Körperscanner und Alarmsysteme: EU-Kommission fordert neue Standards an europäischen Flughäfen

Wie angekündigt legte die EU-Kommission heute einen Vorschlag für einheitliche Luftsicherheitskontrollen an Flughäfen vor. Geplant ist ein EU-weites Zertifizierungssystem für „Durchleuchtungsgeräte“ sowie für standardisierte Alarmsysteme. Die Bundespolizei ist schon einen Schritt weiter.

Der Quick Personal Scanner 200 von Rhode&Schwarz am Flughafen Hannover. (Bild: Bundespolizei).

Die Europäische Kommission fordert die Einrichtung eines EU-weit einheitlichen Zertifizierungssystems für Luftsicherheitskontrollen. Dies beträfe unter anderem die bislang üblichen Luftsicherheitskontrollen mit Metalldetektorschleusen, die dann durch Körperscanner der neuen Generation ersetzt würden. Anvisiert sind auch einheitliche „Alarmanlagen“. Der heute veröffentlichte Vorschlag betrifft jegliche „Sicherheitsausrüstung“, die zur Kontrolle von Personen, Handgepäck, aufgegebenem Gepäck, Bordvorräten, Luftfracht und Luftpost benötigt wird.

Die Kommission hat die Initiativen bereits vor einem Jahr in der Europäischen Sicherheitsagenda angekündigt. Schon damals lag der Fokus allerdings nicht auf dem vermeintlichen Sicherheitsgewinn, stattdessen wurde die „Notwendigkeit einer wettbewerbsfähigen Sicherheitsbranche der EU“ betont. Auch im heute vorgelegten Vorschlag steht die „Steigerung der globalen Wettbewerbsfähigkeit der EU-Industrie“ im Mittelpunkt. Einheitliche Kontrollen leisten demzufolge einen Beitrag zum „ordnungsgemäßen Funktionieren des EU-Binnenmarkts“.

Luftsicherheitskontrollen verheißen Milliardenumsatz

Die Technologie für Luftsicherheitskontrollen ist nach Angaben der Kommission äußerst lukrativ. Demnach beläuft sich der jährliche Umsatz schon jetzt auf 14 Milliarden Euro weltweit, davon 4,2 Milliarden in der Europäischen Union. Flughäfen und Flugverkehrsdrehkreuze zählen laut dem Papier zu den Sektoren mit dem größten globalen Wachstumspotenzial, die Kommission spricht von einer „starken Ausrichtung auf die asiatischen Märkte“.

Das geplante Zertifizierungssystem basiert auf Regelungen der Europäischen Zivilluftfahrtkonferenz (ECAC). Zuletzt wurden die technischen Spezifikationen und Leistungsanforderungen für an EU-Flughäfen verwendete Ausrüstungen im Jahr 2008 erneuert. Die dort enthaltenen Bestimmungen sind jedoch „angesichts der Folgen, die eine breite Publikmachung für die nationale Sicherheit in den Mitgliedstaaten der EU haben könnte“, geheim. Nur Personen, Unternehmen oder Organisationen, die über eine entsprechende Sicherheitsüberprüfung verfügen, dürfen diese einsehen.

In einer Durchführungsverordnung der Kommission vom Herbst letzten Jahres wird die Nutzung von Körperscannern bereits EU-weit bestimmt. Allerdings enthält die Verordnung keine Angaben über die technischen Spezifikationen der Geräte, geregelt wird lediglich ihr Einsatz. Die Nutzung der Scanner kann demnach von den Passagieren verweigert werden. Vor der Kontrolle müssen die Fluggäste über die eingesetzte Technologie, die mit ihrem Einsatz verbundenen Bedingungen und die Möglichkeit der Verweigerung unterrichtet werden. Laut Digitalcourage erfolgt dies jedoch häufig nicht.

Rohde & Schwarz rüstet deutsche Flughäfen aus

Das deutsche Bundesinnenministerium dürfte die geplanten Standards längst erfüllen. Der Elektronikkonzern Rohde & Schwarz erhielt den Auftrag zur Beschaffung von 300 weiteren Körperscannern samt nötigem Zubehör. Laut einer Pressemitteilung des Unternehmens hat das Beschaffungsamt im Bundesinnenministerium einen entsprechenden Rahmenvertrag unterzeichnet.

Rohde & Schwarz wirbt damit, dass die neuen Geräte des Typs „Quick Personal Scanner 200“ metallische und nichtmetallische Gegenstände erkennen, „egal ob hart, biegsam, flüssig“. In der Luftsicherheit gehören hierzu als neue Bedrohungen auch Foliensprengstoffe oder selbstgedruckte Waffen. Diese können auch in Schuhen, Kopfbedeckungen oder medizinischen Verbänden gefunden werden. Möglicherweise kommen die Scanner auch andernorts zum Einsatz, Rohde & Schwarz nennt etwa Sicherheitsschleusen in Ministerien.

Die „Quick Personal Scanner 200“ funktionieren auf Basis von Millimeterwellen-Technologie. Die verwendete Strahlung liegt laut dem Hersteller um das Hundert- bis Tausendfache unter der eines Mobiltelefons und sei deshalb gesundheitlich unbedenklich. Die Technik ist als „Walk Through“ konzipiert. Reisende stellen sich vor einer Wand mit 32 Lamellen auf, in denen mehrere Tausend Sender und Empfänger der Millimeterwellen verborgen sind. In der Variante „Quick Personal Scanner 100“ müssen sich die Passagiere einmal umdrehen, beim jetzt beschafften Typ mit einer gegenüberliegenden Wand entfällt das.

Insgesamt mehr als 400 Körperscanner verfügbar

Die 300 neuen „Quick Personal Scanner 200“ sollen die bisher an Flughäfen genutzten Metalldetektorschleusen ersetzen. Letztes Jahr hatte das Bundesinnenministerium hierzu bereits 108 Körperscanner des US-amerikanischen Unternehmens L-3 Communications aufgestellt. Die rund 16,5 Millionen Euro teuren Geräte stehen in Frankfurt/Main, Stuttgart, Hamburg, Düsseldorf, Köln und Berlin-Schönefeld. Bauartbedingt können mit den Scannern von L-3 Communications kleine und besonders große Personen nicht kontrolliert werden.

Frühere Generationen von Nackt- und Körperscannern fielen noch durch zu hohe Fehlermeldungen auf. Hierzu gehörten unnötige Alarme oder auch Fehlalarme. Anfangs waren die per Scan kontrollierten Personen auf den Bildern gut erkennbar, was den Geräten die Bezeichnung „Nacktscanner“ einbrachte. Das Sicherheitspersonal erblickte beispielsweise Intimpiercings oder auch künstliche Darmausgänge. Bei den Geräten von Rohde & Schwarz zeigt der Bildschirm nur noch eine symbolische Grafik der untersuchten Person.

14 Ergänzungen

  1. Solche Technik bringt immer nur etwas, wenn die „anderen“ nicht schon zwei Generationen weiter wären

    Doch im Schatten liegt manchmal auch das Licht verborgen

    1. Die Körperscanner hießen früher sachlich richtiger Nacktscanner. Regt heute niemanden mehr auf. Aber gut, die Schlafschafe gehen eben durch die Nacktscanner. Der Terrorist Ahmed würde sowas umgehen. Erfreulicherweise gibt es nicht so viele Bekloppte, die sich in die Luft jagen wollen. Die Wahrscheinlichkeit eines Flugzeugabsturzes aus technischen Gründen ist deutlich höher.

  2. Ich denke, dass jeder ernsthafte Bombenanschlag auf ein Flugzeug gelingen wird, wenn der Attentäter dabei sein eigenes Leben opfert.
    Eine Stange Dynamit kann von keinem Metalldetektor in oder an einem Menschen gefunden werden.
    Zur Zündung benötigt man nur ein handelsübliche Streichholz.

    Viele Grüße
    H. J. Weber

    1. Dynamit brennt gut – aber zur Zündung ist immer noch ein externer Impuls nötig. Schade, dass manche Menschen sich so schlecht auskennen.

      1. Noch nie gesehen, dass Dynamitstangen auch eine Zündschnur haben können, die mit jeder offenen Flamme (vorzugsweise einem Streichholz) angezündet werden kann?
        Nur für die Zündung von Plastiksprengstoffen benötigt man Spezialzünder.
        Aber wie so eine Zündschnur funktioniert, die direkt in die Dynamitstange führt, bzw. wie die Dynamitstange zur Explosion gebracht werden kann, können die „Experten“ aus der Runde nachlesen unter:
        http://www.spiegel.de/einestages/dynamit-erfinder-nobel-a-948494.html
        Viele Grüße
        H. J. Weber

        1. … elektronische Zündsysteme waren im 18. Jahrhundert doch recht verbreitet!
          Wie kannst du des anzweifeln tun?

  3. Ich mein‘ es ist schon Lustig, wonach wollen diese Leute suchen?
    Wenn ich einen Anschlag auf ein Flugzeug plane, dann würde ich mich in das Personal der Reinigungskräfte (Leiharbeit, Dumpinglöhne) einschleichen und die Bombe/n im Cockpit und an den Notausgängen platzieren … soviel zum Thema Anschlag!

    Dieser Link passt sehr schön zum Thema „Nacktscanner“ -> http://bazomg.de/index.php/2010/08/12/x-ray-pinup-kalender/

    1. Egal dumping Lohn oder nicht. Man muss zuverlässigkeitsüberprüft sein. Ebenfalls muss nach §8 LuftSiG der Flugplatzbetreiber die Mitarbeiter durchsuchen wie einen Passagier. So einfach wie es sich manch einer vorstellt ist das alles nicht….

  4. Die wichtigste Frage: Sind diese Scanner offline? Oder werden „Rohdaten“ der absoluten Nacktheit in „Ausnahmefällen“ an „besonders befugte“ (aber nicht legitimierte) Dritte weitervermittelt?

    1. Öhm Zitat:“Die Nackscanner in den USA hatten die Nacktbilder automatisch auf ihrer Festplatte gespeichert. Der Hersteller hatte sie dafür eingestellt und ausgeliefert. Und beim turnusmäßigen Austausch der Geräte wurden auch die Festplatte ausgetauscht. Praktisch, nicht wahr? Über 30.000 Nacktbilder waren es. Das lohnt sich schon.“
      Quelle: http://www.abatz.de/2010.html

  5. Es ist ja alles gut und schön, aber wer sein Leben einsetzt und eine Stange Dynamit in ein Flugzeug schmuggeln will, ist auch durch Nachtscanner nicht zu erkennen.
    Er geht während des Fluges auf die Bordtoilette, zündet die Zündschnur an und dann ist es vorbei.

    Viele Grüße
    H. J. Weber

  6. Gemäß der:

    „DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2015/1998 DER KOMMISSION vom 5. November 2015 zur Festlegung detaillierter Maßnahmen für die Durchführung der gemeinsamen Grundstandards für die Luftsicherheit ((Amtsblatt der Europäischen Union (ABl.) L 299/1 vom 14.11.2015))

    Die Benutzung von Köperscannern (Nacktscanner) ist für Fluggäste freiwillig!

    Siehe Auszug aus der DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2015/1998 DER KOMMISSION“ (Quellenangabe: URL: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32015R1998&from=DE ab Seite 16);

    4.1. KONTROLLE VON FLUGGÄSTEN UND HANDGEPÄCK


    4.1.1.10.


    Fluggäste haben das Recht, die Kontrolle mit einem Sicherheitsscanner zu verweigern. In diesem Fall ist der Fluggast durch eine alternative Methode zu kontrollieren, die mindestens eine Durchsuchung von Hand gemäß Anlage 4-A des Durchführungsbeschlusses C(2015) 8005 der Kommission umfasst.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.