos darzustellen und in Gesetze zu gießen. Diese Entwicklung könnte das Internet radikal umkrempeln. Beim Klick auf Social-Media-Plattformen, Video-Dienste oder Pornoseiten könnte dann erst einmal ein Fenster kommen, das sagt: Rück deinen Ausweis raus – oder verschwinde.
Dahinter steckt die Hoffnung, dass Alterskontrollen für alle das Internet für Kinder und Jugendliche sicherer machen würden. Die Kontrollen sollen sie vor unangemessenen Inhalten oder gefährlichen Kontakten abschirmen und sicherstellen, dass nur Menschen mit dem korrekten Mindestalter auf solche Dinge stoßen. Doch die erhoffte Sicherheit ist trügerisch. Keine Technologie der Welt kann Minderjährige vor unangemessenen Medien abschirmen – erst Recht nicht vor Pornos. Die Kontrollen verlangen außerdem einen hohen Preis, sowohl für Minderjährige als auch für Erwachsene.
Was genau ist geplant, was sind die Gefahren – und was wäre die Alternative? In diesem Artikel beantworten wir die wichtigsten Fragen.
- 1. Wie lässt sich das Alter von Menschen im Internet kontrollieren?
- 2. Was sind die Gefahren von Alterskontrollen?
- 3. Wo sollen Alterskontrollen hochgezogen werden?
- 4. Wer will Alterskontrollen verbreiten?
- 5. Wer setzt sich gegen die Verbreitung von Alterskontrollen ein?
- 6. Welche Alternativen gibt es?
1. Wie lässt sich das Alter von Menschen im Internet kontrollieren?
Hinter dem Wort „Alterskontrolle“ können verschiedene Methoden stecken. Sie unterscheiden sich darin, wie aufwendig sie sind, wie fehleranfällig und wie invasiv.
Klassische Ausweisdokumente wie ein Personalausweis belegen eindeutig das Geburtsdatum einer Person. Es gibt etwa Systeme zur Alterskontrolle, für die Menschen ihren Ausweis vor ihre Webcam halten oder abfotografieren sollen.
Elektronische Ausweisdokumente, etwa die eID-Funktion des Personalausweises, sind bereits auf Online-Alterskontrollen ausgerichtet. Hier kann zum Beispiel gezielt und anonym nur die Information weitergereicht werden, ob eine Person volljährig ist oder nicht.
Alternative Dokumente wie eine Kreditkarte oder ein Führerschein können außerdem belegen, dass eine Person mindestens 18 Jahre alt ist. Auch hierfür müssen Nutzer*innen die Dokumente vor einer Kamera präsentieren.
KI-basierte Gesichtserkennung wird oft als Ergänzung eingesetzt, nachdem Nutzer*innen Ausweisdokumente vorgezeigt haben. Dabei soll eine Software feststellen, ob die Person aus dem Passfoto auch wirklich die Person vor der Webcam ist. Anhand von biometrischen Merkmalen wie der Position von Augen, Nase und Mund lassen sich Menschen eindeutig voneinander unterscheiden.
KI-basierte Alterserkennung soll abschätzen, wie alt eine Person ist. Auch dafür muss sie ihr Gesicht vor der Webcam zeigen. Mehr als schätzen kann die Software allerdings nicht; sie macht also Fehler.
Schlichte Altersabfragen per Eingabe-Fenster verlangen von Nutzer*innen, ihr Alter einfach selbst zu nennen. Zum Beispiel kann die Frage lauten: „Bist du über 18 Jahre alt?“ oder: „Wann bist du geboren?“. Im Gegensatz zu den anderen Methoden ist es hier besonders leicht, falsche Angaben zu machen.
Kurze Tests wie etwa eine Kopfrechen-Aufgabe sind eine weitere Methode, um vor allem jüngere Kinder auszusortieren. Zum Beispiel sollen Nutzer*innen zuerst zwei Zahlen addieren, bevor sie eine App öffnen können. Dahinter steht die Annahme, dass Menschen, die so eine Aufgabe nicht lösen können, zu jung sein müssen.
2. Was sind die Gefahren von Alterskontrollen?
Es gibt keine Technologie, die das Alter von Nutzer*innen verlässlich kontrollieren kann, ohne ihre Grundrechte zu verletzen. Auf dem Spiel stehen Grundrechte wie Privatsphäre und Informationsfreiheit bis hin zu Teilhabe – und zwar von allen Nutzer*innen. Nicht zuletzt geht es auch um das Recht von Eltern und Erziehungsberechtigen, selbst entscheiden zu dürfen, was für ihre Kinder am besten ist.
Die Rechte auf Privatsphäre und Datenschutz sind besonders dann in Gefahr, wenn Nutzer*innen Ausweisdokumente oder biometrische Daten preisgeben sollen. Solche Inhalte gehören zu den sensibelsten, die Menschen von sich im Internet überhaupt verraten können. Die Daten sind nicht nur für Kriminelle interessant, die etwa Identitätsdiebstahl begehen wollen. Auch Strafverfolgungsbehörden arbeiten kontinuierlich daran, ihre Zugriffsrechte auf personenbezogene Daten zu erweitern. Selbst wenn Anbieter heute versprechen, erhobene Daten unmittelbar zu löschen, können sich Nutzer*innen nicht darauf verlassen, dass das in jedem Fall wirklich passiert – und immer so bleibt. Sicher vor unerwünschten Zugriffen und Missbrauch sind Daten nur dann, wenn sie gar nicht erst erhoben werden.
Das Recht auf Anonymität im Internet ist eng mit dem vorigen Punkt verbunden. Dahinter steckt das Ideal, dass sich Menschen möglichst frei im Internet bewegen können, ohne Sorge, dass jemand ihre Schritte unmittelbar auf sie zurückführen kann. Auch die Ampel-Regierung schrieb in ihren Koalitionsvertrag: „Anonyme und pseudonyme Online-Nutzung werden wir wahren.“ Vor allem die strengeren Methoden der Alterskontrolle sind kaum mit Anonymität vereinbar.
Chilling effect nennt man es, wenn rechtliche Maßnahmen Menschen davor abschrecken, ihre Grundrechte auszuüben. Ausweiskontrollen könnten einen solchen Effekt auslösen. Es ist zum Beispiel nicht verboten, im Internet Inhalte zu Geschlechtskrankheiten, Safer Use, Erotik oder Suizid-Prävention anzuschauen. Nutzer*innen üben damit etwa ihr Recht auf Informationsfreiheit aus. Vielleicht würden sie das aber weniger oft tun, wenn sie vor dem Besuch solcher Websites ihren Ausweis zücken müssen, und sich dadurch beobachtet fühlen.
Die Rechte auf Teilhabe und Informationsfreiheit sollen sicherstellen, dass sich alle Menschen möglichst ohne Barrieren und Hürden frei im Internet bewegen und informieren können. Vor allem strengere Methoden der Alterskontrolle können diese Rechte verletzen. Zum Beispiel gibt es Menschen, die schlicht nicht das besitzen, was die Alterskontrollen verlangen: etwa eine funktionierende Webcam oder Ausweispapiere, die von den Kontroll-Systemen unterstützt werden. Mehrere Hunderttausend Menschen in Deutschland haben Schätzungen zufolge gar keine Papiere. Auch KI-basierte Systeme können von der Teilhabe ausschließen. Sie haben oft deutlich höhere Fehlerraten bei Gruppen, deren Daten weniger in das Training eingeflossen sind, zum Beispiel People of Color. Sogar Alterskontrollen durch kleine Rechenaufgaben, die angeblich nur Kinder überfordern, schließen Erwachsene mit Rechenschwäche aus.
Overblocking nennt man es, wenn eine restriktive Maßnahme versehentlich mehr Inhalte trifft als ursprünglich vorgesehen. Genau das lässt sich bereits jetzt bei Jugendschutz-Technologien beobachten: Sowohl die SafeSearch-Funktion der Google-Suche als auch das Jugendschutz-Progamm JusProg haben selbst seriöse Info-Angebote als nicht jugendfrei eingestuft, wie Recherchen von netzpolitik.org zeigten. Das kann sowohl die Teilhabe von Minderjährigen einschränken als auch die Teilhabe von Erwachsenen, die sich nicht als Erwachsen ausweisen können oder wollen.
Das Recht, die eigenen Kinder zu erziehen, kann durch strenge Alterskontrollen eingeschränkt werden. Laut Grundgesetz haben vorrangig Eltern das Recht – aber auch die Pflicht – für ihre Kinder verantwortlich zu sein. Strenge Alterskontrollen im Internet nehmen Eltern allerdings viele Entscheidungen darüber ab, welche Hürden ihren Schützlingen bei welchem Alter für welche Inhalte in den Weg gestellt werden. Pfiffige Kinder, die sich überdurchschnittlich früh schon selbstständig im Internet Neues beibringen wollen, würden durch Kontrollen ausgebremst. Selbst wenn die Eltern ihre Kinder für reif genug halten, müssten sie ihnen ständig bei der Überwindung der Kontrollen helfen. An der Kinokasse gibt es zwar strenge Altersschranken schon sehr lange, etwa für Filme „ab 12“, „ab 16“ und so weiter. Doch der Vergleich ist schwierig: Fürs Internet, das Minderjährige kontinuierlich in ihrem täglichen Leben begleitet, wäre das etwas grundlegend Neues.
Die Wirksamkeit selbst von strengsten Alterskontrollen kann nur begrenzt sein: Sogar bei flächendeckenden Kontrollen werden Kindern und Jugendlichen weiterhin unangemessene Inhalten aus dem Internet begegnen. Etwa auf sozialen Medien, wo immer wieder Dinge durch die Inhaltsmoderation rutschen; im WhatsApp-Klassenchat oder in Form von Videos, die als Mutprobe auf dem Schulhof herumgezeigt werden. Alterskontrollen, die nur in manchen Regionen der Welt gelten, lassen sich auch mithilfe von VPN-Software oder dem Tor-Browser kinderleicht umgehen.
3. Wo sollen Alterskontrollen hochgezogen werden?
Alterskontrollen im Internet nehmen zu, und durch geplante Gesetze könnten es deutlich mehr werden. In vielen Ländern setzen sich Behörden und Gesetzgeber*innen derzeit dafür ein, teils mit Erfolg.
Auf Pornoseiten müsste es eigentlich längst flächendeckend strengste Alterskontrollen geben, zumindest verlangen das die Gesetze zum Jugendmedienschutz in vielen Staaten. Zu den von der deutschen Medienaufsicht empfohlenen Methoden gehören etwa Ausweiskontrollen und Gesichtserkennung. Manche Angebote wie die deutsche Website Fundorado machen genau das. Die weltgrößten Pornoseiten dagegen wollen das ihren Abermillionen Nutzer*innen derzeit nicht zumuten und weigern sich beharrlich, Ausweise zu kontrollieren.
Der staatliche Druck auf die Pornoseiten wächst zunehmend. Unter anderem in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kanada und in den USA versuchen Behörden, Alterskontrollen auf Pornoseiten durchzudrücken. In einigen US-Bundesstaaten hat der Branchenriese Pornhub deshalb drastische Konsequenzen gezogen: Die Plattform zieht sich lieber aus den betroffenen Regionen zurück und ist dort nicht mehr verfügbar.
Soziale Medien führen schrittweise strengere Alterskontrollen ein. Hochrangige Politiker*innen unter anderem in Frankreich, Deutschland und den USA fordern: Die Plattformen müssten mehr tun, um sicherzustellen, dass möglichst nur Kinder ab 13 Jahren Zugang zu den Inhalten haben.
YouTube verlangt von zumindest einigen Nutzer*innen einen Ausweis oder eine Kreditkarte, wenn sie als „ab 18“ eingestufte Videos sehen möchten. Wer genau betroffen ist, das verrät die Plattform nicht. Auf einer Infoseite heißt es hierzu nebulös: „Sofern unsere Systeme nicht genügend Signale erhalten, dass ein Zuschauer über 18 Jahre alt ist“. Auch die Pressestelle hat uns auf Anfrage hierzu nicht mehr offengelegt.
Instagram kontrolliert vermehrt das Alter von Nutzer*innen, die sich zunächst als minderjährig deklariert haben, und später nachträglich ihr Alter nach oben korrigieren möchten. Als Methode bietet Instagram unter anderem eine Ausweiskontrolle an oder eine KI-basierte Alterserkennung.
Video-Plattformen in der EU kommen generell kaum an Alterskontrollen vorbei, sofern es dort auch Inhalte mit „grundlosen Gewalttätigkeiten“ zu sehen gibt. Die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste kurz AVMD-RL stuft diese Inhalte (neben Pornografie) als „schädlichst“ ein und verlangt „strengste“ Maßnahmen. Und diese Maßnahmen beinhalten „Systeme zur Altersverifikation“. Aktuell plant die irische Medienaufsicht CNAM ein Gesetz, das Diensten auf dieser Grundlage Alterskontrollen ausdrücklich vorschreibt. Irland spielt eine wichtige Rolle in der EU, denn dort haben etwa YouTube, TikTok und Instagram ihren Sitz. Bürgerrechtler*innen warnen: Durch das irische Gesetz werden diese populären Video-Dienste nicht um strenge Alterskontrollen herumkommen.
Die Suchmaschine Google experimentiert derzeit mit automatischen Jugendschutz-Einstellungen. Zum Beispiel stellt sich bei manchen Nutzer*innen der Jugendschutz-Filter „SafeSearch“ automatisch scharf und filtert als „anstößig“ eingestufte Suchergebnisse aus, wie wir im vergangenen Herbst berichtet haben. In Deutschland lässt sich SafeSearch derzeit einfach händisch wieder ausschalten. In Südkorea dagegen müssen Nutzer*innen aufgrund lokaler Gesetze dafür einen Ausweis vorlegen.
Sehr große Online-Plattformen („VLOPs“) mit mehr als 45 Millionen monatlichen Nutzer*innen in der EU könnten in der nächsten Zeit vermehrt Alterskontrollen einführen. Das empfiehlt nämlich das Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA) der EU. Die großen Anbieter haben demnach eine Pflicht, Risiken zu mindern. Und um diese Pflicht zu erfüllen, haben sie die Option, „Werkzeuge zur Altersüberprüfung“ einzusetzen. Zu den VLOPs gehören unter anderem Facebook, Google, Snapchat, LinkedIn und YouTube.
App-Marktplätze („Stores für Software-Anwendungen“) wie etwa der Google Play Store oder der App Store von Apple sollen nach Plänen der EU-Kommission ebenso künftig das Alter von Nutzer*innen kontrollieren. Und zwar „zuverlässig“, was auf eine strengere Methode der Alterskontrolle hindeutet. Das ist eine der Maßnahmen aus der geplanten Verordnung zur Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern, kurz: CSAM-Verordnung, die auch die bekannte Chatkontrolle enthält. Die Verhandlungen zu dem Vorhaben liegen zwar derzeit auf Eis, dürften aber wohl spätestens nach der Wahl eines neuen EU-Parlaments im Sommer weitergehen.
Auf Chat-Dienste dürften auch strenge Alterskontrollen zukommen, falls sich die EU auf die CSAM-Verordnung einigt. Denn auch diese Dienste sollen dem Gesetzentwurf zufolge Minderjährige „zuverlässig“ identifizieren, zumindest sofern Nutzer*innen dort Kinder kontaktieren können. Betreffen dürfte das unter anderem populäre Messenger-Dienste wie WhatsApp, aber auch Online-Multiplayer-Spiele mit Chatfunktion.
Online-Dienste allgemein bekommen durch die CSAM-Verordnung Anreize für Alterskontrollen, und zwar dann, wenn sie für sogenannten Kindesmissbrauch genutzt werden können. Das kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn Menschen dort entsprechende Bilder speichern oder versenden können. Dann sollen Dienste ihre Risiken bewerten und mindern, wie es im Gesetzentwurf heißt – und Funktionen zur Altersüberprüfung sind dabei eine ausdrückliche Option.
Internet-Zugangsanbieter können auch Altersschranken hochziehen. Das lässt sich etwa in Großbritannien beobachten, wo einige Provider standardmäßig den Zugang zu Websites sperren, die als nicht kindgerecht eingestuft wurden. Auf einer Infoseite erklärt beispielweise der Provider O2 hierzu: Wer als „ab 18“ eingestufte Seiten sehen möchte, soll erst einmal sein Alter nachweisen, etwa mit Ausweis, Führerschein oder Kreditkarte.
Betriebssysteme geraten ebenso zunehmend ins Visier von Altersregulierung. So soll die geplante Reform des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) in Deutschland Anbieter von Betriebssystemen in die Pflicht nehmen, sofern sie „von Kindern und Jugendlichen üblicherweise genutzt“ werden. Darunter dürften mindestens Android, Windows und Apple-Betriebssysteme fallen. Sie sollen demnach eine Art Kindermodus („Jugendschutzvorrichtung“) anbieten, der in „abgesicherter Weise“ aktiviert, deaktiviert und angepasst werden kann. Von einer Ausweiskontrolle ist im Entwurf zunächst keine Rede; Eltern könnten den Kindermodus demnach auch per Passwort absichern.
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Viele Orte sind zwar aktuell noch frei von Alterskontrollen, aber die Kontrollen nähern sich aus mehreren Richtungen. Es droht eine Welt, in der Nutzer*innen den freien Zugang zum Internet erst einmal freischalten müssen.
4. Wer will Alterskontrollen verbreiten?
Zahlreiche Regierungen bringen Gesetze in Stellung, die Alterskontrollen ausbreiten, darunter in der EU und in Deutschland, wie oben beschrieben, aber auch in den USA mit dem Kids Online Safety Act oder in Großbritannien mit dem Online Safety Bill.
In Deutschland betonen Politiker*innen der Ampelparteien seit Jahren, dass Alterskontrollen mit Privatsphäre und Datenschutz im Einklang stehen müssten. Das sagten uns etwa die netzpolitischen Sprecher von SPD und Grünen im Kontext von Ausweiskontrollen für Pornoseiten im Jahr 2021; und die FDP betonte es in ihren roten Linien für die Chatkontrolle-Verhandlungen im Jahr 2022. Jüngst versprachen Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) eine „datensparsame Methode“, um strenger das Alter auf sozialen Medien zu kontrollieren.
Die Realität von Alterskontrollen ist derzeit eine andere. Ein Großteil der von der zuständigen Medienaufsicht empfohlenen Alterskontroll-Systeme für Pornoseiten zum Beispiel ist äußerst invasiv, verlangt werden Ausweise oder KI-basierte Gesichts-Scans.
IT-Unternehmen möchten mit dem Verkauf von Systemen zur Alterskontrolle viel Geld verdienen. Möglichst umfassende Gesetze sind dabei besonders gut fürs Geschäft: Denn Alterskontrollen sind dann nicht mehr nur ein Angebot, sondern sogar eine Pflicht. Je mehr Online-Dienste solche Kontrollen einführen müssen, desto größer wird die potentielle Kundschaft.
Der Verband AVPA (Age Verification Providers Association) setzt sich für die Interessen der Hersteller solcher Kontroll-Systeme ein. Er ist seit dem Jahr 2020 im Transparenz-Register der EU als Lobby-Organisation verzeichnet. Zu den ausdrücklichen Aufgaben des Verbandes gehört es, das „positive Image“ der Technologie und der Branche zu fördern.
Ein weiteres Ziel von AVPA dürfte Expansion sein: Auf einer Weltkarte hat der Verband Länder eingefärbt, in denen es bereits Alterskontrollen gibt. Auf einer Infoseite „für Gesetzgeber*innen“ stellt der Verband den Einsatz der Technologie als alternativlos dar. Auf Englisch heißt es dort:
„Sie können die Rechte von Kindern im Internet nicht schützen, wenn die von Ihnen kontrollierten Websites und Anwendungen das Alter ihrer Nutzer*innen nicht kennen.“
Einer der prominentestem Akteure im Verband ist die britische Firma Yoti, die bereits viele große Online-Plattformen als Kundinnen gewonnen hat. Meta-Tochter Instagram lässt Ausweise ebenso von Yoti kontrollieren wie zwei der weltgrößten Pornoseiten: xHamster und Pornhub. Die Pornoseiten kontrollieren derzeit zwar nur die Ausweise von Darsteller*innen. Falls sie die Kontrollen eines Tages aber doch auf ihre Abermillionen Besucher*innen ausweiten möchten, wäre Yoti als Dienstleister bereits in Position.
In der EU findet der Verband offenbar Gehör. Nach eigenen Angaben spielte AVPA eine „führende Rolle“ in einem von der EU-Kommission beauftragten Konsortium namens „euCONSENT“. Das Konsortium soll Grundlagen dafür ausarbeiten, wie Internet-Nutzer*innen in der EU künftig ihr Alter überprüfen lassen sollen. Anlass ist die geplante eIDAS-Verordnung, die digitale Identitäten in der EU umfassend reformieren soll. Laut EU-Transparenzregister verfolgt euCONSENT „keine geschäftlichen Interessen“ und engagiert sich für „Kinderrechte“.
5. Wer setzt sich gegen die Verbreitung von Alterskontrollen ein?
Die Regierung in Australien hat Alterskontrollen im vergangenen Herbst zumindest vorläufig eine Absage erteilt. Im August 2023 hat das Ministerium für Infrastruktur in einem ausführlichen Statement (PDF) dargelegt, dass es derzeit keine Technologie für überzeugend hält. Als Gründe nannte das Ministerium die Sorge um die persönlichen Daten von Erwachsenen sowie dass die Systeme einfach umgangen werden können. Fazit: „Eine Entscheidung über verpflichtende Alterskontrollen kann noch nicht getroffen werden.“
Der Dachverband europäischer Organisationen für digitale Freiheitsrechte, EDRi (European Digital Rights) hat die Eigenschaften von Alterskontroll-Systemen im Oktober 2023 ausführlich analysiert. Das Papier gibt die Position von 20 zivilgesellschaftlichen Organisationen wieder, und das Fazit ist drastisch: EDRi erteilt Alterskontrollen mit Dokumenten und KI-basierter Alterserkennung eine klare Absage.
Die Methoden würden kaum einer menschenrechtlichen Prüfung für Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit standhalten, heißt es in der Analyse. Sie bedrohten „Privatsphäre, Datenschutz und das Recht auf freie Meinungsäußerung von Kindern und Erwachsenen gleichermaßen“. Außerdem würden sie die „Autonomie von Kindern verletzen“ sowie „Eltern und Erziehungsberechtigte entmündigen“.
In einer Stellungnahme zum geplanten Gesetz der irischen Medienaufsicht warnt EDRi: Überwachung im Namen des Jugendschutzes könne dazu ermuntern, die Aktivitäten von allen Menschen im Internet zunehmend zu überwachen, Zensur einzuführen und Anonymität abzuschaffen.
Der Kinderschutzbund setzt sich für die Rechte von Kindern und Jugendlichen in Deutschland ein. Vizepräsident Joachim Türk bezeichnet die bestehenden Alterskontrollen im digitalen Raum als „zu unausgereift“. Auf Anfrage von netzpolitik.org schreibt er: „Anwendungen, die etwa biometrische Daten auslesen können, lehnen wir ab. Der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Kinder ist nicht vertretbar“. Auch KI-basierte Alterserkennung seien noch zu fehleranfällig. Alterskontrollen müssten sinnvoll sein, datensparsam und rechtskonform – und sie könnten nur Hand in Hand mit Prävention und Aufklärung funktionieren. Türk mahnt: „Kinder und Jugendliche haben neben dem Recht auf Schutz auch ein Recht auf Teilhabe und Befähigung.“ Es gehe darum, dass sie „selbstbestimmt und selbstsicher im Umgang mit diesen Geräten und Medien werden“.
6. Welche Alternativen gibt es?
Es gibt derzeit keine einfache und umfassende Lösung für den Schutz von Minderjährigen im Internet, die Eltern und Erziehungsberechtigen alle Sorgen nehmen würde. Das ist aber kein Argument für eine trügerische, invasive und grundrechtlich fatale Maßnahme wie strenge Alterskontrollen. Auch wenn die Lobby-Organisation der Hersteller solcher Systeme das Gegenteil behauptet: Es gibt viele Ansätze für Jugendschutz, die gänzlich ohne strenge Alterskontrollen funktionieren.
Für viele Medienpädagog*innen spielen Verbote oder technologische Hilfsmittel generell eine untergeordnete Rolle. Vielmehr raten sie dazu, Jugendliche mit Medienkompetenz zu rüsten und mit Info-Angeboten zu versorgen, die ihrem Alter angemessen sind. Mithilfe von Medienkompetenz können Minderjährige zunehmend selbst damit umgehen, wenn ihnen unangemessene Inhalte begegnen. Altersgerechte Info-Angebote, etwa über Sexualität, können verhindern, dass Minderjährige ihre sexuelle Bildung primär auf Pornoseiten suchen.
Wenn Eltern nicht auf technologische Hilfsmittel verzichten möchten, können sie Jugendschutz-Software auch direkt auf den Geräten ihrer Kinder installieren. Dieser Ansatz ist deutlich weniger invasiv, als pauschal Abermillionen Erwachsene Internet-Nutzer*innen zu kontrollieren. Ein Beispiel dafür sind Jugendschutz-Filter wie JusProg. Doch auch hier lauern Probleme: Im Januar haben wir berichtet, welche Beschränkungen und Risiken solche Filter haben.
Der Dachverband EDRi warnt davor, dass strenge Alterskontrollen ein „falsches Gefühl von Sicherheit“ vermitteln. Stattdessen plädiert EDRi für eine Kombination von Maßnahmen: etwa altersgerechte Aufsicht durch Eltern und Erziehungspersonen sowie weiche Alterskontrollen über schlichte Abfragen, bei denen Nutzer*innen ihr Geburtsdatum angeben müssen.
Je nach Art des Online-Dienstes gibt es viele weitere Möglichkeiten, Minderjährige zu schützen: etwa kindgerechte Block- und Melde-Funktionen bei aufdringlichen Kontakten im Chat; gut besetzte Content-Moderation-Teams in sozialen Medien oder sichere Verschlüsselung, um sensible Chatnachrichten vor fremden Zugriffen zu schützen.
Staatenlose Menschen oder Asyl Suchende ohne anerkannten Pass würden damit konsequent von der Nutzung des Internets ausgeschlossen werden. Die Folge dieses Totalitarismus wäre hier also auch zwangsläufig so eine art struktureller Rassismus der damit von den Regierenden betrieben würde.
erst das Mindestalter beim Wählen verringern und dann sukzessive die Möglichkeiten, sich zu informieren für diese Wählergruppe passiv und aktiv reduzieren. Genau mein Humor.
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„Dahinter steckt die Hoffnung, dass Alterskontrollen für alle das Internet für Kinder und Jugendliche sicherer machen würden.“
Nö. Dahinter steht die Hoffnung, jede Aktion im Internet gerichtsfest einer Person zuordnen zu können.
GNU Taler hat auch eine Anonymous Age Restriction Extension, demnächst will ich mir anschauen, wie das funktioniert.
Schon jetzt ist sichergestellt, dass nur Volljährige eigenständig Handy/Internetverträge abschließen können. Die Verantwortung darüber, wie und in welchem Umfang Kinder Zugang zum Internet/internetfähigen Endgeräten erhalten liegt in den Händen der Erziehungsberechtigten/der Schule usw. Mit geeigneter Begleitung, Aufklärung lässt sich da schon genug machen.
Die heutigen Suchmaschinen haben schon jetzt eine Safe Search und es gibt genug zusätzliche technische Maßnahmen, um das versehentliche Anzeigen ungeeigneten Materials zu minimieren. Sobald ein Kind/Jugendlicher aktiv nach explizitem Material sucht, hat man eh verloren. Da gibt es genug Kreativität, um auf die ein oder andere Weise daran zu kommen, egal was für Maßnahmen implementiert sind.
Der Jugendschutz ist hier nur ein vorgeschobenes Argument, um die Datenkraken glücklich zu machen (staatlich und privat).
> Schon jetzt ist sichergestellt, dass nur Volljährige eigenständig Handy/Internetverträge abschließen können. Die Verantwortung darüber, wie und in welchem Umfang Kinder Zugang zum Internet/internetfähigen Endgeräten erhalten liegt in den Händen der Erziehungsberechtigten/der Schule usw.
In *echten* demokratischen Rechtsstaaten und einer EU, die ihr bigottes Sonntagsredengeschwätz ernst meint, wäre das Thema „Alterskontrollen im Internet“ bereits mit diesen zwei Sätzen abgehakt und auf ewig in die Mottenkiste verfrachtet, in die es gehört.
„Mithilfe von Medienkompetenz können Minderjährige zunehmend selbst damit umgehen, wenn ihnen unangemessene Inhalte begegnen.“ Ganz genau.
Wenn man sein minderjähriges Kind nachts vor die Tür gehen lässt, traut man es diesem ja auch zu, die dunkle Ecke hinterm Bahnhof zu meiden, wo sich die zwielichtigen Gestalten herumtreiben. Traut man es seinem Kind nicht zu, sich an bestimmte Dinge zu halten oder mit bestimmten Situationen umzugehen, dann lässt man es eben nicht alleine raus.
Der Vorschlag einer Alterskontrolle im Internet ist, als würde man an allen Haustüren einen Ausweisscanner einbauen wollen, um sicherzustellen, dass nachts nur Volljährige ihr Haus verlassen können, um so minderjährigen vor potentiellen Gefahren zu schützen. (…die dann aber heimlich durchs Fenster nach Draußen klettern)
„Der Vorschlag einer Alterskontrolle im Internet ist, als würde man an allen Haustüren einen Ausweisscanner einbauen wollen,“
Ja, wobei man statt Scanner an den Haustueren flaechendeckend biometrische Ueberwachung ausrollen moechte, die dann natuerlich auf die zentral gespeicherten Ausweisdaten fuer Training und Validierung zurueckgreift.
Das Altersverifikation online von zentraler Stelle getätigt wird muss übrigens nicht sein. Haben nur Werbeindustrie und Stasi gerne.
Erwähnenswert ist hier die Tabakindustrie, die offline Altersverifikation rechtsicher am Tabakautomaten umsetzt. Bisher lief dies über die sogenannten Händlerkarten, mit Ende der zugrundeliegenden Geldkarte wechseln diese nun auf das sogenannte „Neues Zigarettenautomatenmodul (NZAM)“. Im Endeffekt ist dies nichts anderes als ein Secure Element was zum rechtssicheren Auslesen des Ausweisdokument genutzt wird. Das kann man sich genauso gut mit signierten Cookies denken die nicht erfassen welches Ausweisdokument dafür genutzt wurde. Zwar besteht immernoch die Bindung zum Secure Element / Lesegerät, allerdings ist mir kein Grund ersichtlich, wieso diese nicht günstig anonym zu erwerben sein sollten.
Ich bin mir allerdings nicht sicher, wie sinnvoll es ist „Jugendschutz“-Systemen zuzuarbeiten. Umgehen und nutzlos machen erscheint mir die sinnvollere Taktik. Totalitär agierende Ideologen die Hand zu reichen erinnert stark an die Fabel des Skorpion und des Frosches.
Garantiert und vollständig unumkehrbar anonym mit absoluter Ewigkeitsgarantie, zugänglich für jede Person jedenorts, jederzeit und unabhängig von spezifischen technischen Voraussetzungen.
Vorhandene Strukturen müssen so gestaltet sein, dass sie weder technisch noch rechtlich abgewandelt oder anders ausgestaltete Systeme ersetzt werden können, die weniger Rechte böten.
Es ist doch viel eher, nach allen Entwicklungen in der EU derzeit, zu erwarten, dass sich die Überwachungssysteme zur Alterkontrolle eher an chinesischen Vorbildern orientieren werden.
Wer darin verhandelt wird ein paar Schein-Safe-Guards erreichen, wie einen Schutz vor Zugriff der Verfolgungsbehörden (außer bei schwersten, nein, schweren, nein Straftaten, oder Ordnungswidrigkeiten, oder doch, Rasterfahndung, aber nicht live, na gut doch live).
„Jugendschutz“ im Internet ist technisch nicht möglich, ohne ein allumfassendes dystopisches Überwachungssystem zu bauen. Jedenfalls nicht, solane es bei bestehenden Nutzungsformen bleibt.
> „Zu den von der deutschen Medienaufsicht empfohlenen Methoden gehören etwa Ausweiskontrollen und Gesichtserkennung. Manche Angebote wie die deutsche Website Fundorado machen genau das. Die weltgrößten Pornoseiten dagegen wollen das ihren Abermillionen Nutzern derzeit nicht zumuten und weigern sich beharrlich, Ausweise zu kontrollieren.“
Die „weltgrößten Pornoseiten“ sind sich darüber im Klaren, dass sich niemand mit einem funktionierenden Gehirn für den Pornokonsum ausweisen möchte und sie zur Zielscheibe für Geheimdienste und Hacker würden, wenn sie auf derart viel Erpressungsmaterial sitzen.
2. Akt: Wo man schon mehrkosten hat, kann man noch ungenierter noch wertvollere Daten verkaufen, vor allem wenn man mit Klarnamen identifizieren darf, falls die Gesetzgebung zum Minimalkonsens bzgl. der Existenz Biologischer Lebensformen „für den Moment“ verpasst haben sollte.
Das ist echtes Querdenken.
Es ist ein bisschen wie im Fußball. Sobald man einmal Profi-Fußballer als Arbeitnehmer betrachtet, fällt einem auf, wie wenig dieser Wirtschaftszweig mit Vertragserfüllung am Hut hat (Stichwort „Ablösesummen“).
Und sobald man einmal sexuelle Vorlieben als Erpressungspotenzial begreift, denkt man sich, dass eine Ursula von der Leyen rational betrachtet eigentlich GEGEN Alterskontrolle sein müsste, weil sonst sie, ihr Ehemann oder ihre volljährig gewordenen Kinder erpressbar wären.
Der erste Grund: Profitinteressen (so wie bei dem Verbot von Werbung für Süßigkeiten oder einer Zuckersteuer). Unter den 10 Unternehmen mit den höchsten Lobbyausgaben in Brüssel finden sich Meta, Apple, Google, Microsoft und Amazon: https://www.lobbycontrol.de/macht-der-digitalkonzerne/neue-studie-zur-lobbymacht-von-big-tech-90147/
Zweiter Grund:
Der Aufschrei von ach so hippen Menschen, die finden, dass es nichts Cooleres gibt als Kids, die ständig und ohne Beschränkung im Internet unterwegs sind, mit zwei Jahren keine Zweiwortsätze sprechen, aber kompetent auf dem Bildschirm wischen können und so zu „Digital Natives“ werden.. Das sind Wählerstimmen!
Dritter Grund:
Ohne dass 10jährige statt mit der Hand im Heft mit dem Digitizer auf dem Tablet schreiben können, geht unser Land im internationalen Wettbewerb zugrunde. Wir müssen alles Digitalisieren! Die Kindheit, Jugend und das Menschsein auf 0 und 1 reduzieren und vollständig vermessbar machen. Sonst werden wir alle sterben!
> Der Aufschrei von ach so hippen Menschen, die finden, dass es nichts Cooleres gibt als Kids, die ständig und ohne Beschränkung im Internet unterwegs sind, mit zwei Jahren keine Zweiwortsätze sprechen, aber kompetent auf dem Bildschirm wischen können und so zu „Digital Natives“ werden.. Das sind Wählerstimmen!
Diesen „hippen“ Menschen würde bestimmt das Gehirn explodieren wenn sie erfahren, dass IT-affine Eltern im Silicon Valley ihre Kinder auf Waldorfschulen schicken, damit die dort eine möglichst analoge Schulbildung erfahren.
Warum geht man eigentlich davon aus, dass es selbstverständlich ist, dass Kinder und jüngere Jugendliche ständig im Internet unterwegs sein müssen? Das Karolinska-Institut, dessen Professoren den Medizin-Nobelpreis vergeben, hat jetzt im Auftrag der schwedischen Bildungsbehörde eine Stellungnahme abgegeben, nach der es aus medizinischer Sicht nicht nur unverantwortlich bis hin zu grob fahrlässig ist, Kinder und Jugendliche wie bisher digitale internetfähige Bildschirmmedien weiterhin nutzen zu lassen, sondern schon in die Kategorie wissentlich zugefügte schwere Körperverletzung gehört.
Gleiche Erkenntnisse gab es in der Vergangenheit bei Alkohol, Nikotin, Heroin etc., deren Nutzung irgendwann altersmäßig oder generell eingeschränkt wurde. Es gibt auch Gründe, warum der Führerschein noch nicht für Sechsjährige zu erwerben ist. Ob Eltern ihren Kindern zuhause erlauben, zu rauchen, Alkohol zu trinken oder Heroin zu spritzen, wird ohne eindeutige Hinweise auch erst einmal nicht weiter kontrolliert.
Warum es nicht sinnvoll ist, Kindern das zuhause (oder überhaupt) zu ermöglichen, war hingegen Gegenstand weitreichender Aufklärungskampagnen. Was spricht also dagegen, die Nutzung EIGENER internetfähiger Bildschirmmedien nach dem Jugenschutzgesetz erst ab 16 oder 18 Jahren zuzulassen und vorher den Verkauf solcher Geräte an Alterskontrollen zu knüpfen? Medienkompetenz erwerben geht begleitet zuhause und in der Schule problemlos trotzdem unter Aufsicht.
> Medienkompetenz erwerben geht begleitet zuhause und in der Schule problemlos trotzdem unter Aufsicht.
Im Prinzip schon, aber medienkompetente Eltern wären dabei eine Voraussetzung, die eben oft nicht gegeben ist.
Bei manchen Eltern wäre die Herausgabe des Säuglings nach Geburt im Kreissaal erst nach Vorlage eines Befähigungsnachweises zur Elternschaft angebracht. Solche Eltern erkennt man später im Reallife an hilflosen Fragen wie „haben SIE Kinder?“.
Betriebssysteme??? Wie immer geht es offenbar nicht um Jugendschutz, sondern offenbar darum einen allgemeinen Trend fort von der Anonymität hin zur Pseudonymität oder gar zur Identifizierbarkeit zu bewirken.