Trotz EU-UrteilInnenminister wollen immer noch Vorratsdatenspeicherung

In der Ampel zeichnet sich ein Schlagabtausch zwischen FDP, Grünen und der SPD um die Vorratsdatenspeicherung ab. Die SPD-Innenminister sprachen sich bei einem Treffen in Bayern zusammen mit ihren Kollegen von der Union für eine anlasslose Speicherung von IP-Adressen aus.

Balkone aus Beton
Innenminister:innen aus den Ländern fordern Vorratsdatenspeicherung. (Symbolbild) – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Pascal Meier

Die Landesinnenminister von Union und SPD haben am Dienstag am Rande eines Treffens von Innen- und Justizministern gefordert, dass es nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes auch weiterhin eine IP-Vorratsdatenspeicherung geben soll. Sie wollen laut einem Bericht der FAZ den Raum für eine anlasslose Speicherung, den das Urteil gelassen habe, maximal ausnutzen. „Es geht genau darum, den Rahmen auszuschöpfen, den der Europäische Gerichtshof gelassen hat“, sagte Boris Pistorius, der SPD-Innenminister in Niedersachsen, laut Euractiv

Schon kurz nach der Entscheidung des Gerichts in der vergangenen Woche wurde klar, dass die Frage um die Vorratsdatenspeicherung zu Streit innerhalb der Ampel-Koalition führen wird. Während Bundesjustizminister Buschmann (FDP) eine Vorratsdatenspeicherung klar ablehnte und einen baldigen Gesetzesentwurf ankündigte, hatte sich Bundesinnenministerin Faeser (SPD) für eine mögliche Fortführung der Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen. Die Grünen stehen bislang auf der Position, eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung abzulehnen. 

„Nicht mit Verfassungsordnung vereinbar“

Die FDP lehnt die Forderung laut einer Meldung der dpa weiterhin klar ab: „Die Massenspeicherung der Kommunikationsdaten von Millionen Bürgerinnen und Bürgern ist nicht mit dem freiheitlichen Charakter unserer Verfassungsordnung vereinbar. Auch der Koalitionsvertrag ist glasklar: Eine lückenlose Überwachung von Kommunikationsbeziehungen darf es nicht geben, auch nicht mit Blick auf die IP-Adresse“, sagte der Vize-Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle, am Dienstag im Vorfeld des Ministertreffens. Sie favorisieren derzeit technische Lösungen wie Quick-Freeze, welche statt einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung eingeführt werden sollen.

Ob sich diese Position im Bund durchsetzt, hängt nicht nur von der Standfestigkeit der FDP beim Thema, sondern auch von den Grünen ab. Deren Hamburger Justizsenatorin Anna Gallina hatte am Dienstag Signale zur Diskussionsbereitschaft ausgesandt. Sie forderte „Zeit zur Diskussion“ und verwies schon auf Detailfragen wie die, ob Berufsgeheimnisträger bei der Speicherung von IP-Adressen irgendwie herausgefiltert werden müssten.

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7 Ergänzungen

  1. Kann man die beharrlichen Bestrebungen der SPD-Innenminister verfassungsfeindlich nennen?

  2. Wer die SPD waehlt, bekommt CDU-Politik. Sollten so langsam alle verstanden haben.

    Als naechstes wird Saskia „Feigenblatt“ Esken dann wie immer ein paar beruhigende Statements abgeben, die natuerlich nichts am Handeln der SPD aendern. 3..2..1..

  3. Kann man den I-Ministern nicht strafbewehrte Unterlassungserklärungen (ndt. Abmahnung) zukommen lassen? Auch der Faeser Nancy wird man damit beim Findungsprozess sicher helfend unter die Arme greifen können.

    1. Die Legislative kann nur durch den Wähler sanktioniert werden.

      Die Exekutive in diesem Kontext ebenfalls, von wegen Gewaltenteilung.

      Irgendwann ist den Leuten klar, dass eine offen verfassungskritischen Haltung auch nicht schlechter ist als die etablierten Parteien, und dann statt AfD sowas wie FdI und ab geht’s.

  4. Es ist irgendwo zwischen erschreckend und armselig, wenn man zusieht, wie jetzt der „Spielraum“ des Urteils (aus)genutzt werden soll – und zwar bis auf den letzten Millimeter.
    Wenn der Gesetzgeber so agiert, dann hat das in der Praxis ein Gesetz zur Folge, das der Exekutive keine Fehler zutraut. Schon bei kleinsten Abweichungen der Exekutive würde die gezogene Grenze aber überschritten und man würde direkt im verfassungswidrigen Terrain landen – eine „Pufferzone“ gäbe es so schließlich gar nicht. Man darf dabei annehmen, dass Grenzüberschreitungen von Anfang an in Kauf genommen werden – „der Zweck heiligt die Mittel“ – und de facto trotz des EuGH-Urteils am Ende wieder kein Grundrechtsschutz übrig bleibt.

    1. Das ist das Standardvorgehen. Daher auch die erste Iteration mit einem klar unhaltbaren Gesetz zur Auslotung der gerichtlichen Grenzen.

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