Bundesregierung verweigert NSA-Untersuchungsausschuss Informationen zu Vorwürfen gegen Snowden

Im Streit um die Aufnahme Edward Snowdens in Deutschland und eine Befragung vor dem NSA-Untersuchungsausschuss hält die Bundesregierung Informationen zurück. Sie habe mittlerweile ein Schreiben des US-Justizministeriums zu den Strafvorwürfen erhalten, dürfe es aber nicht weitergeben. Bald ist die Zeit für eine Anhörung Snowdens abgelaufen.

Die Bundesregierung verschleppt die Klärung der Frage nach Asyl für Edward Snowden seit mehreren Jahren.

Der Streit um die Vernehmung von Edward Snowden, dem Zeugen Nr. 1 im NSA-Untersuchungsausschuss, findet kein Ende. Die Vernehmungen neigen sich dem Ende zu, und es wäre illusorisch, noch mit einer Anhörung Snowdens zu rechnen. Dabei ist er derjenige, der all die Untersuchungsarbeit ausgelöst hat. Zuletzt haben Martina Renner und Konstantin von Notz, Obleute von Linken und Grünen im Ausschuss, den Streit dem Bundesgerichtshof vorgelegt, um eine Abstimmung und Zustimmung zu der Vernehmung Snowdens und dem Rechtshilfeersuchen zu erwirken. Denn die Bundesregierung verschleppt es seit zweieinhalb Jahren, die Prüfung der Voraussetzungen für eine Anhörung Snowdens in Deutschland abzuschließen.

Martina Renner hat deshalb nochmals bei der Bundesregierung nachgefragt, was diese denn überhaupt unternommen hat, um herauszufinden, was Snowden in den USA konkret vorgeworfen wird und welche Antworten und Informationen sie dazu erlangt hat. In der Fragestunde des Bundestages wurde am 19. Oktober geantwortet (siehe Fragen 26 und 27). Am Tag zuvor richtete das Justizministerium (BMJV) ein Schreiben an Patrick Sensburg, den Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses. Die Aussage in beiden Fällen: Das US-Justizministerium habe der Bundesregierung Informationen zu den Strafvorwürfen gegenüber Snowden übermittelt, aber:

Das amerikanische Justizministerium hat mitgeteilt, dass einer Herausgabe des Schreibens nicht zugestimmt werden könne. Dies wird damit begründet, dass ein Teil der in dem Schreiben enthaltenen Informationen durch das zuständige Gericht als vertraulich eingestuft worden sei und daher nur für die Zwecke der Festnahme und Auslieferung von Edward Snowden Verwendung finden dürfe.

An anderen Stellen, beispielsweise den Verfahrensbevollmächtigten und Anwälten Snowdens, habe man nicht nach Informationen gefragt. Schließlich sei das US-Justizministerium der Ansprechpartner der Regierung. Doch in Teilen ist das, was die US-Regierung Snowden vorwirft, längst presseöffentlich bekannt: Kurz nach Beginn der Veröffentlichung der geleakten Dokumente wurde eine Strafanzeige veröffentlicht, in der Snowden „Diebstahl, unbefugte Weitergabe von Informationen bezüglich nationaler Verteidigung und Weitergabe eingestufter Geheimdienstinformationen an unbefugte Personen“ vorgeworfen werden. Das ermöglicht eine Haftstrafe von bis zu dreißig Jahren.

Es ist nicht zu erwarten, dass Snowden in den USA ein faires Verfahren und eine angemessene Behandlung bekommen wird. Der Umgang mit anderen Whistleblowern wie Chelsea Manning, die zu 35 Jahren Haft verurteilt wurde, haben demonstriert, dass die gesellschaftliche Relevanz der Enthüllungen in den USA kein Kriterium für eine Strafminderung ist. Manning verbrachte in den Jahren 2010 und 2011 neun Monate in Isolationshaft, auch später wurde immer wieder mit dieser Maßnahme gedroht.

Was man bei einem Auslieferungsersuchen im Falle eines Aufenthalts Snowdens in Deutschland machen würde, darüber habe man sich noch nicht geeinigt. Man wolle dazu eine Besprechung durchführen.

Martina Renner kommentiert dazu gegenüber netzpolitik.org:

Seit zweieinhalb Jahren verhindert die Bundesregierung die Zeugenvernehmung von Edward Snowden im NSA-Untersuchungsausschuss. Man weigert sich insbesondere im BMJV, die Fragen nach sicherer Einreise und zu Auslieferungsschutz zu beantworten. Die Ausrede dafür: Man müsse erst die US-Regierung nach den Strafvorwürfen gegen Snowden befragen. Diese Fragen zu formulieren, dauerte dann anderthalb Jahre. Das wird von der Opposition als blanke Verzögerungstaktik gerügt und immer wieder nachgefragt. Jetzt ist eine Antwort aus Washington eingegangen. Aber das Parlament darf diese Auskunft nicht lesen oder erfahren. In der Zwischenzeit durfte der Bundesverfassungsschutz-Präsident Maaßen ohne entsprechende Belege behaupten, dass Snowden ein russischer Agent sei.

Mit dem Verweis auf vertrauliche und geheime Informationen will die Bundesregierung die Zeugenvernehmung von Snowden verhindern. Der Untersuchungsausschuss und das Parlament werden auf diese Weise der Lächerlichkeit preisgegeben.

Tatsächlich ist die Verzögerungstaktik deutlich erkennbar. Angesichts der verbleibenden Zeit im Untersuchungsausschuss hält man die Abgeordneten hin, bis es bald – zumindest für den aktuellen Ausschuss – zu spät sein wird.


Brief des Justizministeriums an Patrick Sensburg

Datum: 18. Oktober 2016

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

das U.S. Department of Justice hat mit Schreiben vom 13. Oktober 2016 auf die Anfrage des Bundesamtes für Justiz nach ergänzenden Informationen zu dem Ersuchen um vorläufige Inhaftnahme von Edward Snowden geantwortet.

Das U.S. Department of Justice hat wie beim vorherigen Schreiben in dieser Sache um vertrauliche Behandlung gebeten. Die Bundesregierung bedauert, sich daher nicht in der Lage zu sehen, das Schreiben entgegen der vom U.S. Department of Justice geäußerten Bitte um Wahrung der Vertraulichkeit an den Untersuchungsausschuss zu übermitteln. Ich bitte Sie dafür um Verständnis.

Mit freundlichen Grüßen,

Christiane Wirtz

17 Ergänzungen

  1. Ich habe sehr viel Verständnis dafür, dass man äußerst diplomatisch und verschwiegen umgeht, damit die freundschaftliche, vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen der US-Regierung und unserer Regierung nicht gestört wird, und ich muss auch dieses Schreiben des U.S. Departments of Justice tatsächlich nicht einsehen.

    Aber ich habe überhaupt gar kein, nicht das geringste Verständnis dafür, warum man sich noch überlegen muss, was zu tun sein wird, wenn der Verteidiger der US-Verfassung und unseres Grundgesetzes, Edward Snowden, um nicht-Auslieferung an das Land nachsucht, über dessen folternde CIA ganze Reports in den USA offiziell vorliegen, in das Land, das Manning 35 Jahre Haft für Veröffentlichung einer demokratisch notwendigen Wahrheit gegeben hat –
    und vor allem verstehe ich das ganz und gar nicht mehr, seitdem Deutschland mit der Entscheidung des EU-Parlaments vom Oktober 2015 sogar die ausdrückliche Beauftragung hat, Edward Snowden zu schützen !
    Von der geschichtlichen Erfahrung in unserem Land ganz zu schweigen.

    Edward Snowden zu schützen ist eine Selbstverständlichkeit,
    ohne die unsere Regierung eben kein Freund für die USA ist,
    sondern ein jämmerlicher, feiger, bösartiger *eigentliches-Wort-kann-ich-hier-nicht-schreiben* => „Lakai“.

  2. … denn das Verhalten der Bundesregierung gegenüber E. Snowden ist höchst schäbig. Es ist zudem eine Schande, dass Russland in der Causa Snowden hilfreicher erscheint als ein vorgeblich freiheitlich-demokratischer Rechtsstaat wie Deutschland.

    Wäre Snowden vor drei Jahren schon als Zeuge im NSAUA vernommen worden, so wäre vieles bereits abgearbeitet und erledigt. Doch die Grokos sabotieren den Rechtsstaat.

    Der Kotau vor der US-Administration macht das Ansehen der Groko-Regierung bei der Bevölkerung sicherlich nicht besser, andererseits kann es aber auch nicht mehr viel schlechter werden.

    1. Wieso? Diese Regierung wurde demokratisch gewählt. Dass eine Regierung unter der früheren FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda des SED Unrechtsregimes Angela Merkel als Kanzlerin von Grundrechten und Bürgerrechten nicht sonderlich viel hält, hat sie ja in bereits zwei Legislaturperioden unzählige male gezeigt. Trotzdem wurde sie für eine dritte Amtszeit wiedergewählt.

      Es wäre nicht das erste mal, dass Deutschland ganz demokratisch die Demokratie abwählt und eine Diktatur wählt. So geschehen 1932.

  3. Die Bundesregierung kann der Bitte Washingtons entsprechend, dass ein von den USA erhaltenes Schreiben nicht der zuständigen Stelle weitergeleitet wird. Es wird quasi übergeben und gleichzeitig zurückgerufen. Damit ist dieses Schreiben jedoch gegenstandslos. Die US-Regierung kann jedoch nicht bestimmen, dass ein Schreiben nur der Staatsanwaltschaft und nicht dem Untersuchungsausschuss mitgeteilt wird. Das ist nicht nur eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Bundesrepublik Deutschland sondern auch eine Verletzung der Rechte des Parlamentes.

    1. Hmh, bist Du Dir da sicher? Ich glaube eher hier haben die Amerikaner mehr zu sagen als der Ausschuss oder das Parlament. Was ist die Bundesrepublik Deutschland? Wenn die USA sagen das ist so aber falsch dann ist das falsch. Wenn die USA sagen, Parlament still, dann sind sie still. Wenn der US-Nachrichtendienst sagt TechFirma an Chinesen verkaufen ist ein Sicherheitsproblem, dann ist das ein Sicherheitsproblem.

      Verstehs doch einfach :-)

  4. Festnahme-Gründe werden der Regierung übermittelt – die sollen aber „vertraulich“ bleiben. „Vertraulich“ legt die Bundesregierung offenbar mit größtmöglicher Übertreibung als „streng geheim“ aus, so dass nicht einmal ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss in geheimer Sitzung in Kenntnis gesetzt werden könne?

    Und Snowden soll dann „rechtsstaatlich“ verhaftet werden, ihm und seinen Anwälten aber die Festnahmegründe vorenthalten werden?

    Wie soll das gehen? Ist es schon wieder Zeit für verfassungswidrige Geheimgesetze?

    Aber die BReg hat ja nichts zu befürchten. Selbst wenn oberste Gerichte ihr Verhalten als rechtswidrig erkennt – die Vorladung ist verhindert, Sanktionen gibt es keine.

    1. Was heißt „schon wieder Zeit für verfassungswidrige Gesetze“? War diese Zeit unter der früheren FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda des SED Unrechtsregimes Angela Merkel als Kanzlerin der BRD jemals beendet? Mir ist keine frühere Kanzlerschaft bekannt, der vom BVerfG so oft Missachtung des Bundestags bescheinigt wurde, als die von Angela Merkel.

  5. Ich glaube ich werde sowas wie ein Reichsbürger und lehne disen Staat einfach ab… Man kann ja eh nichts gegen den ganzen Mist machen.

    1. Reichsbürger wollen einen Scheissstaat durch einen Drecksstaat ersetzen. Werd lieber Anarchist, da brauchste keinen Staat mehr.

  6. Horst Seehofer hat einmal in einem Interview gesagt, die die Macht haben wurden nicht gewählt und die die gewählt wurden haben nicht die Macht. Deutschland hat nach dem 2 Weltkrieg aufgehört zu existieren. Wir sind ein besetztes Land und haben alle 4 Jahre ein Schauspiel in diesem Land. Es nennt sich Wahlen und soll ein Regierungswahl dastellen. Dabei werden nur Marionetten mit einem hohen Einkommen auf Stühle gesetzt und auch Washington gesteuert.
    Und die NSA weiß etwas über die Mutti, dass die ganz geschmeidig ist. Die CDU/CSU hat nur Glück, dass es soviele alte Menschen in Deutschland gibt, die man mit Reentenerhöhungen immer an die Urne locken kann und Mehrheiten sichern. Die GroKo ist in Stein gemeiselt und die Parastiten (Beamte/Politiker) haben es sich überall im Staat auf des Steuerzahlerskosten gut eingerichtet.

    1. Man muss sich dabei auch die Frage stellen, warum macht die USA gerade VW fertig, obwohl es sich um eine kleine Anzahl von Autos in den USA handelt. 15 Milliarden Dollar und noch mehr. Unsere Regierung unterbindet jeden Klageweg von Europäern gegen VW. Warum feuert die USA aus allen Rohren auf die Deutsche Bank und verschont ihre Banken. Da gibt es sicher noch mehr Fälle, die nicht groß durch die Presse gehen. Das alles hat System und die Regierung macht mit.
      TTIP ist der Sargnagel für Europa.

    2. Dem würde ich nicht ganz zustimmen. Es gibt die Option, dass wir uns mit Frankreich, den Benelux-Ländern, Dänemark und den nordischen Staaten deutlich enger verbinden. Aber: Erstens ist das ein Prozess, der durchstanden werden muss und dem die ganzen „Nationalen“ in all diesen Ländern gegenüber stehen. Zweitens ist das für die Berufspolitiker deutlich anstrengender, als nur an den europäischen Pflichtveranstaltungen teilzunehmen und sonst nur subventionierten Wirtschaftsereignissen feiernd beizuwohnen. Und es hat auch etwas von Risiko. Und da sind alle Berufspolitiker Europas sehr allergisch drauf. Ganz abgesehen von den meisten Unternehmensführungen, die den Anschluß an die neuen Technologien nur debatieren, anstatt sie zu nutzen. Die Omis und Opis da oben sind einfach zu alt für ein dynamisches gesellschaftliches Bewegen!

      1. Warum können Weltkonzerne innerhalb von wenigen Jahren in der USA und nicht in Deutschland entstehen.
        Da stimme ich dir zu, unsere Politiker sind zu alt und denken mit dem Maschinenbau und Waffenhandel wird Deutschland immer vorne dabei sein.
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        Jedes junge Unternehmen erhält kein Risikokapital und wird durch die Steuerlast sowie die hohen Sozialabgaben, die uns alle treffen, kaputt gemacht. Eine SAP könnte heute in Deutschland nicht mehr entstehen. Auch hat die USA erkannt, wer das Internet beherrscht, beherrscht die Welt.
        Microsoft, Google, Apel, Facebook, IBM, Cisco usw. stehen unter der Knute des Patriot-Act und geben alles weiter, was sie in die Finger bekommen. Ein europäisches Facebook ist nicht in Sicht. Wenn Europa hier Unternehmen unterstützen würde um Konkurrenz zu schaffen, gibt sich die Politik lieber und die Massenmedien in deren Fänge. Bei ARD/ZDF geht nix mehr ohne Facebook und Co. und unterstützen mit diesem Verhalten amerikanische Großkonzerne. Ein eigenes Forum zu betreiben kostet Geld und wird lieber für Sendungen >60 Jahre ausgegeben.

      1. Dein gesuchtes Stichwort für Suchmaschinen und Wikipedia, um Belege für die nicht vorhandene Souveränität der Bundesrepublik Deutschland zu finden, ist „Prof. Dr. Josef Foschepoth“, Historiker von der Universität Freiburg, der diverse Geheimdokumente freigeklagt und eingesehen hat und auch im Sachbuch „Überwachtes Deutschland“ veröffentlicht hat.

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