Amazon RingNachbarschaftsmeldungen landen in den USA direkt bei der Polizei

Allein in Los Angeles hat die Nachbarschafts-App von Amazon Ring in zwei Jahren mehr als 13.000 Meldungen an die Polizei weitergeleitet. Eine Recherche zeigt: Viele dieser Meldungen haben gar nichts mit Kriminalität zu tun, sondern spiegeln die Paranoia und die rassistischen Vorurteile der Ring-Nutzer.

Großes Augen auf einer Illustration schaut auf einen mann mit einem Rucksack zwischen Häusern.
Nachbarschaftsapp wie die von Amazon Ring könnten Angst und Vorurteile fördern. (Symbolbild) – Public Domain generiert mit Midjourney

Wenn in Los Angeles jemand in der Community Plattform von Amazon Ring postet, kann dies dazu führen, dass diese Meldungen direkt an die Polizei weitergeleitet werden. Eine Recherche von The Markup zeichnet nach, wie innerhalb von zwei Jahren mindestens 13.000 solcher Meldungen in der kalifornischen Stadt an 15 Mailadressen des LAPD weitergeleitet wurden. Laut Ring ist die Community dafür da, dass Nachbarn zusammen ihre Nachbarschaft „sicher“ halten.

Für die Recherche hat The Markup zusammen Studierenden einer Journalistenschule Meldungen aus der App ausgewertet. Dabei kam heraus, dass die „Nachbarn“ die Meldungen in 30 Prozent der Fälle als „Kriminalität“ einstuften, auch wenn es keine war. Vereinbart zwischen der Neighbors-App und dem LAPD ist laut The Markup die Weiterleitung von Kriminalität. In den tatsächlich weitergeleiteten Mails fanden sich zusätzlich zu den falsch gekennzeichneten Kriminalitätsmeldungen jedoch auch solche, die überhaupt nicht als „Kriminalität“ kategorisiert waren.

Laut der Recherche ist der zweitmeiste an die Polizei weitergeleitete Typ von Meldung in Wirklichkeit „Verdächtiges Verhalten“ – ein Einfallstor für rassistische Meldungen, wie The Markup feststellt. So fand das Magazin zum Beispiel eine Meldung von einem angeblich verdächtigen „Latino mit Schlafsack“.  Amazon Ring sagt gegenüber The Markup, dass Racial Profiling auf der Plattform nicht erlaubt sei.

Nachbarn werden zu den Augen der Polizei

Schätzungen gehen davon aus, dass heute Millionen Häuser Kameras von Ring installiert haben. Über die Aufzeichnungen verfügt das Unternehmen nach eigenem Gutdünken. Polizeidienststellen in den USA hatten in den ersten Jahren eine Art privilegierten Zugriff, bei dem sie oftmals mit einer einfachen Anfrage direkt an die Kamerabesitzer an das Überwachungsmaterial gelangen konnten. Mittlerweile postet die Polizei in der „Ring Neighbors App“ sogenannte „Hilfsersuchen“, auf welche die privaten Kamerabesitzer reagieren können.

Die Kunden von Amazon Ring werden so zu den Augen der Polizei vor Ort. In den Recherchen zeigte sich, dass reiche Nachbarschaften deutlich mehr Meldungen bei Ring machten als ärmere Viertel. Dabei schüre die App auch Angst unter den Nachbarn, so The Markup.

„Die Paranoia der eigenen Vorstellungskraft findet ihren Weg in die Vorstellungskraft anderer Menschen“, sagt der Jura-Professor Angel Díaz gegenüber The Markup. „Wenn man also nur passiv die Meldungen verfolgt, sie liest und seinen Tag weiterlebt, wird man mit der Angst überschwemmt, dass die eigene Nachbarschaft sehr unsicher ist, basierend auf unbegründeten Anschuldigungen, die oft mehr die eigenen Vorurteile widerspiegeln als alles andere.“

Paranoia und Vorurteile

Die Autorin des Beitrags, Lam Thuy Vo, beschreibt in einem Blogbeitrag, warum diese Recherche wichtig sei. Die Überwachung der Nachbarschaft auf Plattformen wie Neighbors von Ring erzeuge Paranoia und erhalte Vorurteile aufrecht – und setze damit Menschen einem erhöhten Risiko von Polizei- oder Bürgerwehrgewalt aus. Algorithmen und soziale Plattformen würden eine lautstarke und oft privilegierte Minderheit begünstigen.

Los Angeles ist bei dieser Partnerschaft von privaten Akteuren mit der Polizei nicht die einzige Stadt, die eine solche Melde-Praxis etabliert hat. The Markup schreibt, dass bis September dieses Jahres 2.604 Polizeidienststellen in den Vereinigten Staaten ähnliche Partnerschaften wie die LAPD mit dem Ring-Netzwerk von Amazon geschlossen haben.

In der Vergangenheit kam es immer wieder vor, dass Amazon Ring selbst Daten ohne richterlichen Beschluss weitergegeben hat. Die Bürgerrechtsorganisation EFF bezeichnete Ring als den „größten Überwachungsapparat des Landes“.

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3 Ergänzungen

  1. Dass kann nur mit KI moderiert werden!
    Erst mal anlernen… Moment… wie machen wir das… AH-HA!
    Äh, Chef, wir lernen dann doch erst mal, was normales Verhalten ist, ok?
    (Welcher Chef sagt da schon „Nein!“, denn was normal ist, weiß jede/r jew. für sich am Besten, sicherlich unter Berücksichtigung der Tatsache, dass jegliches Normal in der Durchschnittsbildung grundsätzlich „leicht bescheuert“ bedeuten will.)

  2. ist das nicht die usa? kann man da nicht einen nachbarn der einen grundlos angezeigt hat in den völligen ruin klagen? die app wäre dann doch die „tatwaffe“ und könnte man da auch nicht amazon ne gewisse oder erhebliche teilschuld auflasten? ist doch die usa.da geht doch alles oder nicht!?!?

  3. „Nachbarschaftsmeldungen“ (z. B. Beschwerden wegen häuslichen Ruhestörungen) an die Polizei landen im hessischen Neu-Isenburg bei einem privaten Sicherheitsdienst (kommunale „City-Streife“ der Stadt Neu-Isenburg); Firmenangestellte kümmern sich dann im Auftrag der örtlichen Polizei um Ordnungsprobleme im Stadtgebiet. Manche Sachen sind hierzulande nicht besser als in Staaten!

    Privater Sicherheitsdienst als City-Streife/ Beschäftigt Neu-Isenburg eine Scheinpolizei?
    (Journal Frankfurt, 14.9.23)

    https://www.journal-frankfurt.de/journal_news/Politik-10/Privater-Sicherheitsdienst-als-City-Streife-Beschaeftigt-Neu-Isenburg-eine-Scheinpolizei-41310.html

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