Die Woche begann zunächst vielversprechend mit der Mausrede des Tages. Diesmal von der CIA, die bekanntgab, „aus Versehen“ eine der wenigen Kopien des 6.700 Seiten starken Folter-Reports gelöscht zu haben.
Jeden Freitag fassen wir in unserem Netzpolitischen Wochenrückblick die wichtigsten Themen der Woche zusammen. Ihr könnt ihn auch als Newsletter abonnieren.
Neues Anti-Terror-Paket der Bundesregierung
Pseudonymes Telefonieren mit dem Handy könnte bald der Vergangenheit angehören. Wie wir erfahren haben, plant die Bundesregierung, schon am nächsten Mittwoch den Entwurf für ein neues Anti-Terror-Gesetz im Kabinett zu beschließen. Dabei gibt es viele gute Gründe für pseudonyme Prepaid-SIM-Karten, wie die massenhafte Überwachung von Mobilfunkanschlüssen. Ein Gutachten der EU-Kommission kam schon vor drei Jahren zu dem Schluss, dass eine Registrierung nicht gegen Terror und Straftaten hilft. Jetzt soll das Gesetz wohl im Eiltempo beschlossen werden, ohne Verbände und Zivilgesellschaft zu beteiligen.
(Schnelles) Internet haben oder nicht haben
Im Bundestag wurde diese Woche der Breitbandausbau diskutiert. Genauer gesagt daran vorbei diskutiert. Statt über Details des Gesetzentwurfes zu beraten, lobten sich die Regierungspolitiker selber. So ist die Finanzierung weiterhin ungeklärt und von einer Gesamtstrategie kann angesichts der vielen Einzelmaßnahmen auch nicht gesprochen werden.
Deutschland hängt aber nicht nur bei den Breitbandanschlüssen international hinterher, sondern auch bei öffentlichen WLAN-Hotspots. Das liegt vor allem an der Störerhaftung bzw. den damit zusammenhängenden Abmahnungen. Die Rechtsanwältin Beata Hubrig dazu im Interview: „Wir haben ein Problem mit der Anwendung des Gesetzes durch unsere Gerichte.“
Komplett abgeschaltet wurde das Internet im Irak jüngst für mehrere Stunden. Die Regierung wollte damit Schummeleien bei den standardisierten Prüfungen der Sechstklässler verhindern.
Evangelische Kirche bietet zukünftig alternativen Zugang zur Cloud
Nachdem letzte Woche Pläne der GroKo zur Abschaffung der Störerhaftung öffentlich wurden, kommt nun Schwung ins Thema. Die evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz will nämlich rund 3.000 offene WLAN-Hotspots in ihren Kirchen einrichten. Erfreulich am Projekt „Godspot“ ist, dass dabei auf Werbung verzichtet wird und auch auf Datensparsamkeit geachtet werden soll.
Zweifacher Einsatz durch Verbraucherzentralen
Die Hotspot-Pläne von Unitymedia hingegen führten zu einer Abmahnung durch die Verbraucherschutzzentrale NRW. Die Verbraucherschützer kritisierten, dass die Hotspot-Funktion standardmäßig auf den Routern der Kunden aktiviert sei und man erst bei Widerspruch aus dem Programm genommen wird, wobei man anschließend auch nicht mehr über die offenen Hotspots anderer Kunden surfen kann. Problematisch ist außerdem, dass man nur mit den Standardroutern von Unitymedia am Hotspot-Programm teilnehmen kann. Dies könnte als Routerzwang durch die Hintertür interpretiert werden.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen konnte einen Sieg vor Gericht feiern. Das Berliner Kammergericht verpflichtet WhatsApp dazu, seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) auf Deutsch zur Verfügung zu stellen.
Das Gericht stellte fest, dass die Nutzungsbedingungen ein „umfangreiches, komplexes Regelwerk von sehr, sehr vielen Klauseln“ seien. Kommt WhatsApp der Anordnung des Gerichts nicht nach, drohen dem WhatsApp-CEO Jan Koum ein Ordnungsgeld von 250.000 Euro oder eine bis zu sechs Monate lange Ordnungshaft.
Niederlande setzt sich für die Netzneutralität in Europa ein
Erfreuliche Nachrichten gab es diese Woche aus den Niederlanden. Das niederländische Parlament verabschiedete ein Gesetz, das Zero-Rating auf nationaler Ebene verbietet. Damit führt die Niederlande ihre Bestrebungen zu starken Netzneutralitätsrichtlinien fort. Diese Neuigkeit stimmt positiv auf den derzeit laufenden Prozess der Umsetzung der EU-Netzneutralitätsrichtlinie. Die Hoffnung ist, dass die niederländische Entscheidung und ein Einsatz der Öffentlichkeit dazu führen, dass EU-weit starke Regelungen zur Netzneutralität etabliert werden.
Union setzt sich für mehr Vorratsdatenspeicherung ein
Wir predigen es schon lange: Ist ein Überwachungsinstrument erst einmal eingeführt, wird es kontinuierlich verschärft werden. Angesichts der (relativ) neuen Konkurrenz von rechts versucht die CDU/CSU nun, mit dem Thema Innere Sicherheit zu punkten (siehe Anti-Terror-Paket). Der neuen Leitlinie folgend fordert die Union nun die Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung.
Mit der Reformierung von Überwachungsinstrumenten hat sich in der letzten Woche eine Fachtagung von sechs NGOs beschäftigt. Konkret ging es um die parlamentarische Kontrolle deutscher Geheimdienste – von den Diskussionen berichtet Ingo Dachwitz.
Von Shitstorms und Drohnen
Die „Forschungs- und Beratungstelle Cybercrime“ des Bundeskriminialamts hat sich im Rahmen ihrer Studienreihe „Hacktivismus“ mit Shitstorms und Informationskampagnen auseinandergesetzt. Die große Mehrheit der 1.000 befragten Unternehmen schätzt die davon ausgehende Gefahr als „eher gering“ bis „sehr gering“ ein. Im Gegensatz zu den Autoren: Die erklären erst gar nicht, was sie unter Shitstorms verstehen, und ziehen keine Grenze zwischen dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Straftaten.
Während die Bundesregierung noch überlegt, wie sie die Drohnennutzung regulieren soll, ist man in den USA schon weiter. Dort gibt es nun zumindest „Freiwillige Handlungsempfehlungen“ zum Umgang mit Drohnen.
Wir sind Kunstausstellung
In einer Ausstellung des Hartware MedienKunstVerein in Dortmund kann man bis Mitte August erfahren, was Hacktivisten, Whistleblower und (Internet-)Vigilanten verbindet. Auch wir sind mit einem Exponat in der Ausstellung vertreten.
Fernseh-, Podcast- und Recherchetipps fürs Wochenende
Bevor die Beiträge wieder aus der Mediathek verschwinden, sollte man noch die Chance nutzen, um „Das Leben der Anderen“ und die ZDF-Doku „Killerspiele! Der Streit beginnt und eskaliert“ anzusehen.
Außerdem sind seit dieser Woche 280 Vorträge der re:publica TEN als Audio-Podcast abrufbar. Auch zu empfehlen ist der Podcast „Vom Kryptotrojaner bis zum Botnetz – wie gefährdet sind unsere Rechner?“
The Intercept öffnete Anfang der Woche den Zugang zu einem internen Newsletter der NSA.
Das seit Herbst 2015 gelaufene Projekt „Effi Beißt“ ist nun abgeschlossen. Wir wollen die Chance nutzen, um nochmal Salomon, Helene, Aljoša, Alexander, Katrin und Clemens für ihre wunderbare Arbeit zu danken, die uns unter anderem auch mit diesem Video versorgt hat:
„Plant die Bundesregierung schon am nächsten Mittwoch ein neues Anti-Terror-Gesetz im Kabinett zu beschließen.“ So weit is es bei uns Gott sei Dank noch nicht, Gesetze kann nur das Parlament beschließen. Gemeint war wohl ein Gesetzentwurf?
Der Unterschied ist bei dieser GroKo nur ein formaler.
Genau so ist es. Ist korrigiert.