Lügen für die Vorratsdatenspeicherung, diesmal: Die Edathy-Lüge

Zu dem Durchwinken der Vorratsdatenspeicherung heute im Rechtsausschuss verweist Kai Biermann auf neues Futter für unsere beliebte Reihe „Lügen für die Vorratsdatenspeicherung“. Er bezieht sich auf ein uns gegenüber vom Unionsabgeordneten Alexander Hoffmann abgegebenes Statement zur Vorratsdatenspeicherung. Hoffmann gibt zu Protokoll:

edathy

Sebastian Edathy, CC BY-SA 2.0, metropolico.org

Es ist erschreckend, wenn sich Polizei und Staatsanwälte nicht mehr in der Lage sehen, den sexuellen Missbrauch von Kindern wirkungsvoll bekämpfen zu können. Wir dürfen angesichts der Datenflut und der Überlastung der ermittelnden Behörden nicht kapitulieren, im Gegenteil. Wir müssen ihnen alle Möglichkeiten geben, diese widerlichen Verbrechen auch bekämpfen zu können.

Die Einstellung des Verfahrens im Fall Edathy hat deutlich gezeigt, wie Fälle dieser Art aufgrund des hohen Ermittlungsaufwands und der schweren Beweislage oftmals in der Praxis enden. Es kann nicht sein, dass Ermittlungserfolge gerade im Bereich der Kinderpornographie davon abhängig sind, welcher Telekommunikationsanbieter Verbindungsdaten überhaupt und, wenn Ja, wie lange speichert.

Biermann kommentiert dazu in aller Deutlichkeit:

Wie bitte? Edathy musste laufen gelassen werden, weil die Ermittler nicht genug Daten hatten? Nein. Erstens wurde Edathy verurteilt. Zweitens war die Beweislage nicht schwer. Es war nicht klar […], ob Edathy wirklich Kinderpornografie gekauft hatte oder nicht vielleicht doch Jugendpornografie. Daher wurde das entsprechende Gesetz anschließend verschärft. Beweise für wie auch immer geartete Käufe via Internet gab es genug. Ermittlungserfolg und Daten hatten keinen Zusammenhang. Drittens war Edathy selbst immer Befürworter der ‪#‎vds‬ – was das Ganze ziemlich zynisch macht. WTF!

Hinzuzufügen wäre noch, dass es im Fall von Edathy und seinen Mitwissern um digitale Bilder ging und eine anlasslose bundesweite Metadatensammlung der Kommunikationsdaten natürlich den sexuellen Missbrauch von Kindern in keiner Weise bekämpft.

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13 Ergänzungen

  1. Und wir können jetzt darauf warten, wer demnächst Bilder mit Kinderpornographie bei sich auf dem Rechner bei der Arbeit findet – und an die USA ausgeliefert werden muß. Opps, falsch, deswegen wird man ja noch nicht ausgeliefert. Nur der sozialen Häme preisgegeben.

    Spannend finde ich ja diese Dreiecks-Bestrafungen: Eigentlich will man Snowden aus Russland ausgeliefert bekommen und diskutiert stattdessen über Mr. Love aus England. Zumindest die Engländer haben sich anscheinend ihren Humor bewahrt.

    Tiefschwarz, dennoch.

  2. Was?!? Einer aus Reihen der Politik spricht sich so offen gegen die VDS aus? Ich glaub ich träume… kann mich mal wer kneifen?
    Sonst sind doch alle immer für VDS…

  3. War es nicht auch so, dass der Bundestag die Speicherfristen seiner „internen Vorratsdatenspeicherung“ anschließend verkürzt hat?

      1. Natürlich. „Quod licet Iovi non licet bovi.“, wie die Römer sagten. Während man beim Pöbel besser alles für immer speichert, nur für den Fall, gilt für die Hohen Damen und Herren des Parlaments natürlich die Unschuldsvermutung.

  4. Seid gegrüßt,
    …weil ihr so schön schreibt „Aus unserer beliebten Reihe „Lügen für die Vorratsdatenspeicherung““- wollt ihr das noch kurz mit VDS und nicht nur mit „edathy“ und „Überwachung“ taggen, damit das dann auftaucht, wenn man nach VDS filtert? …und zum Schluss will ich mich hier mal wieder stellvertretend auch für den ganzen anderen guten Journalismus danken.

    Alles Gute

  5. WARUM ALEXANDER HOFFMANN LÜGT UND TÄUSCHT. DIE SEZIERUNG EINES CDU/CSU-HEUCHLERS.

    „Es ist erschreckend, wenn sich Polizei und Staatsanwälte nicht mehr in der Lage sehen, den sexuellen Missbrauch von Kindern wirkungsvoll bekämpfen zu können.“

    – Herrn Hoffmann liegt das Wohl von Kindern am Herzen? Warum sitzen dann die allseits bekannten Kinderschänder aus der katholischen Kirche oder Jugendinternaten nicht alle im Gefängnis?
    – Sind nicht die meisten der Kinder, die sexuellen Missbrauch erleben, Opfer von Tätern aus dem eigenen familiären und sozialen Umfeld? Wozu braucht man eine VDS, wenn die Täter aus der eigenen Familie, Nachbarschaft etc. bekannt sind?
    – Warum bröckelt an unseren Schulen der Putz? Warum ist gutes Schulessen nicht überall kostenlos? Warum sind Schulbücher nicht überall kostenlos? Warum sind die Klassen nicht kleiner? Warum gibt es nicht mehr Lehrer? Warum gibt es nicht mehr Kindergartenplätze?
    – Warum beschwert man sich allerorts über Kinderlärm? Warum ist Deutschland so kinderfeindlich?

    „Wir dürfen angesichts der Datenflut und der Überlastung der ermittelnden Behörden nicht kapitulieren, im Gegenteil.“
    – Wenn die Strafverfolgungsbehörden bereits in einer Datenflut ertrinken, warum braucht man dann die VDS? Wenn man bereits jetzt zu viele Datenspuren hat, warum ist die Kriminalitätsbekämpfung trotzdem angeblich kaum noch möglich?
    – Warum sind die Strafverfolgungsbehörden überlastet? Weil seit Jahren Personal eingespart wird? Weil stattdessen seit Jahren mit Millionen und Milliarden Euro die Überwachungsindustrie (+ pensionierte Politiker mit Pöstchen) reich gemacht wird?

    „Wir müssen ihnen alle Möglichkeiten geben, diese widerlichen Verbrechen auch bekämpfen zu können.“
    – Heiligt der Zweck die Mittel? Sollte nicht ein Unterschied zwischen der heutigen deutschen Polizei und Stasi und Gestapo bestehen?
    – Müssten nicht auch gegen alle Abgeordneten, die für später vom BVerfG als verfassungswidrig erklärte Gesetze gestimmt haben, mehrjährige Gefängnisstrafen verhängt werden, um diese widerlichen Verbrechen an unserem Grundgesetz bekämpfen zu können?

    „Es kann nicht sein, dass Ermittlungserfolge gerade im Bereich der Kinderpornographie davon abhängig sind, welcher Telekommunikationsanbieter Verbindungsdaten überhaupt und, wenn Ja, wie lange speichert.“
    – Gibt es nicht bereits seit Jahren eine informelle VDS durch alle(!) IKT-Anbieter? Warum gibt es trotzdem angeblich eine Schutzlücke aufgrund angeblich fehlender Daten?
    – Stehen nicht die meisten Server mit KiPo-Material im „freien“ Westen, also Deutschland, USA oder Niederlande (aber NICHT im Darknet)? Wenn man angeblich um jeden Preis Kinder schützen will, warum wird auf deutschen Servern unbehelligt KiPo angeboten? Warum braucht es KEIN Darknet, um auf deutschen Servern KiPo anzubieten? Warum sind die Strafverfolgungsbehörden hier untätig?
    – Geht es überhaupt um Kinderschutz oder ist das nur eine widerliche emotionale Manipulation und ein billiger Vorwand für Totalüberwachung unschuldiger Menschen?

    1. Warum Deutschland so kinderfeindlich ist? Ganz einfach: Keine Kinder – keine Kinderpornographie – Punkt

  6. Offenbar gibt es in der CDU/CSU Fraktion das Wording „mit VDS hätten wir den Edarthy geschnappt“ zur Außendarstellung, wohlgemerkt. Man braucht schließlich was Ekliges, um es in die Hohlköpfe der Nation zu schütten, damit weitere Repression gegen alle gerechtfertigt werden kann. Dazu ist Kindesmissbrauch nützlich in der Politik. Soviel zur „Lüge“ und Legendenbildung, die auch gestern von Bosbach in der Sendung „Anne Will“ platziert wurde, doch Anne wollte es nicht recht glauben, sie zog gekonnt die linke Augenbraue.
    Man muss immer knapp an der Wahrheit vorbeilügen, um glaubhaft zu wirken. So gibt es einen Bezug zur Edarthy-Affäre, aber auf ganz anderer Ebene. Es geht um den geschassten damaligen Agrarminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und um den damaligen „Telefonist“ Thomas Oppermann (SPD). Man ist mittlerweile unisono im Polit-Theater der Meinung, dass Friedrich damals ein Bauernopfer war. Und zwar ein überflüssigen und noch dazu viel zu teures, angesichts der Tatsache, dass Oppermann sich kaum beschädigt aus der Affäre ziehen konnte. Damals stand das Gelingen der Groko auf dem Spiel und Oppermann galt für das Zustandekommen des Koalitionsvertrages als unverzichtbar. Bei der CDU und vor allem bei der CSU blieb arges Magengrimmen darüber übrig, und man hielt einfach mal die Klappe. Doch nicht ohne Gegenleistung, so ist das halt in der großen Politik, wo alles ausbalanciert werden muss. Um die Waagschale wieder ins Gleichgewicht zu bringen, war die SPD hieraus informell verpflichtet wieder etwas auf die Seite des Groko-Partners zu legen, damit die alte moralische Schuld als ausgeglichen gelten kann.
    Kaum jemand konnte verstehen, wie ein Mann sich so wenden und winden konnte wie Heiko Maas, der den Damm gegen die VDS dann zur rechten Zeit sprengte, und sich zum nützlichen Werkzeug machte. Mit dieser „Lieferung“ war dann die alte Schuld beglichen. Und es tat der SPD mindestens genau so weh wie damals der CSU. Die CSU verlor einen Minister, und nun verlor ein SPD-Minister seine Überzeugung und sein Gesicht.
    Diese Zusammenhänge kann man der breiten Öffentlichkeit natürlich nicht zumuten, daher braucht es eine gefälligere Darstellung. Fazit: Schön, dass es Edarthy gegeben hat. Auch Mist ist zu etwas nütze.

  7. Edathy hat keine Kinderpornografie besessen.
    Der Staatsanwalt stellte das Verfahren gegen Geldauflage ein, demnach ist der Fall nicht strafrechtlich relevant genug für eine Verurteilung. Wären die Aufnahmen pornografisch, wäre er auch verurteilt worden. Vermutlich wäre es bei Ausverhandlung zu einem Freispruch gekommen. FKK-Inhalte sind keine Kinderpornografie… Edathy hat durch den Strafbefehl lediglich die Hexenjagd gegen seine Person verkürzt. Ich will damit Edathy nicht verteidigen, aber was in diesem Fall geschehen ist, war Unrecht.
    Nun wurde selbst FKK kriminalisiert und unter Strafe gestellt. Wer ein auf der öffentlichen Straße laufendes unbekleidetes Kind fotografiert, kann bis zu zwei Jahre ins Gefängnis kommen. Und wir tragen ein solches absurdes Gesetz alle mit. Man könnte auch gleich sagen: Kinder sind Pornografie.
    *
    Im Gegenteil:
    Es wäre mal an der Zeit, offenzulegen, wie viele der Edathy-Gleichgesinnten nun verurteilt wurden. Es waren doch über 800 Fälle. Von denen hört man so still und heimlich.. gar nichts mehr. Warum nur? Weil vermutlich nach den 800 erfolgten Hausdurchsuchungen fast alle Ermittlungsverfahren eingestellt wurden, da die Verdächtigen keine strafbarbaren Inhalte besessen oder erworben haben. Das wird aber verschwiegen, denn man braucht sie doch so dringend: Die ganzen „Täter“.
    *
    Kein Wunder, dass Ermittlungsbehörden überfordert sind, wenn sie inzwischen sogar bei FKK-Fotos Ermittlungen mit allen Folgeerscheinungen (Hausdurchsuchungen etc.) einleiten müssen. Aber so ist das eben in einem absolut hysterisch gewordenen Land.

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