Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) ist seit Anfang des Jahres in vollem Umfang in Kraft, nachdem eine Übergangsfrist zum Jahreswechsel endete. Seither besteht für betroffene Unternehmen die Verpflichtung für ein Beschwerdemanagement, um rechtswidrige Inhalte einer schnellen Löschung zuzuführen. Das NetzDG passierte im Juni 2017 den Bundestag und droht Anbietern sozialer Netzwerke ein Bußgeld an, die kein solches Beschwerdemanagement vorhalten, um rechtswidrige Inhalte umgehend zu löschen. Die Kritik an dem Gesetz war heftig, vor allem deswegen, weil es den Plattformen einseitige Pflichten auferlegt. Um den Bußgeldern zu entgehen, sind tendenziell Inhaltslöschungen für die Unternehmen der bequemere Weg.
Über das NetzDG wacht das Bundesamt für Justiz in Bonn. Hierhin können sich Menschen wenden, wenn sie annehmen, strafrechtlich relevante Inhalte seien zu Unrecht nicht gelöscht worden und damit weiterhin sichtbar. Wichtig ist das „nicht“, denn im gegenteiligen Fall, wenn also ein Inhalt zu Unrecht gelöscht wurde, ist das Amt nicht zuständig. Erfasst werden daher dort keine Fälle, bei denen Inhalte verschwunden sind.
Aktuelle Zahlen zeigen, dass bisher 318 Meldungen beim Bundesamt für Justiz eingegangen sind. Diese Zahlen vom Bundesamt gehen aus einer Antwort auf eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz hervor. Es gab an, es seien …
… seit Inkrafttreten des [NetzDG] am 1. Oktober 2017 bis zum 20. April 2018 insgesamt 318 Meldungen wegen möglicher Pflichtverstöße gegen das NetzDG eingegangen […] Von den eingegangenen 318 Meldungen stammten 311 von Nutzern und 7 von sonstigen Stellen.
311 der Meldungen stammen also von Bürgern. Dabei sind nach Angaben des Sprechers des Bundesamtes, Thomas Ottersbach, nicht nur Fälle enthalten, die inhaltliche Beschwerden sind, sondern auch weitere Meldungen an das Amt, etwa wenn Ansprechstellen bei Unternehmen fehlen. Die sieben sonstigen Stellen sind nach Angaben des Pressesprechers vor allem staatliche Behörden, insbesondere Staatsanwaltschaften.
Keine Bußgeldbescheide
Gefragt nach einer Aufschlüsselung nach Monaten ergab sich mit 174 der Januar als Monat mit den meisten Meldungen. Im Februar und März sanken die Zahlen auf 77 und 48, stiegen aber im April wieder auf 93. Die Anzahl der Meldungen ist also mit dem Abebben der Presseberichte nicht gesunken, sondern hat sich quasi auf niedrigem Niveau eingependelt.
Ottersbach verweist auf die furchterregenden Zahlen von bis zu 25.000 Meldungen, die in der hitzigen politischen Debatte um das NetzDG erwartet worden waren, von denen die Realität aber weit entfernt sei. Er zeigte sich im Gespräch mit netzpolitik.org ausgesprochen zufrieden, dass in der Praxis des NetzDG trotz der vorausgehenden „Dramatik“ über die Zahlen nicht übermäßig viele Meldungen eingegangen seien. Die Befürchtungen vor allem von den Oppositionsparteien seien schlicht nicht eingetroffen.
Allerdings: Zu einem möglichen Overblocking durch die Netzwerke selbst hat das Amt natürlich keine Zahlen vorliegen. Ottersbach räumt das zwar ein, gibt aber zu bedenken, dass eine Vielzahl fälschlicher Löschungen sicher nicht ohne öffentliche Aufmerksamkeit geblieben wäre. In den Löschzentren arbeiteten zwar beispielsweise bei Facebook über einhundert Personen, aber er hätte bisher keine Anhaltspunkte für ein Overblocking. Ottersbach empfiehlt, man solle zunächst in Ruhe die Evaluierung abwarten, da im Sommer die Berichte der betroffenen Unternehmen veröffentlicht werden. Jeder Bürger könne sich in einigem Detail dann selbst informieren, soweit eine Berichtspflicht bei den Unternehmen bestehe.
Neben den Meldungen der Bürger und staatlichen Stellen geht es beim NetzDG auch um die Bußgelder: Bisher hat das Bundesamt keine Bußgeldbescheide erlassen. Ottersbach schließt daraus, es hätte bis Mai kein „systemisches Versagen“ gegeben. Die Aufregung um das NetzDG sei insofern übertrieben gewesen. Eine Aufhebung des Gesetzes, wie beispielsweise von der FDP gefordert, halte er für falsch. Denn der Zustand heute – also nach Inkrafttreten des NetzDG – sei eine Verbesserung gegenüber der Situation im letzten Jahr.
Beim NetzDG an Ländern wie China und Iran orientiert
Die Zahlen zu den Meldungen beim Bundesamt für Justiz sind zwar gering, dennoch reißt die Kritik am NetzDG nicht ab und erreichte sogar die Vereinten Nationen. Die Organisation Reporter Ohne Grenzen, die eine umfangreiche kritische Stellungnahme zum Gesetz abgegeben hatte, meldet, dass sich die deutsche Regierung bei dem umstrittenen Gesetz gewissermaßen an Ländern wie China und Iran orientiert hätte. Dabei geht es um eine turnusmäßige Überprüfung Deutschlands durch den UN-Menschenrechtsrat, der die Kritik am NetzDG bereits zur Kenntnis genommen hat. Im Rahmen der Prüfung muss sich Deutschland der Kritik anderer Staaten stellen:
Problematisch ist mit Blick auf die Pressefreiheit, dass die Bundesregierung nach eigener Aussage zwei Empfehlungen von Iran und China „akzeptiert“ habe. […] Die Bundesregierung führt dazu aus, dass die iranisch-chinesischen Empfehlungen unter anderem mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) aufgenommen wurden.
Die Aussage findet sich im Anhang zu Deutschlands Staatenbericht (PDF). Tatsächlich gibt sich die Bundesregierung darin die Blöße, eine Forderung Irans und Chinas zu akzeptieren, die von Deutschland Maßnahmen gegen rassistische und fremdenfeindliche Sprache im Internet und in den Medien verlangen. Unter anderem durch das NetzDG sei Deutschland dem nun nachgekommen. Dass jedoch beide Länder in Sachen Presse- und Meinungsfreiheit wohl kaum als Vorbild gelten können, braucht nicht betont zu werden.
Pressesprecher Ottersbach will den Staatenbericht der Bundesregierung übrigens nicht kommentieren, das sei „Sache der Politik“, nicht die seines Amtes.
„mögliches Overblocking“, wenn ich sowas schon lese.
Hunderte Accounts auf Facebook und Twitter wurden gebannt und zehntausende Beiträge von Kritikern des MerkelRegimes zensiert.
Euch grünlinken Clowns die so tun als würden sie sich für Netzpolitik interessieren kommt es doch gerade recht. Aber ich verspreche euch, eines Tages wird das Pendel zurückschwingen und dann werdet ihr euer schweigen zurückbekommen.
Und bin viel Spaß beim üblichen „haha fol der plöde räschte Troll“ bashing.
Das siehst Du falsch: Rechtsextremismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.
Ist auch richtig so. 12 Jahre haben völlig gereicht.
Iran und China, man kann viele andere dazunehmen, nur die haben völlig andere Kulturen als ihre Nachahmer der Bunten Republik. Diese linksgestrickte „Politik“ ist indiskutabel. Wie oben auch geschrieben, wird das massenhafte Löschen durch die „Anbieter“, wie Youtube, Facebook &. co nicht eingerechnet.. Die Kahane-Connection wütet ja schon recht lange auf Steuerzahlerkosten und bei den Öffentlich Rechtlichen fragt man sich auch, auf welchem Mond deren Chefs leben. Da gab es doch einen „Faktenfinder“, der wohl auch als fake-Erfinder herhalten könnte. Oder als Propagandakompanie der Bundeswehr, der NATO, der Chinesischen Volksarmee oder der iranischen Revolutionsgarden. In der Tat fühlen sich wohl viele immer ähnlicher einem Wesen in einer Diktatur.
Der Vater des NetzDG Saarländer Maas hatte sich wohl in „seinen“ Wahlkreis Zwickau verirrt und wurde dort ausgepfiffen. Dafür wurde dieses lowlife jetzt Außenminister. Vielmehr Verachtung für den Willen der Bevölkerung eines Landes kann niemand auf die Waage bringen.
Natürlich ist rassistische und fremdenfeindliche und reaktionäre Sprache im Internet und in den Medien ein Problem. Wenn allerdings totalitäre bzw. autoritäre Staaten wie Iran und China dagegen Maßnahmen verlangen, ist das Motiv sicher ein anderes. Der gemeinsamme Feind der Xi Jinpings, Bernd Höckes, Erdoğans, Orbans und Trumps dieser Welt ist ja die liberale Freiheit, sind die liberalen Kräfte. Das freiheitliche, liberale, aus der Aufklärung und dem Erbe verheerender Kriege entstandene Denken, steht unter Druck, wird aber bleiben. Da können die Bösmenschen machen was sie wollen.
Da sehe ich mittlerweile große Gefahren. Wir bewegen uns zurzeit eher zurück in den Muff von tausend Jahren.