Seit zweieinhalb Jahren gilt das Leistungsschutzrecht für Presseverleger. Es soll Presseverlagen die Möglichkeit geben, Lizenzgebühren für auf Suchmaschinen und Newsaggregatoren erscheinende Artikelauszüge zu verlangen. Genutzt wurde diese fragwürdige Lizenzierungsmöglichkeit bisher kaum, sinnvoll war sie noch nie.
Die Bundesregierung versprach, das Gesetz „ergebnisoffen zu evaluieren“, doch das lässt auf sich warten und dürfte sich auch in naher Zukunft nicht ändern, zeigt die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der grünen Sprecherin für Medien und Digitale Infrastruktur Tabea Rößner (unten im OCR-Volltext).
Denn die Bundesregierung antwortet auf die Frage, wann sie gedenkt, die versprochene Evaluierung vorzulegen:
[Die Bundesregierung] behält sich vor, den dafür geeigneten Zeitpunkt zu bestimmen.
Die aktuellen Entwicklungen beobachte sie, hat aber gleichzeitig…
[…] bislang noch keine Beurteilungen, Evaluationen oder Analysen gefördert, in Auftrag gegeben, finanziert, angestoßen oder in anderer Weise unterstützt, die das Leistungsschutzrecht des Presseverlegers zum Gegenstand haben.
Gerichte müssen die Unsinnigkeit des Leistungsschutzrechts ausbügeln
Die Anstöße, das Leistungsschutzrecht in Frage zu stellen, kommen von anderer Seite. Wie so oft sind es die Gerichte, die sich mit dem missratenen Gesetz auseinandersetzen müssen. Auf der einen Seite befasst sich das Bundesverfassungsgericht damit, vor dem Yahoo Verfassungsbeschwerde eingereicht hatte. Das war im Juli 2014, seitdem ist es still geworden.
Andere Verfahren befassen sich mit vermeintlich wettbewerbswidrigem Verhalten von Google. Vor dem Bundeskartellamt wurde eine Beschwerde deutscher Verleger bereits abgewiesen. Auch ansonsten haben die Beschwerden wenig Aussicht auf Erfolg – ob Google wirklich irgendwann einmal für Textausschnitte zahlen muss und wenn ja, wie viel, bleibt fraglich.
Fragestellerin Tabea Rößner kommentiert dazu gegenüber netzpolitik.org:
Die Bundesregierung ist strategielos und hat offenbar jede Handlung eingestellt. Die im Koalitionsvertrag angekündigte Evaluierung ist nicht in Sicht. Auch die bis dato erfolgte sonstige Erkenntnisgewinnung beläuft sich gen Null. Hier beruft man sich unter anderem auf die vor Monaten erfolgte Anhörung von Sachverständigen, welche ganz überwiegend eine Abschaffung des Leistungsschutzrechts forderten. Wieso Justizminister Maas diese Konsequenz allerdings nicht zieht, bleibt schleierhaft. Vielmehr scheint die Strategie zu sein, erst einmal gar nichts zu unternehmen. Damit stellt sie allerdings die Gerichte vor eine nicht ganz unerhebliche Aufgabe. Derzeit sind nach ihren eigenen Angaben bereits sieben Verfahren im Zusammenhang mit dem Leistungsschutzrecht angestrengt worden. Es wird Jahre der Klärung brauchen.
Mit Leistungsschutzrecht ist niemandem geholfen
Derzeit hilft das Leistungsschutzrecht niemandem. Weder den Verlegern, noch den Urhebern und schon gar nicht jenen, die vor massive Rechtsunsicherheiten gestellt werden, wenn sie neue Internetdienste anbieten wollen. Doch das interessiert die Bundesregierung wenig. Wird sie danach gefragt, wie sie die Konsequenzen des derzeitigen Gesetzes sieht, ob es hilft, „Qualitätsjournalismus zu befördern“ oder eher Innovation beeinträchtigt, verweist sie nur darauf, dass es noch keine Evaluierung gab.
Rößner wirft dem Justizministerium vor, „vor der Rechtsunsicherheit in der Branche und der Verhinderung von Innovation und Neugründungen“ die Augen zu verschließen:
Das kann allerdings nicht die Antwort auf die Probleme der Presseverlage sein. Die unzweifelhaft bestehenden Herausforderungen des digitalisierten medialen Marktes bedürfen anderer, gemeinsamer Lösungen, welche die Interessen der Gesellschaft an einem vielfältigen medialen Angebot im Netz sichert und zugleich die Dienste der Presseverlage und Urheberinnen und Urhebern marktgerecht honoriert. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, die gesellschaftliche Diskussion ist in vollem Gange. Die Bundesregierung täte gut daran, sich endlich daran zu beteiligen und aktiv Lösungen anzugehen.
Leistungsschutzrecht überhaupt anwendbar?
Das Leistungsschutzrecht hat nicht nur inhaltliche Fehler, auch der Gesetzgebungsprozess lief 2013 nicht besonders sauber ab. Das Leistungsschutzrecht hätte von der EU-Kommission notifiziert werden müssen. Die Notifizierungspflicht gilt für alle Gesetze, die potentiell Handelshemmnisse zwischen EU-Staaten begründen könnten. Das wusste die Bundesregierung damals, doch sie ignorierte die Bedenken einiger in den Ministerien wider besseren Wissens, da das Ende der Legislaturperiode bevor stand und man das Gesetz noch vorher durch den Bundestag jagen wollte.
Würde die EU-Kommission diesen Fehler im Gesetzgebungsverfahren offiziell feststellen – was im Moment leider noch nicht passiert – wäre das Leistungsschutzrecht nicht anwendbar. Die Regierung verschließt davor die Augen und beharrt auf ihrem Standpunkt, man sei sicher, dass das Gesetz nicht notifiziert werden müsse.
Renate Künast von den Grünen, Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag, kommentiert:
Zu den offenen Fragen der Anwendbarkeit und den rechtlichen Folgen der unterbliebenen Notifizierung duckt sich die Bundesregierung mit einem Verweis auf eine fast drei Jahre alte Antwort weg. Jedem ist klar: das Leistungsschutzrecht ist nicht zu halten. Weder politisch, noch rechtlich. Die Bundesregierung wusste, dass sie hätte notifizieren müssen und rannte sehenden Auges in ein unanwendbares Gesetz. Wie so etwas passieren kann, ist mir schleierhaft. Unfassbar, dass sie jetzt so tut, als gebe es kein Problem.
EU sollte aus den Fehlern Deutschlands lernen
Trotz des offensichtlich gescheiterten deutschen Leistungsschutzmodells sind in der EU die Pläne, ein EU-weites Leistungsschutzrecht einzuführen, noch nicht gestorben. Die Kommission gab vor etwa einer Woche bekannt, dass sie nicht vorhabe, Hyperlinks mit einer „Steuer“ zu versehen. Kurz darauf sagte jedoch Andrus Ansip, Vizepräsident der EU-Kommission, auf einer Pressekonferenz:
Wir müssen klarer machen, wo wir über Hyperlinking sprechen und wo wir über neue, wertschöpfende Produkte sprechen. Wo wir nicht von neutralen Vermittlern sprechen können, sondern von aktiven Verkäufen, Geldverdienen und so weiter.
Womit man schnell bei schwammigen Definitionen und weiterer Rechtsunsicherheit landet, die von den Gerichten ausgebadet werden dürfen.
Die deutsche Regierung sollte mittlerweile wissen, wie schnell die Idee eines Leistungsschutzrecht scheitern kann und deshalb diese Erkenntnisse einsetzen, um die gleiche Misere in der EU zu verhindern. Doch von Einsatz ist nicht viel zu bemerken. Sie findet lediglich, man solle den unionsrechtlichen Rechtsrahmen prüfen und „gegebenenfalls an die aktuellen Erfordernisse von Digitalisierung und Vernetzung“ anpassen.“
Rößner findet, man müsse endlich aktiver werden:
Die ausweichenden Antworten der Bundesregierung zeigen einmal mehr die fehlenden Ideen für eine digitale Agenda, das Engagement in Brüssel ist zu zaghaft und richtungslos. Einsicht ist besser als Nachsicht: Die Bundesregierung sollte Diskussionen um ein europäisches Leistungsschutzrecht endlich entschieden entgegentreten.
Für eine fundierte Diskussion bräuchte man zunächst einmal eine solide Evaluierung. Dann hätten wir vermutlich auch schwarz auf weiß, dass das Gesetz zum Leistungsschutzrecht gescheitert ist. Davor fürchtet man sich wohl.
Antwort auf die Kleine Anfrage aus dem PDF befreit
Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Tabea Rößner, Renate Künast, Dr. Konstantin von Notz u. a. und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Leistungsschutzrecht für Presseverleger“
Bundestagsdrucksache 18/6853
[Vorbemerkung der Fragesteller]
Die Rechtslage bezüglich des im März 2013 verabschiedeten und stark umstrittenen Leistungsschutzrechts für Presseverleger ist weiterhin unklar. Die von dem Gesetz betroffenen Parteien, Presseverleger und entsprechende Diensteanbieter, allen voran Suchmaschinenbetreiber, streiten um die Anwendbarkeit des Gesetzes und die Höhe möglicher Zahlungen (vgl. www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/leistungsschutzrecht-schiedstelle-google-vg-media-a-1054641.html). Nach Auffassung der Fragesteller ist aber schon heute klar, dass das umstrittene, aber dennoch umgesetzte Gesetzesvorhaben nicht die erhofften Effekte bringt.
Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag angekündigt, das Leistungsschutzrecht für Presseverleger dahingehend ergebnisoffen evaluieren zu wollen, ob es die anvisierten Ziele überhaupt erreicht. Auf eine entsprechende Frage in einer Kleinen Anfrage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Bundestagsdrucksache 18/2058) erklärte die Bundesregierung im Juli 2014 die bisher nicht erfolgte Evaluierung schließlich mit dem Fehlen hinreichender praktischer Erfahrung in Anwendung des Leistungsschutzrechts. Diese Aussage wiederholte sie kürzlich erneut (vgl. Antwort auf Frage Nr. 30 für die Fragestunde des Deutschen Bundestages am 11. November 2015).
Die zur Klärung der Anwendbarkeit des Leistungsschutzrechts bei der Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes laufenden Verfahren werden nunmehr aufgrund Widerspruchs weiterer gerichtlicher Klärung zugeführt. Daher ist auch in absehbarer Zeit nicht damit zu rechnen, dass es die nach Ansicht der Bundesregierung für die Evaluierung erforderlichen praktischen Erfahrungen zeitnah geben wird.
Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags vom 30. März 2015 geht davon aus, dass das Leistungsschutzrecht nicht angewendet werden dürfe, wenn es unter Verstoß gegen die Richtlinie 98/34/EG zustande gekommen wäre. Zu entscheiden sei dies letztlich vom Europäischen Gerichtshof (vgl. www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/leistungsschutzrecht-beamte-warnten-bundesregierung-vor-blamage-a-104353.html).
[Vorbemerkung der Bundesregierung]
Die Bundesregierung beantwortet die vorliegende Kleine Anfrage in Ergänzung folgender bereits erteilter Auskünfte:
- Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 1. Juli 2014 (in Bundestagsdrucksache 18/2172)
- Mündliche Fragen der Abgeordneten Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) am 2. Juli 2014
- Schriftliche Frage der Abgeordneten Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vom 20. Juli 2015 (Bundestagsdrucksache 18/5737)
- Schriftliche Frage der Abgeordneten Halina Wawzyniak (DIE LINKE.) vom 16. September 2015 (Bundestagsdrucksache 18/6137)
- Schriftliche Frage der Abgeordneten Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vom 30. September 2015 (Bundestagsdrucksache 18/6301)
- Mündliche Fragen der Abgeordneten Tabea Rößner und Dr. Konstatin v. Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) am 11. November 2015
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wann gedenkt die Bundesregierung, die wiederholt angekündigte (vgl. beispielsweise die Antworten der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 18/2172 und Antwort auf Frage Nr. 30 für die Fragestunde des Deutschen Bundestages am 11. November 2015) aber bislang nicht erfolgte, ergebnisoffene Evaluierung, vor dem Hintergrund eines absehbar noch monatelangen Rechtsstreits, konkret vorzulegen?
2. Wie definiert die Bundesregierung, was „hinreichende Erfahrungen“ sind, die für eine in Aussicht gestellte Evaluierung des Leistungsschutzrechts für Presseverleger vorliegen müssen?
Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet.
Die Bundesregierung wird entsprechend der Vorgabe im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD das Leistungsschutzrecht des Presseverlegers hinsichtlich der Erreichung seiner Ziele evaluieren. Sie behält sich vor, den dafür geeigneten Zeitpunkt zu bestimmen.
3. Welche Beurteilungen, Evaluationen, Analysen des Leistungsschutzrechts für Presseverleger liegen der Bundesregierung oder einzelnen Ministerien bereits vor oder von welchen hat sie Kenntnis? (Bitte aufschlüsseln nach Verfasser/-in‚ Auftraggeber/-in, Untersuchungsgegenstand, ggf. Untersuchungszeitraum, Veröffentlichungsort und Ergebnis).
Die Bundesregierung beobachtet die aktuellen Entwicklungen mit Bezug zum Leistungsschutzrecht des Presseverlegers. In diesem Zusammenhang nimmt die Bundesregierung auch fortlaufend Kenntnis von Beiträgen aus dem Kreise von Verleger- und Industrieverbänden, von Expertinnen und Experten, die sich mit dem Leistungsschutzrecht auseinander setzen, von der zum Leistungsschutzrecht bisher ergangenen Rechtsprechung, von dazu anhängigen behördlichen Verfahren sowie von Fragen aus der Mitte des Parlaments.
So liegen der Bundesregierung insbesondere die Stellungnahmen der Sachverständigen anlässlich der öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages über einen Gesetzentwurf der Oppositionsfraktionen zur Abschaffung des Leistungsschutzrechts Bundestagsdrucksache 18/3269) vor (im Internet abrufbar unter: www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse18/a06/anhoerungen/stellungnahmen/360986).
4. Welche – inklusive geplanter oder noch laufender – Beurteilungen, Evaluationen, Analysen haben Bundesregierung oder einzelnen Ministerien gefördert, in Auftrag gegeben, finanziert, angestoßen oder in anderer Weise unterstützt, die das Leistungsschutzrecht für Presseverleger zum Gegenstand haben? (bitte nach Verfasser, Verfasserin, Auftraggeber, Auftraggeberin, Untersuchungsstand, ggf. Untersuchungszeitraum und Ergebnis aufschlüsseln)?
5. Welche Kosten sind nach Kenntnis der Bundesregierung für die im Zusammenhang mit einer Evaluierung durchgeführten Untersuchungen entstanden und durch wen wurden diese Kosten jeweils getragen (bitte nach Untersuchungen aufschlüsseln)?
Die Fragen 4 und 5 werden gemeinsam beantwortet.
Die Bundesregierung hat bislang noch keine Beurteilungen, Evaluationen oder Analysen gefördert, in Auftrag gegeben, finanziert, angestoßen oder in anderer Weise unterstützt, die das Leistungsschutzrecht des Presseverlegers zum Gegenstand haben. Dementsprechende Kosten sind nicht entstanden.
6. Hat die Bundesregierung mittlerweile Erkenntnisse darüber, welche Internetdienste mit Hinweis auf die durch die Einführung des Leistungsschutzrechts entstehende Rechtsunsicherheit ihre Dienste eingestellt oder eingeschränkt haben, und wenn ja, welche sind dies (vgl. Antwort der Bundesregierung zu Frage 9 auf Bundestagsdrucksache 18/2172)?
Nach öffentlichen Verlautbarungen haben sich verschiedene Internetdienste zwischenzeitlich dazu entschlossen, Suchergebnisse zu digitalen Angeboten von Verlegern, die die Verwertungsgesellschaft Media mit der Wahrnehmung ihres Presseleistungsschutzrechts beauftragt haben, nicht oder nur so darzustellen, dass sie nach Auffassung der Internetdienste nicht unter das Leistungsschutzrecht des Presseverlegers fallen.
7. Wie viele Unternehmen der Verlagsindustrie haben mit wie vielen digitalen verlegerischen Angeboten ihr Presseleistungsschutzrecht nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit der VG Media zur Wahrnehmung und Durchsetzung übertragen?
Nach Kenntnis der Bundesregierung haben 162 Unternehmen der Verlagsindustrie mit 235 digitalen verlegerischen Angeboten ihr Presseleistungsschutzrecht der Verwertungsgesellschaft Media zur Wahrnehmung und Durchsetzung übertragen.
8. Von welchen – sowohl laufenden wie abgeschlossenen – rechtlichen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit dem Leistungsschutzrecht für Presseverleger hat die Bundesregierung Kenntnis?
9. Welchen Gegenstand und aktuellen Stand haben die rechtlichen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit dem Leistungsschutzrecht für Presseverleger nach Frage 8. nach Kenntnis der Bundesregierung?
Die Fragen 8 und 9 werden gemeinsam beantwortet.
Bundesverfassungsgericht:
Verfassungsbeschwerde: Gegenstand ist das Leistungsschutzrecht des Presseverlegers. Über Kenntnisse zum aktuellen Sachstand verfügt die Bundesregierung nicht.
Landgericht Berlin:
Klage von Verlegern: Gerichtet auf die Unterlassung des aus Sicht der klagenden Verleger wettbewerbswidrigen Verhaltens von Google Inc. im Zusammenhang mit der Einführung des Leistungsschutzrechts des Presseverlegers. Über Kenntnisse zum aktuellen Sachstand verfügt die Bundesregierung nicht.
Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 15 verwiesen.
Deutsches Patent- und Markenamt:
Aufsichtsverfahren: Gleichbehandlung von Google Inc. und anderen Marktteilnehmern durch die Verwertungsgesellschaft Media. Auf die Antwort zu Frage 22 wird verwiesen.
Bundeskartellamt:
Beschwerde der Verwertungsgesellschaft Media gegen Google Inc. bzw. Antrag von Google Inc. nach § 32c des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen: Das Bundeskartellamt hat nach Kenntnis der Bundesregierung entschieden, dass kein Verfahren eingeleitet wird, bzw., dass derzeit kein Anlass zum Tätigwerden besteht.
Schiedsstelle für Urheberrechtsstreitfälle beim Deutschen Patent- und Markenamt:
Drei Verfahren über die Anwendbarkeit und Angemessenheit des Tarifs „Presseverleger“ der Verwertungsgesellschaft Media – die Schiedsstelle hat am 24. September 2015 Einigungsvorschläge vorgelegt. Die Parteien haben nach Kenntnis der Bundesregierung den Einigungsvorschlägen widersprochen. Ein entsprechendes weiteres Verfahren vor der Schiedsstelle ist nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit auf Antrag der Parteien ausgesetzt.
10. Ist die Bundesregierung, auch angesichts dieser Verfahren zum heutigen Stand der Meinung, dass das Gesetzesvorhaben dem erklärten Ziel der Bundesregierung, ein Gesetz zu schaffen, das Fairness im Netz schafft, tatsächlich gerecht wird?
11. Teilt die Bundesregierung zum heutigen Stand die wiederholt vorgebrachte Befürchtung der Fragesteller, dass durch die im Zuge der Schaffung des Leistungsschutzrechtes entstandene Rechtsunsicherheit Innovationen und Gründungen neuer Dienste im Internet negativ beeinträchtigt werden könnten?
12. Inwieweit ist die Bundesregierung zum heutigen Stand der Meinung, dass das Gesetzesvorhaben dem erklärten Ziel der Bundesregierung, den Qualitätsjournalismus zu befördern, tatsächlich gerecht wird?
Die Fragen 10 bis 12 werden gemeinsam beantwortet.
Es wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen.
13. Sieht die Bundesregierung nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH C-466/12 „Svensson“ Urteil vom 13.02.2014) einen gesetzgeberischen Klärungs- oder sonstigen Änderungsbedarf dahingehend, dass keine Handlung der öffentlichen Wiedergabe im Sinne des Urheberrechts vorliegt, wenn auf einer Internetseite anklickbare Links zu urheberrechtlichen Werken bereitgestellt werden, die auf einer anderen Internetseite frei zugänglich sind?
14. Sieht die Bundesregierung den Bedarf eines weiterrechenden Schutzes der Inhaber eines Urheberrechts vorzusehen, als dies in Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 2001/29 vorgesehen ist?
Die Fragen 13 und 14 werden gemeinsam beantwortet.
Auch vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu urheberrechtlichen Sachverhalten mit Bezügen zum Internet hält es die Bundesregierung für sinnvoll, den unionsrechtlichen Rechtsrahmen zu überprüfen und gegebenenfalls an die aktuellen Erfordernisse von Digitalisierung und Vernetzung anzupassen. Dies gilt insbesondere für die Maßgaben der Richtlinie zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft 2001/29/EG. Die Europäische Kommission hat hierzu im Rahmen ihrer Strategie zum Digitalen Binnenmarkt am 9. Dezember 2015 eine Mitteilung veröffentlicht.
15. Wie schätzt die Bundesregierung die Verwendung des Leistungsschutzrechts für Presseverleger als Abwehrstrategie gegen urheberrechtliche Abmahnungen ein, wie sie im Januar 2015 erfolgreich angewandt wurde (Urteil vorn 6. Januar 2015, LG Berlin Az.: 15 O 412/14)?
Nach Kenntnis der Bundesregierung ist das Urteil des Landgerichts Berlin vom 6. Januar 2015 bislang nicht rechtskräftig. Die Bundesregierung bewertet grundsätzlich keine laufenden Gerichtsverfahren.
16. Ist der Bundesregierung bekannt, ob es auf Seiten der Europäischen Kommission konkrete Überlegungen gibt, ein mit dem deutschen Leistungsschutzrecht für Presseverleger vergleichbares Vorhaben auf europäischer Ebene umzusetzen und wie, sollte dies der Fall sein, positioniert sich die Bundesregierung diesbezüglich?
17. Ist der Bundesregierung bekannt, ob es auf Seiten der Europäischen Kommission konkrete Überlegungen gibt, Änderungen auf europäischer Ebene bezüglich der Ausgestaltung des Zitatrechts umzusetzen und wie, sollte dies der Fall sein, positioniert sich die Bundesregierung diesbezüglich?
18. An welchen Treffen waren Vertreter/-innen der Bundesregierung, der Bundesministerien oder der Bundesbehörden beteiligt, in denen es um ein vergleichbares Schutzrecht auf europäischer Ebene ging und wie hat man sich gegenüber derartigen Plänen verhalten? (bitte nach Datum, Art des Treffens und ggf. anwesenden Vertretern von Verlegern oder der Europäischen Kommission aufschlüsseln).
Die Fragen 16 bis 18 werden gemeinsam beantwortet.
Es wird nochmals auf die Antworten der Bundesregierung auf die schriftliche Frage 9/259 der Abgeordneten Tabea Rößner (Bundestagsdrucksache 18/6301, Seite 24) verwiesen: Der Bundesregierung ist bekannt, dass ein etwaiges Leistungsschutzrecht des Presseverlegers auf europäischer Ebene im politischen Raum kontrovers diskutiert wird. Sie hat keine Kenntnis von Plänen oder von einem Zeitplan für ein solches Vorhaben.
Im Rahmen von politischen Gesprächen wurden Vertreter der Bundesregierung auf diese politische Diskussion angesprochen, auch auf Erfahrungen mit der bisherigen Regelung in Deutschland. Wann und bei welchen Gelegenheiten konkret ein entsprechender Meinungsaustausch erfolgte, dokumentiert die Bundesregierung auch angesichts der vielfältigen Kontakte zu urheberrechtlichen und netzpolitischen Fragen sowohl auf nationaler wie auch auf europäischer Ebene nicht.
Von Plänen der Europäischen Kommission, auf europäischer Ebene die Ausgestaltung des Zitatrechts zu ändern, hat die Bundesregierung keine Kenntnis.
19. Welche laufenden und abgeschlossenen Anträge auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft nach dem IFG/VIG/UIG sind an Bundesministerien und -behörden im Zusammenhang mit dem Leistungsschutzrecht für Presseverleger gestellt worden? (bitte nach Behörde, Gegenstand des Antrages, Ausgang des Verfahrens und auferlegter Kosten an den Antragsteller aufschlüsseln).
Behörde | Gegenstand | Ausgang des Verfahrens | Kosten |
BMJV | Gesetzgebungsverfahren | Antrag teilweise stattgegeben | keine |
BMJV | Gesetzgebungsverfahren; Notifizierung | Antrag im Wesentlichen stattgegeben | 229 € |
BMJV | Gesetzgebungsverfahren; Notifizierung | Antrag im Wesentlichen stattgegeben; Kostenvorschuss angefordert | 29 € |
BKM | Notifizierung | Antrag teilweise stattgegeben | 72,90 € |
BKM | Notifizierung | Antrag abgelehnt aufgrund allgemein öffentlicher Zugänglichkeit der geforderten Unterlagen | keine |
BMWi | Unionsrechtlichen Vorgaben im Zusammenhang mit dem Leistungsschutzrecht | Antrag stattgegeben | keine |
BMWi | Unionsrechtlichen Vorgaben im Zusammenhang mit dem Leistungsschutzrecht | Antrag stattgegeben | keine |
BKartA | Beschwerdeverfahren mit Bezug zum Leistungsschutzrecht | Antrag stattgegeben | Kopierauslagen angefordert |
BKartA | Schreiben an die Verwertungsgesellschaft Media vom August 2014 | Antrag abgelehnt | keine |
BKartA | Gesellschafter der Verwertungsgesellschaft Media | Antrag stattgegeben | keine |
BKartA | Freigabe für Einstieg von Presseverlegern in die Verwertungsgesellschaft Media | Antrag stattgegeben | keine |
BKartA | Freigabe für Einstieg von Presseverlegern in die Verwertungsgesellschaft Media | Antrag zurückgenommen | keine |
DPMA | Tarif „Presseverleger“; Beteiligungsverhältnisse in der Verwertungsgesellschaft Media | Antrag teilweise stattgegeben | 587,10 € |
Zu weiteren, derzeit nicht abgeschlossenen Verfahren gibt die Bundesregierung keine Auskunft.
20. Über welche Informationen verfügt die Bundesregierung über den Marktanteil von Google News und seine Entwicklung seit der Einführung des Leistungsschutzrechts für Presseverleger?
Wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkungen der von der VG Media erteilten Gratislizenz an Google News auf andere Suchmaschinen, etwa auf deren Marktanteil oder Marktstellung?
Die Fragen 20 und 21 werden gemeinsam beantwortet.
Der Bundesregierung liegen derzeit hierzu keine empirischen Daten oder fundierte Erkenntnisse vor.
22. Teilt die Bundesregierung die Ansicht des Deutschen Patent- und Markenamtes aus dem (noch nicht rechtskräftigen) Bescheid vom 4. April 2015 an die VG Media, dass die VG Media mit der unentgeltlichen Lizenzierung lediglich an Google eine Vorrangstellung gegenüber anderen Nutzern im Sinne des Leistungsschutzrechts einräume, denen sie in diesem Fall weiterhin ein Entgelt abverlangt?
Das angesprochene Verfahren ist nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit noch nicht rechtkräftig abgeschlossen. Die Bundesregierung kommentiert noch laufende Verfahren grundsätzlich nicht.
23. Hätte das Leistungsschutzrecht vor seiner Verabschiedung nach Auffassung der Bundesregierung nach der Richtlinie 98/34/EG bei der EU-Kommission notifiziert werden müssen?
24. Ist das Leistungsschutzrecht nach Auffassung der Bundesregierung derzeit trotz der nicht erfolgten Notifizierung anwendbar?
25. Welche rechtlichen und finanziellen Folgen können sich nach Auffassung der Bundesregierung aus der nicht erfolgten Notifizierung und der damit möglicherweise verbundenen Unanwendbarkeit für die Bundesrepublik Deutschland ergeben (insbesondere Staatshaftungsansprüche)?
Die Fragen 23 bis 25 werden gemeinsam beantwortet.
Die Bundesregierung verweist auf die Antwort auf die schriftliche Frage 7/235 der Abgeordneten Tabea Rößner (Bundestagsdrucksache 18/5737, Seite 32 f.).
Es ist doch offensichtlich was der Hintergedanke der Bundesregierung hierbei ist. Sie ist in Sachen Leistungsschutzrecht nichts weiter als der Erfüllungsgehilfe von Springer und Co. Das haben beide Seiten auch indirekt bereits eingeräumt.
Und da die Verlegerlobby weiterhin nichts unversucht lassen wird, um irgendwie von irgendwem im Internet Geld abzuzwacken mit Hilfe gesetzlichen Zwanges, hat sie kein Interesse daran, dass Leistungsschutzrecht zu begraben. Zwar ist es selbst wirkungslos, aber die Verlegerlobby will dieses Gesetz behalten, um es zum Zeitpunkt x erweitern zu lassen. Und zwar so, dass man dann irgendwie doch an die Umsätze anderer Firmen herankommt. Solange soll das Gesetz erstmal – in Warteposition verbleiben. Daher auch die Weigerung der Evaluation. Denn diese würde ergeben, dass das Gesetz in allen Punkten sein Ziel verfehlt hat und bei allen Beteiligten nur Schaden anrichtet. Da man das Gesetz überhaupt nicht abschaffen will, will man sich auch nicht in die Lage bringen, gegen hohen öffentlichen Druck ankämpfen zu müssen, wenn man an dem Gesetz trotz erwiesener Schwachsinnigkeit festhalten will.
Zwischenstand zum Leistungsschutzrecht:
– Kartellamt hat Beschwerde der VG Media wegen angeblichen Mißbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung durch Google mit deutlichen Worten zurückgewiesen.
– VG Media sah sich „genötigt“, Google eine „widerrufliche Gratiseinwilligung“ zu geben -> VG Media wird auch in der Zukunft keinen einzigen Cent an Einnahmen sehen und die wahrnehmungsberechtigten Verlagen dürfen für die Anwalts- und Verfahrenskosten aufkommen.
– DPMA hat Diskriminierung durch VG Media von kleineren Internetanbietern festgestellt (mal schauen, ob da Schadensersatzklagen nachfolgen gegen VG Media).
– Schiedsstelle des DPMA hat Tarif der VG Media verworfen.
– LG Berlin hat in einer anderen Sache ein sehr fragwürdiges Urteil unter Heranziehung des Leistungsschutzrecht erlassen.
– Gesetz zum Leistungsschutzrecht ist womöglich wegen Verstoß gegen die Grundrechte auf Meinungs-, Informations und Pressefreiheit verfassungswidrig.
– Gesetz zum Leistungsschutzrecht ist vermutlich aus verfahrensrechtlichen Gründen europarechtswidrig.
– Bei fast sämtlichen serösen Rechtswissenschaftlern wird das Leistungsschutzrecht als grober, systemwidriger Unfug angesehen.
Einzige Folge offenbar bisher:
https://www.vg-media.de/images/stories/pdfs/presse/2015/151103_pm_vgmedia_leiterin-politik.pdf
Ich finde die Regierung muss beim Leistungsschutzrecht deutlich nachbessern.
Ich finde, die Wähler sollten bei der Zusammensetzung des Bundestags deutlich nachbessern.
Das wäre natürlich auch ein Ansatz ;)