Die Berliner Polizei hat am gestrigen Sonntag am Rande einer Demonstration gegen AfD und CDU in Berlin das Fahrzeug „Adenauer SRP+“ der Aktionskünstler:innen des Zentrums für politische Schönheit sichergestellt. Über die Maßnahme verbreitete die Polizei dann einen Tweet bei der Plattform X und eine Instagram-Story darüber, wie der Polizeifahrzeugen sehr ähnlich aussehende Bus der Künstlergruppe abgeschleppt wurde. Dabei retuschierte sie auf dem Fahrzeug die Aufschrift „Adenauer SRP+“.
Das manipulierte Pressebild der Polizei landete dann in der Berichterstattung von Tagesspiegel und t-online. Erst auf Hinweise aus sozialen Medien fügten sie einen Zusatz im Artikel hinzu, in dem es heißt, das Bild sei von der Polizei verändert worden.
Die Polizei begründete die Veränderung des Bildes gegenüber dem Tagesspiegel mit dem „Neutralitätsgebot“. Idee hinter diesem Gebot ist, dass die Polizei keine politischen Nachrichten oder Parolen in ihrer Kommunikation weiterträgt.
Die Berliner Polizei hat auch gegenüber netzpolitik.org angegeben, dass sie wegen des Neutralitätsgebotes retuschiert habe, verweist aber auch auf datenschutz- und persönlichkeitsrechtliche Gründe. Die Bearbeitung des Bildes solle „eine Individualisierung und somit einen Rückschluss auf die Betroffenen polizeilicher Maßnahmen“ vermeiden.
Das ist einerseits grundsätzlich eine sinnvolle Maßnahme. Andererseits stellt sich natürlich die Frage, ob der Datenschutz bei diesem hinlänglich der Künstlergruppe zugeordneten und medial bekannten Fahrzeug so wichtig ist und ob überhaupt der Name des Fahrzeuges „Adenauer SRP+“ schon für sich eine politische Aussage ist, die sich die Polizei zu eigen machen würde, wenn sie diese nicht retuschiert. Hier verweist die Polizei auf die laufende politische Kampagne der Aktionskünstler.
Ungekennzeichnete Manipulation
Gravierender ist aber, dass die Polizei die Manipulation des Fotos weder im Bild selbst noch im Text transparent macht, sondern den Anschein eines nicht manipulierten Bildes erweckt. Es wäre einfach gewesen, die Veränderung beispielsweise mit einem schwarzen Balken oder einer anderen sichtbaren Verpixelung zu kennzeichnen.
Wir haben bei der Polizei nachgefragt, warum sie die Manipulation nicht sichtbar gemacht hat. Auf diese Frage hat die Berliner Polizei nicht geantwortet. Auf Anfrage von netzpolitik.org verweist die Polizei lediglich darauf, dass sie seit vielen Jahren „ein Wiedererkennen von Privatpersonen oder bestimmten Gruppen und eine Zuordnung zu Firmen, Marken u.ä.“ soweit wie möglich vermeide. Diese Praxis sei der Öffentlichkeit bekannt und würde nicht gesondert mitgeteilt. „Das oberflächliche Erwecken des Anscheines eines unbearbeiteten Bildes war nicht beabsichtigt“, so Polizeisprecher Florian Nath.

Weiterhin hat die Polizei angegeben, dass „Gesichter, Merkmale, Kfz-Kennzeichen, Firmennamen, Label etc. auf Bildern und Videos durch die Polizei Berlin vor der Veröffentlichung grundsätzlich unscharf gemacht, entfernt oder überdeckt“ werden. Entgegen dieser Praxis sind allerdings im vorliegenden Fall die Aufschriften beim Abschleppfahrzeug wie der Name des Abschlepp-Unternehmens und dessen Motto nicht entfernt worden. Auf die Frage, welche Abteilung die Manipulation verantwortet, hat die Polizei geantwortet, dass es „keine für Bildveränderungen zuständige Dienststelle“ gäbe.
Umstrittene Sicherstellung
Die Sicherstellung des Protest-Busses selbst ist auch umstritten. Die Polizei verkündete auf X, dass es keine gültige Betriebserlaubnis gegeben habe. Dem widerspricht die Künstlergruppe. Laut dem Zentrum für politische Schönheit hat das Fahrzeug mehrere positive Gutachten und TÜV-Prüfungen hinter sich, die neueste davon soll laut der Künstlergruppe bei der Sicherstellung des Fahrzeugs am Sonntag keine fünf Tage alt gewesen sein. Im Gegensatz zur Darstellung der Polizei handele es sich bei den „Aufbauten“ auf dem Dach um Ladung und keine feste Installation. Für diese Variante haben die Künstler:innen in einer Pressekonferenz am Montagnachmittag schlüssige Bilder vorgelegt.
Das Zentrum für politische Schönheit beklagt fortlaufende Schikanen durch die Polizei. In einem Zeitstrahl (PDF) stellt die Gruppe die bisherigen Kontrollen dar und zeigt Screenshots von Kommunikationen und Dokumenten, deren Echtheit netzpolitik.org nicht unabhängig überprüfen konnte. Laut diesen Dokumenten wurde das Fahrzeug bei der gestrigen Demonstration „beschlagnahmt“ und nicht „sichergestellt“, wie die Polizei in ihrer Kommunikation auf X selbst schreibt. Laut der Künstlergruppe steht das Fahrzeug nun auf einem Polizeigelände in Berlin-Marzahn, die Polizei reagiere nicht auf Anfragen ihres Anwaltes.
„15 Demos und Aktionen verpasst“
Das Künstlerkollektiv kritisiert das Vorgehen der Polizei als Eingriff in die Versammlungs- und Kunstfreiheit. Die fortwährenden und langwierigen Kontrollen der Polizei hätten dazu geführt, dass das Fahrzeug an sehr vielen Protesten gegen Rechtsradikalismus nicht wie geplant teilnehmen konnte, sondern stattdessen festgesetzt worden oder in technischen Prüfungen gewesen sei. Das Zentrum für politische Schönheit hatte im Dezember 225.000 Euro an Spenden gesammelt, um mit dem Mobil vor der Bundestagswahl Proteste gegen Rechtsradikalismus zu unterstützen.
Laut der Pressekonferenz der Aktionskünstler sollte das Fahrzeug täglich im Einsatz sein, durch die polizeilichen Maßnahmen sei die Gruppe in nunmehr 15 Fällen daran gehindert worden, Proteste und Aktionen gegen Rechts zu unterstützen. Legendär war der „Adenauer“ geworden, als das Fahrzeug beim AfD-Parteitag in Riesa plötzlich eine Panne hatte und eine Zufahrtsstraße des AfD-Parteitages blockiert hatte.
Update 11.9.:
Die Berliner Polizei hat nun zusätzlich ein neues, sichtbar verpixeltes Foto auf X gepostet. Sie belässt den Ursprungspost allerdings online.
Polizei Polizei,
gib den Adenauer frei!
🦄
Übersicht über die nâchsten Demos gegen Rechts + Teilnehmendenzahlen (von Polizei und Veranstaltenden) gibts auf https://www.demokrateam.org/
1.238.033 Teilnehmende auf Demos gegen Rechts seit dem 25.01.2025 (konservative Polizeiangaben).
Bereits mehrfach wurden der Polizei Berlin unfaire Methoden vorgeworfen:
„(…) Die Polizei lügt. Nicht generell, aber doch zu oft, um ihre Meldungen ungeprüft zu übernehmen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Polizisten selbst Akteure sind, wenn es also ein Interesse der Behörde gibt, sich selbst in einem günstigen Licht erscheinen zu lassen. (…)“
https://taz.de/Kommentar-zu-Radfahrerunfall/!5586880/
Schade dass es Neonazis bei der Berliner Polizei gibt und diese nicht rausgeworfen werden. Mal sehen, ob die verunsicherten Kollegen euch wegen dieses Kommentars verklagen.
Danke für diesen Beitrag
Die Argumentation der Polizei ist nicht ernst zu nehmen. Denn durch das retuschieren wird bewusst versucht eine andere Realität darzustellen.
Das Argument wäre verständlicher wenn man es stattdessen mit einem Balken zensiert, oder verpixelt hätte. Dann wüsste jeder Leser das etwas geändert wurde.
Wenn Trump mit sowas durchkommt, dann muss es die deutsche Exekutive natürlich auch versuchen…
Dafür dürfte die Medienaufsicht doch zuständig sein, man hat das Bild manipuliert und dies nicht Kenntlich gemacht. Es gelte die gleiche Regeln wie hier auch für die Polizei. Die Frage weshalb man nicht eine Form gewählt hat wobei der Veränderung sichtlich gewesen wäre ist eine gute. Was wollte man damit bezwecken? Zudem hat natürlich auch die Presse die jene Bilder übernommen hat Fehler gemacht und Sie haben den Behörden vertraut das diese Bilder Wahrheitsgemäß sind.
Die Polizei, die die rechtsradikalen Umtriebe in ihrer Organisation nicht in den Griff bekommt oder bekommen will (?), tut alles um die Erstarkung der extremen Rechte nicht zu behindern. Hier müßte dringend mit dem eisernen Besen ausgekehrt werden. Ich traue der Polizei keinen Millimeter.
Ich frage mich sehr, ob es rechtlich zulässig ist, das Fahrzeug derart häufig zu „prüfen“. Das schränkt seine Nutzung und die Bewegungsfreiheit der Mitfahrenden massivst ein. In dieser Ballung kann das kein Zufall sein, da gibt es 99,9% eine entsprechende Order im Hintergrund.
Die Polizei wirft zur Verschleierung mit Bürokratie um sich. Ironischerweise soll Bürokratie eigentlich die faire Behandlung aller gewährleisten. Da die Polizei sich sonst immer so über knappe Mittel beschwert und bereits erhebliche Personalstunden auf der Strecke geblieben sind fragt sich zudem, welche echten Kriminalfälle dafür nicht berarbeitet werden konnten
…
Ich hoffe die Betreiber des Fahrzeugs haben einen langen Atem und wir erfahren irgendwann, wer die Strippen gezogen hat. Es wäre jedenfalls schön, wenn die Behörden bei wirklich ernsten Fällen genauso viel Engagement zeigen.
Zum einen finden all diese Überprüfungen ja nur zur Vermeidung der Gefährdung Dritter und zum Schutz des ZPS vor versehentlichen Verstößen statt, daher wird die StA keinerlei Problem erkennen. Standardvorgehen eines repressiven Apparates.
Zum anderen gibt’s am Ende des Instanzenweges nach vielen Jahren vielleicht ein Urteil gegen die Behörden, was den heute Handelnden dort total egal sein kann wie der Aufwand zum Durchschreiten dieses Instanzenweges. Standardvorgehen eines repressiven Apparates.
„Zum anderen gibt’s am Ende des Instanzenweges nach vielen Jahren vielleicht ein Urteil gegen die Behörden, was den heute Handelnden dort total egal sein kann wie der Aufwand zum Durchschreiten dieses Instanzenweges. Standardvorgehen eines repressiven Apparates.“
Staatliche Akteure tragen leider kein Prozesskostenrisiko.
Es gibt keine Möglichkeit, zu prüfen, wie häufig bereits ein Kfz angehalten und überprüft wurde.
Sowas wird nicht nachprüfbar erfasst.
Wer sich sehr spezielle Einbauten gönnt, die sehr offensichtlich sind, muss eben damit rechnen, immer wieder mal angehalten zu werden.
Geiler Bus, tolle Aktionen, aber diese Steine haben sich die Betreiber:innen selber in den Weg gelegt.
Die werden noch oft kontrolliert werden.
Danke Berliner Polizei!
Dafür, dass ihr immer die notwendige politische Aufmerksamkeit beschafft, die politische Schönheit braucht. Neutralität als ästhetisches Gebot ist schon mal ein Anfang, und auch ein minimalistischer Aspekt künstlerischer Gestaltung.
Macht das Hoffnung darauf, dass polizeiliche Neutralität auch rassistisches Profiling beendet, und interne Chatverläufe zu neutraler Schönheit finden werden? Auch gibt es Straßen und Orte in Berlin, die polizeilich deutlich neutraler zu bewirtschaften wären.
Die Polizei Berlin ist Überzeugungstäterin bei der Verbreitung von Fake Fakts: https://netzpolitik.org/2019/falschmeldung-der-polizei-auf-twitter-der-tuerknauf-des-todes-kommt-vor-gericht/.
Wie der Herr, so’s Gescherr.
Ein Schelm, wer böses denkt.
Allerdings hatte „Schelm“ damals eine andere Bedeutung, heute wäre die korrekte Übersetzung „Schuft“.
Bilder manipulieren? Macht die Polizei Berlin sowas öfters? Ich hab mal nachgefragt:
https://fragdenstaat.de/anfrage/manipulation-von-pressefoto/
Ich hoffe ihr klagt auf Nutzungsausfall und wegen der Schikane. Das sind ja wirklich Gestapo Methoden wenn ohne wirklichen Grund dauernd kontrolliert und schikaniert wird mit em absehbaren Ziel den Einsatzt zu verhindern.
Das Fahrzeug ist gem. Dekra nciht verkehrstauglich.
Hier bekommt man nur Häppchen und manche bilden sich eine Meinung oder festigen diese deswegen.
Quelle: TAZ
„Weil diese noch angeschlossen sind, kommt die Dekra zum Schluss, dass das Fahrzeug nicht verkehrstauglich ist, weil man während der Fahrt die Aufbauten hätte hochfahren können. Die Dekra empfiehlt dennoch die Freigabe an das ZPS und die Weiterfahrt, nachdem die entsprechende Pneumatik außer Betrieb genommen wird. Die Aktionskünstler dürfen ihr Fahrzeug am späten Nachmittag also selbstständig vom Platz fahren, um in der nächsten Werkstatt die Mängel zu beseitigen.“
Tatsache ist also, dass Dekra das Fahrzeug als nicht verkehrstauglich eingestuft hat.
Nichts von wegen illegaler Beschlagnahme oder Schikane.
Einfach nur ein extrem spezielles Fahrzeug und vor Ort kaum prüfbar, weswegen es echte Sachverständige brauchte.
Und wenn die Mängel beseitigt sind, dann darf es wieder mit auf Demos und die Betreiber:innen haben dann hoffentlich alles zur Hand, wenn andere Polizisten wieder Fragezeichen in den Augen haben bei den Konstruktionen.
Steht doch alles drin. Und die Beschlagnahmegründe der Polizei (Totschalter, Absenken, usw.) haben sich alle nicht erwiesen bei der technischen Kontrolle. Man muss schon etwas naiv sein, um hier eine ganz normale technische Überprüfung durch die Polizei zu unterstellen.
Beschlagnahmegründe müssen sich ja nicht erweisen. Ist ja bei Durchsuchungen, zu was auch immer, nicht anders.
Die Maßnahmen dienen auch der Entlastung und in diesen genannten Punkten ist das geschehen.
Die Polizeien haben be- und entlastend zu ermitteln.
Das ist geschehen.
Wer sehr spezielle Fahrzeuge betreibt, muss damit rechnen.
Vor Ort sind diese Dinge kaum prüfbar.
Ich muss mich entschuldigen.
Trotz mehrfachen Neuladens wurden Beiträge nicht angezeigt und ich ging von einem Löschen aus.
Die Gründe der Beschlagnahme müssen sich nicht erweisen.
Die Polizeien haben be- und entlastend zu ermitteln.
Das ist hier geschehen.
Ist bei Durchsuchungen ähnlich. Sie sind legal, aber trotzdem findet man oft nix. Entlastend eben.
Und es gab ja mehr Gründe als nur die genannten, auf sich sich hier alle berufen.
Das Kfz wurde als verkehrsuntauglich vom Hof der Dekra entlassen und muss nur Mängel beseitigen, um sofort wieder losfahren zu dürfen.
Mir geht es darum, dass ich keine Schikane erkenne, denn es gibt keine System, wo man vor Ort einschauen könnte, wie oft ein Kfz bereits kontrolliert wurde.
Gerade Kfz mit sehr speziellen Ein- und Umbauten, die nur noch eine Sachverständige wirklich prüfen kann, haben dieses Problem immer und immer wieder.
Der Bus ist mega, aber hat es sich dadurch selbst auch etwas schwerer gemacht.
Geht diversen Tourbussen- und Demo-LKWs so.
Die Verkehrsuntauglichkeit ist schnell beseitigt und der Bus hoffentlich bald wieder im Einsatz.
Übrigens ist es wenig zielführend, andere als naiv zu bezeichnen, die ebenfalls links sind und sich sachlich geäußert haben.
So kann man einen freundlichen Diskurs auch kaputtmachen und nebenbei die eigenen Reihen spalten.
Rechts hat es so einfach, wenn die anderen sich gegenseitig angehen.