Liberté, Egalité, Vie Privée: Damit macht Frankreich jetzt Schluss

Bei der Freiheit im Netz gab es hier schon einige unschöne Meldungen aus Frankreich, zum Beispiel als 2011 der Zugang zur unerwünschten Seite CopWatch erschwert wurde. Auch die Urheberrechtsdurchsetzungsbehörden Hadopi und Nachfolger CSA sprechen nicht unbedingt für liberale Internetpolitik.

Auch mit der Egalité im Sinne der Netzneutralität nehmen unsere westlichen Nachbarn es nicht so genau. Zwar gibt es Diskussionen über eine gesetzliche Verankerung, aber ganz effizient scheinen die nicht zu sein – ähnlich wie auch hier in Deutschland.

Jetzt hat auch die Überwachung ganz offiziell ihr Treppchen auf dem Podest des Gesetzes bestiegen und das, wo man sich doch in den vergangenen Monaten immer wieder echauffiert hatte, dass Amerika französische Bürger und Politiker ausspioniert. Präsident Hollande hatte in der Öffentlichkeit wiederholt seine Missbilligung für die Aktivitäten der NSA ausgedrückt. Aber dabei hat man selbst bereits mitgemischt – das zumindest wissen wir schon.

Mit dem Vie Privée, dem Privatleben der französischen Bürger, wurde jetzt aber auch gesetzlich aufgeräumt, denn auch in Frankreich lauern Terroristen, organisierte Verbrecher und Forschungs- und Industriespione, gegen die es vorzugehen gilt – das ging aus einer Stellungnahme von Regierungsvertretern gegenüber The Guardian hervor. Deshalb sind in dem, am 3. Dezember verabschiedeten, Gesetz zur Militär- und Verteidigungsstrategie des Landes für die Jahre 2014 bis 2019 weitreichende Kompetenzen zur Echtzeitüberwachung elektronischer und digitaler Kommunikation, ungeachtet des Kommunikationsmediums, festgelegt. In Artikel 13 werden die bisherigen Berechtigungen massiv erweitert, beispielsweise wird der Zugriff auf Login-Daten gestattet und an Stelle einer vorheriger richterlichen Genehmigung ist nur noch eine generelle Aufsicht aus einer unabhängigen Instanz und dem Parlament vorgesehen. Dass das wohl zu noch weniger wirksamer Einschränkung als bisher führt, kann man sich vorstellen und auch verschiedene Organisationen teilen diese Befürchtung – darunter @SIC, eine Verbindung von Internetdienstleitern wie Google, Microsoft, Facebook und Skype und AFDEL, ein Zusammenschluss von 350 französischen Internet- und Softwarefirmen.

Gilles Babinet, der „Digital Champion“ Frankreichs, der bei der Gestaltung einer digitalen Agenda zusammen mit der EU-Kommissarin Neelie Kroes zusammenarbeitet, gab Les Echos ein Interview, in dem er das Gesetz scharf kritisiert.

Dieses Gesetz ist der größte Schlag für das Funktionieren der Demokratie seit den Ausnahmegesetzen während des Algerienkriegs. […] Es sollte auf keinen Fall einen Blankoschein für das Militär oder andere geben, alles und jeden in Echtzeit abzuhören. Wir stehen an der Schwelle zu einer digitalen Diktatur.

Seiner Meinung nach gingen die Befugnisse noch über die der USA hinaus, denn dort sei so etwas verfassungswidrig, „denn in der amerikanischen Verfassung ist das Prinzip der Privatheit von Eigentum und Korrespondenz festgeschrieben“.

Auch La Quadrature du Net, eine französische NGO für digitale Bürgerrechte, hat in einer Pressemitteilung Bestürzung darüber ausgedrückt, dass ein solches Gesetz in Zeiten der digitalen Totalüberwachung ohne weitere Änderungen mit 164 zu 146 Stimmen bestätigt wird.

Im Kontext der Snowden-Enthüllungen über die Generalüberwachung von Bürgern ist es schockierend, dass das Parlaments einen Text beschließt, der diesen Ausnahmezustand unterstützt und die Privatsphäre der Bürger verletzt.

 

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4 Ergänzungen

  1. Gut gebrüllt Löwe… bzw. schön von La Quadrature du Net nach Deutschland getragen… aber, was nun?

    Der Beitrag ist zunächst mal schwer verständlich. Schon die Überschrift zielt lediglich auf Empörung statt auf Aufklärung. WAS GENAU ist passiert?

    Der Beitrag scheint von jemandem geschrieben, der zwar die Details in Frankreich kennt, aber nicht bereit war die Extrameile zu gehen und das Ganze aufzubereiten, so dass es für den Blogleser auch verständlich ist. Stattdessen muss ich mich durch einen unstrukturierten Text hangeln, in dem willkürlich Zitate zusammengesucht werden um irgendeinen Standpunkt zu untermauern, von dem ich nichtmal weiß was denn der Standpunkt sein soll.

    Wo bringt dieser Beitrag uns jetzt weiter? Außer einer weiteren Staccato-artigen Empörungsmeldung in diesem Blog dass es in Frankreich nicht besser ist als hier sehe ich nichts weltbewegendes.

    Im Gegenteil, der zarte, kritische Dialog der Leser, der nach dem Beitrag von Lorenz begann, wird sofort wieder aus dem Aufmerksamkeitsfokus verdrängt statt ihm Raum zu geben. Warum? Wieso nicht die Zeit nehmen, und der Diskussion mal ein wenig Raum geben zur Entwicklung? Warum das nicht mal aushalten?

    Was ist so zeitkritisch an dem Frankreichgeschehen, dass man da jetzt ohne Umschweife einen Blogpost von machen muss? Was können wir denn tun für die Franzosen? Wer immer nur ruft „Es brennt! Es brennt! Feuer!!!“ dem hört man irgendwann nicht mehr zu. Es ist bald soweit, dass es niemanden mehr stört wenn noch jemand „Feuer!!!“ ruft.

    Und das haben dann diejenigen zu verantworten, die mit einer Headline schnelle Empörungsaufmerksamkeit triggern wollen anstatt solide Aufklärung zu machen und mögliche Handlungsstänge aufzuzeigen. Zusammenhänge zu erklären, das Ganze in den EU Kontext zu rücken usw.

    Ja, ruft mir ruhig „mimimi“ zu, juckt mich nicht… aber die „Avanti Empörianti!“-Einstellung die nervt mich jetzt schon seit längerem gewaltig!

    1. Wir sehen eine unsere Aufgaben darin zu dokumentieren, was rund um Netzpolitik geschieht, vor allem national, aber auch global. Und in Frankreich gab es nunmal diese Woche diese Abstimmung, das können wir auch nicht ändern und wenn nicht soviele andere Dinge passieren würden, hätten wir das sogar noch früher gebracht.

    2. Ok, meinen Artikel zu kritisieren steht dir zu. Auch wenn ich nicht bloß die LQDN-Mitteilung übersetzt habe, sondern versucht habe, mir das Gesetz – so gut es sprachlich geht – genauer anzuschauen und mich über die französische Situation zu informieren. Und nicht jede Meldung bringt weiter, nicht jede Meldung muss wahnsinnig lang sein, manche halten nur auf dem Laufenden, manche reflektieren Vergangenes. Und ich denke, im NSA-Kontext ist es auch angebracht, darüber zu informieren, dass erschreckenderweise bestehende Überwachungspraxis vielerortens in Gesetze gegossen wird – was übrigens mein Standpunkt ist. Aber natürlich kann man da diskutieren.

      Aber bitte lass doch die Verschwörungstheorien… Ich stehe in keinem weiteren Zusammenhang zu Lorenz Artikel oder der Folgediskussion. Und hatte das nicht einmal in meine Überlegungen zum Verfassen der Meldung einbezogen, sondern _unabhängig_ einen Artikel geschrieben. Sollen wir deiner Meinung nach alle die Arbeit niederlegen, bis die Diskussion am Ende ist? Oder wer entscheidet, was wichtig genug ist?

      Aber damit ich nicht weiter von erblühendem Widerstand ablenke, gehe ich mal Feierabend machen, statt den Abend damit zu verbringen, noch einen länger für heute geplanten Text fertigzustellen. Aber das juckt dich ja sowieso nicht.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.