Ein Transparenzgesetz für Berlin

Die Informationsfreiheit hat in Berlin schon einige Jahre auf dem Buckel. Während die Hansestadt Hamburg nach einem gemeinsamen Gesetzentwurf aller Bürgerschaftfraktionen ein Transparenzportal ins Leben gerufen hat und mit Rheinland-Pfalz das erste Flächenland ein Transparenzgesetz beschließen wird, hinkt die Hauptsadt den politischen Entwicklungen hinterher.

Dabei gibt es Initiativen für eine Reform des bisherigen IFG. Die kommen allerdings aus der Opposition: Auf Antrag der Grünen-Fraktion beriet gestern der Berliner Wirtschaftsausschuss über ein Transparenzgesetz, das nach dem Vorbild Hamburgs ein Transparenzportal und eine aktive Veröffentlichungspflicht der Verwaltung vorsieht.

Die damit verbundenen Stichwörter – darunter Open Data, Wirtschaftsförderung, Smart City – sehen zwar alle Fraktionen des Abgeordnetenhauses als ihre Ziele an, trotzdem lehnte der Ausschuss den Antrag mit den Stimmen von CDU und SPD ab. Grüne, Linke und Piraten stimmten für den Antrag.

Heiko Melzer (CDU) sprach in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses dem Transparenzgesetz einen größeren Sinn ab. Die Veröffentlichung von Daten wie Aktenplänen bedeute unnötigen Aufwand für die Verwaltung. Dabei übersah Melzer, dass der Koalitionspartner der CDU in Berlin eine Veröffentlichung aller Aktenpläne fordert.

Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer begründete die ablehnende Haltung der Regierungskoalition mit fehlender Notwendigkeit des Antrags. Die Open-Data-Initiative des Landes Berlin sowie das kommende E-Government-Gesetz reichten vollkommen aus. Wie dieses letztlich aber zu Veröffentlichungspflichten steht und wann es kommen soll, steht in den Sternen – eine Beschlussfassung des Gesetzes lässt seit einigen Jahren auf sich warten.

Nach einigen Mätzchen zeigt der Grünen-Antrag nun, dass sich die Opposition anscheinend zumindest inhaltlich auf den Entwurf eines neuen Transparenzgesetzes einigen könnte.

Damit ihre Initiative aber Schlagkraft entwickelt, ist die Zivilgesellschaft gefragt. Der Erfolg des Transparenzportals in Hamburg ist schließlich auch maßgeblich auf das Engagement von Nichtregierungsorganisationen zurückzuführen – u.a. den CCC, Mehr Demokratie und Transparency Deutschland.

In den kommenden Monaten wird der Gesetzentwurf noch in weiteren Ausschüssen beraten, bevor das Abgeordnetenhaus über den Antrag entscheidet. Wir berichten weiter über das Verfahren.

Dieser Gastbeitrag wurde von Arne Semsrott verfasst, der freundlicherweise für uns an der Sitzung teilgenommen hat.

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4 Ergänzungen

  1. Transparenz ist eine schöne Sache: http://www.google.de/imgres?imgurl=http://www.gruene.de/uploads/RTEmagicC_Arne_02.jpg.jpg&imgrefurl=http://www.gruene.de/ueber-uns/gruene-trainees-2010.html&h=225&w=200&tbnid=mxf5w8D8Rv7l1M:&zoom=1&tbnh=91&tbnw=81&usg=__G1v6xJa2_sA9ueq9CYAEuSp3kz8=&docid=u2hLBINqIoJQhM&sa=X&ei=qWrHVO7rBsvBPNW9gNAG&ved=0CC0Q9QEwAQ

    Ich bedanke mich trotz der nicht ganz akkuraten Darstellung der parlamentarischen Abläufe und der sicher nicht ganz unvoreingenommenen Position („Nach einigen Mätzchen“) des Autors für diesen Bericht.

    Es bleibt noch zu sagen: Schade, dass die Fraktion Bündnis90/Die Grünen mit ihrem Alleingang im Parlament die Diskussion in Berlin und eine parteiübergreifende Einigung wie in Hamburg nachhaltig zerstört hat. Das Thema wäre eigentlich zu wichtig für sowas. Wie viel Informationsfreiheit dennoch geht, kann man sich bei der Piratenfraktion gern angucken: http://ifg.piratenfraktion-berlin.de/

    viele Grüße

    Martin

    1. Hallo Martin,
      ich hab vor fünf Jahren im Rahmen eines Grünenprogramms ein kleines Projekt umgesetzt. Ich bin und war aber nie Mitglied bei der Partei und auch nicht bei den Grünen aktiv. Ich arbeite für die Open Knowledge Foundation Deutschland und kümmere mich um FragDenStaat.de.
      Vielleicht ist es ja möglich, ein überparteiliches Bündnis für ein Transparenzportal in Berlin zu schmieden.
      Viele Grüße
      Arne

  2. Heiko Melzer hat sogar noch deutlich mehr übersehen: Das Führen und die öffentliche Zugänglichmachung von Aktenplänen ist in Berlin jetzt schon eine gesetzliche Verpflichtung, und das seit Inkrafttreten des IFG vor 16 Jahren. Das wird bloß leider weitgehend missachtet.

    Unseren entsprechenden Antrag (zu dem der Abschlussbericht des Senats im Blogpost verlinkt ist) hatten damals übrigens alle Fraktionen einschließlich der CDU unterstützt, aber vielleicht redet man ja dort nicht so viel miteinander.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.