Zukunft der NachhaltigkeitNetzpolitische Höhepunkte der Konferenz Bits & Bäume

An diesem Wochenende gibt es auf der Konferenz Bits & Bäume Veranstaltungen rund um Digitalisierung, Nachhaltigkeit und globale Gerechtigkeit. Die meisten davon werden auch online zu sehen sein. Eine Auswahl der netzpolitischen Highlights.

Bildschirm mit dem Logo von Bits & Bäume
Die zweite Ausgabe von Bits & Bäume startet – Screenshot: Bits & Bäume; Zeichnung: StableDiffusion (a computer monitor surrounded by wood and leaves, painting, highly detailed); Montage: netzpolitik.org

Heute Abend beginnt Bits & Bäume, eine dreitägige Konferenz rund um Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Es ist die zweite dieser Art, die erste war im Jahr 2018. Im Kern geht es „um die gesellschaftlichen und globalen Herausforderungen für eine gerechte und nachhaltige Gestaltung unserer (Um-)Welt“. Die meisten Veranstaltungen werden auch live übertragen und im Anschluss online zur Verfügung gestellt, Tickets gibt es noch bis mindestens heute. Mitglieder der netzpolitik.org-Redaktion sind ebenfalls vor Ort und auf Panels vertreten.

Den inhaltlichen Auftakt macht am Freitagabend um 18.30 Uhr das Eröffnungspodium „Eine andere Digitalisierung ist nötig!“. Hier geht es um die Frage, wie digitale Transformation mit sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit zusammenhängen. Am Samstagmorgen um 10 Uhr gibt die Begrüßung und Programmeinführung eine Orientierung für die nächsten Tage.

Danach präsentieren Forschende und Aktivist:innen aus verschiedenen europäischen Ländern einen Bericht darüber, wie Digitalisierung soziale und ökologischen Krisen derzeit eher verschlimmert. „Digital Reset. Redirecting Tech for the Deep Sustainability Transformation“ startet um 10.30 Uhr auf Englisch.

Über Kolonialismus und Ressourcen

Gleich mit mehreren Veranstaltungen richtet die Konferenz den Blick auf globale Gerechtigkeit und Ressourcenverbrauch. Den Anfang macht am Samstag um 10.30 Uhr ein Workshop mit dem Titel „Warum ist die digitale Ökonomie kolonial?“. Der Workshop will die Mythen der immateriellen Digitalisierung entzaubern und aufzeigen, inwiefern die digitale Ökonomie auf Kolonialismus und Extraktivismus fußt. Extraktivismus bezeichnet eine Wirtschaftsform, die primär auf der Ausbeutung und intensiven Nutzung von Rohstoffen beruht.

Dass der Ressourcenverbrauch nicht nur an globale Grenzen stößt, sondern auch hochgradig ungleich verteilt ist, thematisiert der anschließende Workshop um 12.10 Uhr mit dem Titel „Von Kobalt & Katastrophen. Wie erreichen wir eine ökologisch und sozial-gerechte Ressourcenwende?“.

Parallel dazu bietet um 12 Uhr das englischsprachige Panel zu Digitalisierung und globaler Gerechtigkeit Perspektiven aus dem Globalen Süden auf globale Machtverhältnisse und deren potentielle Angriffsflächen.

Am Sonntag geht es zu Ressourcenverbrauch und gerechter Nachhaltigkeit in zwei parallelen Veranstaltungen weiter: Einen breiten Einstieg bietet ein Workshop um 11.40 Uhr mit dem Titel „Kostet die Digitalisierung die Welt? Zum Strom- und Ressourcenbedarf der Digitalisierung“. Um 12.25 Uhr gibt es im Vortrag „Tiefseebau: Keine Lösung für Rohstoffhunger“ Kritik an Plänen für Tiefsee-Bergbau im Pazifik.

Über Zivilgesellschaft und Widerstand

Um sich ungerechten Verhältnissen entgegenzustellen und Alternativen aufzuzeigen, braucht es die Zivilgesellschaft. Die Sozialwissenschaftlerin Hanna Völkle denkt am Samstag um 13 Uhr Geschlechter- und Klimagerechtigkeit zusammen und legt dar, wie eine geschlechtergerechte sozial-ökologische Transformation gelingen kann.

Im Anschluss findet um 14.30 Uhr ein interaktiver Workshop zur Zukunft der Zivilgesellschaft im digitalen Zeitalter statt. Die Panel-Teilnehmer:innen stellen sich darin die Frage, wie die Zivilgesellschaft im Zeitalter der digitalen Beschleunigung Schritt halten kann, wenn Wirtschaft und Technologie zugleich laufend neue Maßstäbe setzen.

Am Abend um 20 Uhr können Interessierte eine Reise „durch die wunderbare Welt der Anfragen und Klagen gegen deutsche und EU-Behörden“ antreten. Lea Pfau von FragDenStaat zeigt auf, wie Aktivist:innen mit Hilfe des Umweltinformationsgesetzes den Staat dazu zwingen können, Informationen herauszurücken – im Zweifel auf gerichtlichem Wege.

Am Sonntag um 14.30 Uhr sind zwei netzpolitik.org-Redakteur:innen auf der Bühne. Anna Biselli und Constanze Kurz zeigen, was netzpolitisch Aktive von der Umweltbewegung lernen können.

Über Chatkontrolle und Geheimdienste

Frei nach dem Journalisten Arne Semsrott: Wenn Informationsfreiheit Angriff ist, dann ist Verschlüsselung Abwehr. Doch Verschlüsselung ist akut bedroht, und zwar durch den aktuellen Plan der EU-Kommission, eine Chatkontrolle einzuführen. Die Aktivist:innen Tom Jennissen und khaleesi stellen das Vorhaben am Samstag um 15.40 Uhr vor und laden zur Diskussion ein.

Passend dazu bieten die IT-Expert:innen Lilith Wittmann und pajowu am Sonntag um 17.20 Uhr „einen großen Spaß für die ganze Familie“: Unter dem Titel „Geheimdienste enttarnen für demokratische Transparenz“ beleuchten sie nicht nur die Geschichte der deutschen Geheimdienste beleuchten, sondern zeigen auch, wie sie sich verstecken – oder es zumindest versuchen.

Über Blockchain, KI und andere Wundermittel

Im Kampf gegen viele Krisen dieser Welt sollen auch allerlei vermeintliche Wundermittel zum Einsatz kommen: Blockchain, Web3 und KI. Rainer Rehak vom Weizenbaum-Institut entzaubert die Verheißungen von Blockchain und Web3 am Sonntag um 17.00 Uhr.

Um Künstliche Intelligenz dreht sich ein Panel mit Vertreter:innen aus Politik und Zivilgesellschaft. Anne Mollen, Tabea Rößner, Alexandra Geese und Marina Köhn wollen am Samstag um 12.10 Uhr die „wahren Nachhaltigkeitskosten“ von KI aufzeigen und dabei unter anderem Rechenzentren, IT-Infrastrukturen und die großen Plattformen in den Blick nehmen.

Über Alternativen

Bei all den Problemen stellt sich die drängende Frage: Wie sehen die Alternativen aus? Helene von Schwichow forscht zu Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Ihr Workshop am Samstag um 10 Uhr handelt von „Perspektiven auf soziale Nachhaltigkeit und Digitalisierung“. Anhand aktueller Fallbeispiele soll der Workshop Kriterien für eine sozial nachhaltige Digitalisierung entwickeln und dabei Akteur:innen aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft vernetzen.

Das international besetzte, englischsprachige Panel „Building Just and Sustainable Digital Futures“ zeigt am Samstag um 15 Uhr Perspektiven für eine gerechte und nachhaltige Zukunft auf. Es brauche kritische, wissenschaftliche und intersektionale Perspektiven, schreiben die Vortragenden.

Unter welchen Bedingungen Technik gerechter gestalten werden kann, diskutieren um 17 Uhr Expert:innen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft, unter anderem netzpolitik.org-Redakteurin Constanze Kurz. Das Panel hat den Titel:  „Technikgestaltung im Sinne von Nachhaltigkeit und Selbstbestimmung“.

Konkret wird es auch in einem Panel um 16.50 Uhr: „Open Hardware und Recht auf Reparatur: Schnittmengen, Absichten und Ansichten“. Die Diskutant:innen gehen der Frage nach, inwiefern Ersatzteile eine nachhaltigere und empowernde Techniknutzung befördern.

Einen Schritt weiter gehen am Sonntag um 12 Uhr die Teilnehmer:innen des englischsprachigen Panels „Squaring the Circle: On the Road towards a Digital Circular Economy“. Sie fragen sich, ob sozialer Wohlstand immer mit Ressourcenverbrauch verbunden sein muss und diskutieren den „Circular Economy Action Plan“ der EU-Komission. Hinter dem Begriff Kreislaufwirtschaft steht nichts weniger als die Vision einer nachhaltigen Wirtschaft, die sich von der Wirtschaft der letzten Jahrzehnte grundlegend unterscheidet.

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2 Ergänzungen

  1. Danke für die Hinweise! Ohne Euch hätte ich die Bits & Bäume nicht bemerkt!

    Das sind großartige Themen! Mit Energie und Ressourcenverbrauch sind sie top-aktuell und im Zusammenhang mit der „Digitalisierung“ oft vernachlässigt.

  2. Ich möchte mich für den Beitrag „Herrschaftsfreie Informationssysteme? – Ein Versuch, Anarchie, Commons & Informatik zusammenzudenken“ von Christian Ricardo Kühne herzlich bedanken.

    https://media.ccc.de/v/bitsundbaeume-20876-herrschaftsfreie-informationssysteme-ein-versuch-anarchie-commons-informatik-zusammenzudenken

    Jede einzelne der 90 Minuten waren für mich wertvoll. Gerne würde ich mich an einem „Zusammendenken“ beteiligen um IT gegenüber Herrschaft resilienter zu machen, und um Herrschaft in der IT abzubauen. Wie kann man kommunikativ zusammenkommen?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.