Die deutsche Politik zum EU-Kompromiss zur Netzneutralität – mit Spezialdiensten

Der Bundestagssausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
Der Aussschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur besprach auch die EU-Einigung zum Roaming und zur Netzneutralität © DBT

Am Dienstag kam es zu einer Einigung zwischen dem Europäischen Parlament, der Kommission und dem Rat hinsichtlich des „Digitalen Binnenmarkts“. Der endgültige Text ist noch nicht veröffentlicht, EU-Kommissar Günther Oettinger ließ es sich jedoch nicht nehmen, über das Ende von Roaming sowie Netzneutralität zu twittern.

Gestern diskutierte der Bundestagsausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur das Thema. Aus den Bundestagsfraktionen kommen, wie zu erwarten, gemischte Reaktionen, insbesondere hinsichtlich der Spezialdienste, die von der Regel der Netzneutralität ausgenommen werden sollen.

Die Grünen kritisieren die Regelung und sehen darin das Ende der Netzneutralität. Dazu schreibt Konstantin von Notz, netzpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag:

In der Tat droht nach dem jetzigen Kompromiss auf EU-Ebene de facto das Aus für die Netzneutralität. So werden „specialized services“ unter extrem weitreichenden, völlig unklaren Konditionen (wenn „notwendig“) zugelassen […] Durch ihr sich lange abzeichnendes Umkippen […] haben die Abgeordneten sowohl der Netzneutralität als auch dem Europäischen Parlament einen echten Bärendienst erwiesen.

Die Unionsfraktion sieht in der Einigung eher eine pragmatische Lösung. Ulrich Lange, Obmann der Unionsfraktion im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur:

Mit dem Verhandlungsergebnis zur Netzneutralität ist eine jahrelange Diskussion jetzt pragmatisch beendet worden. Es ist gut, dass Spezialdienste grundsätzlich ermöglicht werden, um für innovative Dienste wie Connected Car eine entsprechende Basis zu bieten.

Sein Fraktionskollege Thomas Jarzombek äußert sich etwas differenzierter und spricht die vielfach angesprochenen Probleme mit den Spezialdiensten an:

Es bleibt aber die Frage, wie Diskriminierungsfreiheit innerhalb von Diensteklassen gewährleistet werden kann. Im Ergebnis darf es nicht dazu kommen, dass große Player Vorteile gegenüber dem Mittelstand und Gründern erhalten.

Weiterhin erklärt Jarzombek, dass dieses Problem ein Schwerpunkt bei der nationalen Umsetzung der Einigung und bei der Kontrolle durch die Bundesnetzagentur sein sollte. Fraglich ist, inwieweit eine nationale Regelung die Netzneutralität schützen könnte, wenn multilateral Spezialdienste erlaubt sein werden, denn ein wirksamer Schutz auf EU-Ebene ist durch die trilaterale Einigung sehr unwahrscheinlich geworden.

Zumindest auf EU-Ebene ist die SPD im Großen und Ganzen mit der getroffenen Einigung zufrieden. Die SPD-Europaabgeordnete Petra Kammerevert bringt sogar etwas Katzencontent ins Spiel:

Alle Verkehre werden gleich behandelt, ob es das Katzenbild von Oma ist, ein Spielfilm, den ich mir herunterlade, oder eine E-Mail. Es ist nicht alles so schön, wie wir uns das gewünscht haben, aber wir haben eine Menge erreicht.

Nicht so schön ist besonders, dass sich die Spezialdienste zur Auslagerung bevorzugter Datenflüsse anbieten würden. So würde nach Verabschiedung der EU-Verordnung eben nicht jedes Bild und jede Datei gleich behandelt werden, wenn ein Anbieter als Spezialdienst anerkannt werden würde und ein anderer nicht.

Von der Linksfraktion im Speziellen oder von der Linkspartei im Allgemeinen konnte ich bis zum jetzigen Zeitpunkt keine konkreten Äußerungen finden, für Hinweise zur Ergänbzung bin ich dankbar.

Es ist damit zu rechnen, dass die Regelung ohne große Modifikationen durch das EU-Parlament und den Rat gebilligt werden wird. Gegen die Abschaffung des Roamings und gegen Netzneutralität spricht nichts, gegen die „Spezialdienste“, die von der Netzneutralität ausgenommen werden sollen, wenn es „nötig“ ist, deutlich mehr.

Ergänzung:
Auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel äußerte sich in einer Pressemitteilung zur erzielten Einigung. Gabriel persönlich äußerte sich dahingehend, dass die ausgenommenen Spezialdienste eher ein Feature sei, dass die Übertragung von Daten verlässlich mache:

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ließ verlauten, dass die Abschaffung der Romaing-Gebühren gegen die Aufweichung der Netzneutralität kein guter Deal sei.

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6 Ergänzungen

  1. na das mit der linken stimmt so nicht. ich hatte irgendwann schon getwittert, dass das ein schlechter deal ist.

  2. „dass die Abschaffung der Roaming-Gebühren gegen die Aufweichung der Netzneutralität kein guter Deal sei.“

    Welche Abschaffung? Ein gewisses Kontingent wird lediglich wie Inlands-Minuten abgerechnet, danach gibt’s wieder den richtigen Preis.
    Somit ist das nicht „kein guter Deal“, sondern gar kein Deal. Die Telekoms bekommen fast alles, was sie wollten, und der Endkonsument bekommt lediglich die (nun höhere) Rechnung.

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